Karl Hartenstein war von 1926 bis 1939 Direktor der Basler Mission und dann bis zu seinem Tod 1952 der Bevollmächtigte der Basler Mission für die Arbeit in Deutschland. 1941 wurde er Prälat von Stuttgart. Er steht beispielhaft für die Verbindung von Mission, Landeskirche und Ökumene. Am 25. Januar 2019 wäre er 125 Jahre alt geworden.
Am 1. Weltkrieg nahm er als Offizier teil, schloss dann sein Theologiestudium ab und ging als Pfarrer nach Urach. Mit 32 Jahren wurde er zum Direktor der größten Missionsgesellschaft auf dem europäischen Festland berufen. Er leitete den Prozess der Umwandlung der Missionsgebiete in selbständige Kirchen ein. Wichtig war ihm die ökumenische Gemeinschaft, z.B. die Teilnahme an der Weltmissionskonferenz in Tambaram in Indien 1938 und an der Gründung des Ökumenischen Rates in Amsterdam 1948.
Im Juni 1932 warnte er in einem Brief an die Missionare in Indien vor einer „Überschätzung von Blut und Rasse und dem damit verbundenen Antisemitismus“ und einer „fast ans Kultische grenzenden Verehrung des Führers“. Ein Jahr später, im Juli 1933, berichtete er dagegen – wieder in einem Brief nach Indien - fast begeistert von den Wandlungen in Deutschland: Ende des Klassenkampfes, Überwindung des Kapitalismus, Ende des dauernden Parteienstreits und eine völlig neue Volksgemeinschaft. Im Komitee der Basler Mission hatte er am 5. April behauptet, die Ernennung Hitlers sei die „Rettung vor der vorbereiteten bolschewistischen Revolution in letzter Stunde“ gewesen. Diese positive Sicht änderte sich sehr schnell: er wurde zu einer der wichtigsten Stützen der Bekennenden Kirche in der Mission. Allerdings war er kein Mann des Widerstandes; er glaubte gemäß seinem Verständnis der Offenbarung, für die Kirche müsse es nun eine Zeit des Leidens sein.
Um die finanzielle Unterstützung des Werkes aus Deutschland nicht zu gefährden, verbot er in den Veröffentlichungen der Mission jede kritische Berichterstattung über die Lage in Deutschland. Die Schweizer in der Missionsleitung fügten sich dem nur widerwillig.
Bei Ausbruch des 2. Weltkrieges traten alle Deutschen aus der Leitung der Basler Mission aus, um zu verhindern, dass das Missionseigentum in Übersee beschlagnahmt würde – wie es im 1. Weltkrieg geschehen war. Hartenstein wurde als Bevollmächtigter der Basler Mission nach Deutschland geschickt und nahm diese Aufgabe bis zu seinem Tod am 1. Oktober 1952 wahr.
1941 wurde er Prälat von Stuttgart. Er sorgte während des Krieges dafür, dass nicht-arische Pfarrer, die in anderen Landeskirchen entlassen worden waren, hier angestellt wurden. Als Stellvertreter von Landesbischof Wurm bereitete er nach dem Krieg das Gespräch mit den Delegierten des Ökumenischen Rates vor, bei dem am 18. Oktober 1945 die „Stuttgarter Schulderklärung“ übergeben wurde. Hartenstein machte sie in den Kreisen der Mission bekannt: „Sie spricht zutiefst aus, was unser Herz bewegt.“ Er brachte auch auf den Weg, dass die deutschen Missionsgesellschaften im fast gleichen Wortlaut am 2. Oktober 1946 in den „Rheinfelder Thesen“ ihre Mitschuld bekannten.
Jürgen Quack