21.03.2025

Neue Anerkennungsrichtlinie für Betroffene sexualisierter Gewalt: Evangelische Kirche und Diakonie reformieren Verfahren

Betroffene und die individuellen Folgen rücken in den Mittelpunkt, Kombimodell bei der Anerkennungsleistung

Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat eine Anerkennungsrichtlinie für Betroffene sexualisierter Gewalt in Kirche und Diakonie beschlossen. Die Richtlinie, die ermöglichen soll, dass Anerkennungsleistungen für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und Diakonie bundesweit künftig nach einheitlichen Standards festgelegt werden, wurde am Freitag, 21. März, vom Rat einstimmig verabschiedet. Zuvor hatte bereits die Kirchenkonferenz, in der die 20 Landeskirchen der EKD vertreten sind, der Richtlinie zugestimmt.

Anerkennungsrichtlinie für Betroffene sexualisierter Gewalt in Kirche und Diakonie beschlossen. Die Richtlinie, die ermöglichen soll, dass Anerkennungsleistungen für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der evangelischen Kirche und Diakonie bundesweit künftig nach einheitlichen Standards festgelegt werden, wurde am heutigen Freitag (21. März) vom Rat einstimmig verabschiedet. Zuvor hatte bereits die Kirchenkonferenz, in der die 20 Landeskirchen der EKD vertreten sind, der Richtlinie zugestimmt. 

„Wir legen mit der neuen Richtlinie die Grundlage, um endlich den nicht hinnehmbaren Zustand zu beenden, dass Anerkennungsverfahren für ähnliche Taten in verschiedenen Landeskirchen zu verschiedenen Ergebnissen führen. Betroffene Personen haben dies völlig zurecht kritisiert“, stellt Bischöfin Kirsten Fehrs, Ratsvorsitzende der EKD, klar. Die neue Richtlinie wurde auf Wunsch der Synode der EKD im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt mit Betroffenen und weiteren Expertinnen und Experten erarbeitet.

Die Richtlinie enthält zahlreiche Verbesserungen für Betroffene von sexualisierter Gewalt. Dazu gehört, dass die Anerkennungsleistungen künftig in einem Kombimodell erfolgen: Basis ist die individuelle Leistung, die die Menschen mit ihren individuellen Situationen in den Mittelpunkt stellt. Sie orientiert sich an der Tat und den individuellen Traumaspätfolgen für Betroffene und bewirkt, dass sie als Personen mit ihren jeweiligen spezifischen Erfahrungen gesehen und gehört werden. Für diese individuellen Leistungen gibt es keine Obergrenzen. Zusätzlich gibt es künftig eine pauschale Leistung in Höhe von 15.000 Euro in Fällen von strafbaren Taten. Diese wird auch gezahlt, wenn der Straftatbestand bereits verjährt ist. Insgesamt wird mit der Reform die Höhe der Anerkennungsleistungen steigen.

Weitere wichtige Ergebnisse sind ein Gesprächsrecht für Betroffene, die über das erfahrene Unrecht im geschützten Raum und mit Begleitung berichten können, sofern sie das möchten. Das Setting bestimmen die Betroffenen selbst. Hinzu kommen einheitliche Regelungen zur Zusammensetzung der Anerkennungskommissionen. Künftig müssen die Kommissionen aus externen Expertinnen und Experten aus verschiedenen Bereichen bestehen. Mindestens ein Mitglied muss die Befähigung zum Richteramt haben. Die Mitglieder dürfen nicht bei Kirche oder Diakonie beschäftigt sein. 

Die Umsetzung der Richtlinie erfolgt in den Landeskirchen und Landesverbänden der Diakonie. Rüdiger Schuch, Präsident der Diakonie Deutschland: „Es kommt nun vor allem auf eine einheitliche und flächendeckende Umsetzung der Standards der Richtlinie an. Ziel ist es, das neue System nach Möglichkeit bereits bis zum 1. Januar 2026 in den Verbünden zu starten. Wir werden mit allen verantwortlichen Personen hierfür die notwendigen Entscheidungen veranlassen. Mit vereinten Kräften und einem klaren Ziel kommen wir so einem einheitlichen Vorgehen einen großen Schritt näher.“

Beteiligungsforum: Reform ist großer Durchbruch

Die Sprecherinnen und Experten des Beteiligtenforums Sexualisierte Gewalt (BeFo) werten die Reform als Durchbruch bei Anerkennungsleistungen. Detlev Zander, Sprecher der Gruppe der betroffenen Personen im Beteiligungsforum, sagt: „Bisher gibt es in Deutschland keine so weitgehende Anerkennung des erlittenen Leides und ihrer Traumaspätfolgen durch sexualisierte Gewalt. Die neue Richtlinie ist das Ergebnis intensiver Verhandlungen, die durch vehementes Einfordern und der Forderung nach zügiger Umsetzung durch das Beteiligungsforum geführt wurden.“

Nancy Janz, Sprecherin der Betroffenengruppe im Beteiligungsforum, betont, dass mit der Richtlinie eine Vielzahl an Verbesserungen für betroffene Personen erreicht worden ist: „Für mich ist es ein großer Erfolg, dass es für die individuellen Leistungen keine Obergrenze mehr gibt. Mit der Reform wird die Höhe der Anerkennungsleistungen insgesamt deutlich steigen. Hinzu kommt, dass endlich auch nicht-verjährte Fälle in den Kommissionen behandelt werden können und Betroffene sexualisierter Gewalt ein Gesprächsrecht haben, wenn sie es wünschen.“

Dorothee Wüst, Sprecherin der kirchlichen Beauftragten im Beteiligungsforum, weist auf die Bedeutung des gemeinsamen Vorgehens von Kirche und Diakonie hin: „Die Anerkennungsrichtlinie schafft eine neue Einheitlichkeit. Egal ob Fälle aus dem kirchlichen oder diakonischen Kontext kommen, sie können vor die Anerkennungskommissionen gebracht und dort nach einheitlichen Standards bearbeitet werden. In der Umsetzung ist hierbei auch auf einen guten Einbezug der Jugendverbände zu achten.“ 

Janz und Zander, die Sprecherin und der Sprecher der Gruppe der Betroffenen im Beteiligungsforum, nehmen die Landeskirchen und diakonischen Landesverbände in die Pflicht, die Reform konsequent und schnell umzusetzen: „Das Beteiligungsforum wird diesen Prozess eng begleiten. Als Betroffenen-Vertreter*innen gehen wir davon aus, dass die Planungen und Umsetzung bis zum 1.1.2026 stehen.“ 

Die Richtlinie und weitere Informationen zur Anerkennungsrichtlinie sind unter www.ekd.de/anerkennungsrichtlinie abrufbar.

 

Hinweis für Kirchengemeinden

Kirchengemeinden sind herzlich eingeladen, Texte wie diesen von www.elk-wue.de in ihren eigenen Publikationen zu verwenden, zum Beispiel in Gemeindebriefen. Sollten Sie dabei auch die zugehörigen Bilder nutzen wollen, bitten wir Sie, per Mail an kontaktdontospamme@gowaway.elk-wue.de nachzufragen, ob die Nutzungsrechte für den jeweiligen Zweck vorliegen. Gerne können Sie alle Bilder nutzen, die Sie im Pressebereich unserer Webseite finden. Sie möchten in Ihrem Schaukasten auf unsere Webseite verlinken? Hier erfahren Sie, wie Sie dafür einen QR-Code erstellen können. 

Weitere Meldungen, die Sie interessieren könnten

Sommertagung 2023 der 16. Landessynode
Miriam Günderoth, Referentin für Prävention sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg

Prävention sexualisierter Gewalt in der Landeskirche – aktueller Stand

In der Landeskirche ist die Prävention sexualisierter Gewalt seit vielen Jahren ein wichtiges Thema. Miriam Günderoth, Referentin für Prävention sexualisierter Gewalt, berichtet vom aktuellen Stand, von Feedback, Vorurteilen und Erkenntnissen für die Zukunft.

Weiterlesen

2. Fachtag zu toxischen Traditionen in der Kirche

Welche kirchlichen Traditionen und Denkweisen haben Missbrauch befördert oder den Blick darauf verstellt? Damit beschäftigten sich am 18. Juli die 100 Teilnehmenden des 2. Fachtags „Toxische Traditionen in Theologie und Kirche“ im Hospitalhof in Stuttgart.

Weiterlesen

Sexualisierte Gewalt: Standards auf EKD- und Staatsebene gefordert

Die Landessynode hat sich zu Beginn ihrer Frühjahrstagung mit den Ergebnissen der ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt befasst. Synode, Landesbischof und Oberkirchenrat haben einheitliche Standards gefordert.

Weiterlesen

„Wir übernehmen die Verantwortung“

Mit einer gemeinsamen Stellungnahme haben sich die 20 Landeskirchen und der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland sowie der Bundesvorstand der Diakonie Deutschland zu den Ergebnissen der ForuM-Studie zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in Kirche und Diakonie geäußert.

Weiterlesen

Landesbischof Gohl wendet sich mit einem Text zu den Ergebnissen der ForuM-Studie an die Kirchengemeinden.

„Die Kritik ist groß und berechtigt“

Landesbischof Gohl wendet sich am Sonntag, 28. Januar, mit einem Wort zu den Ergebnissen der ForuM-Studie über sexualisierte Gewalt in der evangelischen Kirche und der Diakonie an die Kirchengemeinden der Landeskirche. Im Folgenden finden Sie dazu den Volltext.

Weiterlesen

„Sich der Perspektive der Betroffenen stellen“

Am 25. Januar wurden die Ergebnisse der von der EKD beauftragten ForuM-Studie zu sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Diakonie vorgestellt. Hier finden Sie erste Reaktionen aus der Kirchenleitung der württembergischen Landeskirche.

Weiterlesen

Farbschwäche:

Benutzen Sie die Schieberegler oder die Checkboxen um Farbeinstellungen zu regulieren

Einstellungen für Farbschwäche

Schrift:

Hier können die Schriftgröße und der Zeilenabstand eingestellt werden

Einstellungen für Schrift

Schriftgröße
D
1
U

Zeilenabstand
Q
1
W

Tastenkombinationen:

Mit den aufgeführten Tastenkombinationen können Seitenbereiche direkt angesprungen werden. Verwenden Sie auch die Tabulator-Taste oder die Pfeiltasten um in der Seite zu navigieren.

Inhalt Tastenkombinationen

Hauptnavigation: M
Toolbar Menü: T
Inhalt: C
Footer: F
Barrierefreiheit: A
Hauptnavigation: M
Toolbar Menü: T
Inhalt: C
Footer: F
Schriftgröße +: U
Schriftgröße -: D
Zeilenabstand +: W
Zeilenabstand -: Q
Nachtmodus : Alt () + J
Ohne Bilder: Alt () + K
Fokus: Alt () + G
Tasten­kombinationen: Alt () + O
Tastensteuerung aktivieren: Alt () + V
Alles zurücksetzen: Alt () + Y