Vom 24. bis 26. November fand die Herbsttagung 2022 der Württembergischen Evangelischen Landessynode im Stuttgarter Hospitalhof statt. Hier finden Sie eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisses sowie weiter unten - gegliedert nach den drei Sitzungstagen - ausführliche Berichte über die Beratungen und Beschlüsse sowie alle zugehörigen Dokumente.
Dr. Fabian Peters aus dem Referat Haushalt und Steuern im Ev. Oberkirchenrat wies in der Beratung des Haushalts einleitend darauf hin, die Zahl der Kirchenaustritte sei 2022 bis einschließlich Oktober gegenüber dem Vorjahreszeitraum um ein Drittel auf 1,5% gestiegen. Die Inflation wirke wie ein Katalysator auf das Austrittsgeschehen. Peters stellte dar, dass die hohe Inflation durch die Lohn-Preis-Spirale trotz hoher Austritte zwar ein steigendes Kirchensteueraufkommen generiere, doch die steigenden Erträge die stärker wachsenden Aufwendungen nicht deckten. Der Oberkirchenrat plane mit einem Kirchensteueraufkommen von 820 Mio. Euro im Haushaltsjahr 2023 und 835 Mio. Euro im Haushaltsjahr 2024. Es ergäbe sich aber im Jahr 2023 ein Fehlbetrag von 21,9 Mio. Euro und im Haushaltsjahr 2024 ein Fehlbetrag von 3,8 Mio. Euro. Deshalb seien Einsparungen nötig. Der Evangelische Oberkirchenrat werde bis 2030 im landeskirchlichen Stellenplan 155 Stellen von Angestellten und Kirchenbeamten als 'künftig wegfallend’ vermerken.
Mit Blick auf den Gesamtergebnishaushalt und die Mittel für Personal- und Versorgungsaufwand betonte Peters, dass mit den vorgehaltenen Pfarrstellen und weiteren landeskirchlichen Stellen Menschen ein Leben lang begleitet würden und Kirche in unserer Gesellschaft verlässlich wirke. Dieser Aufwandsblock mache etwa zwei Drittel aller Aufwendungen aus.
Die Landeskirche setze in den kommenden Jahren besondere Schwerpunkte, so Peters. Im Rahmen der Maßnahmenplanung 2023 sind besondere Restrukturierungsmittel eingeplant. Zur Umsetzung des Klimaschutzgesetzes insgesamt 25,6 Mio. Euro für die Haushaltsjahre 2023/2024 sowie 4,2 Mio. Euro in beiden Planjahren zur zusätzlichen Förderung von evangelischen Kindertageseinrichtungen. 3,0 Mio. Euro stehen zur Bekämpfung von Fluchtursachen in Herkunftsländern und 2,2 Mio. Euro in 2023 bzw. 2,4 Mio. Euro in 2024 für das Gemeindediakonat zur Verfügung. Peters ging auch auf die zusätzlichen Einnahmen in Höhe von rund 5,2 Mio. Euro ein, die die Landeskirche im laufenden Jahr aufgrund der an alle Steuerpflichtigen ausgezahlten, einkommensteuer- und damit auch kirchensteuerpflichtigen Energiepreispauschale vereinnahmt.
Die Landeskirche wird unter dem Motto #miteinander diese Mehrerträge ausschließlich und unmittelbar zur Unterstützung bedürftiger und einkommensschwacher bzw. von den Verteuerungen besonders betroffener Menschen an einen Energiefonds weiterleiten. Damit schließt sich die Landeskirche einer entsprechenden Empfehlung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) an.
Dass die Landeskirche zum System eines Doppelhaushalts für zwei Planjahre wechsle, erklärte Peters damit, dass 97 Prozent des Haushaltes grundsätzlich auf einer Fortschreibung der bisherigen Arbeit beruhe und nur 3 Prozent kontrovers diskutiert würden. Für zwei Jahre zu planen, reduziere den Aufwand. Schwerpunktsetzungen für das zweite Planjahr könnten etwa mit Nachtragshaushalten bzw. im Rahmen der synodalen Maßnahmenplanung erfolgen. Peters betonte, dass auch in den 97 Prozent des Haushalts die inhaltliche Arbeit weiterentwickelt werde.
Tobias Geiger, der Vorsitzende des Finanzausschusses sagte, die finanzielle Situation der Landeskirche sei mittelfristig stabil; der Oberkirchenrat spare, wo es gehe, aber das Potential bei den Sachkosten sei ausgereizt. Jetzt müssten Oberkirchenrat und Landessynode festlegen, an welcher Stelle Aufgabenfelder verkleinert bzw. aufgegeben und Personal eingespart werden könne. Er verwies hierzu auf den Strukturstellenplan, der im Sonderausschuss für inhaltliche Ausrichtung und Schwerpunkte beschlossen worden sei.
Geiger erinnerte daran, dass die Mitgliederverluste weiter auf hohem Niveau blieben, und dankte allen Kirchengemeinden, die sich durch besondere Initiativen, wie zum Beispiel Tauffeste, auf den Weg machten. Mit Blick auf die Kirchengemeinden sagte Geiger: „Eine auskömmliche Finanzierung unserer Kirchengemeinde und -bezirke ist trotz Inflation und hoher Energiepreise einigermaßen sichergestellt.“ Obwohl in der Eckwerteplanung ein Minus von 0,7 Prozent vorgesehen gewesen sei, habe bereits die Frühjahrssynode aufgrund des stabilen Kirchensteuereingangs einen Inflationsausgleich von 2,2% beschlossen und einen Sonderbeitrag von 5 Mio. Euro in Aussicht stellen können. Für das zweite Jahr im Doppelhaushalt werde der Sonderbetrag sogar auf 7 Mio. Euro steigen. Damit steige die Kirchensteuerzuweisung an die Gemeinden um insgesamt 3,5 Prozent.
Unter dem Stichwort „Schwerpunkte und Posterioritäten“ hat die Landessynode Kürzungen beschlossen, die aber ohne Kündigungen von Mitarbeitenden gestaltet werden. Wo Personal abgebaut werden soll, geschieht dies in Form von sogenannten KW-Vermerken (‘künftig wegfallend“). Wenn Mitarbeitende auf solchen Stellen dann in den Ruhestand gehen, entfällt die Planstelle oder wird im Umfang gekürzt.
Der Direktor im Oberkirchenrat, Stefan Werner, betonte, die durch den Sonderausschuss für inhaltliche Ausrichtung und Schwerpunkte vorgelegten Sparbeschlüsse trügen zum Erreichen des gesteckten Rahmens bei und seien notwendig, um auf die absehbaren und aktuellen Entwicklungen so reagieren zu können, dass die Kirche handlungsfähig bleibe.
Die Landessynode hat ein Klimaschutzgesetz für die Landeskirche beschlossen. Das Gesetz sieht vor, bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen, die vor allem durch Maßnahmen im Gebäude- und Mobilitätssektor erreicht werden soll. Die Regelungen des Gesetzes umfassen die Gesamtheit der Kirchengemeinden, Kirchenbezirke, kirchlichen Verbände und kirchlichen öffentlich-rechtlichen Stiftungen.
Erreicht werden soll das Ziel der Klimaneutralität durch die Einsparung von Energie, effiziente Bereitstellung, Umwandlung und Speicherung sowie Nutzung erneuerbarer Energien. Darüber hinaus werden Emissionsminderungsmaßnahmen als mögliche Ergänzung genannt. Im Einzelnen sind folgende Maßnahmen geplant: Neue Heizungsanlagen und Stromlieferungsverträge aus nicht erneuerbaren Energien werden nicht mehr zulässig sein. Bei Dienstreisen soll möglichst auf öffentliche und klimafreundliche Verkehrsmittel zurückgegriffen werden. Beim Lebensmittelangebot in kirchlichen Einrichtungen sollen Aspekte des Klimaschutzes berücksichtigt werden. Schöpfungstheologie wird in die Ausbildung von Pfarrern und Diakonen und in der Jugendarbeit integriert. Nicht vermeidbare Emissionen sollen durch rechtlich anerkannte Emissionsminderungsmaßnahmen kompensiert werden.
Alle fünf Jahre wird der Oberkirchenrat ein Klimaschutzkonzept aufstellen, das Zwischenziele zur Reduktion der CO2-Emissionen in den Bereichen Gebäude, Grundstücke, Mobilität, Ernährung und Beschaffung beschreibt und weitere Vorschläge zur Kompensation von Emissionen, zur Novellierung von Vorschriften zur Treibhausgasreduktion und zur Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit enthalten soll.
Darüber hinaus werden auch Ziele zur besseren Klimabildung festgelegt: Mesner und Hausmeister werden regelmäßig zum Klimaschutz geschult. Klimagerechtigkeit, die Bewahrung der Schöpfung und die Verantwortung für die Mitwelt sollen noch stärker in der kirchlichen Arbeit thematisiert werden, auch in den Lehrplänen für die Ausbildung von Pfarrerinnen und Pfarrern, Diakoninnen und Diakonen und anderer Mitarbeitenden in der Jugendarbeit.
In ihrem ausführlichen Bericht ging Kirchenrätin Dr. Christine Keim auf die Verfolgungssituation von verfolgten Christinnen und Christen in Indien, China, Nigeria, Eritrea, Äthiopien und Armenien ein. Schwerpunkte setzte sie zunächst bei der Ukrainekrise. Im Anschluss berichtete sie über mehrere Länder in Afrika und Asien. Diese gehörten, so Keim, zu den Ländern, in denen Christen am meisten unter Verfolgung leiden. Keim wies darauf hin, mehr als 360 Millionen Christinnen und Christen seien weltweit aufgrund ihres Glaubens Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt. Sie betonte, diese Konflikte seien oft nicht allein religiöse Machtkämpfe, sondern eng mit politischen Interessen verbunden.
Ein weiterer Beschluss lautet, die Zahl der Pfarrstellen bis 2030 nicht auf die aktuell anvisierten 1036 zu senken, sondern nur auf 1100. Die Synode möchte die Reduktion der Pfarrstellen bis 2030, bedingt durch den Ruhestand der Babyboomer-Generation, die Entwicklung der Kirchenmitgliederzahlen und die sinkenden Kirchensteuereinnahmen sowie damit verbundene Strukturanpassungen, durch folgende Maßnahmen verlangsamen:
Damit soll die bisherige Zielzahl der zu verteilenden Pfarrstellen im Jahr 2030 von 1.036 (-28,3% gegenüber 2024) auf 1.100 (-24,2% gegenüber 2024) erhöht werden. Die Umsetzung dieser Maßnahmen liegt beim Oberkirchenrat. Die Finanzierung müsste die Synode über den Haushalt der jeweiligen Jahre beschließen.
Des Weiteren hat die Landessynode ein weit reichendes Gesetz zur Modernisierung der kirchlichen Verwaltung verabschiedet. Ziel des Umbaus der Verwaltung sei es, so Christoph Müller, Vorsitzender des Rechtsausschusses, „die Verwaltung zu vereinfachen und fit für die Zukunft zu machen … dass unsere kirchliche Verwaltung digital und professionell handeln kann und auch attraktiv ist für Menschen, die gerne in ihrer Kirche einen Beruf in der Verwaltung ausüben möchten.“ Schon die 15. Landessynode habe den Prozess zu dieser Modernisierung angestoßen, der auch durch eine Beratungsfirma begleitet und in Erprobungsregionen ausprobiert worden sei. Müller betonte, es habe „selten einen Prozess in der Landeskirche gegeben, der so breit und intensiv war, wie die Erprobung der Verwaltungsstrukturen.“
Im Kern zielt der Veränderungsprozess darauf, die Kirchengemeinden durch eine veränderte Struktur von Regionalverwaltungen bei einer Vielzahl administrativer Aufgaben zu entlasten, damit sie sich stärker der inhaltlichen Arbeit vor Ort widmen können. Zugleich kann so eine stärkere Standardisierung und höhere Effizienz erreicht werden. Die Entscheidungsgewalt zum Beispiel in Haushalts- und Vermögensfragen bleibe aber bei den Kirchengemeinden, betonte Müller. Der Übergang in die neue Struktur ist bis Ende 2030 geplant. Aber 1. Januar 2031 soll sie in der gesamten Landeskirche umgesetzt sein.