| Ökumene

Erzähl mir vom Frieden

Sammlung von Friedensgeschichten aus dem Alltag

Erzähl mir vom Frieden - Ökumenische Friedensdekade 2024Bild: Ökumenische FriedensDekade

Anlässlich der 44. Ökumenischen Friedensdekade sammeln Frauke Liebnehm, Dozentin für Friedens- und Demokratiebildung am Pädagogisch-Theologisches Zentrum Stuttgart (ptz), und Stefan Schwarzer, Friedenspfarrer der Landeskirche, alltägliche Geschichten vom Frieden. Am Ende des Artikels finden Sie einige Beispiele von Friedensgeschichten aus dem Alltag.

Frieden beginnt bereits am Frühstückstisch

„Solche Geschichten wollen wir sammeln, erzählt von Jungen und Alten, kleine Alltagsausschnitte oder groß erlebte, prägende Begegnungen auf Reisen, auf der Flucht, in der Erkrankung oder in der Freude – was auch immer, jedenfalls Geschichten vom Frieden, der immer im Kleinen beginnt.“ Aus dem Rundschreiben von Frauke Liebnehm und Stefan Schwarzer

Wenn Sie ihre Geschichte vom Frieden erzählen möchten, können Sie diese direkt per Mail an Frauke.Liebenehm@elk-wue.de oder Stefan.Schwarzer@elk-wue.de senden.  Während der Friedensdekade vom 10. - 20. November 2024 wird täglich eine dieser Geschichten jeweils auf der Webseite des ptz (https://www.ptz-rpi.de/) und des Friedenspfarramtes (https://www.friedenspfarramt.elk-wue.de/) veröffentlicht. Im Nachgang sind eine Sammlung und musikalische Lesungen in Planung.

Die Ökumenische FriedensDekade

Unter dem Motto „Erzähl mir vom Frieden“ werden im gesamten Bundesgebiet vom 10. bis 20. November 2024 Gottesdienste, Gebete und Informationsveranstaltungen angeboten.

Trägerorganisationen der Friedensdekade sind die Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF) und die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK). Zudem wirken Vertreter der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) und evangelischer Landeskirchen, evangelisch-freikirchliche und römisch-katholische Organisationen mit.

Hier finden Sie Beispiele von (Alltags-) Geschichten vom Frieden:

Heute Morgen, als ich mich beeilte, meinen Bus zur Arbeit zu erreichen, ereignete sich folgende Szene: Eine junge Frau, offensichtlich gestresst und den Tränen nahe, stritt sich an der Bushaltestelle mit dem Busfahrer. Der Bus war voll und sie wollte mit einem großen Kinderwagen einsteigen, was der Fahrer aus Sicherheitsgründen zu verhindern versuchte.

Viele Fahrgäste schauten genervt, weil der Streit den Bus weiter verzögerte. Ich konnte fühlen, wie die Spannung stieg und jede und jeder nur wollte, dass die Frau einfach aufgibt und den nächsten Bus nimmt. Aber etwas in mir sagte, dass ich etwas tun müsste.

Ich ging auf die Frau zu und fragte: „Kann ich vielleicht helfen?“ Sie blickte mich überrascht an. Tränen standen ihr in den Augen: „Ich muss meinen Sohn in die Kita bringen und dann zur Arbeit. Es ist so wichtig, und ich kann keinen späteren Bus nehmen“, erklärte sie verzweifelt.

Da wandte ich mich an den Busfahrer und fragte, ob wir vielleicht den Kinderwagen zusammenklappen und einen Platz dafür finden könnten. Der zunächst ungeduldig erscheinende Busfahrer zögerte, aber dann nickte er langsam: „Okay, wenn jemand Ihnen hilft, den Kinderwagen zu halten und wir ihn sicher verstauen können, dann geht es.“ Schnell fanden sich zwei weitere Passagiere, die halfen. Wir klappten den Kinderwagen zusammen und ich hielt ihn fest, während die Frau sich mit ihrem Kind hinsetzte. Der Busfahrer schenkte mir ein kleines Lächeln, als er sich in seinem Sitz zurückdrehte und den Bus endlich weiterfuhr.

In diesem Moment realisierte ich, wie wichtig es ist, in alltäglichen Situationen mit Empathie und Mitgefühl zu reagieren. Ein kleiner Akt der Freundlichkeit kann tatsächlich die Stimmung von vielen beeinflussen und eine Situation, die in Streit und Frustration zu eskalieren droht, in eine Lösung verwandeln, die für alle funktioniert. (K. E. C.)

Am Stadtrand einer Großstadt lebe ich mit meiner Familie. Ich liebe unseren Garten. Es war ein sonniger Nachmittag und ich beschloss, im Garten ein wenig zu arbeiten. Ich entfernte Unkraut, schnitt verwelkte Blüten der Hortensie ab und entfernte morsche, kleine Äste an unserem Birnbaum.

Plötzlich hörte ich eine laute Stimme von nebenan. Unser Nachbar, Herr Maier, war in eine hitzige Diskussion mit meiner Mutter verwickelt. Er beschwerte sich regelmäßig über Pflanzen, die von unserem Grundstück in seins wachsen. Aber an diesem Tag klang es besonders ernst. Ich konnte nicht genau verstehen, worüber sie stritten, aber die Lautstärke und der Tonfall besorgten mich.

Einige Minuten später klingelte es an unserer Haustür. Herr Maier stand davor, sein Gesicht rot vor Ärger. Er beschwerte sich lautstark, dass unser Baum Schatten auf seinen Garten wirft und verhindert, dass seine Tomaten genug Sonne bekommen. – Ich war überrascht und ein wenig verärgert über diese plötzliche Konfrontation. Ich sagte ihm mit ruhiger Stimme, dass dieser Baum seit Jahren schon dasteht. Er stand bereits da, als wir vor zehn Jahren eingezogen sind. Über diesen Baum hatte er sich noch nie beschwert. Ich fragte ihn, warum das jetzt auf einmal ein Problem ist.

Er beharrte darauf, dass seine Tomaten doch Sonne brauchen. – Ich registrierte, dass es in dieser Diskussion nicht nur um den Schatten werfenden Baum ging. Es schien, als ob Herr Maier einfach Dampf ablassen wollte. Ich atmete tief durch und entschied mich, weiterhin ruhig zu bleiben. Ich bat ihn darum, gemeinsam einen Moment darüber nachzudenken, um ggf. eine Lösung zu finden, mit der wir beide zufrieden wären. Skeptisch schaute er mich an. Aber ich konnte sehen, dass sein Zorn ein wenig nachließ. Seine Stimme und Lautstärke hatten sich bereits gesenkt.

Ich fragte ihn, was er von der Idee halte, den Baum zurückzuschneiden, damit sein Garten mehr Sonne bekomme und wir unseren geliebten Birnbaum behalten könnten. Einen Moment überlegte er, um dann meiner Idee zuzustimmen. Bereitwillig holte er eine Leiter und eine Gartenschere. Dann begannen wir gemeinsam, die Äste zu kürzen. Während wir arbeiteten, sprachen wir über unsere Gärten, das Wetter und alltägliche Dinge. Langsam löste sich die Anspannung und wir begannen sogar, über den Streit zu lachen.

Als wir fertig waren, sahen wir uns das Ergebnis an. Der Baum sah immer noch schön aus und Herr Maiers Garten bekam deutlich mehr Sonne. Er bedankte sich und entschuldigte sich, dass er so wütend gewesen war. – Ich nahm seine Entschuldigung an und sagte ihm noch, dass man manchmal einfach jemand braucht, der/die einem hilft, eine Lösung zu finden. – Mit einem Lächeln auf den Lippen ging ich zurück in unseren Garten und setzte meine Arbeit fort. Der Streit war aufgelöst und außerdem hatten wir eine neue alte Bekanntschaft gestärkt. – Manchmal braucht es nur ein wenig Geduld und Verständnis, um einen Konflikt friedlich zu beenden. (M.L.)

Wenn ich morgens aus dem Haus gehe, muss ich immer den Bus nehmen, um meine Zielorte zu erreichen. Mir gegenüber wohnt eine indisch-stämmige Frau, die meist den gleichen Bus nimmt. Jeden Morgen findet diese Frau etwas, das sie aus der Fassung bringt und sie deswegen die Menschen um sich herum anschnauzt. Manchmal äußert sie auch sehr rassistische Bemerkungen wie z. B., dass schwarze Menschen schmutzig seien, Flüchtlinge es hier zu gut haben und dass junge Leute kriminell und unerzogen seien, weil sie sich von Ausländern vieles abschauen.

Gestern regte sie sich darüber auf, dass eine Frau mit Kopftuch und Kinderwagen ihr nicht aus dem Weg ginge und dass man in Deutschland den deutschen Sitten folgen sollte und sie hier nicht in ihrer Heimat wäre. Die Frau mit Kinderwagen konnte sich auf Deutsch nicht gut äußern, hat aber verstanden, dass meine Nachbarin sich über sie geärgert hat. Sie entschuldigte sich mehrmals und versuchte, den Kinderwagen aus dem Weg zu ziehen. Diese Situation war sehr unangenehm für alle in der Umgebung und keiner sagte etwas.

Ich bot der Mutter meine Hilfe an, den Kinderwagen etwas auf die Seite zu schieben, während sie ihre Einkäufe vom Boden aufsammelte. Danach setzte ich mich zu meiner Nachbarin. Sie fing direkt an, sich über die Frau mit dem Kinderwagen und die Rücksichtslosigkeit anderer Menschen zu beschweren. – Auf die Wichtigkeit von gegenseitiger Rücksichtnahme ging ich ein, ohne ihr das Gefühl zu geben, sie wäre nicht rücksichtsvoll gewesen. Daraufhin erzählte sie mir von ihrem Alltag und ihren Sorgen und ihrer Vergangenheit. Sie beendet jedes unserer Gespräche mit dem Satz: „Danke, dass du dich zu mir gesetzt hast!“

Meine Hoffnung ist, wenn ich mich weiterhin zu ihr hinsetze und mich mit ihr unterhalte, hat sie weniger Zeit, sich über andere*s aufzuregen und vielleicht kann ich ihr eine andere Perspektive gegenüber unseren Mit-Menschen geben und sie sogar davon überzeugen, dass es nicht alle darauf abgesehen haben, ihr etwas Schlechtes zu tun. (N. A.)


Hinweis für Kirchengemeinden

Kirchengemeinden sind herzlich eingeladen, Texte wie diesen von www.elk-wue.de in ihren eigenen Publikationen zu verwenden, zum Beispiel in Gemeindebriefen. Sollten Sie dabei auch die zugehörigen Bilder nutzen wollen, bitten wir Sie, per Mail an kontakt@elk-wue.de nachzufragen, ob die Nutzungsrechte für den jeweiligen Zweck vorliegen. Gerne können Sie alle Bilder nutzen, die Sie im Pressebereich unserer Webseite finden.


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