Wie erleben Täufling und Tauffamilie eine Taufe bei einem Tauffest? Bunt, familienfreundlich und noch mehr: Wir stellen drei Beispiele aus dem Sommer 2023 vor. Pfarrer Mathias Kraft erklärt, warum Tauffeste beliebt sind und wie er sie für die Gemeindearbeit nutzt.
Eine bleibende Erinnerung wird ihre Taufe für die neunjährige Luna sein, da ist sich ihr Vater Michael Newiem sicher: „Meine Tochter wird sich ewig an dieses Erlebnis erinnern“. Luna wurde am 24. Juni 2023 im Rahmen des Tauffestes auf dem Stuttgarter Fernsehturm getauft. Sie hatte selbst den Wunsch geäußert, getauft zu werden, nachdem sie über einen längeren Zeitraum Kindergottesdienste und früher Krabbelgottesdienste in der Kirchengemeinde der Familie (Ev. Kirchengemeinde Stuttgart-Heslach) besucht hatte.
Michael Newiem und seiner 2016 verstorbenen Lebensgefährtin sei es immer wichtig gewesen, dass ihre Tochter diese Frage einmal selbst entscheidet, berichtet er. „Pfarrer Peter Wolff hat uns für die Taufe verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt, und wir haben uns für das Tauffest am Turm entschieden, weil es etwas Besonderes war.“ Ein besonderer „Wow-Moment“ sei es für Luna und ihre Taufgäste gewesen, als sie oben auf dem Turm ankamen: „Da haben wir die Weite und die Nähe zum Himmel gespürt.“ Besonders war für die Familie auch, dass Pfarrer Wolf die Taufe vornahm, der auch bei der Trauerfeier von Lunas Mutter die Trauerrede gehalten hatte. Es sei ein schönes Fest gewesen, mit viel Musik: „Es war eher locker, das passte gut zu uns, ein Gemeinschaftserlebnis“, so Herr Newiem. Er selbst sei sogar aufgeregter gewesen als seine Tochter, erzählt er. Sie habe sich sehr über ihr Tauffest gefreut: „Man konnte bei ihr ein inneres Leuchten sehen.“
Familie Arnold ließ ihren Sohn Louis (damals zwei Jahre und vier Monate alt) beim Tauffest am 2. Juli 2023 in Neuenbürg taufen. „Ich habe es mir schön vorgestellt, aber es wurde dann noch schöner. Es war etwas ganz Anderes als die Taufen, die man sonst kennt“, erzählt Louis‘ Mutter, Anna Arnold. Die Familie wohnt direkt neben dem Pfarrhaus und wurde von Pfarrer Mathias Kraft auf das Tauffest aufmerksam gemacht. Wegen der Corona-Pandemie hatte die Familie die Taufe verschoben und holte sie jetzt nach. Das Tauffest feierten die Verbundkirchengemeinde Neuenbürg Arnbach Waldrennach und die Kirchengemeinden Birkenfeld, Gräfenhausen und Niebelsbach gemeinsam. Die Atmosphäre sei entspannt gewesen. „Die Kinder durften herumlaufen, das war sehr familienfreundlich“, so Anna Arnold. Die Familien hatten sich entlang der Enz auf Picknickdecken oder Stühlen versammelt. Zur eigentlichen Taufe kam die Tauffamilie ans Wasser. Danach war noch Zeit für ein privates Ritual: Die Familie ließ ein Floß mit Wünschen für Louis ins Wasser. „Es war schön, mit anderen Familien und anderen Kirchengemeinden zu feiern, und doch hatte jeder ‚seinen‘ Moment. Der Gottesdienst war modern und offen, nicht so förmlich“, so Anna Arnold, „Er war bunt und wunderschön.“
Sie sei mit ihren 28 Jahren die Älteste gewesen, die beim Tauffest in Neuenbürg in der Enz getauft worden sei, erzählt Lea Paci. Ihre Eltern hätten gewollt, dass ihre Kinder sich selbst für oder gegen eine Taufe entscheiden. Sie hatte schon länger den Wunsch, jetzt war für sie der richtige Zeitpunkt da: „Ich habe in den letzten Jahren mehrmals Situationen erlebt, in denen mir Gott geholfen hat. Und dann gab es wieder ein Tauffest. Ein Tauffest am Wasser hat eine tolle Symbolik. Es wurde für mich noch deutlicher, worum es geht“, erzählt sie von ihrer Entscheidung, sich diesen Rahmen für ihre Taufe auszusuchen. Zur Vorbereitung hätte sie nur ihren Taufspruch ausgesucht, sonst das Fest im Vertrauen auf sich zukommen lassen. Es hat ihr gefallen, dass so viele Menschen dabei waren, und doch jeder und jede für sich sein konnte. „Ich kann es jedem nur empfehlen.“ Der Augenblick, in dem Lea Paci getauft wurde, war für sie sehr berührend, ihr kamen die Tränen. „Es war ein ganz besonderer Moment, zu wissen, dass ich mich jetzt zu Gott bekenne.“
Pfarrer Mathias Kraft taufte für die Kirchengemeinden Gräfenhausen und Niebelsbach auch beim Tauffest am 2. Juli an der Enz, das in dieser Form zum dritten Mal stattfand. „Die Tauffeste machen durch ihren Eventcharakter das Thema ‚Taufe‘ zu einem Thema, das wieder mehr in der Öffentlichkeit sichtbar und auch erlebbar wird“, beschreibt er seine Erfahrungen. Die Presse berichte teilweise im Voraus und frage nach, warum im Fluss getauft werde: „So können wir theologische, aber auch erlebnispädagogische Aspekte elementar vermitteln.“ Auch traditionell geprägte Gemeindeglieder seien neugierig auf die neuen Formen, und wollten mit dabei sein. Die Feste regten dazu an, über die Taufe nachzudenken, und schafften Gelegenheiten, sie zu thematisieren.
„Der Taufgottesdienst am Fluss ist an sich für viele interessant, während beim Gottesdienst mit Taufe am Sonntagmorgen in der Kirche meistens weniger Gemeindeglieder kommen, weil der Gottesdienst etwas länger geht und mit mehr Unruhe zu rechnen ist“, so Mathias Kraft. „Ich würde sogar so weit gehen, das Tauffest am Fluss als ein Aushängeschild der Gemeinde nach außen weit in die säkularisierte Welt hinein zu bezeichnen. Es muss gut und liebevoll,und mit Bewegung und Freude vorbereitet und erfüllt sein.“ Auch die Zusammenarbeit der Pfarrkolleginnen und -kollegen der verschiedenen Kirchengemeinden für das Tauffest in Neuenbürg ist in seinen Augen ein schönes Zeichen nach außen.
Ein Tauffest biete Pfarrerinnen und Pfarrern besondere Möglichkeiten, erklärt Pfarrer Mathias Kraft. Durch das Fest könne man im Vorfeld mit einem Brief oder auch einen persönlichen Besuch auf die Menschen mit Kindern zuzugehen. „Milieus, denen klassische Gottesdienste fremd sind, lassen sich eher auf eine Taufe im Freien ein. Andere Familien wollen ihr Kind lieber in der Kirche taufen. Durch die Aktion ist die Gelegenheit hergestellt worden, sich zu äußern. Ich kann die Taufen in der Kirche bei der Gelegenheit festmachen – das war bisher bei allen drei Tauffesten so.“
Als Pfarrer erfahre er so auch viel Neues und Wichtiges über die Menschen, die vor Ort leben. „Manche sagen: ‚Mein Kind soll selbst entscheiden, wenn es groß ist!‘, weil in der Familie einzelne Mitglieder verschiedenen Konfessionen oder auch Religionen angehörten oder auch konfessionslos sind. Andere sagen: ‚Ich habe kein Interesse.‘ Das darf in aller Freiheit auch sein.“
Durch das alle zwei Jahre stattfindende Tauffest gewinne er alle zwei Jahre ein „Update“ zur Situation von Menschen zwischen 25 und 45 mit einem oder mehreren Kindern, die wenigstens in Teilen (noch) Mitglied der Kirche sind, sagt Mathias Kraft. „Das kann in der Gemeindearbeit Impulse geben, die Angebote nach den Menschen auszurichten. Es sind auf diese Weise viele Kontakte entstanden, die ich nutzen kann.“
Kirchengemeinden sind herzlich eingeladen, Texte wie diesen von www.elk-wue.de in ihren eigenen Publikationen zu verwenden, zum Beispiel in Gemeindebriefen. Sollten Sie dabei auch die zugehörigen Bilder nutzen wollen, bitten wir Sie, per Mail an kontakt