Mit ihren digitalen Themenwochen bietet die Kirchengemeinde Tailfingen Anregungen auf verschiedenen Kanälen
In unserer kleinen Reihe über digitale Projekte in württembergischen Gemeinden zeigen wir in Teil 2, wie die Kirchengemeinde Tailfingen mit digitalen Themenwochen Impulse setzt. Die Inhalte dafür kommen aus der Gemeinde, von Groß und Klein.
Der Wunsch: Ein interaktives geistliches Angebot
„Wir wollten ein geistliches und tiefsinniges Angebot erstellen, das auch interaktiv ist“, sagt Pfarrer Johannes Hartmann zur Idee der Themenwochen. Am Anfang stand ein kritischer Blick auf die Öffentlichkeitsarbeit: „Wir haben gesehen, dass wir oft Menschen für eine Aufgabe suchen, oder die Medien auch fürs Fundraising nutzen. Es waren viele ‚Bittsteller-Themen“, so Johannes Hartmann. Neben den Live-Streams von Gottesdiensten und einer Mini-Andacht über den Newsletter habe es kaum Geistliches gegeben.
Für das neue Projekt der Themenwochen sollten alle bisherigen Kanäle – Facebook, Instagram, Website – genutzt und verknüpft werden. Auch hinsichtlich derer, die die Inhalte liefern, wollte sich die Gemeinde breit aufstellen. „Wir wollten herausfinden, wo Menschen sind, die etwas Bestimmtes gut können – ein kurzes Video aufnehmen, einen Podcast erstellen, oder ein Thema per Umfrage bearbeiten“, beschreibt Pfarrer Hartmann den Ansatz. Die Inhalte werden also von der ganzen Gemeinde erstellt, bisher haben schon Mitglieder des Kirchengemeinderats, des Kirchenchors, Pfarrer, Vikare und sogar Kindergartenkinder mitgemacht. Die Inhalte unterscheiden sich teilweise von Kanal zu Kanal.
Seit Ende Januar ist die Gemeinde auf digitalen Kanälen jeweils zu einem bestimmten Thema präsent. Den Anfang machten die Themenwochen „Gebet“. Seit Anfang März geht es um „Hoffnung“.
Über mehrere Wochen hinweg publiziert die Gemeinde jeweils für die Themenwochen auf Facebook, Instagram und auf der Website Inhalte zum Thema. Für die Themenwochen „Gebet“ erzählt Pfarrer Hartmann zum Beispiel in einem Video davon, wie ein Freund von ihm das Vaterunser betet. In anderen Posts verrieten Kinder, wie und worum sie zu Gott beten. Für die aktuell laufenden Wochen „Hoffnung“ stellten bereits Mitglieder des Kirchenchors ihre Hoffnungslieder vor.
Planung für 2023: Sechs Themenwochen
Die Kirchengemeinde hat schon für das ganze Kalenderjahr 2023 die Themen geplant, jeweils in Abschnitten von sechs bis acht Wochen. Per E-Mail umreißt die Medienbeauftragte das Thema, und fragt gezielt Menschen an, die vielleicht Inhalte liefern könnten. Die Reaktionen seien unterschiedlich, berichtet Johannes Hartmann: „Manche reagieren gar nicht, manche antworten, dass das nichts für sie sei, wieder andere machen mit. Das ist okay so“, und: „Durch unsere ersten Themenwochen haben wir inzwischen hoffentlich Mut gemacht, dass man dafür kein Theologiestudium braucht.“
Für die gerade laufenden Themenwochen „Hoffnung“ liegt ein besonderer Fokus auf der Kirchenmusik. Mitglieder von Ensembles oder Chören wurden dazu angefragt. Weiter sind Wochen mit den Themen „Nächstenliebe“, „Schöpfung“ und „Licht und Dunkel“ geplant.
Ständiger Lernprozeß
Die Themenwochen seien auch ein Lernprozeß, so Johannes Hartmann. So seien erst im Laufe der ersten Themenwochen noch mehr digitale Möglichkeiten in den Blick geraten, die man stärker nutzen könnte, wie die KonfiApp, die KitaApp und die Communi-App. Die Planung für 2023 existiert zwar, aber: „Wir legen uns nicht fest, auch um die Motivation zu behalten, immer mal etwas Neues ausprobieren zu können.“
Die Communi-App biete sogar einen relativ geschützten Rahmen, wie sich nach den Wochen „Gebet“ herausstellte. „Die Menschen äußern sich dort freier als auf Facebook, oder schreiben, wofür sie beten“, so ein erstes Fazit. Eine Frau habe in der Communi-App geschrieben, dass sie viele Gebetsanliegen habe, erzählt Pfarrer Hartmann. Welche es sind, erfuhr er später, bei einer persönlichen Begegnung. „Das Online muss auch ins Offline kommen können“, sagt Pfarrer Hartmann, und stellt fest: „Man sieht, es funktioniert, aber anders als vom Altar oder von der Kanzel.“
Die Grenzen des digitalen Angebots der Themenwochen sind ihm ebenso klar wie die Möglichkeiten: „Wir werden nichts hinbekommen, was ein intensives Gespräch ersetzt. Aber wir geben Impulse, und wir bekommen auch welche zurück.“
Die Zielgruppe umschreibt Johannes Hartmann so: „Es ist die Altersgruppe derer, die in der Rush Hour ihres eigenen Lebens unterwegs sind. Sie wollen wir ansprechen oder einladen. Wir fordern niemanden auf: Komm in die Kirche oder wende dich an deinen Seelsorger. Aber die Möglichkeit, Kontakt aufzunehmen oder mal diese Spur wahrzunehmen, ist da.“
Für die Kirche von morgen
Für Pfarrer Hartmann lohnt es sich jetzt schon, weiterzumachen mit den Themenwochen, nicht zuletzt mit Blick auf die Zukunft der Kirche: „Wir stehen vor großen Umbrüchen, angesichts derer wir über den Kern unseres Auftrags und über unsere Praxis nachdenken. Meiner Meinung nach kann man die Themenwochen als Bild dafür nehmen , wie sich Kirche dynamisch weiterentwickeln kann - es findet eine Evolution statt, und das ist durchaus verheißungsvoll.“
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