Junge Menschen auf ihre Konfirmation vorzubereiten, gehört für viele Pfarrerinnen und Pfarrer zu den schönsten Aufgaben ihres Amtes. Während der Corona-Pandemie bedeuteten die massiven Einschränkungen eine große Herausforderung, brachten aber auch neue Erkenntnisse. Pfarrerin Julia Kaiser (Ertingen) und Pfarrer Jörg Scheiring (Sarahkirchengemeinde Stuttgart) berichten von ihren Erfahrungen. Landesjugendpfarrer Matthias Rumm würdigt die Mehrbelastung der Pfarrpersonen in dieser Zeit.
„Konfirmandenarbeit ist Beziehungsarbeit“, sagt Pfarrerin Julia Kaiser (Ev. Kirchengemeinde Riedlingen/Ertingen-Dürmentingen). „In der Coronazeit haben wir gemerkt, wie sehr wir dabei auf direkte Begegnungen angewiesen sind“. Grundsätzlich gebe es zwei verschiedene Praktiken im Konfirmandenunterricht: Zum einen klassischen Schulunterricht, in dem es darum geht, etwa Inhalte zum Abendmahl zu lernen. Daneben stünden immer mehr erlebnispädagogischere Konzepte: „Sie haben das Ziel, den Glauben greifbar, ihn ‚schmackhaft‘ zu machen“. Aktionen wie gemeinsames Grillen, Ausflüge oder Begegnungen wie ein Besuch beim Bestattungsunternehmen gehören dazu. Diese Formate hätten stark unter den Einschränkungen gelitten. „Die Gemeinschaft steht im Vordergrund; das funktioniert digital nur bedingt. Es gab keine Gruppenerlebnisse und weniger Bereitschaft, sich auf die Gruppe einzulassen.“
Für sie hätten sich in dieser Zeit grundsätzliche Fragen herausgebildet. „Wir brauchen grundsätzlich eine Klärung darüber, was Konfi-Unterricht ist und was nicht, und was wir mit den Konfirmanden wollen“, sagt sie: „Wenn wir lehren wollen, müssen wir Lehrvideos erstellen. Wenn wir den Glauben vermitteln wollen, müssen wir uns fragen, wie das funktioniert, ggf. auch digital.“ Man müsse bedenken, wie weit die Konfirmandenzeit wirke; sie bleibe durch Erlebnisse in den Köpfen hängen. „Kirche hat Spaß gemacht“, oder „Ich hab was mitgenommen für mein Leben“, seien Eindrücke, die sich so einprägen könnten.
Dazu müssten die Inhalte im Unterricht eine Relevanz für das Leben der jungen Menschen haben. Pfarrerin Kaiser nennt als Beispiel Psalm 23 mit seiner zentralen Botschaft: „Gott sorgt sich um dich – „Wir müssen uns fragen: Wie kann das heute ankommen? Oder beim Glaubensbekenntnis: Wie würde ich als Pfarrperson sagen, woran ich glaube?“
Man müsse abwägen, wie man fundiert Glaubensinhalte weitergebe und zugleich mit den Konfis auf die Entdeckungsreise ihres Glaubens gehen könne. Für Julia Kaiser ist es daher wichtig, wieder Konfi-Camps oder -Wochenenden halten zu können, da es in der dort erlebten Zeit, die auch einmal „zweckfrei“ sei, Raum für wirkliche Begegnungen mit den Jugendlichen gebe.
Solche Erlebnisräume seien wichtig: „Man muss mit den Konfis gemeinsam auf Gottessuche gehen, so dass sie sagen: ‚Ich weiß, da gibt es etwas Höheres!‘ Dazu muss man sie als Pfarrperson teilhaben lassen an dem, was man selbst glaubt, und ihnen vermitteln: Das ist mein Glaube - probiert es auch!“
Pfarrer Jörg Scheiring (Sarahkirchengemeinde Stuttgart, Pfarramt Alt-Heumaden) berichtet von den Herausforderungen in der zurückliegenden Corona-Pandemie als von einem großen Lernfeld. Mit verschiedenen Online-Tools habe er versucht, den Konfirmandenunterricht abwechslungsreich zu gestalten und so weit wie möglich Gruppenerlebnisse zu schaffen. „Die Herausforderung bestand darin, Aufmerksamkeit und Neugier zu wecken“. Jörg Scheiring versuchte bewusst, sich mit dem Konfi-Unterricht davon abzuheben, was die Jugendlichen schon am Vormittag erlebt hatten – im Home-Schooling vor dem PC.
Für ihn hat sich in der Arbeit mit den Konfis deutlich gezeigt: „Die Arbeit ist konzentrierter geworden, mehr auf den Punkt gebracht.“ In den Konfirmations-Gottesdiensten, die früher sehr voll waren, sei jetzt das Wesentliche mehr in den Blick geraten: Der Zuspruch des Segens. „Dieser Segen Gottes war den Jugendlichen in der Corona-Zeit sehr wichtig“, berichtet er. Das Wort „Nähe“ sei in den Gesprächen mit den Jugendlichen oft zu hören gewesen, das Bedürfnis nach Nähe zu Gott, während vieles andere auf Distanz ging.
Im Unterricht bedeutete das für Pfarrer Scheiring, trotz der Distanz zum Ausdruck zu bringen: Gott sieht uns, Gott nimmt uns wahr. Bei der Themenwahl orientiere er sich – nicht nur in der Coronazeit - an der aktuellen Lebenswelt: „Wie kann ich die Themen, die die Jugendlichen umtreiben, mit dem verbinden, was wir als christliche Botschaft haben? Wie kann ich dies mit dem Evangelium in Verbindung bringen?“
Wie Julia Kaiser sieht auch Jörg Scheiring die Beziehungsarbeit als essenziell an, in deren Rahmen er den Moment gestalten will, in dem die jungen Menschen ein Bild von Kirche bekämen. „Für viele ist es die erste Begegnung mit Kirche; ich möchte, dass sie ein gutes Bild mitnehmen und sagen: ,Dort wurde ich ernst genommen und geachtet, dort gehe ich gerne wieder hin.“
Die Lücke zwischen Konfirmationszeit und viel späteren kirchlichen Berührungspunkten wie Trauung oder Taufe komme zwangsläufig, darüber ist er sich im Klaren. „Aber in diesem einen Jahr liegt die Chance, den jungen Menschen etwas zu vermitteln, was sie im Leben zu tragen vermag.“
Matthias Rumm, Jugendpfarrer der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, ist bewusst, wie herausfordernd die intensivste Zeit der Pandemie war: „Die Kolleginnen und Kollegen in den Gemeinden in der Landeskirche haben in den schwierigen Zeiten versucht, Konfi-Arbeit aufrechtzuerhalten. Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar. Sie waren kreativ und haben unermüdlich und trotz vieler anderer Herausforderungen in diesen Zeiten Möglichkeiten gesucht, den Konfis zweier Jahrgänge trotz aller Widrigkeiten eine gute Zeit zu ermöglichen.“
Der Landesjugendpfarrer berichtet, dass viele Konfirmanden und ihre Familien gerade kleinere Konfirmationsgottesdienste als persönlicher erlebten und sehr schätzten. Auf der anderen Seite war das Erleben in der Gruppe nicht so stark. Durch die Corona-bedingten Anpassungen sei aber auch eine deutliche Mehrbelastung für die Pfarrerinnen und Pfarrer entstanden „Vielleicht kann diese Erfahrung auch eine Weiterentwicklung auslösen, sagt er. Er hofft insgesamt, dass die Erfahrungen aus dieser Zeit die Konfi- und Jugendarbeit weiterbringen.
Als wieder Wochenendfreizeiten und Konfi-Camps möglich waren, sei die Erleichterung groß gewesen. Doch der Übergang von der Konfirmanden- zur Jugendarbeit habe durch die Pandemie gelitten, erklärt Rumm, so fehlten im Sommer 2022 Ehrenamtliche für Freizeiten und Waldheime. Für endgültige Ergebnisse verweist er auf die Statistik „Jugend zählt 2“, deren Ergebnisse in der zweiten Jahreshälfte 2023 vorliegen werden. Erst wenn sie vorliege, werde man sehen können, wie sich Corona auf die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ausgewirkt habe.