Stuttgart. Ruth Braun ist im Alter von 93 Jahren gestorben. "Ruth Braun war eine unermüdliche Streiterin für die Rechte von Frauen und Mädchen, für Menschen am Rand der Gesellschaft. Sie hat sich besonders für die Begegnung von Menschen unterschiedlicher Kulturen, Nationen und Religionen eingesetzt. Sie war eine Person, die die württembergische Kirche und ihre Diakonie stark geprägt hat", so Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender der württembergischen Diakonie. In vielen kirchlichen und diakonischen Gremien und vor allem in der Arbeit mit Ausländerinnen arbeitete sie über viele Jahre hinweg an verantwortlicher Stelle. So leitete Ruth Braun 33 Jahre lang, bis 1992, ehrenamtlich den Verein für internationale Jugendarbeit in Stuttgart, der sich vor allem für die Begegnung von deutschen und ausländischen Frauen einsetzt. Viele Jahre war Ruth Braun Vorsitzende der Evangelischen Bahnhofsmission und darüber hinaus auch Mitglied der Evangelischen Landessynode, dem Parlament der Evangelischen Landeskirche, und im Landesausschuss, dem früheren Leitungsgremium des Diakonischen Werks Württemberg.
Außerdem war Ruth Braun Fachfrau für Fragen der Begegnung mit dem Islam und hat dazu einige Schriften mit herausgegeben. Auf ihre Initiative hin entstand 1987 das Fraueninformationszentrum (FIZ). Die Beratungsstelle hilft Frauen aus Afrika, Lateinamerika, Asien und Osteuropa, die durch Frauenhandel, Sextourismus und unseriöse Heiratsvermittlung nach Deutschland kamen und Hilfe gegen Gewalt und Ausbeutung brauchen. Daneben initiierte Ruth Braun die Begegnung von italienischen, griechischen und deutschen Seniorinnen und Senioren und gestaltete viele Jahre lang in ihrem Wohnort Oberesslingen gemeinsame Aktivitäten griechischer und deutscher Frauen. Zweimal im Jahr war sie bei den Blindennachmittagen im Kreis Esslingen mit dabei, die sie viele Jahre lang gestaltet hat.
Ruth Braun ist 1919 in Besenfeld im Schwarzwald als Tochter eines Pfarrerehepaares zur Welt gekommen. Sie machte nach der Schule eine Ausbildung zur Kolonialwirtin und arbeitete dann zwei Jahre auf einer Kaffeepflanzung in Ostafrika. 1941 heiratete sie Theo Braun, Stadtpfarrer und später Dekan in Nürtingen. In Nürtingen hat sie nach dem Zweiten Weltkrieg beim Aufbau des Evangelischen Hilfswerks geholfen. In ihren "Spitzenzeiten" gehörte die sechsfache Mutter 24 Verwaltungsräten unterschiedlicher sozialer Einrichtungen an. Fast 50 Jahre lang arbeitete sie ausschließlich ehrenamtlich für Kirche und Diakonie. Dafür bekam sie zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem die Bürgermedaille des Landes Baden-Württemberg, das Bundesverdienstkreuz und den Künkelin-Preis der Stadt Schorndorf, der vergeben wird an "mutige Frauen, die etwas bewegt haben".
Oliver Hoesch
Sprecher der Landeskirche
Die Beerdigung von Ruth Braun ist am Freitag, 2. November, auf dem Pragfriedhof in Stuttgart.