Sie zählen zu den wichtigsten Gremien in der Landeskirche: Die Kirchengemeinderäte (KGR) leiten die Gemeinden vor Ort gemeinsam mit Pfarrerinnen und Pfarrern. Was macht dieses Amt aus? Was macht Freude, was macht es schwer? Warum lohnt sich die Arbeit? Warum sollten sich Interessierte 2025 bei der nächsten Kirchenwahl um das Amt bewerben? Darüber erzählen auf elk-wue.de in loser Folge Kirchengemeinderätinnen und -räte aus der württembergischen Landeskirche. Hier: Mareike Lessner aus Göppingen.
Wie lange sind Sie schon Kirchengemeinderätin?
Seit Juli 2023. Ich wurde nachgewählt.
Was hat Sie motiviert, sich in den KGR wählen zu lassen?
Als langjährige Kinder- und Jugendmitarbeiterin habe ich viele Prozesse erst mitbekommen, wenn sie bereits entschieden waren. Vieles an Hintergrundwissen, warum manche Entscheidungen getroffen werden (müssen), hat gefehlt. Als ein KGR-Mitglied im Rahmen ehrenamtlicher Aktivität auf mich zukam und fragte, ob ich nicht Lust hätte, mich für ein ausgeschiedenes KGR-Mitglied nachwählen zu lassen, habe ich die Chance gesehen, als Vertreterin der jungen Generation Prozesse und Entscheidungen an ihrem Ursprung mitzugestalten und mich insbesondere natürlich für die Kinder und Jugendarbeit stärker einzusetzen.
Was macht Ihnen Freude an der Arbeit im Gremium?
Der Austausch mit den verschiedenen Generationen, welche alle denselben Glauben leben und gemeinsam mit ihrer Arbeit und ihrem Engagement versuchen, Kirche weiterhin sichtbar zu machen. Neben den verschiedenen Themen und Fragestellungen, mit denen wir uns als Gremium beschäftigen müssen, verbindet uns das Evangelium und der Glaube an Jesus Christus. Das verkünden und repräsentieren wir nach außen und erreichen damit auch immer wieder neue Menschen.
Erinnern Sie sich an einen echten, persönlichen Highlight-Moment in Ihrer Arbeit als KGR?
Meine allererste KGR-Sitzung. Diese war schon sehr aufregend für mich. Als junger Mensch (damals noch Auszubildende) in einem Kreis voller erfahrener KGR-Mitglieder mit Themen auf der Tagesordnung, von denen ich noch nicht allzu viel verstand, war schon herausfordernd. Da musste ich mich erstmal überwinden und einarbeiten. Tatsächlich wurde ich aber mit großer Freude aufgenommen und inhaltlich mitgenommen. Nach den ersten zwei Sitzungen war ich dann sehr schnell mit der Arbeit und den Inhalten vertraut.
Haben Sie einen oder mehrere persönliche Schwerpunktthemen in Ihrer Arbeit?
Ich versuche mir über alle Themen einen Überblick zu verschaffen, mich in neue Gebiete einzuarbeiten und mich da zu engagieren, wo ich gebraucht werde. Überwiegend liegt mir aber natürlich die Kinder- und Jugendarbeit am Herzen.
Was macht es manchmal schwer?
Verschiedene Generationen haben unterschiedliche Interessen und Verständnisse. Für jeden sind andere Themen wichtig oder relevant. Sich gemeinsam auf das Wesentliche zu fokussieren und sich bei der Arbeit nicht nur emotional leiten zu lassen, verlangt oft viel Disziplin und die Bereitschaft, jede Diskussion mit der nötigen Sachlichkeit und Rationalität zu führen.
Auch die Unterrepräsentierung meiner Generation macht es oft etwas schwer, ich würde mir hier zukünftig noch mehr Vertreter*innen wünschen.
Was sollte man mitbringen für die Arbeit im KGR?
Lust auf Veränderung. Wir stehen gesamtgesellschaftlich und auch kirchlich vor großen Herausforderungen (Digitalisierung, Generationswechsel, Kirchenaustritte, Wirtschaftslage ...), das bedeutet, man muss offen für Neues sein, Spaß daran haben, Entwicklungen gemeinsam positiv im Gemeindeleben voranzubringen und auch für Probleme und Krisen adäquate Lösungen zu finden.
Welche Sorgen sollte man sich nicht machen, wenn man über eine Kandidatur nachdenkt?
Etwas falsch zu machen oder keine Affinität für Haushaltsplanungen und Zahlen zu haben. Ich kam aus der Praxis und hatte von Kirchenordnung und finanziellen Themen bis zu dem Zeitpunkt noch sehr wenig Ahnung. Ich bin seit etwas mehr als einem Jahr dabei und kann sagen, man lernt auch heute noch mit jeder Sitzung etwas dazu. Jeder kann sich da hineinarbeiten und oft stehen erfahrene KGRs oder Hauptamtliche wie auch der Oberkirchenrat beratend zur Seite. Angst vor etwas Neuem lässt sich durch Kennenlernen und Vertrautheit in Mut umwandeln, und wir brauchen heutzutage viel Mut, um etwas zu bewegen.
Was bedeutet die KGR-Arbeit für Sie persönlich?
Neben neuen Menschen, welche ich durch die Arbeit kennenlernen durfte, habe ich auch einen noch größeren Zugang zu den Mitgliedern der Gemeinde bekommen. Es macht Spaß, als Ansprechpartner beratend für Gemeindemitglieder da zu sein oder einfach das ein oder andere tiefgründigere Gespräch führen zu dürfen. Kommunikation nimmt leider immer mehr ab und ich schätze den persönlichen Kontakt sowie das Diskutieren und Austauschen bei Sitzungen oder Gemeindeveranstaltungen sehr. Meine Gemeinde ist für mich ein Ort, der mir Vertrauen, Sicherheit und Gemeinschaft schenkt.
Wie würden Sie bei einer unentschlossenen Person um die Bereitschaft zur Kandidatur werben?
Jeder oder jede hat persönliche Interessen oder Themen, die einem wichtig sind. In den meisten Fällen entscheiden andere über diese Dinge und ganz oft stellt man immer wieder fest: Ich hätte das anders gemacht. Und genau dazu hat man als KGR die Möglichkeit, mitdiskutieren, sich für Themen stark machen, mitentscheiden, das sehe ich als großes Privileg. Wer Verantwortung übernimmt, nimmt Einfluss, gestaltet!
Über Mareike Lessner:
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