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„Nie wieder Ausgrenzung und Verfolgung!“

Ansprache der Stuttgarter Prälatin Gabriele Arnold bei der Kundgebung gegen Rechtsextremismus in Stuttgart am Holocaust-Gedenktag 2024

Die Stuttgarter Prälatin Gabriele Arnold forderte bei der Kundgebung am 27. Januar 2024 auf dem Schlossplatz zu einem „Nein“ zu Gewalt und Antisemitismus auf. Nach dem Versagen im Dritten Reich sei ein Schuldbekenntnis der Kirche heute angesichts sexualisierter Gewalt aktuell. Lesen Sie hier die Ansprache der Prälatin im Volltext.

Gabriele Arnold, die Stuttgarter Prälatin, sprach am 27. Januar 2024. am Holocaust-Gedenktag, auf einer Kundgebung auf dem Stuttgarter Schlossplatz. Bild: privat

Volltext der Ansprache von Prälatin Arnold:

„Nie wieder“ ist jetzt!

2.600 Jüdinnen und Juden und Sinti und Roma sind im Jahr 1941 vom Stuttgarter Nordbahnhof in die Vernichtungslager Osteuropas in den Tod verschickt, deportiert worden. Das waren die jüdischen Nachbarn meiner Großeltern, der jüdische Kinderarzt, der meinem Vater als Baby das Leben gerettet hatte und die Nebensitzerin meiner Tante in einer Grundschule im Stuttgarter Westen. Daran erinnern wir uns heute mit Scham und Entsetzen. Am 27. Januar 1945 haben die Alliierten das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Der 27. Januar ist eine Verpflichtung. Das darf nie wieder passieren. Nie wieder sollen Menschen in unserem Land, in unserer Stadt, ausgegrenzt oder verfolgt werden.

Aber seit Jahren spalten rechtspopulistische Redner und die AfD unser Land, grenzen aus, schüren Menschenverachtung und Hass. Vor wenigen Wochen trafen sich Rechtsextremisten und Mitglieder der AfD in Potsdam und diskutierten Pläne zur Remigration. Remigration – das ist nichts anders als Deportation. Ich habe mich gefragt, wie viele Menschen wohl in Stuttgart Opfer dieses perfiden Plans wären. Jedenfalls viel mehr als 2.600. Vielleicht 60.000 oder 100.000 oder 130.000. Und wieder würden es unsere Nachbarn sein und unsere Kinderärzte und unser Nebensitzerinnen. Diese bösartige und dummdreiste Idee würde unser Land, unsere Stadt und unsere Gesellschaft zerstören. „Nie wieder“ haben wir nach Auschwitz gesagt und „Nie wieder“ ist jetzt. Jetzt ist die Zeit, Nein zu sagen. Nein zu Hass und Menschenverachtung. Nein zu Rechtsextremismus und völkischem Nationalismus. Und Nein zur AfD.

Unser Landesbischof Ernst Wilhelm Gohl hat an evangelische Christinnen und Christen appelliert. Er sagt: Wer Christ ist, kann nicht AfD wählen. Recht hat er. Und ich füge hinzu:  Wer AfD Mitglied ist, kann auch kein kirchliches Haupt- oder Ehrenamt bekleiden.

Wer, wie die AfD, Menschenrechte mit Füßen tritt, tritt alles mit Füßen, wofür wir als Kirche einstehen wollen. Wir glauben: Alle Menschen sind Ebenbilder Gottes. Alle Menschen haben von Gott die gleiche Würde bekommen. Alle Menschen sind gleich gewollt und gleich geliebt. Als Kirche und Diakonie sind wir für alle da, die uns brauchen und mit uns einstehen für Menschenrechte, Freiheit und Demokratie – unabhängig von Alter, sexueller Orientierung, Herkunft und Religion. Als Kirche und Diakonie arbeiten wir mit allen zusammen, die sich zu Menschenrechten und Demokratie bekennen. Mit allen in Europa und darüber hinaus. Kirche war von ihren allerersten Anfängen an ökumenisch und das heißt: global, interkulturell und international.

Aus dem vielfachen Versagen der Kirchen im Dritten Reich haben wir gelernt. Wir haben damals ein Schuldbekenntnis formuliert. Das ist sehr aktuell, denn auch heute müssen wir wieder ein Schuldbekenntnis formulieren, gegenüber all den vielen, vielen Opfern sexualisierter Gewalt. Gerade deshalb:  Als Kirche sagen wir: „Nie wieder ist Jetzt“. Wir sagen „Nein“ zu Menschenverachtung, Gewalt, Antisemitismus und Nationalismus. Wir sagen „Ja“ zu Vielfalt, Freiheit und Demokratie und zum Schutz aller Menschen.


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