Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl hält am 1. Weihnachtsfeiertag die Predigt im Weihnachtsgottesdienst der Stuttgarter Stiftskirchengemeinde. In seiner Predigt über Johannesevangelium 3,31-35 geht Gohl auf die großen Unterschiede zwischen der bekannten Version der Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium und den ganz anderen Schwerpunkten bei Johannes ein.
Während bei Lukas alle Beteiligten Botinnen und Boten des Weihnachtgeschehens und der Freudenbotschaft seien, spreche Johannes von Jesus Christus als einzigartigem Boten, der seine Botschaft, „mit seinem Leben, seiner ganzen Existenz, unüberbietbar“ bezeuge. Anders als Lukas erzähle Johannes dieses Ereignis „dramatischer, grundstürzender. Kein Stern, der den Besuchern, den Weg zur Krippe weist. Sondern vielmehr wie ein Komet, der […] mitten in unserem Leben einschlägt. Dieses Bild lässt mir den Atem stocken. Es hat etwas Bedrohliches. Ich denke an die Raketen, die die Hamas auch in diesen Tagen auf Israel abfeuert. Ich denke an die Menschen, die in Luftschutzbunkern Schutz suchen müssen. Ich denke an die Bürger von Kiew, deren Häuser durch russische Raketen zerstört werden. Wer heute in den Himmel schaut, der sieht Bedrohung statt Heil.“
Der Evangelist Johannes sei „kein Freund der Zwischentöne. Für ihn steht fest: Diese Welt ist finster“, so Gohl weiter. „Das Weihnachtswort aus dem Johannesevangelium [..] ruft in die Entscheidung über unser Leben“. Johannes sage: „Der Sohn ist in die Finsternis dieser Welt gekommen. Wo gehört Ihr hin? Hört Ihr Gottes Wort? Hört ihr, wem Unrecht geschieht? Hört ihr die Schreie der Kriegsopfer und Flüchtlinge? Hört ihr die verzweifelten Rufe der Familien, die in Israel auf ihre Angehörigen warten, die in Geiselhaft sind? Hört ihr die Rufe deren, die unter dem Terror der Hamas im Gazastreifen leiden? Hört Ihr?“
Aber „Christus polarisiert nicht nur. Er verbindet auch. Er verbindet Himmel und Erde. Er verbindet das Oben und das Unten. Und er verbindet uns miteinander.“ Für Gohl ist gerade Weihnachten eine Zeit der Verbundenheit: „Unsere hochtechnisierte Welt bietet unendlich viele Möglichkeiten. Vielleicht tun sich deshalb die modernen Menschen so schwer, dauerhaft diese Verbundenheit zu leben? Deshalb ist das Angebot von Weihnachten so attraktiv. Es ist ein Angebot auf Zeit. Wir üben in den Weihnachtstagen diese Verbundenheit in Christus ein und können sie später wieder hervorholen, aktivieren.“
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