Der Oberkirchenrat in Stuttgart, die oberste Verwaltungsbehörde der württembergischen Landeskirche, baut ein neues Dienstgebäude, nachdem der Vorgänger-Altbau nicht sinnvoll zu sanieren und weiterzuentwickeln war. Aus Anlass des Richtfests am 23. Juni 2023 erklärt Stefan Werner, Direktor im Oberkirchenrat, im Interview den Fortschritt auf der Baustelle.
Am 23. Juni steht das Richtfest für das Dienstgebäude des Oberkirchenrats an. Für die Handwerker ein Grund zu feiern, für die Landeskirche als Bauherrin auch?
Stefan Werner: Ja, das ist selbstverständlich auch für die Landeskirche ein Tag zum Feiern! Das Richtfest stellt einen wichtigen Zwischenschritt in einem jahrelangen Planungs- und Bauprozess dar. Wir freuen uns sehr, dass das Richtfest im Rahmen der vorgesehenen Zeitplanung stattfinden kann. Und dass bisher die Abläufe auf der Baustelle störungsfrei, ohne Zwischenfälle oder gar Unfälle abgewickelt werden konnten.
Von vielen Baustellen im Land hört man, dass sie mit hohen Preissteigerungen bei den Baustoffen zu kämpfen haben. Teils werden Bauprojekte sogar eingestellt oder auf Eis gelegt. Für 2022 nennt das Statistische Bundesamt die Zahl von knapp 17 Prozent höheren Preisen für Bauleistungen.* Betrifft das auch den Neubau des Verwaltungsgebäudes?
Stefan Werner: Die dynamische Kostenentwicklung hat uns natürlich auch erhebliches Kopfzerbrechen bereitet. Das Bauprojekt war ja vor Beginn der Coronakrise und des Kriegs in der Ukraine konzipiert worden. Zum damaligen Zeitpunkt ging man von einer Baukostensteigerung von durchschnittlich zwei Prozent aus. Wir sind zum derzeitigen Zeitpunkt mit der Entwicklung der Baukosten in unserem Projekt sehr zufrieden. Viele Verträge konnten noch rechtzeitig vor Beginn der Krisen abgeschlossen werden. Auch wenn wir noch ein Stück des Wegs vor uns haben, sind wir derzeit zuversichtlich, dass wir das Bauprojekt innerhalb des Budgets fertigstellen können. Sollte uns dies gelingen, so wäre dies angesichts der dynamischen Baukostenentwicklung wirklich eine beachtliche Leistung.
Was sind die Gründe dafür, dass es mit dem Kosten- und Zeitplan bisher gut klappt?
Stefan Werner: Da möchte ich zuallererst die Leistung aller mit der Planung und der Kostensteuerung beteiligten Personen hervorheben. Wir hatten zu Beginn die Kostenschätzung des Architekturbüros durch eine unabhängige Projektsteuerung prüfen lassen. Schon zum damaligen Zeitpunkt zeigte sich, dass im Zusammenwirken zwischen dem Architekturbüro Riehle und Assoziierte sowie der Projektsteuerung Melchers.Pachner Baumanagement GmbH eine hohe Übereinstimmung erzielt werden konnte.
Die sorgfältigen Verhandlungen im Vorfeld und vor Baubeginn zahlen sich jetzt aus. Außerdem war es gelungen, einen Großteil der ausgeschriebenen Leistungen noch im vorgesehenen Zeitfenster vor Beginn der Krisen auszuschreiben und zu vergeben. Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass die tägliche Steuerung und vor allem die Kostensteuerung alle Beteiligten sehr beansprucht und fordert. Wir sind ausgesprochen zufrieden mit dem Zusammenspiel der externen Dienstleister und der im Oberkirchenrat mit dem Bau befassten Mitarbeitenden. Allen hochengagierten Beteiligten ist an dieser Stelle bereits hohes Lob auszusprechen! Wir hoffen, dass die positive Entwicklung bis zur geplanten Fertigstellung des Gebäudes im dritten Quartal 2024 anhält.
Kürzlich konnten sich OKR-Mitarbeitende und Anwohner den fast fertigen Rohbau anschauen – bei den Führungen stieß auch die Eisspeicherheizung immer wieder auf Interesse. Damit ist das Gebäude auch Heizungsgesetz-sicher?
Stefan Werner: Ja, davon darf man ausgehen. Die konzipierte Eis-Solar-Speicherheizung beruht auf dem Prinzip einer großen Wärmepumpe. Wir setzen hier ein richtungsweisendes und klimaschonendes Heizkonzept um, dass es uns erlaubt, das Gebäude nahezu CO2-frei mit Wärmeenergie zu versorgen.
Seit der Corona-Zeit haben viele Beschäftigte und Arbeitgeber die Vorzüge von Homeoffice entdeckt und nutzen Homeoffice bzw. Telearbeit auch bei der Landeskirche. Ist das Gebäude dann nicht inzwischen zu groß?
Stefan Werner: Diese Frage haben wir uns natürlich auch gestellt, denn das Gebäude ist zu einer Zeit konzipiert worden, als Homeoffice und Telearbeit noch keine Rolle spielten. Das hat sich nach der Coronakrise grundsätzlich geändert. Dennoch ist das Gebäude nicht überdimensioniert, denn schon die ursprüngliche Planung hatte es nicht erlaubt, alle Außenstellen des Oberkirchenrates in das neue Gebäude zu integrieren. Da künftig ein beträchtlicher Prozentsatz der Mitarbeitenden teilweise im Homeoffice arbeiten will, haben wir unser Bürokonzept grundsätzlich überarbeitet und angepasst. So wird es im Falle eines Anteils an Homeoffice ein „Desk Sharing“ geben, das heißt, Mitarbeitende teilen sich die Arbeitsplätze mit Kolleginnen und Kollegen. Dies ermöglicht es uns, die vorhandenen Flächen sehr viel effizienter zu nutzen, so dass wir nach den derzeitigen Planungen überhaupt nicht davon ausgehen, dass wir Leerstände haben werden. Sollten künftige Entwicklungen allerdings dazu führen, dass wir nicht alle Flächen selbst nutzen können, ist das Gebäude so geplant, dass abgrenzbare moderne Büroflächen vermietet werden könnten, ohne den internen Dienstbetrieb zu stören.
Für 2024 ist die Fertigstellung geplant – wann werden denn die Mitarbeitenden des OKR im neuen Gebäude arbeiten?
Stefan Werner: In der Tat ist die Fertigstellung des Gebäudes nach der aktuellen Planung für das Ende des dritten Quartals 2024 geplant. Ich gehe deshalb zum jetzigen Zeitpunkt – bei aller gebotenen Vorsicht – davon aus, dass das neue Gebäude zum Jahreswechsel 2024/2025 bezogen und in Betrieb ist.
Die Fragen stellte Oliver Hoesch.
* Weiterführende Informationen zur allgemeinen Kosten-Entwicklung im Baugewerbe:
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