Stuttgart. In einem Aufruf an die evangelischen Christen in Württemberg bittet der evangelische Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July um Zeichen der Solidarität mit den Menschen in Griechenland, die Opfer der Krise geworden und teilweise in eine existentiell bedrohliche Lage gekommen sind. Während vor Ort Hilfe geleistet wird, können Kirchengemeinden hierzulande Orte des Austauschs und des Vertrauens sein.
Oliver Hoesch
Sprecher der Landeskirche
Folgend der Text im Wortlaut:
Die Krise in Griechenland – Wort der Solidarität
Aufruf des Landesbischofs an die evangelischen Christen in Württemberg
Liebe Schwestern und Brüder,
seit vielen Monaten schon bestimmt die Schuldenkrise in Griechenland die Schlagzeilen. Was dabei oft untergeht, sind die Nöte der von dieser Krise betroffenen Menschen. Über direkte Kontakte sowie durch ökumenische Verbindungen wissen wir, wie schwierig die Lebensbedingungen in Griechenland geworden sind. Von der zunehmenden Armut sind besonders alte Menschen, Familien mit Kleinkindern sowie immer mehr junge Leute betroffen, die keine berufliche Perspektive und damit auch keine Chance auf ein eigenständiges Leben haben.
Hinzu kommt – und darunter leiden vor allem auch die Angehörigen hierzulande – eine Berichterstattung, die nicht selten pauschaliert und diffamiert. Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Ein Teil der griechischen Krise ist hausgemacht und hat mit falschen politischen Entwicklungen vor Ort zu tun. Hinzu kommt, dass sich nicht wenige Menschen ihrer finanziellen Verantwortung für das griechische Gemeinwesen entziehen und diesem so das Geld vorenthalten, auf das es dringend angewiesen ist. Das darf und soll auch in diesem Zusammenhang nicht verschwiegen werden. Gleichwohl entzieht sich die überaus komplexe politische und finanzielle Lage, die über Griechenland hinaus aktuell auch andere Länder Südeuropas betrifft, einer schnellen Beurteilung und verallgemeinernden Bewertung. Deshalb betrachten wir es als unsere Aufgabe, die vielen Menschen, die Opfer der Krise in Griechenland geworden sind, auch hierzulande ins Bewusstsein zu rufen. Ihnen, die sie ohne eigenes Verschulden in eine existenziell bedrohliche Situation geraten sind, gilt unsere Verbundenheit und Solidarität.
Wir rufen auf zu einem achtsamen Umgang miteinander – im Alltag von Stadtteilen und Gemeinden, im Alltag von Schule und Arbeitsplatz. Worte und Gesten können verletzen oder wohl tun und stärken. Unsere Kirchengemeinden können Orte des Austauschs und des Vertrauens sein – ökumenische Begegnungen können gerade jetzt aufgenommen oder vertieft werden und damit Zeichen des Aufeinander-Zugehens setzen.
Unsere Diakonie verstärkt die Beratungsangebote für Neuzugewanderte aus Griechenland und Gastfamilien und hält einen Beratungsleitfaden zu aufenthalts- und sozialrechtlichen Fragenstellungen vor. Projektpartnerschaften privater oder öffentlicher Initiativen, die durch das 50-jährige Zusammenleben mit Griechen hierzulande und nicht selten auch durch den Tourismus nach Griechenland als einem beliebten Urlaubsland entstanden sind, können jetzt zu neuen Lernpartnerschaften werden, die ihr Know-how zusammenlegen und Wege der Hilfe zur Selbsthilfe eröffnen. Über die Diakonie können Hilfsprojekte erfragt werden, die zur Unterstützung von verarmten Menschen in Griechenland gestartet wurden und Unterstützung brauchen. Beispiele hierfür sind die "Läden der Nächstenliebe", in denen alte Menschen und in Not geratene Familien günstig Lebensmittel erhalten, oder das Projekt "Dromoi Zois" (Lebenswege), bei dem bedürftige Kinder und Jugendliche im Athener Stadtteil Gazi betreut werden und materielle Hilfe bekommen.
Wege und Zeichen der Solidarität und des Miteinanders gibt es viele – ich ermutige Sie, das Ihre dazu zu tun!
Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July
Evangelische Landeskirche in Württemberg