Martin Burchard beugt sich mit gezückter Airbrush-Pistole über einen Bogen Papier, der die ganze Tischplatte bedeckt. Die Ränder des Papiers sind kunstvoll zerknüllt, so dass in der ovalen Mitte des Bogens keinerlei Falten zu sehen sind. Der Künstler wird das weiße Papier an den geknickten Rändern mit gelber und brauner Farbe besprühen. In die Mitte kommt einzig Hellgelb.
Martin Burchard hat sich auf Kunst für den christlichen Glauben spezialisiert. Er nennt dieses Werk „Das leere Grab/Der Weg ins Licht“. Es interpretiert die Auferstehung Jesu.
In Burchards Atelier in der Tübinger Weststadt finden sich viele Arbeiten unterschiedlichster Techniken und Materialien: Kreuze aus Holzblöcken, Gemälde, Skulpturen des gekreuzigten und auferstehenden Jesus. Von Installationen in Räumen bis hin zur Kunst in der Natur reicht Burchards kreative Arbeit. Doch eine Vorliebe für Darstellungsform oder Technik hat er nicht. Er mag die Abwechslung. Seit neuestem beschäftigt er sich mit der Air-Brush Technik.
Ideen für seine Kunstwerke sucht er nicht. „Die kann man nur geschenkt bekommen.“ sagt Burchard. Wichtig sei ihm immer eine bestimmte Botschaft, die er vermitteln möchte. Vor seinem aktuellen Werk wie vor jedem anderen Schaffungsprozess steht die Überlegung, wie diese Botschaft die beste Wirkung erzielen könne. Zu seinem neusten Bild „Das leere Grab/Der Weg ins Licht“ sagte er: „Es geht mir darum, diesen Moment auszudrücken, der jeglicher Logik widerspricht.“ Burchard möchte den Betrachtern die Hoffnung geben, dass auch sie „in die unendliche Herrlichkeit Gottes“ auferstehen werden. Er will „das Kreuz aus seiner dunklen Ecke holen“. Denn in Verbindung mit dem Kreuz bringe der „Nicht-Christ“ nur Dinge, die mit Tod und Friedhof zu tun hätten. Für Burchard aber ist es mehr: ein Zeichen der Auferstehung.
Martin Burchard hatte bis zu seinem 36. Lebensjahr „mit Kunst und Christentum nichts am Hut“. Als Mitglied einer marxistischen Bewegung war für ihn Glauben „Opium für’ s Volk“. Erst als er nach dem Tod seiner Mutter in eine schwere Krise fiel, sei er sich des christlichen Glaubens bewusst geworden. Seine Gemeinde und das Wissen um die Auferstehung gaben ihm Halt und Inspiration. Zu dieser Zeit etwa hatte Martin Burchard begonnen, sakrale Kunst zu machen. Bald besuchte er die Akademie für Gestaltung in Ulm. Für ihn „ein Volltreffer“. Auch seine Ausbildung zum Schreiner kommt ihm heute als Künstler zu Gute. „Ich bin froh darüber, wie es gelaufen ist“, zieht Burchard Bilanz.
In seiner Karriere als Künstler lief es für ihn nicht immer optimal. Davon ließ er sich nicht entmutigen. „Es gab eine Zeit, da konnte ich mir noch nicht einmal das Essen in der Mensa leisten“, sagt Burchard. Dann kamen mehrere Aufträge zur Gestaltung von Andachts- und Aussegnungsräumen. Aktuell hat er für die Landesgartenschau 2011 ein Kunstwerk geschaffen und einen Meditationspfad mit Kunstwerken ausgestattet. Inzwischen kann er von seiner Kunst leben und empfindet das als Privileg. Er wünscht sich, „dass die Kirchen begreifen, dass sie eine gute Bildsprache des Glaubens brauchen, um Menschen zu erreichen.“
Carolin Dieter