Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl predigte beim Bietigheimer Tag zu Fragen der Friedensethik
Beim traditionsreichen Bietigheimer Tag – einer Begegnung zwischen SPD und Evangelischer Kirche – hat Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl im Gottesdienst über die Verse 12 bis 17 aus dem dritten Kapitel des Kolosserbriefs gepredigt und sich dabei mit friedensethischen Fragen auseinandergesetzt. Den Volltext der Predigt finden Sie unten auf dieser Seite.
Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl.Bild: Gottfried Stoppel
Landesbischof Gohl erklärte in seiner Predigt: „Kern meiner Position ist die Überzeugung, dass ein Frieden, der ohne Gerechtigkeit erreicht wird, kein Frieden ist. Es gibt keinen Frieden ohne Gerechtigkeit! Ich beziehe mich dabei auf die Friedensdenkschrift der EKD von 2007 […] mit ihrer Betonung des gerechten Friedens. Gerechter Frieden – nicht gerechter Krieg! Um zu diesem gerechten Frieden zu gelangen, wird das Mittel rechtserhaltender Gewalt als ultima ratio gerechtfertigt.“
Gohl führte weiter aus, dieser Gerechtigkeitsbegriff sei „der Schlüssel für eine evangelische Friedensethik. Frieden muss in voraussorgende Gerechtigkeit eingebettet sein.“ Man müsse „gemeinsam an einer umfassenden wie konkreten Gerechtigkeit weiterarbeiten – in Kirche und Gesellschaft.“ Gohl erinnerte in seiner Predigt an den Stuttgarter Pfarrer Otto Umfrid, Kämpfer für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Pazifismus und Vordenker des Völkerbundes nach dem Ersten Weltkrieg. Gohl sagte, er sei beeindruckt von Umfrids klarer ethischer Grundhaltung und seiner visionären politischen Arbeit. Er sei überzeugt, „dass hier, im Engagement einzelner Christen der stärkste Impuls des Christentums für den Frieden liegt. An diesen Friedensstiftern können wir uns auch heute ausrichten.“
Immer noch gehe es darum, „die Staaten Europas in friedenserhaltende und gerechtigkeitsschaffende Strukturen einzubinden. Die Kirchen leisten mit ihren europäischen Friedensnetzwerken dabei einen wichtigen Beitrag. Der Kolosserbrief ermuntert Menschen, die als Christen leben, gemeinsam den Frieden Christi in Kirche und Gesellschaft zu leben. Sie sind dabei dem Ideal einer friedensstiftenden Liebe verpflichtet. Lassen wir nicht nach, diesem Frieden Jesu nachzueifern!“
Gohl betonte die Sehnsucht nach Frieden: „Wir alle wünschen uns, dass das Morden in der Ukraine möglichst bald beendet wird. Wir verurteilen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands und sehen fassungslos auf die schweren Kriegsverbrechen in der Ukraine. Und ich bin überzeugt, dass wir vom Frieden her über den Krieg hinausdenken müssen. Das heißt aber gerade nicht auf dem Rücken der Opfer eine Verständigung suchen, die sich gerade verzweifelt gegen einen brutalen Angreifer verteidigen.“
Über den Bietigheimer Tag
Der Bietigheimer Tag ist eine Gesprächsreihe von Evangelischer Kirche und SPD in Bietigheim-Bissingen, die seit 1921 besteht. Er ist ein Tag des Dialogs, bei dem die Suche nach gemeinsamen Werten im Vordergrund steht. Zu Gast beim Bietigheimer Tag waren unter anderem Johannes Rau, Wolfgang Thierse, Hertha Däubler-Gmelin, Erhard Eppler und Gesine Schwan.
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