Stuttgart. Der württembergische Pfarrer und Schriftsteller Jörg Zink wird am Donnerstag, 22. November, 90 Jahre alt. Er habe in herausragender Weise kirchliches und geistliches Leben in Württemberg und darüber hinaus geprägt, schreibt ihm der württembergische Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July in einem Glückwunschbrief. „Im Sinne der Verkündigung des Evangeliums haben Sie sich für die Bewahrung der Schöpfung, für Frieden und Gerechtigkeit, für den interreligiösen Dialog und die Ökumene kritisch und leidenschaftlich eingesetzt“, so July.
Zink gehört zu den bekanntesten evangelischen Theologen der Gegenwart. Auf evangelischen Kirchentagen strömten Zehntausende, vor allem junge Menschen, zu seinen Vorträgen und Bibelarbeiten. Mehr als 100 Mal hat er als Fernsehpfarrer das „Wort zum Sonntag“ in der ARD gesprochen. 1965 hat Zink das Neue Testament in eine verständliche, zeitgemäße und zugleich erklärende Sprache übersetzt und damit einen Bestseller gelandet. Inzwischen haben sich seine bald 200 Bücher rund 18 Millionen Mal verkauft.
Zink wurde in der Nähe von Schlüchtern in Hessen geboren, studierte in Tübingen Theologie und Philosophie und promovierte bei Helmut Thielicke in Hamburg zum Thema „Der Kompromiss als ethisches Problem“. Nach zwei Jahren als Pfarrer in Esslingen arbeitete er von 1957 bis 1961 als Direktor des Burckhardthauses in Gelnhausen, dem zentralen Fortbildungsinstitut der EKD für Jugend-, Kultur- und Sozialarbeit. Daran schlossen sich fast 20 Jahre als Landespfarrer für Fernsehen der württembergischen Landeskirche an. Darüber hinaus bereiste er immer wieder die Länder des Nahen Ostens, insbesondere Israel, und produzierte Filme und Bücher über die Religionsgeschichte und Kultur dieser Länder. Auch einige Liedertexte des Evangelischen Gesangbuchs stammen aus seiner Feder.
Jörg Zink geht davon aus, dass die Kirche in den kommenden Jahrzehnten mehr und mehr von Laien geleitet und verwaltet wird. „Sie müssen mehr wissen, als sie normalerweise mitbringen. Ich möchte zu einer Literatur über den Glauben beitragen, auf die sie zurückgreifen können.“ Menschen ohne theologische Vorkenntnisse sollen den Glauben verstehen können. „Noch nie habe ich für Theologen geschrieben“, sagt der Erfolgsautor.
Der Stuttgarter Theologe ist davon überzeugt, dass der Wunsch nach vertiefter Spiritualität und die Begeisterung für politisches Engagement einander nicht widersprechen, sondern sich ergänzen und durchdringen sollten. So wurde Zink zum aktiven Mitstreiter der Friedens- und Ökologiebewegung und legte auch in seinen Büchern immer wieder dar, dass sich christlicher Glaube im Einsatz für die bedrohte Schöpfung, für Frieden und Gerechtigkeit zu bewähren hat. Durchaus streitbar nahm er unter anderem Stellung zur Nachrüstungsdebatte in den 1980-er Jahren, zum Umgang mit Fremden und Asylbewerbern und zum Zusammenleben der Religionen. Dabei will er die Menschen nicht mit kirchlicher Autorität bevormunden, sondern an ihre Verantwortung für ihr Leben und das der Schöpfung erinnern.
Die Kirchen sollten seiner Ansicht nach eine „Bundesgenossenschaft mit den anderen Religionen der Erde“ eingehen. An dieser Gemeinsamkeit könnte sich entscheiden, ob das Überleben der Menschheit zu sichern sei, schreibt Zink in seinem jüngsten Werk „Vom Geist des frühen Christentums“. Kritisch setzt er sich dabei mit dem im Westen verbreiteten Bild des Islam auseinander. Islam und Terror hätten kaum mehr miteinander zu tun als das Christentum und seine Gewalt- und Ausbeutungspolitik, so Zink.
Jörg Zink ist verheiratet, hat drei Töchter und einen Sohn sowie vier Enkel. Für seine Verdienste um die evangelische Publizistik wurde er mit dem Wilhelm-Sebastian-Schmerl-Preis geehrt. Außerdem erhielt er den Bundesnaturschutz-Preis und für sein Lebenswerk den Predigtpreis des Verlags für die Deutsche Wirtschaft.
Oliver Hoesch
Sprecher der Landeskirche