Christa von Viebahn, die Gründerin der Aidlinger Schwesternschaft, wurde 1873 in Wiesbaden geboren. Sie wuchs mit vielen Geschwistern in einem Elternhaus auf, das von den preußischen Tugenden des Gehorsams, der Pflichterfüllung und des Gottvertrauens geprägt war. Bibellese und tägliche Hausandachten prägten das Familienleben.
Später wird sie in Stuttgart und Umgebung eine diakonisch-missionarische Arbeit unter Frauen und Kindern ins Leben rufen, in Aidlingen (Heckengäu) eine Bibelschule und ein Diakonissenmutterhaus gründen und jahrzehntelang ein Quartalsheft mit täglichen biblischen Auslegungen mit dem bescheidenen Titel „Bibellesezettel“ publizieren.
Nach dem frühen Tod der Mutter umsorgte die elfjährige Christa einige Jahre lang ihre jüngeren Geschwister. Die militärische Laufbahn des Vaters führte die Familie nach Stettin, wo er als General mit seiner zweiten Frau ein herrschaftliches Haus führte. Christa scheute sich nicht, in den Hinterhöfen der Arbeiterviertel u.a. Wöchnerinnen zu pflegen. Sie litt unter dem Kontrast von bitterster Armut und „Pomp und Pracht“ in der Viebahnschen Villa.
Eine preußische Generalstochter im Schwabenland
Mit 34 Jahren verließ Christa das elterliche Haus und zog nach Stuttgart. Dieser ungewöhnliche Schritt war für die Eltern schwer zu verkraften. So viel Selbstständigkeit passte nicht in das Frauenbild jener Zeit.
Die Preußin, die zu Bibelstunden einlud, hatte bei den Schwaben keinen leichten Stand. Als 1914 der 1. Weltkrieg ausbrach, blieben viele Frauen, Kinder, Alte und Kranke unversorgt zurück. Andere Frauen waren als Hausmädchen oder Köchinnen angestellt und im großen Stuttgart sich selbst überlassen. „Wir müssen uns vermehrt um diese Frauen und Mädchen kümmern“, sagte sie ihren sogenannten Helferinnen, die mit anpackten.
Gründung des Diakonissenmutterhaus in Aidlingen
Obwohl ihr persönliches Vermögen durch die Weltwirtschaftskrise vernichtet war, gründete sie 1927 das Diakonissenmutterhaus in Aidlingen. Die Aidlinger Schwestern sind seitdem in vielen Arbeitsfeldern tätig. Schwerpunkte waren und sind Verkündigung und Seelsorge, Krankenpflege und Altenarbeit, Bibelkurse und Freizeiten, Religionsunterricht, Kinder- und Jugendarbeit – das Pfingstjugendtreffen zieht alljährlich Tausende an.
Die ursprüngliche Berufung Christa von Viebahns, Menschen nach Gottes Willen zu dienen, sie zum Glauben an Jesus Christus einzuladen, sie zu ermutigen und praktische Hilfe zu leisten, wurde von der Schwesternschaft weitergeführt. Die Bibelschule diente nicht nur der Ausbildung künftiger Schwestern; als Ort gemeinsamen Lebens stand sie allen Frauen offen, die ein biblisches Fundament für ihren Glauben und ihren Alltag suchten. Später entwickelte sich daraus das Theologische Seminar, das eine kirchlich und staatlich anerkannte Ausbildung zur Gemeindediakonin, Jugendreferentin und Katechetin anbot.
Christa von Viebahn erlebte diese Aufbrüche nicht mehr. Sie starb 1955 im Kreise ihrer Schwestern.
Schwester Heidemarie Führer, Aidlingen