Ein Wunderkind
Am 19.6.1623 geboren, gilt er schon früh als Wunderkind. Mit 12 Jahren rekonstruiert er ohne fremde Hilfe die ersten 32 Lehrsätze der Euklidischen Geometrie; mit 16 Jahren veröffentlicht er eine Aufsehen erregende Arbeit über Kegelschnitte. Um seinen Vater, der leitender Steuerbeamter in Rouen ist, die Arbeit zu erleichtern, erfindet er 1640 eine der ersten Rechenmaschinen, die er 1645 funktionsfähig realisiert („Pascaline“) und in der Folgezeit immer weiter verbessert. Der Physik treibt er den scholastisch-aristotelischen Horror vacui aus - auf der Basis von Experimenten.
Christusvision
Zunächst ein Skeptiker und Lebemann, widerfährt ihm mit 31 Jahren ein visionäres Erlebnis, das sein Leben und sein Denken revolutioniert, ihn zu einem theologisch versierten Vertreter der an Augustin anknüpfenden Jansenistischen Gnadenlehre und zu einem gefürchteten Kritiker der Jesuiten macht, deren politischen Einfluss er massgebend eindämmt und deren Verfolgung er nur durch einen frühen Tod am 19.8.1662 entkommt. An die ihm eröffnete Erkenntnis des eigenen Elends wie der Größe und Gnade Gottes lässt er sich durch einen lebenslang getragenen Stachelgürtel und ein in den Saum seines Mantels eingenähtes Papier erinnern. Auf diesem Memorial hält er fest: „`Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs´, nicht der Philosophen und Gelehrten. […] Gott Jesu Christi. Deum meum et Deum vestrum.“
Apologet des Christentums
Seine auf über 800 Seiten festgehaltenen, nur teilweise geordneten Aufzeichnungen für eine geplante Apologie des Christentums gegenüber Atheisten und Skeptikern werden zum Ausgangspunkt eines christlichen Existentialismus, der mit seinen Reflexionen über die Mittelpunktstellung des Menschen zwischen dem unsagbar Großen und Kleinen, seiner Metaphysikkritik, seinem Fokus auf dem „Herzen“ als dem eigentlichen Erkenntnisorgan, in fast allen Bereich modern anmutet und anküpfungsfähig ist.
Anhaltende Wirkungen
Neben den Pensees ist er noch auf mehreren weiteren Feldern bleibend wirksam: im Bereich Mathematik durch verschiedene mathematische Studien und Entdeckungen, u.a. das nach ihm benannte Pascalsche Dreieck; auf dem Feld der Physik durch die bahnbrechenden, empirisch fundierten Untersuchungen zum Luftdruck, an die durch die Messeinheit Hektopascal erinnert wird; auf dem Feld der Wissenschaftstheorie durch seine die Moderne antizipierenden Forderungen nach empirischer Überprüfbarkeit von wissenschaftlichen Aussagen, die Abgrenzbarkeit von Metaphysik und Wissenschaft und den Verzicht auf das Streben nach Sicherheit der Erkenntnis; im Bereich Theologie schließlich durch seine christologische Vernunft- und Metaphysikkritik, die vielleicht in einem postmodernen Umfeld ihre eigentliche Zukunft noch vor sich hat. Als Physiker und Mathematiker, Philosoph und Theologe, Apologet und Spiritual umfasst Blaise Pascal mit seinem Denken Gegensätze, die ihn in seinem Leben fast zu zerreißen drohen, und wird neben René Descartes zum eigentlichen Begründer einer Neuen Zeit.
Prof. Dr. Heinz-Peter Hempelmann
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