Kirchengemeinden der beiden Evangelischen Landeskirchen von Baden und Württemberg sowie der Diözese Rottenburg-Stuttgart und der Erzdiözese Freiburg gewähren derzeit in insgesamt sechs Fällen Kirchenasyl. Darauf haben die vier Kirchen jetzt hingewiesen. Sie reagieren damit auf einen Medienbeitrag, der fälschlicherweise zwölf solcher Fälle nannte und den Kirchen unterstellte, sie würden offen gegen Absprachen verstoßen, wenn es um Abschiebungen nach dem Dublin-Abkommen gehe. Also um Flüchtlinge, die in das europäische Land abgeschoben werden sollen, das der Flüchtling auf seiner Flucht zuerst betreten hat. In der Regel sind das Länder an den Außengrenzen der EU, vor allem Griechenland und Italien.
Die großen Kirchen in Baden-Württemberg weisen darauf hin, dass die Aufnahmestrukturen in Griechenland und Italien komplett überlastet sind und auch Gerichte immer wieder Überstellungen in EU-Staaten untersagen, in denen die Betroffenen keinen Zugang zum Schutzsystem haben. Hinzu kämen immer wieder Härtefälle, die nach den Kriterien der Rechtsprechung nur schwer zu fassen seien sowie der Umstand, dass die Härtefallkommissionen bei den sogenannten Dublin-Fällen nicht tätig werden dürfen.
Die großen Kirchen weisen darauf hin, dass sie sich anlässlich der „Dublin“-Fälle im Kirchenasyl auf Bundesebene im Februar 2015 mit dem Bundesinnenminister auf ein bestimmtes Verfahren verständigt haben, an das sie sich halten. Darin heißt es: „Die Beteiligten stimmen überein, dass das bloße Vorliegen einer anstehenden Überstellung in einen Unterzeichnerstaat der Dublin-Verordnung keinen ausreichenden Anlass für die Gewährung von Kirchenasyl bietet. Hinzukommen müssen vielmehr im individuellen Einzelfall begründbare besondere Härten.“ Kirchengemeinden, die einem Flüchtling auf dieser Basis Kirchenasyl gewähren, melden sich mit einem Dossier bei zentralen kirchlichen Beauftragten, die dieses beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einreichen. Das BAMF prüfe dann, ob im Einzelfall begründbare, besondere Härten vorliegen.
„Die Möglichkeit, individuelle Härte-Gründe zu prüfen, ist ausdrücklich im EU-Recht vorgesehen und auch ein notwendiges Korrektiv zu einem nicht-flexiblen Zuständigkeitsmechanismus, der individuelle besondere Gründe gar nicht im Blick haben kann“, betonen die Kirchen. In einem Rechtsstaat sei es eine Selbstverständlichkeit, dass eine Behörde einen Fall gegebenenfalls nochmals prüfe.