Als „Apostel Schwabens“ bezeichnet der Straßburger Reformator Martin Bucer seinen Freund Ambrosius Blarer. Der führt, schon früh dem Kloster entflohen, im Auftrag Herzog Ulrichs die Reformation in Südwürttemberg ein. In bleibender Erinnerung ist er auch als Liederdichter im Evangelischen Gesangbuch.
Ambrosius Blarer wird am 4. April 1492 in Konstanz in eine Patrizierfamilie hineingeboren. Schon im Alter von elf Jahren stirbt sein Vater. Nach dem Besuch der Lateinschule immatrikuliert er sich als Zwölfjähriger an der Universität Tübingen, bricht sein Grundstudium zunächst aber wieder ab, um als Mönch in die Benediktinerabtei Alpirsbach einzutreten. Die Klosterbrüder erkennen seine Sprachbegabung und schicken den jungen Ambrosius bald wieder zurück an die Universität. Dort lernt er Philipp Melanchthon kennen, zu dem er eine lebenslange Freundschaft pflegen wird. 1521 wird er als Prior Stellvertreter des Abtes. Durch seinen Bruder Thomas, der seit 1520 in Wittenberg studiert, lernt Blarer die Schriften Martin Luthers kennen und kann „schnell begreifen, dass diese Lehre eine wahre, starke und ganz christliche Grundfeste ist.“ Seine davon inspirierten Predigten treffen im Kloster und in der Alpirsbacher Bevölkerung aber zunehmend auf Widerstand. Blarer flieht am 5. Juli 1522 zu seiner Mutter nach Konstanz.
Drei Jahre versteckt sich Blarer im Elternhaus, denn das Kloster hatte den Rat der Stadt Konstanz aufgefordert, den Flüchtigen zurückzuschicken. Erst 1525 wagt er sich wieder auf die Kanzel und wird schnell zum Anführer der Reformation in Konstanz, die er zusammen mit seinem Bruder Thomas und seinem Vetter Johannes Zwick, die beide im Stadtrat sitzen, friedlich umsetzen kann. Zu den zentralen Anliegen gehören auch eine Verbesserung der Schulbildung und der Armenfürsorge. Ab 1528 unterstützt er die Reformation in den Reichsstädten Ulm, Esslingen, Memmingen, Augsburg und Lindau. 1533 heiratet Blarer die ehemalige Dominikanernonne Katharina Ryff, mit der er in den folgenden Jahren insgesamt vier Kinder hat, von denen aber nur ein Sohn das Jugendalter überlebt.
Der 1534 aus dem Mömpelgarder Exil zurückgekehrte württembergische Herzog Ulrich beruft den Lutheraner Erhard Schnepf als Reformator für das nordwürttembergische Gebiet „unter der Steig“ (der Stuttgarter Weinsteige) und Ambrosius Blarer als Reformator des Gebiets „ob der Steig“, also Südwürttemberg. Beide einigen sich 1534 in der Stuttgarter Konkordie auf eine vermittelnde Abendmahlsformel. Strittig bleibt zwischen Lutheranern und Oberdeutschen aber die Frage, wie streng das biblische Bilderverbot in den Kirchen umzusetzen ist. Gemeinsam mit dem Schwäbisch Haller Reformator Johannes Brenz erarbeiten die Theologen 1536 die „Württembergische Kirchenordnung“.
1539 geht Blarer nach Augsburg und 1540 wieder nach Konstanz, bis er 1548 vor den spanischen Truppen der Gegenreformation aus seiner Heimatstadt fliehen muss. Er übernimmt Pfarrdienste in Winterthur und Biel. Am 6. Dezember 1564 stirbt Ambrosius Blarer in Winterthur.
Noch heute erinnern an den Reformator der Blarerplatz in Esslingen, der Ambrosius-Blarer-Platz in Alpirsbach und zwei Lieder im Evangelischen Gesangbuch: „Jauchz, Erd, und Himmel, juble hell“ (EG 127) und „Wach auf, wach auf, `s ist hohe Zeit“ (EG 244).
Peter Steinle