Jakob Böhme war ein eigenständiger Denker, der keine universitäre Ausbildung genossen hatte, und der statt wie damals üblich auf Latein, seine Werke in deutscher Sprache verfasste. In seinem Denken versuchte er, selbständig Fragen nach den tiefsten Geheimnissen von Gott, Ethik und der Natur nachzugehen. Er gilt als ein bedeutender christlicher Mystiker und hat viele nachfolgende Generationen von Philosophen und Denkern inspiriert.
Als eigenständiger Denker im Konflikt mit der Kirche
Es war Jakob Böhme nicht in die Wiege gelegt, ein bedeutender Philosoph oder Mystiker zu werden. Als Sohn eines Bauern wurde er am 24. April 1575 in Alt-Seidenberg bei Görlitz geboren. Aufgrund seiner für einen Landwirt zu schwächlichen Konstitution schickte ihn sein Vater in eine Ausbildung zum Schuhmacher. Er erwarb in Görlitz das Meister- und Bürgerrecht, heiratete, kaufte sich ein Haus, gründete eine Familie. Neben seinem Schuhmacherberuf beschäftigte er sich mit Fragen nach der Entstehung der Welt oder dem Gegensatz von Gut und Böse. Er las intensiv in der Bibel, in naturphilosophischen und mystischen Schriften. Um mehr Zeit für seine Studien zu haben, beendete er seine Schuhmachertätigkeit und wurde stattdessen Garnhändler. Er fühlte den Drang in sich, seine Gedanken niederzuschreiben. Sein Erstlingswerk „Aurora oder Morgenröte im Aufgang“ (1612) zirkulierte bald in etlichen Abschriften.
Eine Abschrift fiel 1613 in die Hände des Görlitzer Pfarrers, der sich zum Wächter der lutherischen Orthodoxie berufen fühlte. Böhme musste geloben, künftig nichts mehr zu schreiben. Wie man sich denken kann, war es für den Denker schwierig, sich daran zu halten, und nach sechs Jahren Abstinenz fing er doch wieder mit dem Niederschreiben seiner Gedanken an. Zu seinem Glück fanden sich nun auch Theologen, die seine Schriften gerne lasen und ihn unterstützten. Trotzdem blieb er ein Außenseiter. Der Konflikt mit dem lokalen Pfarrer und mit dessen Nachfolger blieb bis zu seinem Tod 1624 bestehen.
Die Philosophie Böhmes ist eine eigentümliche Verbindung aus Luthertum und Mystik. Die schönsten seiner kleinen Schriften rein religiösen Inhalts wurden als „Der Weg zu Christo“ gesammelt. Er hoffte auf ein Zeitalter des Geistes. Trotz aller Widerstände war er seiner Berufung treu geblieben.
Dr. Andreas Butz