Stuttgart. "Die Evangelische Landeskirche in Württemberg hat im vergangenen Jahr in einer wirtschaftlichen Erholungsphase weiter Reserven aufbauen können. Auch 2011 wird ihr dies voraussichtlich gelingen", sagte der Finanzdezernent der Landeskirche, Oberkirchenrat Dr. Martin Kastrup im Vorfeld der ab Montag in Stuttgart tagenden Herbstsynode. Ab Mitte kommenden Jahres sehe die Ertragslage jedoch "deutlich kritischer" aus. Insgesamt sei die Landeskirche „wirtschaftlich sehr stabil aufgestellt“.
Der württembergischen Landeskirche sind im vergangenen Jahr 531 Millionen Euro an Kirchensteuern zugeflossen. Sie ist damit besser durch die wirtschaftliche Talsohle gekommen als erwartet. Kastrup rechnet im laufenden Jahr mit 557 Millionen Euro an Kirchensteuereinnahmen und sieht dadurch "Gestaltungsspielräume für neue Schwerpunktsetzungen" wie Restrukturierungsmaßnahmen zur Anpassung an rückläufige Mitgliederzahlen und die weitere Absicherung von Versorgungslasten.
Der landeskirchliche Haushalt zeichne sich durch eine Vielzahl von Projekten aus. Unter anderem nannte Kastrup die Förderung des Ehrenamtes, die Schulseelsorge und die Seelsorge in der Palliativversorgung. Darüber hinaus sollen fünf Millionen Euro als Sonderrücklage für innovative Maßnahmen der Mitgliederbindung und Mitgliedergewinnung eingestellt werden. Außerdem werde bereits jetzt für die Kirchenwahl 2013, den Deutschen Evangelischen Kirchentag 2015 in Stuttgart und das Reformationsjubiläum 2017 Vorsorge getroffen.Ein Teil der Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahmen am Immobilienbestand werde im laufenden Jahr abgeschlossen, etwa am Tagungszentrum Bernhäuser Forst, am Stift Urach und an der Evangelischen Akademie Bad Boll.
Andere Bauprojekte wie das Haus Birkach und der von der Landeskirche mitfinanzierte Hospitalhof würden 2012 begonnen. Dazu kämen eine Vielzahl von kleineren Sanierungsmaßnahmen unter einer Million Euro sowie eine große Position für das Seminar im Kloster Blaubeuren. Für einen ersten Bauabschnitt seien dafür fünf Millionen Euro zurückgelegt. Die Schwerpunkte für den Bereich der Kirchengemeinden seien klar zu benennen, sagte Kastrup. Er nannte Sondermaßnahmen für die energetische Sanierung von Pfarrhäusern, die Aufstockung der Versorgungsabsicherung sowie des Verteilbetrags an die Kirchengemeinden in Höhe von jeweils rund sieben Millionen Euro. Das mehrheitlich von Synode und Oberkirchenrat abgestimmte Sparpaket werde in der Haushaltsplanung realisiert. Es entfalte seine volle Wirkung ab dem Jahr 2019. Kastrup sprach sich dafür aus, die nachhaltige Finanzpolitik beizubehalten.
Die Vorsitzende des Finanzausschusses, Inge Schneider, stellte den geplanten Haushalt unter das Motto "mutig und getrost in die Zukunft".Sie wies vor allem auf den Posten für das "Jahr des Gottesdienstes" hin, das am 1. Advent beginne sowie auf die Verlegung des Bibelmuseums vom Rande Stuttgarts in die Innenstadt. Darüber hinaus lasse die Landeskirche eine Sinusmilieustudie durchführen, um verschiedene Zielgruppen künftig noch besser zu erreichen und ermuntere evangelische Schulen zu Qualitätsentwicklungsprozessen.
Die Präsidentin der Synode, Dr. Christel Hausding, wies drauf hin, dass neben den Haushaltsplanberatungen der jährliche Bericht des Landesbischofs sowie die Personalstrukturplanung und der PfarrPlan 2018 entscheidend die Tagung der Synode prägen werden. Während es bei der Personalstrukturplanung um ein flexibles Steuerungsinstrument handele, würden beim Pfarrplan die 87 Gemeindepfarrstellen, die bis 2018 abgebaut werden müssten, auf die Kirchenbezirke verteilt, die selber entscheiden, wie die Reduzierung umgesetzt werden soll. Da die Bevölkerungsentwicklung regional sehr unterschiedlich verlaufe, seien die Kirchenbezirke auch unterschiedlich vom Abbau betroffen. Je nach Kirchenbezirk könnte er von weniger als eine Stelle bis zu maximal vier Stellen betragen, die bis 2018 reduziert werden müssten. Die Synode ist das "Kirchenparlament" der Landeskirche und tagt vom kommenden Montag an bis Donnerstag im Stuttgarter Hospitalhof.
Oliver Hoesch