Gottlieb Wilhelm Hoffmann wurde als Sohn eines strenggläubigen Pfarrers am 19. Dezember 1771 in Ostelsheim bei Calw geboren. Als Amtsschreiber in Merklingen erlebte er die Bekehrung, die ihn sein Leben lang an pietistische Kreise und deren Hauptvertreter Johann Friedrich Flattich, Christian Gottlob Pregizer, Phillip Matthäus Hahn oder Christian Adam Dann binden sollte.
In den Jahren 1815 bis 1819 war er als königlicher Notar und Amtsbürgermeister in Leonberg tätig. In den Jahren 1819 bis 1825 vertrat er als Abgeordneter das Oberamt Leonberg bei Versammlungen der zweiten Kammer der württembergischen Landstände.
Die Folgen der Napoleonischen Kriege und der schweren Missernten in den Hungerjahren 1816/17 prägten die Zeit, die Menschen litten bittere Not. Doch viele Pietisten sahen gerade darin Anzeichen für die nahende „Endzeit“ und den bevorstehenden Anbruch des „Tausendjährigen Reiches Gottes“. Zu Hunderten emigrierten sie bis Ende 1817 aus Württemberg, zumeist nach Südrussland, das Zar Alexander I. mit günstigen Ansiedlungsbedingungen bewarb, um der heiligen Stätte Jerusalems so nahe wie möglich zu sein. Wilhelm Hoffmann und Michael Hahn wollten dieser Entwicklung entgegenwirken und die Auswanderungswelle stoppen. Ihre Idee war es, vor Ort eine Gemeinde zu gründen, in der rechtschaffene Bürger mit ausreichend Kapital zusammenlebten, die den reinen Glauben aufrechterhalten sollten, um so für das Kommende gerüstet zu sein. Beeinflusst waren diese Überlegungen u.a. von der im Schwarzwald gelegenen Evangelische Brüdergemeine Herrnhut in Königsfeld. Doch sind auch Vorbilder in jenen Siedlungen zu suchen, die Württemberger in den Vereinigten Staaten gründeten. Zu nennen wären hier z.B die von dem Iptinger Johann Georg Rapp und seinen Anhängern gegründeten Siedlungen Harmony in Indiana und Economy in Pennsylvania bzw. das von Separatisten aus Rottenacker errichtete Zoar in Ohio.
Im Herbst 1818 genehmigte der württembergische König, nach unzähligen Verhandlungen mit Hoffmann, die Gründung einer solchen Gemeinde auf der Markung des ehemaligen Ritterguts Korntal bei Stuttgart und besiegelte dies mit einer Fundationsurkunde im November 1818. Hoffmanns Vorschlag konnte nun umgesetzt werden und im Laufe des Jahres 1819 siedelten sich 68 Familien in der Neugründung an. Religiöse Grundlage bildete das Augsburger Bekenntnis, doch war die Gemeinde von der Aufsicht des Konsistoriums befreit, so dass Pfarrer und Lehrer selbst gewählt werden konnten. Hoffmann gab seine Ämter in Leonberg auf und avancierte zum ersten Vorsteher dieser Gemeinschaft.
1825 rief Hoffmann die Schwesterkolonie Wilhelmsdorf bei Ravensburg ins Leben, die bis zu seinem Tode jedoch auch sein Sorgenkind bleiben sollte. Die Kolonie hatte von Beginn an mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen, zumal vor Ort eine geeignete Führungspersönlichkeit fehlte. Hoffmann litt zunehmend unter dieser Situation und als es schließlich zum Konkurs kam, traf ihn dies zutiefst. Noch auf seinem Sterbebett trieben ihn die Sorgen um Wilhelmsdorf um.
Hoffmann war dreimal verheiratet. Seine erste Gattin, Wilhelmine Flattich (1779–1801), Enkelin von Johann Friedrich Flattich, starb nach kurzer Ehe. Aus seiner zweiten Ehe mit Friederike Löffler (1779–1810) ging Ludwig Friedrich Wilhelm Hoffmann (1806-1873), der spätere Leiter der Basler Mission (1839-1850) und Gründer des „Jerusalemsvereins zu Berlin“ hervor. In dritter Ehe war er mit Beate Baumann (1774–1852) verheiratet, die ihn auch überleben sollte. Ein gemeinsamer Sohn, Christoph Hoffmann (1815-1885) gründete die Tempelgesellschaft.
Mit seinen pietistischen Siedlungsprojekten verwirklichte Gottlieb Wilhelm Hoffmann soziale Ideen im Sinne des Pietismus und initiierte in Korntal ein pietistisches Zentrum in der Mitte von Württemberg. Er muss zu den bedeutendsten württembergischen Pietisten des frühen 19. Jahrhunderts gezählt werden. Er starb am 29. Januar 1846 in Korntal. Sein Grab befindet sich bis heute auf dem alten Korntaler Friedhof.
Jakob Eisler