| Landeskirche

„Alle Menschen haben die gleichen Rechte“

Interview mit Manasseh Katsa bei der Partnerschaftskonsultation der Landeskirche

Das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Konfessionen und Religionen beschäftigt Kirchen auf der ganzen Welt. Es ist auch Thema bei der derzeit in Stuttgart stattfindenden Partnerschaftskonsultation, zu der die württembergische Landeskirche eingeladen hat. Manasseh Katsa kommt aus dem Norden Nigerias. Ute Dilg hat mit dem CVJM-Mitarbeiter über seine Arbeit und die Situation in seinem Land gesprochen.

Manasseh Katsa arbeitet für den CVJM im Norden NigeriasEMH/Ute Dilg

Wenn hierzulande vom afrikanischen Nigeria die Rede ist, dann geht es vor allem um die Terrormiliz Boko Haram und um blutige Auseinandersetzungen zwischen Muslimen und Christen. Wie ist die Lage denn tatsächlich?

Nigeria ist sehr groß. Es gibt viele verschiedene Bundesstaaten und noch mehr Völker und Sprachen. Ganz im Norden leben mehr Muslime als Christen. Weiter im Süden kehrt sich das Verhältnis dann um, wobei die Christen zu ganz verschiedenen Kirchen und Konfessionen gehören. Normalerweise leben Christen und Muslime recht friedlich zusammen. Allerdings tritt heutzutage mehr religiöse Intoleranz auf als früher. Es gibt immer wieder Konflikte. Boko Haram operiert vor allem im Nord-Osten des Landes. In diesen Provinzen ist das Leben für fast alle Menschen sehr schwer geworden.

Was sind die Ursachen für diese Konflikte?

Meist geht es um politische Interessen und wirtschaftliche Macht, aber auch um kulturelle und religiöse Unterschiede. Oft spielen Rivalitäten um Land und andere Ressourcen eine große Rolle. Was die religiösen Spannungen angeht, so hat das oft mit unterschiedlichen Auslegungen des Glaubens zu tun. Und es gibt immer wieder fanatische Prediger, die die Leute aufhetzen.

Fliehen die Menschen aufgrund dieser Spannungen?

Viele Leute fliehen aus den Gebieten, in denen Boko Haram stark ist. Sie leben dann in Flüchtlingscamps oder ziehen in die größeren Städte. Andere leben in Gemeinden, die nicht von den Kämpfen betroffen sind. Dort finden die Flüchtlinge auch in Kirchen Zuflucht.

Können Sie in den betroffenen Gebieten überhaupt arbeiten?

In den Städten ja. In manchen ländlichen Gebieten ist es zu gefährlich für uns. In anderen Gegenden, in denen es zwar relativ friedlich ist, die Muslime aber in der Mehrzahl sind, können wir arbeiten. Aber wir müssen aufpassen, was wir als christliche Organisation sagen und tun.

Reden die Vertreter von christlichen Kirchen und der muslimischen Gemeinden miteinander? Gibt es so etwas wie einen christlich-muslimischen Dialog in Nord-Nigeria?

Es gibt Versuche auf den Leitungsebenen religiöser Organisationen. Aber die Versuche stecken in den Kinderschuhen. Es ist eben nicht einfach, zusammenzuarbeiten. Oft fehlt das Verständnis füreinander. Was den CVJM angeht, so arbeiten wir mit allen religiösen und ethnischen Gruppen zusammen. In unsere Ausbildungszentren etwa kommen christliche und muslimische Jugendliche, um ein Handwerk zu lernen. Auch in unseren Gesundheitskursen machen wir keine Unterschiede nach Religion oder Ethnie. Das ist unsere Art, durch unsere praktische Arbeit Gemeinschaft zwischen den Gruppen herzustellen.

Die Religion oder Verkündigung spielt in ihrer Arbeit also keine Rolle?

Wenn wir Entwicklungsprojekte durchführen, so geht es erst einmal um die praktische Arbeit: Ausbildung, Gesundheit, Landwirtschaft. Aber wir tun dies im Namen unseres Herrn Jesus Christus. So dienen wir Gott und den Menschen, egal welcher Herkunft, Religion oder Kultur. Als Menschen haben wir alle die gleichen Rechte. Dem wollen wir gerecht werden. Aber wir wollen auch durch unsere Arbeit in den Gemeinden den Menschen den Kern des Christentums nahebringen, nämlich dass alle Menschen von Gott gleich geliebt werden.

Momentan kommen Menschen aus vielen verschiedenen Ländern nach Deutschland, auch viele Muslime. Das jagt dem einen oder anderen hier doch Angst ein. Haben Sie einen Rat für uns Deutsche, wie wir damit konstruktiv umgehen können?

Zunächst muss man sich klar machen, dass viele der Flüchtlinge eine ganz andere Kultur und zum Teil auch eine andere Religion mitbringen. Sie haben ihre eigenen Vorstellungen vom Leben, die sich von den Vorstellungen vieler Deutscher unterscheiden. Nur wenn man sich dessen bewusst ist, kann man damit umgehen. Es ist aber wichtig für ein Zusammenleben, den Neuankömmlingen die Gepflogenheiten und die Werte, die hier herrschen, zu erklären. Und die Kirchen in Deutschland sollten den Mut haben, im Rahmen ihrer Flüchtlingsarbeit und im Dialog mit anderen Religionen den christlichen Glauben zu bezeugen.

Der CVJM in Nord-Nigeria ist ein langjähriger Partner des Evangelischen Jugendwerks in Württemberg (EJW), das vor allem die Jugendarbeit und verschiedene Ausbildungsprogramme in dem afrikanischen Land unterstützt. Anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Partnerschaft lädt der EJW-Weltdienst am Samstag, 1. Oktober 2016, zum Jubiläumsfest mit Gästen aus Nigeria ein. Es beginnt um 15:30 Uhr im Haus des CVJM, Büchsenstraße 37, in Stuttgart.


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