Sie finden die Entscheidung unter TOP 2 am ersten Sitzungstag.
Annette Sawade, Vorsitzende des Ausschusses für Kirche, Gesellschaft, Öffentlichkeit und Bewahrung der Schöpfung, berichtete, der Antrag Nr. 60/20 aus der Herbstsynode 2020 über den Beitritt der Landeskirche zu dem frauenpolitischen Aufruf „Wann, wenn nicht jetzt“ werde vom Ausschuss nicht mehr weiterverfolgt. Der Aufruf sei bereits Ende 2021 von den Initiatorinnen abgeschlossen worden. Leider sei der Oberkirchenrat der Bitte der Synode nicht nachgekommen, zum Antrag eine Stellungnahme vorzulegen.
Annette Sawade, Vorsitzende des Ausschusses Kirche, Gesellschaft, Öffentlichkeit und Bewahrung der Schöpfung (KGS) berichtete der Synode vom Beschluss des Ausschusses den Antrag zum Beitritt zur Handelsplattform „wir kaufen anders.de“ nicht länger zu verfolgen. Gespräche mit dem Umweltbeauftragen der Landeskirche, Klaus Peter-Koch, haben ergeben, dass das Thema der nachhaltigen Beschaffung bereits in Zusammenarbeit mit der Diözese Rottenburg-Stuttgart angegangen werde. Darüber hinaus habe Koch darauf hingewiesen, dass so den Kirchengemeinden die Freiheit gelassen würde, regionale Anbieter vorzuziehen. In einer abschließenden Abstimmung habe der Ausschuss (KGS) mit einer Gegenstimme beschlossen, den Antrag nicht weiterzuverfolgen.
In seiner Reaktion betonte Erstunterzeichner Matthias Schradi, wie notwendig eine gute Möglichkeit zur einfachen öko-fairen Beschaffung sei und beantragte entgegen dem Beschluss des Ausschusses (KGS) die Abstimmung des Antrags. Dieser wurde von der Synode mit 40 Stimmen angenommen.
Das der Württembergischen Landeskirche zugehörige Zentrum für Entwicklungsbezogene Bildung sei bereits Mitglied im ökumenischen Prozess „Umkehr zum Leben – den Wandel gestalten“, berichtete Annette Sawade, Vorsitzende des Ausschusses Kirche, Gesellschaft, Öffentlichkeit und Bewahrung der Schöpfung (KGS). Die Trägermitgliedschaft war in der Sommersynode 2020 beantragt und anschließend in den Ausschuss (KGS) verwiesen worden. Dezernat 1 hatte anschließend auf die bereits bestehende Mitgliedschaft hingewiesen. Der Ausschuss habe deshalb beschlossen, den Antrag nicht weiterzuverfolgen, so Annette Sawade.
Zum ersten Mal übernahm Kirchenrätin Dr. Christine Keim in ihrer Funktion als neue Leiterin des Referats Mission, Ökumene und Entwicklung den traditionellen württembergischen Bericht zu weltweiten Verfolgungssituationen. Schwerpunkte setzte sie zunächst bei der Ukrainekrise. Im Anschluss berichtete sie über mehrere Länder in Afrika und Asien. Diese gehörten, so Keim, zu den Ländern, in denen Christen am meisten unter Verfolgung leiden und mit denen sie in ihrer Arbeit näher befasst sei.
Für die beiden letzten Jahre gälte, das stellte Keim ihrem Bericht voran, dass die Verfolgung von Christinnen und Christen weltweit nicht zurückgehe, sondern wachse. Mehr als 360 Mio. Christen, Frauen, Männer und Kinder, seien „aufgrund ihres Glaubens massiver Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt“, so Keim. Sie betonte: „Diese Konflikte sind (…) oft nicht allein religiöse Machtkämpfe, sondern eng mit politischen Interessen verbunden“.
DER ÖKUMENISCHE RAT DER KIRCHEN (ÖRK): GESPRÄCH MIT MENSCHEN AUS DER UKRAINE UND OFFIZIELLE STATEMENTS GEGEN DEN UKRAINEKRIEG
Keim berichtete, die ÖRK-Vollversammlung (WCC) in Karlsruhe vom 31. August bis 8. September 2022 habe sich insbesondere am zweiten Tag mit dem aktuellen Krieg in der Ukraine beschäftigt. Es seien „verschiedene Stimmen ukrainischer Gäste gehört“ worden; die Öffentliche Erklärung "Krieg in der Ukraine, Frieden und Gerechtigkeit in der Region Europa" habe sich wie vorhergehende Statements des ÖRK gegen den Ukrainekrieg ausgesprochen.
Der Umgang mit dem russischen Patriarchat, das den Krieg unterstützt, sei eine „Herausforderung“ gewesen, so Keim. Und weiter: „Der Ukraine-Krieg zeigt, wie eng Religion und Politik verbunden sind, aber es muss auch gesagt werden, dass dieser Krieg nicht direkt zur Verfolgung von ChristInnen aufgrund ihrer religiösen Ausrichtung führt, sondern die Bevölkerung insgesamt trifft.
Delegierte der Vollversammlung hätten auch angemahnt, warum dieser in Europa stattfindende Krieg so stark thematisiert würde und es gleichzeitig so viele „vergessene Kriege und Konflikte“ gäbe. Sie sollten in gleicher Intensität diskutiert werden. Besonders wichtig war der Referatsleiterin, mit diesen Ausführungen zu „zeigen, warum ein ökumenisch-weltweiter Austausch immer wieder wichtig auch für unsere eigenen Perspektiven ist“, wie Keim formulierte.
WÜRTTEMBERGISCHES ENGAGEMENT IN DER UKRAINE-KRISE
Ausdrücklich bedankte sich die Referatsleiterin für das Engagement aus dem württembergischen Bereich:
AUFMERKSAM MACHEN: „VON DER WELTÖFFENTLICHKEIT NICHT WAHRGENOMMENE KRISEN UND KONFLIKTE:
Keim ging in ihrem Bericht unter anderem auf folgende Verfolgungssituationen ein:
Sie wies in diesem Zusammenhang auf zwei Projekte hin, die neben anderen von der württembergischen Landeskirche unterstützt würden:
Für den asiatischen Bereich berichtete die Referatsleiterin unter anderem, dass Ende Oktober 2022 die Delegation der Gossner Mission, die in Berlin ansässig ist, unter dramatischen Umständen des Landes verwiesen wurde. Der Direktor der Gossner Mission, Pfarrer Christian Reiser, sähe daher künftige Begegnungsreisen massiv gefährdet.
Die Gesprächsleiterin Andrea Bleher dankte Keim für den bedrückenden und dennoch wichtigen Bericht; sie habe Hoffnungslichter für mögliche Hilfe aufblitzen lassen. Es sei deutlich geworden, wie weltweit die Einschränkung des zivilgesellschaftlichen Engagements auch die Religionsfreiheit betreffe.
Mehrere Synodale dankten für die Horizonterweiterung durch den Bericht, der den Blick nach außen weite und der nicht zuletzt eigene Probleme relativiere. Siegfried Jahn (Blaufelden) formulierte es so, “herzlich gern” würden die Menschen mit uns tauschen.
Christiane Mörk (Brackenheim) berichtete unter anderem von einer Begegnung mit einer Gruppe von typisch gekleideten koptischen Christen auf der ÖRK-Vollversammlung in Karlsruhe: Sie seien beeindruckt gewesen, sich in der Öffentlichkeit frei und ohne Bodyguard bewegen zu können. Mörk erinnerte zudem an das Karlsruher Votum von Aza Karam, Generalsekretärin “Religions für peace”, nur wenn alle Religionen weltweit zusammenstünden und sich nicht machtpolitisch ausnutzen ließen, könne Frieden gelingen.
Dr. Gabriele Schöll (Aalen) warb dafür, den Stephanustag und den Sonntag Reminiscere zu nutzen, um die Informationen in die Gemeinden zu tragen und zu beten; die gut aufbereiteten Informationsmaterialien sollten genutzt werden.
Uta Meyer (Renningen) erinnerte an die Einbeziehung freier Missionswerke wie frontiers und die Liebenzeller Mission. Christine Keim ergänzte, dass die Württembergische Arbeitsgemeinschaft für Weltmission (WAW) im Kontakt mit den Werken sei.
Auf die Frage von Siegfried Jahn (Blaufelden), wie in der Politik die Lage der verfolgten Christen künftig im Blick bleiben könne, nannte Keim die Arbeit der EKD-Bevollmächtigten des Rates, Anne Gidion, Berlin, sowie das Themenheft 2023 “Äthiopien” der EKD, das in Zusammenarbeit mit politischen Expertinnen und Experten wie Brot für die Welt entstanden ist. Grundsätzliche gehe es darum, sowohl das Gebet und die Information nicht aus den Augen zu verlieren, aber auch die Intervention.
Derzeit formiere sich eine Initiative für einen Brief um den Theologen und ehemaligen UN- Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit, Prof. Heiner Bielefeld, an die Beauftragte der Bundesregierung für Religionsfreiheit beim Auswärtigen Amt, Luise Amtsberg. Der Brief solle betonen, wie wichtig die humanitäre Hilfe im gegenwärtigen Waffenstillstand in Äthiopien sei. Ebenso beteiligt sei der württembergische Theologe, Dr. Wolfram Stierle, aus dem Team um den Beauftragten der Bundesregierung für Religionsfreiheit, Frank Schwabe. Keim betonte, bei aller Hilfe sei es wichtig, die Partner vor Ort in Äthiopien nicht zu gefährden,
Mehrere Synodale nannten Anliegen für den nächsten Bericht:
Anschließend erhob sich die Synode zum Gebet von Ps 31 und zum Stillen Gebet sowie zum Fürbittegebet unter Leitung von Landesbischof Gohl:
„In Verbundenheit mit unseren Geschwistern weltweit beten wir im Wechsel mit Worten aus Psalm 31 (EG 716):
Herr, auf dich traue ich,
lass mich nimmermehr zuschanden werden,
errette mich durch deine Gerechtigkeit!
Neige deine Ohren zu mir, hilf mir eilends!
Sei mir ein starker Fels
und eine Burg, dass du mir helfest!
Denn du bist mein Fels und meine Burg,
und um deines Namens willen
wollest du mich leiten und führen.
Du wollest mich aus dem Netze ziehen,
das sie mir heimlich stellten;
denn du bist meine Stärke.
In deine Hände befehle ich meinen Geist;
Du hast mich erlöst, Herr, du treuer Gott.
Ich freue mich und bin fröhlich über deine Güte,
dass du mein Elend ansiehst
und nimmst dich meiner an in Not
und übergibst mich nicht in die Hände des Feindes;
du stellst meine Füße auf weiten Raum.
Ich aber, Herr, hoffe auf dich
und spreche: Du bist mein Gott!
Meine Zeit steht in deinen Händen.
Errette mich von der Hand meiner Feinde
und von denen, die mich verfolgen.
Lass leuchten dein Antlitz über deinem Knecht,
hilf mir durch deine Güte!“
Und weiter sagte Gohl: „In der Stille bringen wir vor Dich, was uns jetzt bewegt
Du treuer Gott,
wir danken Dir für den Mut unserer Geschwister weltweit.
Für den hoffnungsvollen Glauben,
den sie inmitten von Verfolgung bezeugen.
Wir klagen Dir alle Ausgrenzung und Gewalt,
alles Leid, das sie zu ertragen haben.
Und wir bitten Dich:
Lass uns genau hinschauen,
dass wir verstehen, was geschieht,
dass wir nicht dem Hass dienen, sondern dem Frieden.
Halte uns verbunden in beharrlichem Gebet.
Amen.“
„Irgendwie ist alles so schwierig heute, ich weiß gar nicht, wie es in Zukunft weitergehen soll“: Solche Zweifel würden heute viele junge Menschen umtreiben, sagte Anja Faißt (Ludwigsburg). Zu der Schulsozialarbeiterin sei nach Schuljahresanfang eine Schülerin gekommen und habe ihr erzählt, wie sehr die Corona-Pandemie das Verhältnis mit ihren Eltern belastet habe und dass sie bei ihr Essstörungen ausgelöst habe. Sie verwies auf die Trendstudie „Jugend in Deutschland“ (Autor: Simon Schnetzer), wonach der Krieg in der Ukraine und der Klimawandel derzeit viele Menschen belasteten. Die psychischen Ressourcen der Jugendlichen seien ausgesaugt, sei das Ergebnis der Studie gewesen. Teilweise fühlten diese sich wie in einem Tunnel aus Krisen, aus dem sie nicht herauskommen könnten. Wie könne die Kirche den jungen Menschen begegnen, fragte Faißt. Sie forderte, es sei wichtig, junge Menschen ernst zu nehmen. Außerdem benötige es sehr gute ehrenamtliche und hauptamtliche Mitarbeitende, die seelsorgerlich ausgebildet seien und in Bereichen wie dem Religionsunterricht und der Jugendarbeit für die Jugendlichen da seien. Auch die Themen, die die Jugendlichen belasteten, müssten sichtbar gemacht werden. „Wir müssen den christlichen Glauben als Ressource aufzeigen“, sagte Faißt.
PRÄVENTION GEGEN HÄUSLICHE GEWALT
Angelika Klingel (Heimsheim) sprach Maßnahmen gegen häusliche Gewalt an. In Deutschland ist jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen, mehr als 12 Millionen Frauen. Alle 45 Minuten wird eine Frau in Deutschland durch ihren Partner gefährlich körperlich verletzt. Jeden dritten Tag tötet ein Mann seine (Ex-)Partnerin. Auch gegen die Verletzung der Menschenwürde durch Sexkauf müsse vorgegangen werden. „Weltweit nimmt die Gewalt gegen Frauen und Kinder nicht ab, sondern zu“, sagte sie. Armut und Vertreibung ließen die Gewalt ansteigen. Meist seien Frauen und Kinder betroffen. Klingel forderte: „Wir brauchen eine konsequente Umsetzung der Istanbul-Konvention.“ Die Istanbul-Konvention ist das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt. Was könne die Landeskirche dazu beitragen, die Konvention umzusetzen? Es sei notwendig, hinzuschauen und die Mitarbeitenden in den Gemeinden aufzuklären. Man müsse das Thema an die Öffentlichkeit bringen. Die Landeskirche müsse bestehende Hilfsangebote durch die Diakonie zudem gut ausstatten und unterstützen. „Gewalt gegen Frauen ist eine Katastrophe für jede Frau und jedes Kind“, sagte sie. Deshalb müsse es schon in Schulen und Kindergärten Prävention gegen Gewalt geben. Praktisch helfen könne jede und jeder außerdem mit dem Handzeichen gegen häusliche Gewalt: Wenn eine Person häusliche Gewalt bemerkt, wird dabei die Innenseite der Hand gezeigt und der Daumen in die Handfläche gelegt.
ENERGIEFONDS FÜR BETROFFENE DER HOHEN ENERGIEPREISE
Marion Blessing (Holzgerlingen), als Sozialpädagogin tätig, berichtete von ihren Klientinnen und Klienten. Aufgrund der gestiegenen Lebenshaltungskosten sei bei vielen Menschen kaum noch Geld zur Freizeitgestaltung und Teilhabe an der Gesellschaft da. Auch die Kinder einkommensschwacher Klienten könnten sich viele Aktivitäten zur gesellschaftlichen Teilhabe nicht mehr leisten. Die Schlangen vor den Tafelläden würden immer länger. „Ich spüre eine große Unsicherheit sowie Existenz- und Zukunftsängste bei vielen meiner Klienten“, sagte sie. Gegen die Angst vor Armut und fehlender Teilhabe brauche es „finanzielle Hoffnungszeichen unserer Kirche“. Sie befürwortete, dass 5,2 Millionen Euro im Haushalt für den Energiefonds eingestellt werden sollen. „Betroffene Menschen brauchen Unterstützung.“
Auch Michael Schradi (Blaubeuren) betonte: „Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander, weltweit noch sehr viel stärker als in Deutschland.“ Er sei vor kurzer Zeit nach Argentinien gereist, wo derzeit 100 Prozent Inflation erwartet würden. „Wir werden das Teilen lernen müssen und immer wieder den Blick über den Tellerrand wagen“, sagte Schradi.
DIE KIRCHE MUSS IN KRISEN HELFEN
Professor Dr. Martina Klärle (Weikersheim) sagte: „Das Streben nach ‚größer, schneller, mehr, besser’ hat uns gezeigt, dass es so nicht weitergeht.“ Das Wichtige sei dem Dringlichen nachgeordnet worden. „Die Gründe für die Armut liegen in den wichtigen Dingen.“ Sie bitte darum, dass in der Kirche das Wichtige mitgedacht werde, auch wenn das Dringliche häufig die Menschen antreibe. „Es zeichnet uns als Kirche aus, dass wir in Krisen helfen können.“
Britta Gall (Pfalzgrafenweiler) betonte, wie viel Gutes während der großen Krise der Corona-Pandemie in den Kirchengemeinden geschehen sei, etwa neu entwickelte Online-Formate. Vieles sei möglich gemacht worden. „Ich möchte Mut machen“, appellierte sie. „Wir in der Kirche sind doch die, die haben, was wir brauchen.“ Sie hoffe, dass diese Krise die Menschen nicht mehr auseinandertreibe, wie während der Corona-Pandemie, sondern zusammen. Auch in der Ökumene solle zusammengerückt werden. Gottesdienste könnten in diesem Winter auch mit anderen Kirchen zusammen gefeiert werden, etwa mit Freikirchen – nach dem Motto des Hashtags #miteinanderwarmwerden.
EINKOMMENSSCHWACHE MENSCHEN FÖRDERN
Renate Simpfendörfer (Eislingen) ging in ihrem Redebeitrag auf das von der Regierung geplante „Bürgergeld“ ein. Von der Erhöhung bleibe nach Abzug der Inflation kein Euro mehr für die Menschen. Auch in der Kirche seien die Menschen nicht frei von der Ansicht, dass arbeitslose Menschen nicht arbeiten wollen würden. Armut dürfe nicht selbstverständlich werden. Sie sei froh, dass die Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg, Professorin Dr. Annette Noller, öffentlich geäußert habe, dass die Regierung beim Bürgergeld noch stark nachbessern müsse. „Jeder Euro, der eingesetzt wird, führt dazu, dass Menschen für sich ein Selbstbewusstsein entwickeln." Einkommensschwache Menschen sollten keine Scham und Schuld empfinden. Sie sagte; „Wir sind als Kirche gefordert, das aufzubrechen. Nehmen wir Geld in die Hand, für die Menschen, die an der Armutsgrenze leben müssen.“
„Es ist wichtig, dass wir uns vor Augen führen, dass die Armut in unserem Land gravierend ist“, bestätigte Oberkirchenrätin Noller. Das Bürgergeld sei nicht hoch genug. Zudem halte sie es für gut, dass der Vermittlungszeitraum verlängert worden sei. Menschen müssten dort in Arbeit gebracht werden, wo sie auch bleiben könnten. Nur eine Minderheit der Arbeitslosengeld-Bezieher erhalte darüber hinaus Sanktionen, die meisten Menschen wollten arbeiten. „Die Menschen wollen selbstwirksam sein, sie sind so angelegt“, sagte Noller. Das entspreche auch dem christlichen Menschenbild. Kirche und Diakonie seien selbst mit Projekten für Betroffene unterwegs, etwa mit Zukunftsgutscheinen für Menschen in Langzeitarbeitslosigkeit und einem kleinen Projekt für Frauen, die durch Coaching wieder in Arbeit gebracht werden konnten. „Wir haben diese Ideen auch in die Politik getragen“, erklärte Noller. Die Menschen befänden sich häufig in sehr schwierigen Situationen. „Unsere Aufgabe als Kirche ist es, sie zu fördern.“
„Es ist wichtig, dass wir unsere Ohren und Herzen öffnen, um Not auch wahrzunehmen“, sagte Johannes Eißler (Eningen). „Seien wir in den nächsten Monaten in dieser Richtung unterwegs.“
Nach intensiven Beratungen hat die Landessynode bei der Herbsttagung ein Klimaschutzgesetz verabschiedet. Das Gesetz sieht eine Netto-Klimaneutralität der Württembergischen Landeskirche bis 2040 vor, die vor allem durch Maßnahmen im Gebäude und Mobilitätssektor erreicht werden soll. Das jetzt beschlossene Gesetz beruht auf einem Gesetzesentwurf, der im Frühjahr 2021 in die Synode eingebracht wurde.
EXPERTISE BEREITS VORHANDENER GESETZE WURDE MIT EINBEZOGEN
Die Württembergische Landeskirche habe den Klimaschutz schon seit längerer Zeit auf dem Schirm und befindet sich dabei in guter Gesellschaft, wie die letzte Tagung der EKD-Synode zeige, so der Vorsitzende des Rechtsauschusses Christoph Müller. Dort sei die Schöpfungsbewahrung ein zentrales Thema gewesen und habe so breitere mediale Aufmerksamkeit erzeugt. Für die Württembergische Landeskirche gehe mit der Verabschiedung des Gesetzes nun ein längerer Beratungsprozess zu Ende, in dem neben dem Rechtausschuss auch der Ausschuss für Kirche, Gesellschaft, Öffentlichkeit und Bewahrung der Schöpfung (KGS) eingebunden war. Im Beratungsprozess habe man auf die Expertise des Leiters des Umweltbüros der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz eingeholt, die bereits 2020 ein Klimaschutzgesetz verabschiedet hat. Zentraler Punkt dieses Gesetzes sei die Energieeinsparungen im Gebäudesektor gewesen, die bislang 80% der Treibhausgasemissionen der Landeskirche ausgemacht haben. Nach dieser Einschätzung haben der Rechtsauschuss und der Ausschuss KGS in einer gemeinsamen Sitzung auf Grundlage des im Frühjahr 2021 eingebrachten Entwurfs, zentrale Punke festgelegt und an zwei Punkten grundlegend überarbeitet, so Müller.
UMSETZBARKEIT DES GESETZES IM FOKUS
Einerseits sei im Entwurf von 2021 eine intensive Datenerfassung vorgesehen gewesen, auf deren Grundlage jede Kirchengemeinde entsprechend ihrer CO2-Emissionen Zuführungen zu einem Klimaschutzfonds hätte leisten müssen. In der gemeinsamen Sitzung der beiden Ausschüsse habe man aber festgestellt, dass das aus verschiedenen Gründen nicht praktikabel sei. Zum einen wäre der finanzielle Aufwand für die den Zahlungen zugrunde legenden Erhebungen unangemessen groß, da diese rechtssicher erfolgen müssten. Das Geld, nach Schätzungen des Oberkirchenrats 10 Millionen Euro in den vier Jahren, stünde nicht mehr dem Klimaschutz zur Verfügung. Eine solche Bepreisung stünde zum anderen in Gefahr, Gemeinden im ländlichen Raum überdurchschnittlich hoch zu belasten, da die Gebäudedichte hier oft noch höher sei. Müller gab zu bedenken, dass ein Modell, an dem sich die Zuführungen allein an den CO2-Bilanzen der jeweiligen Gemeinden orientieren, letztlich Kirchengemeinden mit schrumpfenden Gemeindegliederzahlen begünstige. Es sei fatal, wenn eine Gemeinde, die durch eine Vielzahl von Gruppen und Kreisen im Winter mehr heizen muss, durch das Klimaschutzgesetz benachteiligt werde. Die Ausschüsse haben sich darum auf eine Orientierung am Gesamtgasausstoß der Landeskirche geeinigt. Die Zuführungen in den Klimaschutzfonds sollen demnach gemeinschaftlich aufgebracht werden.
Die zweite größere Änderung durch die Ausschüsse habe die Bildung von Klimaschutzfonds auf Bezirksebene betroffen. Der ursprüngliche Entwurf habe vorgesehen, auf Bezirksebene Klimaschutzfonds zu bilden, in die Kirchengemeinden durch CO2-Strafzahlungen einzahlen. Allein auf Grund finanztechnischer Gründe habe man diesen Vorschlag überarbeiten müsse. Stattdessen sehe die aktuelle Gesetzesfassung nun vor, dass über den Ausgleichsstock klimafreundliche Maßnahmen unterstützt werden können. Mit dem Ausgleichstock stünde ein bereits etabliertes Modell zur Verfügung, so dass keine Doppelstrukturen aufgebaut werden müssten. Bereits jetzt würden über diesen Fonds Zuschüsse für Baumaßnahmen geleistet. Zur Finanzierung des Ausgleichsstock trügen alle Kirchengemeinden gleichsam bei, ohne Benachteiligung von Kirchengemeinden mit historisch gewachsenen großen Gebäudebeständen. Es sei außerdem möglich, innerhalb des Ausgleichsstocks einen eigenen Klimaschutzfonds zu bilden, dessen Mittel nur für klimafreundliche Baumaßnahmen verwendet werden dürften.
Nach den Ausführungen zu den beiden größten Änderungen gegenüber dem ersten Gesetzesentwurf wies der Vorsitzende des Rechtsauschusses darauf hin, dass die Stellungnahmen der Gesprächskreise und Ausschüsse in den Beratungen berücksichtigt wurden und nun das folgende Gesetz als Ergebnis der Beratungen vorgestellt werden könne.
KLIMASCHUTZ ALS BLEIBENDE AUFGABE
Das vorgestellte Gesetz ist in zwei Artikel aufgeteilt, wobei Artikel 1 das eigentliche Klimaschutzgesetz enthält und Artikel 2 die Auswirkungen in verschiedenen anderen kirchlichen Gesetzen regelt. Nach einer Präambel die den Einsatz der Kirche für einen angemessenen Umgang mit der Umwelt mit dem Schöpfungsauftrag der Bewahrung und Bebauung der Erde begründet und schon die maßgeblichen Felder des kirchlichen Klimaschutzes – Gebäude, Mobilität, Beschaffung und Biodiversität – benennt, setzt §1 Zweck und Anwendungsbereich des Gesetzes fest: Förderung des Klimaschutzes durch Reduzierung der Emissionen im Bereich der Evangelischen Landeskirche in Württemberg samt ihren Kirchengemeinden, Kirchenbezirken, Verbänden und Stiftungen. In §3 wird der im ersten Paragrafen grundsätzlich formulierte Zweck der Reduktion von Treibhausemissionen zu einem konkreten Ziel formuliert. Bis Ende 2040 soll Netto-Treibhausgasneutralität durch Einsparung von Energie, effiziente Bereitstellung, Umwandlung und Speicherung sowie Nutzung erneuerbarer Energien erreicht werden. Darüber hinaus werden Emissionsminderungsmaßnahmen als mögliche Ergänzung genannt.
Christoph Müller berichtete von den Diskussionen, die dieser Abschnitt in den Ausschüssen hervorgerufen habe. Das in der ersten Fassung genannte Ziel der Netto-Treibhausgasneutralität bis 2035 sei auf Anraten des Rechtsauschuss auf 2040 geändert worden, auf Grund der Gefahr, dass das ambitionierte Ziel nicht erreicht hätte werden können. Die Festlegung auf 2040 schließe, so Müller, aber nicht die frühere Erreichung des Zieles aus.
KONKRETE MASSNAHMEN UND EIN REGELMÄSSIGES ERNEUERTES KLIMASCHUTZGESETZ
Im vierten Paragrafen ist die regelmäßige – fünfjährige – Aufstellung eines Klimaschutzkonzeptes des Oberkirchenrates geregelt, das zum einen Zwischenziele zur Reduktion der CO2-Emissionen in den Bereichen Gebäude, Grundstücke, Mobilität, Ernährung und Beschaffung beschreiben soll und zum anderen Vorschläge zur Kompensation von Emissionen, zur Novellierung von Vorschriften zur Treibhausgasreduktion und zur Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zum Klimaschutz enthalten soll.
Die Datenerfassung, die in §5 geregelt ist, soll einmal jährlich durch alle Dienststellen der Landeskirche geschehen, um eine Auswertung des bisher erreichten Klimaschutzniveaus zu ermöglichen.
Dazu berichtete Müller, dass wie zu Beginn seines Berichts ausgeführt, auf eine aufwendigere monatliche Erfassung auf Grund der hohen finanziellen Belastung verzichtet wurde. In einem zweiten Absatz verpflichtet das Gesetz den Oberkirchenrat alle fünf Jahre einen Klimaschutzbericht vorzulegen, der Auskunft über die Folgen des Klimawandels für die Landeskirche und einen Überblick über den Stand der Umsetzung und weitere mögliche Anpassungsstrategien gibt.
Konkrete Regelungen zum Erreichen der Treibhausgasneutralität finden sich schließlich in §6-8 des Gesetzes. Hier wird der Einbau von Heizungsanlagen mit fossilen Brennstoffen und der Abschluss von Stromlieferungsverträgen, die nicht ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien beziehen, als unzulässig erklärt und festgelegt, dass Dienstreisen möglichst auf öffentliche und klimafreundliche Verkehrsmittel zurückgreifen sollen. Beim Angebot von Lebensmitteln sollen außerdem Belange des Klimaschutzes berücksichtigt werden. Das Thema der Klimagerechtigkeit soll sowohl im Bildungsangebot, in Aus- und Fortbildungen von Haupt- und Ehrenamtlichen, in Schulungen für Mitarbeitende, die kirchliche Gebäude bewirtschaften, und in der kirchlichen Arbeit durch Erntebitt und -dankgottesdienste behandelt werden. Den Abschluss des eigentlichen Klimagesetzes bildet der Paragraf zur Finanzierung, der wie im Bericht von Müller ausgeführt, die Zuteilung von Mitteln zur Förderung des Klimaschutzes aus den Mitteln des Ausgleichsstocks regelt.
SPÜRBAR, ABER REALISTISCH
In den folgenden Artikeln werden die Auswirkungen des Gesetzes auf verschiedene kirchliche Gesetze, wie zum Beispiel die Kirchengemeindeordnung geregelt. Artikel 5 bietet der Synode die gesetzliche Grundlage, einen bestimmten Anteil des Kirchensteuereinnahmen dem Ausgleichsstock für Allgemeine Klimaschutzmaßnahmen nach §9 festzulegen und richtet außerdem die Möglichkeit für Kirchenbezirke ein, Klimaschutzfonds in den Bezirkssatzungen vorzusehen.
Im letzten Artikel wird das Inkrafttreten des Gesetzes geregelt. Müller berichtete dazu, dass ein Inkrafttreten bereits zu Jahresbeginn 2023 aus praktischen Gründen nicht möglich sei und der Rechtsauschuss mehrheitlich ein Inkrafttreten zum 1. Januar 2024 für angemessen halte.
Abschließend wies er darauf hin, dass die Gesetzesvorlage einen angemessenen Beitrag zum Klimaschutz leiste und gleichzeitig die anderen Arbeitsfelder nicht aus dem Blick verliere. Die Ziele seien zwar ambitioniert und würden deswegen in Zeiten zurückgehender Finanzen auch spürbar werden, blieben aber dennoch realistisch. Gerade darum bitte er im Namen des Rechtsausschusses um Zustimmung.
Lebendige Gemeinde
"Der Entwurf schaffe es, das Klimaschutzgesetz nicht gegen aktives Gemeindeleben auszuspielen”, so Dr. Markus Ehrmann in seinem Votum. Das Klimaschutzgesetz lege eine starke Priorisierung fest, schaffe es aber gleichzeitig Räume für die Gemeindeentwicklung offen zu halten.
Er betonte, dass dem Gesprächskreis das Thema der Bewahrung der Schöpfung wichtig sei. Gleichzeitig würden die Investitionen, die durch das Klimaschutzgesetz getätigt werden, an anderer Stelle fehlen. “Geld, das hier eingesetzt wird, kann anderswo nicht eingesetzt werden”, so Ehrmann. Die Umsetzung des Gesetzes bedeute Belastungen von 80 Millionen Euro in den nächsten Jahren und sei somit kein Selbstläufer. Man müsse mit Augenmaß darauf achten, dass auch noch Geld für die vielen anderen Aufgaben der Landeskirche zu Verfügung stünden.
Insgesamt sei das Gesetz in der vorliegenden Form aber ein guter Weg für den Klimaschutz, der dafür sorge, dass auch die ländlichen Gemeinden mit einem hohen Gebäudebestand nicht alleine gelassen würden. Der Ausgleichstock, der nach dem aktuellen Entwurf Gelder für Klimaschutzmaßnahmen bereit halte, sei darum ein gutes Mittel. Es stünde nach der Verabschiedung an, die Mittel möglichst schnell und unkompliziert zur Verfügung zu stellen, damit die Motivation für die Umsetzung geweckt werden.
Bezüglich eines früheren Zieldatum zum Erreichen der Treibhausgasneutralität mahnte Ehrmann zu einem bedachten Vorgehen. Ein zu frühes Zieldatum könne bei einem zu langsamen Absenken der Emissionen zu hohen Kompensationszahlungen führen. Eine Kompensation von Emissionen aus Kirchensteuermitteln halte man aber nicht für vertretbar.
Nachdem er noch anmahnte, dass Kirche nicht moralisch auftreten und für die Sache des Klimaschutzes Menschen nicht in gut und böse einteilen dürfe, warb er darum, dass die Kirche ihr Pfund mit in die gesellschaftlichen Diskurse einbringe, nämlich die Sprache der Hoffnung. Die Kirche dürfe nicht durch Angst motivieren, sondern von der Freiheit sprechen. Diese fände sich im Wissen, dass “etwas Göttliches” auf alle Fragen folgt. Den Auftrag zur Schöpfungsbewahrung erhalte man als Kirche aus dem Glauben. Ohne Gemeindeleben sei darum keine Schöpfungsbewahrung möglich. Der Gesprächskreis unterstütze darum den vorliegenden Antrag, da er beide Anliegen angemessen vereine.
Offene Kirche
Der Gesprächskreis Offene Kirche blicke auf das nun vorliegende Gesetz neben Freude mit einer Portion Zweifel, wie ambitioniert dieses Gesetz überhaupt sei, so Dr. Hans-Ulrich Probst in seinem Votum für den Gesprächskreis Offene Kirche. Er führte aus, warum die Landeskirche es nicht dem Staat überlasse, gesetzlich zu handeln. Die Offene Kirche sei überzeugt, dass „die Landeskirche als konsequente Mahnerin und als Motor für die Erhaltung der Lebensgrundlagen aller Geschöpfe wahrgenommen werden soll. Weil sie in Verantwortung für die nachfolgenden Generationen steht. Weil sie danach handelt.“
Entscheidende Punkte seien die Datenerhebung des Energieverbrauchs in den Gebäuden im Raum der Landeskirche in Württemberg und ein alle fünf Jahre zu erstellendes Klimaschutzkonzept.
Evangelium und Kirche
Annette Sawade sagte in ihrem Votum für den Gesprächskreis Evangelium und Kirche, auch von der Kirche werde erwartet, dass sie sich für Klima- und Umweltschutz, für die Bewahrung der Schöpfung einsetzt. „Ob Gebäude-Sanierung, Energieversorgung, Mobilität, Beschaffung, alle Bereiche müssen ihren Beitrag zur THG-Reduzierung bis zur CO2-Neutralität liefern.“ Und weiter sagte Sawade: „Gehen wir mit Zuversicht und Elan gemeinsam mit unseren Gemeinden in die Umsetzung des Gesetzes.“
Kirche für morgen
Anja Faißt betonte in ihrem Votum für den Gesprächskreis Kirche für morgen, CO²-Neutralität zum 31.12.2040 sei ein realistisches und finanziell machbares Ziel. Mit dem Klimaschutzgesetz wolle die Landeskirche ein Zeichen dafür setzen, dass „wir aktiv handeln wollen und nicht in Ohnmacht oder Ignoranz verfallen. Gerade für Menschen der jüngeren Generation ist das ein wichtiges Zeichen. Ein Zeichen für die Zukunft. Kirche tut etwas, statt nur zu reden, und positioniert sich hier klar.“
Ortsgemeinden seien Vorbild für einen klimabewussten Lebensstil. Der Gesprächskreis wünsche sich, dass daraus eine volkskirchliche Bewegung entstehe, so dass „jede und jeder einzelne positiv dazu angeregt und ermutigt wird, über den eigenen ökologischen Fußabdruck nachzudenken und Schritte für einen klimabewussten Lebensstil zu gehen“.
Der Gesprächskreis Kirche für morgen fordere, dass Kirche sich einmische, „wenn Folgen des Klimawandels auf zukünftige Generationen abgewälzt werden“. Sie verstehe gut, dass Menschen ihrer Generation und jüngere Menschen Angst vor einem zukünftigen Leben auf unserer Erde hätten. „Hier sehe ich Protest als ein gutes Mittel, um gewaltfreien und zivilen Widerstand zu leisten.“
Faißt betonte, dass „alle Menschen in unserer Landeskirche durch Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit sensibilisiert und mitgenommen werden“ müssten. Hierbei sollten sich naturwissenschaftliche und theologische Erkenntnisse ergänzen. Essentiell sei die Aufnahme dieser Themen in die Aus-, Fort- und Weiterbildung der haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden sowie die Förderung von klimafreundlichen Initiativen, zum Beispiel bei der Installation von Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern von Kirchengemeinden.
ÄNDERUNGSANTRÄGE SCHLAGEN ZWISCHENZIEL 2035 VOR UND BRINGEN KLIMAFREUNDLICHE NUTZUNG VON WALD UND FLUR MIT EIN
Drei Änderungen wurden in die Synode eingebracht und diskutiert. Die erste setzt neben dem finalen Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2040 ein Zwischenziel der Reduzierung auf 10% bis 2035 fest. Dabei orientiere man sich an der Klimaschutzrichtlinie der EKD, die im September beschlossen wurde. Die zweite Änderung fordert statt des Erstellens eines neuen Klimaschutzkonzeptes die Fortschreibung des bereits bestehendes Klimaschutzkonzeptes, ab 2023. Dieser Antrag wurde nach Beratung des Ausschusses KGS nicht weiterverfolgt, mit Ausnahme eines kleinen Teils. Das Klimaschutzkonzept, das der Oberkirchenrat nach dem Gesetz regelmäßig erstellt, solle als sechster Punkt auch klimafreundliche Vorschläge zur Nutzung von Wald und Boden enthalten. Zuletzt wurde auch die Verortung des Klimaschutzes in der Bildungsarbeit näher ausformuliert. So sieht der dritte Änderungsantrag beispielsweise eine Verortung des theologischen Themas der Klimagerechtigkeit in von der Kirche verantworteten Bildungs- und Lehrplänen und eine regelmäßige Beschäftigung mit klimasensibler kirchlicher Arbeit in kirchenleitenden Gremien vor. Der Ausschuss KGS beschloss ebenso wie der Rechtsauschuss diesen Antrag nicht weiter zu verfolgen. Er füge nichts substanziell Neues zum Gesetz hinzu.
In der Aussprache der Synodalen gab Michael Schneider zu bedenken, dass die Finanzierung der Klimaschutzmaßnahmen des Gesetzes noch keine finanzielle Grundlage haben. Gerade mit dem hohen Gebäudebestand der Kirche sei es unwahrscheinlich, dass Klimaneutralität bis 2040 erreicht, werden könne. Dazu seien mutmaßlich Investitionen in Milliardenhöhe notwendig. Oberkirchenrat Christian Schuler bestätigte später die Vermutung, dass der Gebäudebestand eine der größten Herausforderungen beim Erreichen der Klimaneutralität darstelle. Er wies darauf hin, dass dazu auch Verzicht nötig sei. Das könnte bedeuten bis zu 1/3 des momentanen Gebäudebestandes „klimafreundlicherer Nutzung zuzuführen“.
Eckart Schultz-Berg und weitere Synodale merkten an, dass die Frage der Finanzierung zwar in der Tat noch nicht geklärt, es aber jetzt wichtig sei, ins Handeln zu kommen. Man habe in der Vergangenheit zu oft Ausreden gefunden, warum ein effektiver Klimaschutz jetzt noch nicht möglich sei. Er bat außerdem den Oberkirchenrat, Gemeinden dabei zu unterstützen in kurzen Abständen Emissionsdaten zu erheben, da sich das in einzelnen Gemeinden bereits als wirksam erwiesen habe. Auch wenn das neue Gesetz, so Schultz-Berg, erst 2024 in Kraft träte, sollten schon jetzt und im Jahr 2023 die richtigen Wege eingeschlagen werden. Renate Simpfendörfer und andere wiesen auf die gesamtgesellschaftliche Dimension des Klimaschutzes hin. Sowohl die bundesweiten Proteste der jungen Menschen als auch die sichtbaren weltweiten Auswirkungen des Klimawandels riefen zum Handeln auf. „Die jungen Menschen brüllen uns an. Und wir hören sie nicht“, analysierte Gerhard Keitel die Situation. Ein Klimaschutzgesetz sei ein wichtiger Schritt, um die eigene Verantwortung wahrzunehmen.
Die Synodale Dr. Gabriele Schöll drückte ihre grundsätzliche Zustimmung zum Anliegen des Klimaschutzes aus, versuchte aber auch die Stimme von Gemeindegliedern zur Sprache zu bringen. Für manche sei nicht nachvollziehbar, warum es zusätzlich zu staatlichen Klimaschutzgesetzen auch noch ein kirchliches Gesetz brauche. Es bestünden ernsthafte Bedenken, dass zusätzlich zur staatlichen CO2-Bepreisung nun auch noch kirchliche Abgaben kämen. Die Kirche sei schon längst im Klimaschutz aktiv, wie zum Beispiel mit Zertifizierungsprozessen oder dem Grünen Gockel.
Uneinigkeit bestand besonders bezüglich des ersten Änderungsantrags beim vorgeschlagenen Zwischenziel, bis 2035 90% der Emissionen einzusparen und bei einem Scheitern die Mehremissionen mit Kompensationen auszugleichen. Das Gesetz in der ersten Fassung sei gut, weil es zeige, dass Kirche Verantwortung für die Umwelt übernehme, so Christoph Reith. Verantwortungsvoll zu handeln, bedeute aber auch realistisch zu bleiben. Deswegen sei das Ziel, bis 2035 90% des Treibhausgas einzusparen, abzulehnen. Es sei sehr wahrscheinlich, dass dieses Ziel nicht erreicht werden könne. Er warb dafür, sich lieber etwas mehr Zeit zu lassen und dafür mit realistischen Zielen zu arbeiten.
GESETZ OHNE GEGENSTIMME VERABSCHIEDET
Nach der intensiven Aussprache wurde in der 1. Lesung das Gesetz festgestellt. Der erste Änderungsantrag, der eine Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2035 festlegte, fand keine Mehrheit im Plenum. Der zweite Änderungsantrag, der die klimafreundliche Nutzung von Wald und Flur im Gesetz platzierte, wurde von einer Mehrheit der Synode festgestellt.
Schließlich stimmte die Synode im Anschluss an die Zweite Lesung dem Klimaschutzgesetz für die Evangelischen Landeskirche in Württemberg bei drei Enthaltungen zu.
Aus technischen Gründen finden Sie die Zusammenfassung der Berichte von Oberkirchenrat und Sonderausschuss im folgenden PDF-Download.