Am Sonntag, 17. November 2024, ist Volkstrauertag. Ursprünglich initiiert als Gedenktag für die gefallenen deutschen Soldaten des Ersten Weltkrieges, erinnert er heute an die Opfer von Krieg und Gewalt in aller Welt. Für den württembergischen Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl ist der Gedenktag so aktuell wie eh und je.
Herr Landesbischof, ist der Volkstrauertag noch zeitgemäß?
Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl: Ja. Gerade in den gegenwärtigen Zeiten ist es wichtig, sich an das zu erinnern, was Krieg bedeutet: Zerstörung, Elend, Not und Tod. Auch wenn ich weiß, dass Gedenkfeiern zum Volkstrauertag von immer weniger Menschen besucht werden, sind sie doch ein wichtiger Punkt unseres kulturellen Gedächtnisses. Sie halten die Erinnerung wach und mahnen uns. Krieg hat nichts Ruhmvolles, sondern ist und bleibt etwas Schreckliches. Für mich wäre wichtig, dass es nicht nur um das Erinnern eines „Damals“ geht, sondern eine Mahnung für unsere Zeiten und die Zukunft.
Die Kriegsgefahr wächst weltweit. Würden Sie Soldaten für ihren Einsatz im Feld segnen?
Gohl: Ja, das würde ich tun - aber mit einer entscheidenden Einschränkung: Ich würde nicht eine Mission, einen Auftrag oder einen Krieg selbst segnen, sondern die Menschen, die ins Ungewisse, in Schweres aufbrechen - mit Fragen, Zweifeln, Sorgen und großen Nöten. Die Familien zurücklassen. Ich würde darum bitten, dass sie Entscheidungen treffen, die zum Frieden führen und nicht zur Eskalation. Dass die Soldatinnen und Soldaten ihre Waffe nicht gebrauchen müssen. Ich würde auch darum bitten, dass wir Menschen lernen, dass nach Gottes Willen Krieg nicht sein soll. Dass Gott einen anderen Weg für uns will und wir doch in einer unerlösten Welt leben, in der wir uns füreinander einsetzen müssen. Wer Dienst in der Bundeswehr und damit in einer parlamentarisch legitimierten Armee tut, dient dem Frieden und nicht dem Krieg. Die Bundeswehr ist keine Angriffsarmee, keine Söldnerarmee, die Krieg gegen Geld führt, sondern zum Schutz und zur Verteidigung.
Wie beurteilen Sie Erinnerungs- und Gedenktafeln an gefallene Soldaten der beiden Weltkriege in Kirchengebäuden?
Gohl: Ich würde sagen, dass kirchliche Gebäude auch immer Abbild ihrer Geschichte sind, in denen sich Generationen verewigt haben. Das macht auch den ganz besonderen Charme von Kirchengebäuden aus. Ich wäre nicht dafür, sämtliche Kriegsdenkmäler in Kirchen zu entfernen. Aber ich würde Gemeinden dazu einladen, sich über dieses Erbe einmal auszutauschen, darüber nachzudenken, wie es für sie in den Kirchenraum gehört oder auch nicht - und warum. Fangen wir mit diesen Tafeln noch etwas an? Warum haben sie frühere Generationen angebracht?
Vielleicht kann es dann eine Lösung sein, diese Gedenktafeln mit einem Zusatz zu versehen, sie quasi aus der Gegenwart heraus zu kommentieren. Und vielleicht kommt man an anderer Stelle zur Erkenntnis, dass diese Gedenktafeln hier so nicht hängen bleiben können, sondern in ein Museum gehören, weil sie das gottesdienstliche Geschehen und Erleben zu stark beeinträchtigen. Was aus meiner Sicht jedoch nicht geht, wäre, diese Gedenktafeln einfach zu entsorgen. Sie stehen auch für einen Teil unserer Geschichte und diese Geschichte kann nicht einfach vergessen und getilgt werden.
epd
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