Johannes Seitz zum 100. Todestag

Evangelisation als Berufung

Johannes Seitz mit seiner Frau Luise.Bild: Landeskirchliches Archiv

Johannes Seitz wurde in Neuweiler im württembergischen Schwarzwald am 6.2.1839 geboren. Durch seine Eltern kam er mit der Lehre Johann Christoph Blumhardts des Älteren (1805-1880) in Berührung, die ihn stark beeinflusste. In jungen Jahren hatte sich Seitz so außerordentlich schwer am Arm verletzt, dass eine Amputation drohte. In seiner Not schwor er, ähnlich wie Luther, sein Leben lang Gott zu dienen, sollte das schlimmste abgewendet werden können und der Arm wieder heilen. Nach einem halben Jahr heilte der Arm tatsächlich aus und Seitz fand zum Glauben. Er löste sein Versprechen ein und widmete sich zeitlebens der Evangelisation.

Er trat 1855 zunächst als Zögling in die Pilgermission St. Chrischona ein, beschloss aber schon ein Jahr später, nach der Gründung der Templermissionsschule am Kirschenhardthof bei Marbach dorthin zu wechseln. Zusammen mit Martin Blaich war Seitz ab 1856 einer der beiden ersten gesandten Evangelisten in Murrhardt, im Schwarzwald und anschließend in Stuttgart. Im Gegensatz zu Christoph Hoffmann und Georg David Hardegg, die 1868 nach Palästina ausgewandert waren, zog Seitz eine Auswanderung nicht in Erwägung, sondern beließ es bei einem Besuch 1872 der Tempelgemeinden in Haifa und Jaffa. Nach einer theologischen Auseinandersetzung zwischen Hoffmann, Seitz und Blaich im Jahr 1877 traten die beiden Letztgenannten aus der Tempelgesellschaft aus. Die erweckten Christen der Templer-Freundeskreise im Deutschen Reich, die von Seitz und Blaich betreut wurden, wandten sich nun den entstehenden Kreisen der Gemeinschaftsbewegung zu. Aufgrund ihrer besonderen Ausrichtung auf das Reich Gottes nannten sie sich „Reichsbrüder“. In der Betreuung dieser Kreise – vor allem in Ostpreußen, Westpreußen, Pommern, Thüringen und Sachsen – fanden Seitz und Blaich ihre neue Aufgabe und betrieben eine weitgefächerte Evangelisationstätigkeit.

Sie gründeten im Jahre 1878 den Evangelischen Reichsbrüderbund (heute: Württembergischer Christusbund) – die erste überregionale Organisation der Gemeinschaftsbewegung. Ab 1879 gab der Reichsbrüderbund die monatlich erscheinende Zeitschrift „Flugblatt des Reichsbrüderbundes“ und ab 1886 die Wochenzeitschrift „Evangelischer Brüderbote“ heraus. Seitz betätigte sich publizistisch, hinterließ ein vielfältiges erbauliches Schrifttum und wurde zu einer der einflussreichsten Persönlichkeiten der deutschen Gemeinschaftsbewegung. 

Aus dem „Reichsbrüderbund“ und der „Deutschen Zeltmission“ entstand im Heiligen Land die „Evangelische Karmelmission“ (heute mit Sitz in Schorndorf). Die Anfänge der Karmelmission sind ohne den Einfluss und das frömmigkeitstheologische Umfeld der württembergischen Tempelgesellschaft nicht zu verstehen. Die beiden Gründer der Karmelmission, Johannes Seitz und Martin Blaich wirkten in den 1890er Jahren und Anfang des folgenden Jahrhunderts, um dieser Mission eine Basis auf dem Karmelberg zu schaffen. 

1893 gründete Seitz ein Erholungsheim in Preußen Bahnau (Ostpreußen) und bat Blaich diese Einrichtung zu leiten, 1898 ein weiteres Erholungsheim im Vogtland bei Teichwolframsdorf, das er bis zu seinem Tod am 4.07.1922 als Seelsorger und Erweckungsprediger mit apostolischen Kräften der Krankenheilung durch Gebet führte. 

Dr. Jakob Eisler

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