11.03.2025

Radikale Positionen: So bleibt man im Gespräch

Tipps und Hilfen für schwierige Gesprächssituationen

Wie können wir reagieren, wenn wir diskriminierende und populistische Aussagen hören? Agnes Kübler, Referentin der Landeskirche für die Themen Rassismus und Antisemitismus, gibt hier Tipps, wie man besser miteinander sprechen kann. 

Fragen, fragen, fragen

Auf provokante Aussagen mit Empörung zu reagieren, ist vollkommen verständlich – schließlich ist das das Ziel von Provokation und Anfeindungen. Aber ein wirklicher Austausch entsteht so in der Regel nicht. Um den Zirkel von Provokation und Empörung zu durchbrechen und stattdessen ein Gespräch zu beginnen, in dem man nicht nur mehr oder weniger verzweifelt reagiert, kann es helfen, Fragen zu stellen, zum Beispiel:

  • Kannst du nochmal erklären, wie du das meinst?
  • Verstehe ich dich richtig, du bist der Meinung, dass …?
  • Was würdest du tun, wenn …?
  • Was wäre dein Lösungsvorschlag …? 

Zum einen verschafft man sich durch Nachfragen Zeit, zum anderen zeigt man damit Interesse an der Position des Gegenübers und kann sich sicher sein, dass man wirklich verstanden hat, worum es dem Gegenüber geht. Und schließlich können Rückfragen das Gegenüber auch dazu bewegen, die eigenen Aussagen zu überdenken. Dieses Nachfragen kann schwerfallen. Leichter geht es, wenn man sich klarmacht, dass Zuhören und Verstehen nicht automatisch Zustimmung bedeuten.

Gesprächsfäden legen 

„Also jetzt seien wir mal ehrlich: Ich gebe es doch auch nicht zu, wenn ich einsehe, dass ich Unrecht habe!“, sagte neulich eine Workshop-Teilnehmerin und brachte damit die Runde zum Lachen. So zeigte sie, wie entwaffnend und verbindend Selbstironie und Humor in manchen Situationen wirken können. Vor allem aber ermutigte sie mit ihrer Ehrlichkeit dazu, Gesprächsfäden auch dann nicht abreißen zu lassen, wenn man den Eindruck hat, mit den eigenen Argumenten nicht zum Gegenüber durchzudringen. Sicher, wer ein geschlossen rechtsextremes Weltbild hat, ist für Argumente kaum mehr zugänglich. Aber auch bei weniger entschieden Positionierten wird ein einziges Gespräch – und sei es noch so kompetent geführt – nicht grundlegende Überzeugungen verändern. Und wer kann schon sagen, welches das entscheidende Gespräch, die entscheidende Frage, das ausschlaggebende Argument für einen Sinneswandel wird? Sicher ist nur, dass an Gesprächsfäden, die nicht gelegt werden, auch nicht angeknüpft werden kann. Und zwar weder von der Person, für die der Faden gedacht war, noch von anderen, die vielleicht zufällig beim Auslegen dabei waren. Es lohnt sich also, immer wieder von neuem das Gespräch zu suchen.

Haltung bewahren und zeigen

In manchen Fragen kann man sich vielleicht noch darauf einigen, dass es ein Problem gibt, aber dass man sich über die Ideen zur Lösung des Problems uneins ist. Dann kann am Ende eines Gesprächs die vielzitierte Formel „agree to disagree“ stehen: Eine Einigung darauf, dass man sich nicht einig ist. Dann wiederum gibt es Haltungen und Meinungen, von denen man vielleicht verstehen kann, wo sie herkommen, aber für die es kein Verständnis geben kann. Dazu gehört an vorderster Stelle die Vorstellung, dass man Menschen kategorisieren und ihnen unterschiedliche Wertigkeiten zuschreiben könnte – Ideologien der Ungleichwertigkeit. Der Schwarze* amerikanische Schriftsteller Robert Jones Jr. brachte das folgendermaßen auf den Punkt: „We can disagree and still love each other unless your disagreement is rooted in my oppression and denial of my humanity and right to exist.” („Wir können unterschiedlicher Meinung sein und uns weiter lieben, es sei denn, deine andere Meinung beruht auf meiner Unterdrückung und der Verneinung meines Menschseins und meines Rechts zu existieren“.) In Situationen, in denen solche menschenverachtenden Überzeugungen geäußert werden, kommt es darauf an, sie deutlich als solche zu benennen, Solidarität mit Angegriffenen zu zeigen und klarzumachen, dass dies kein Ausgangspunkt für ein ernsthaftes Gespräch sein kann. Wer möchte und kann, könnte natürlich auch anbieten, zu einem späteren Zeitpunkt die eigene Position in Ruhe zu erläutern. 

Text: Agnes Kübler

*Im Satz „Der Schwarze amerikanische Schriftsteller Robert Jones Jr. …“ ist Schwarz als politische Selbstbezeichnung groß geschrieben, weiteres dazu z.B. hier: https://glossar.neuemedienmacher.de/glossar/schwarz/

 

 

Hinweis für Kirchengemeinden

Kirchengemeinden sind herzlich eingeladen, Texte wie diesen von www.elk-wue.de in ihren eigenen Publikationen zu verwenden, zum Beispiel in Gemeindebriefen. Sollten Sie dabei auch die zugehörigen Bilder nutzen wollen, bitten wir Sie, per Mail an kontaktdontospamme@gowaway.elk-wue.de nachzufragen, ob die Nutzungsrechte für den jeweiligen Zweck vorliegen. Gerne können Sie alle Bilder nutzen, die Sie im Pressebereich unserer Webseite finden. Sie möchten in Ihrem Schaukasten auf unsere Webseite verlinken? Hier erfahren Sie, wie Sie dafür einen QR-Code erstellen können. 

Schon gewusst?

Was es mit der Kirchensteuer auf sich hat, wie sie bemessen wird und welche positiven Effekte die Kirchen mit der Kirchensteuer an vielen Stellen des gesellschaftlichen Lebens erzielen, erfahren Sie auf www.kirchensteuer-wirkt.de.

Weitere Meldungen, die Sie interessieren könnten

Konflikthafte Gespräche lassen sich leichter führen, wenn man dabei bestimmte Grundregeln beachtet.

Sprachfähigkeit als Schritt zum Frieden

Friedlich über den Nahostkonflikt zu sprechen, fällt bei konträren Meinungen schwer. Ein Leitfaden, der anlässlich des Weltgebetstags erschienen ist, hilft bei solchen schwierigen Themen. Marion Sailer-Spies, Referentin Weltgebetstag EFW, erklärt die Grundsätze.

Weiterlesen

Die Evangelisch-Koreanische Nambugemeinde in Stuttgart beim Gottesdienst in der Friedenskriche.

Internationale Gemeinden: Sorge und Ermutigung

Antidemokratische Stimmen treffen auch Internationale Gemeinden. Aus der koreanischen bzw. der eritreischen Gemeinde berichten die Synodalen Kwon Ho Rhee und Jonas Elias. Gabriella Costabel, Fachreferentin für Internationale Gemeinden fordert eine vielfältigere Kirche.

Weiterlesen

"Miteinander gegen Ausgrenzung" setzt demokratiefeindlichen Strömungen ein Zeichen des respektvollen Miteinanders in Verschienheit entgegen.

Kirche und Sport: Miteinander gegen Ausgrenzung

Kirche und Sport leisten einen wichtigen Beitrag für die Demokratie – und den zeigt die AG Kirche-Sport-Gesellschaftspolitik in ihrer neuen Kampagne „Miteinander gegen Ausgrenzung“. Philipp Geißler, Sportpfarrer der Landeskirche, erklärt, worum es dabei geht.

Weiterlesen

Die vier großen christlichen Kirchen in Baden-Württemberg unterstützen das neu gegründete „Bündnis für Demokratie und Menschenrechte“.

„Gottes Liebe schließt keinen Menschen aus“

Die vier großen christlichen Kirchen in Baden-Württemberg unterstützen das neu gegründete überparteiliche „Bündnis für Demokratie und Menschenrechte“. Landesbischof Gohl sagte: „Wer glaubt, dass jeder Mensch Gottes Geschöpf und Ebenbild ist, kann keine Mitmenschen ausgrenzen.“

Weiterlesen

Die Stuttgarter Prälatin Gabriele Arnold sprach auf der Kundgebung gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus am 27. Januar 2024 auf dem Stuttgarter Schlossplatz.

„Nie wieder Ausgrenzung und Verfolgung!“

Die Stuttgarter Prälatin Gabriele Arnold forderte bei der Kundgebung am 27. Januar 2024 auf dem Schlossplatz zu einem „Nein“ zu Gewalt und Antisemitismus auf. Nach dem Versagen im Dritten Reich sei ein Schuldbekenntnis der Kirche heute angesichts sexualisierter Gewalt aktuell.

Weiterlesen

„Holocaust-Gedenktag dieses Jahr besonders wichtig“

Zum Holocaust-Gedenktag erinnert Landesbischof Gohl an die Opfer des Nationalsozialismus. „Der Holocaust-Gedenktag macht uns die Menschenverachtung dieser Ideologie deutlich, die Menschen aufgrund eines rassistischen Weltbildes die Menschenwürde abspricht.“

Weiterlesen

Farbschwäche:

Benutzen Sie die Schieberegler oder die Checkboxen um Farbeinstellungen zu regulieren

Einstellungen für Farbschwäche

Schrift:

Hier können die Schriftgröße und der Zeilenabstand eingestellt werden

Einstellungen für Schrift

Schriftgröße
D
1
U

Zeilenabstand
Q
1
W

Tastenkombinationen:

Mit den aufgeführten Tastenkombinationen können Seitenbereiche direkt angesprungen werden. Verwenden Sie auch die Tabulator-Taste oder die Pfeiltasten um in der Seite zu navigieren.

Inhalt Tastenkombinationen

Hauptnavigation: M
Toolbar Menü: T
Inhalt: C
Footer: F
Barrierefreiheit: A
Hauptnavigation: M
Toolbar Menü: T
Inhalt: C
Footer: F
Schriftgröße +: U
Schriftgröße -: D
Zeilenabstand +: W
Zeilenabstand -: Q
Nachtmodus : Alt () + J
Ohne Bilder: Alt () + K
Fokus: Alt () + G
Tasten­kombinationen: Alt () + O
Tastensteuerung aktivieren: Alt () + V
Alles zurücksetzen: Alt () + Y