29.12.2016

Die Zeit scheint stillzustehen

Eine kleine Geschichte der Redewendung „Zwischen den Jahren“

„Zwischen den Jahren“ scheint die Zeit stillzustehen. Viele Menschen haben Urlaub, die Kinder Schulferien. Man genießt das Zusammensein mit der Familie, das gute Essen, den Anblick des Christbaums und geht hin und wieder spazieren. Die Rede ist von der Zeit zwischen Weihnachten (25. Dezember) und dem Anfang des neuen Jahres (1. Januar). Doch woher kommt der Ausdruck „Zwischen den Jahren“ überhaupt? Ute Dilg ist der Frage nachgegangen.

Die Geschichte von der Zeit „zwischen den Jahren“ ist verwirrend. Sie hat zu tun mit unterschiedlichen Kalendern, mit immer wieder verschobenen Jahresanfängen und der Tatsache, dass keiner so genau sagen kann, wann Jesus wirklich geboren wurde.

Die frühen Christen feierten Weihnachten am 6. Januar. Damit verknüpften sie auch den Beginn des neuen Jahres. Im 4./5. Jahrhundert verschob die Kirche das Fest dann auf den 25. Dezember. Nach damaligen Berechnungen fand da die Wintersonnwende statt. Ein günstiger Termin also: Man okkupierte quasi die heidnischen Sonnwendfeiern und ersetzte sie durch das Fest der Geburt Jesu, die ja auch Licht in der Dunkelheit verheißt. Der Jahresanfang verschob sich damit für die Kirche vom 6. Januar auf den 25. Dezember. Es dauerte allerdings einige Jahrhunderte, bis sich diese Zeitrechnung in Mittel- und Nordeuropa durchsetzte.

Konkurrierende Jahresanfänge

Neben diesen christlichen Terminsetzungen existierte in der frühen Neuzeit der Julianische Kalender, den der römische Kaiser Julius Cäsar im Jahr 46 vor Christus eingeführt hatte. Der ging vom 1. Januar als Neujahrstag aus. Allerdings handhabte man die Frage nach dem Jahresanfang regional sehr unterschiedlich, auch wenn der Julianische Kalender in weiten Teilen Europas Anwendung fand.

Und so kam es, dass in der frühen Neuzeit und im Mittelalter drei verschiedene Daten für den Jahresanfang nebeneinander existierten: der 25. Dezember, der 1. Januar und der 6. Januar. Den Zeitraum zwischen diesen konkurrierenden Jahresanfängen nannte man „zwischen den Jahren“. Viele Bräuche und Vorstellungen rankten sich um diese Zeit. Man glaubte, dass in den sogenannten Raunächten zwischen Weihnachten und Dreikönig Dämonen ihr Unwesen trieben. Wäschewaschen, Nähen oder den Stall ausmisten galt es zu vermeiden, um kein Unheil heraufzubeschwören. Am besten blieb man in seiner warmen Stube.

Gregorianischer Kalender zu „katholisch“

Mit der Einführung des Gregorianischen Kalenders im 16. Jahrhundert legte sich die christliche Welt endgültig auf den 1. Januar als Jahresanfang fest. Aus konfessionellen Gründen wurde dieser Kalender allerdings nicht überall gleichzeitig eingeführt. Vielen Protestanten war der Gregorianische Kalender zu „katholisch“. Über Jahrzehnte existierten der alte und der neue Kalender nebeneinander, je nachdem, wo man sich gerade aufhielt. Die letzten evangelischen Territorien des Heiligen Römischen Reichs übernahmen den gregorianischen Kalender erst 1700.

Damit war die Verwirrung um den Jahresanfang zumindest hierzulande beendet: Am 31. Dezember endet das alte und am 1. Januar beginnt das neue Jahr. Geblieben sind – als Reminiszenz an alte Zeiten – die Tage „zwischen den Jahren“, in denen die Zeit stillzustehen scheint.

Ute Dilg

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