Sara Stäbler ist Pfarrerin in der Gesamtkirchengemeinde Balingen. Als @sara3klang gibt sie bei Instagram und Tiktok Einblicke in ihren Alltag. Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl hat mir ihr darüber gesprochen, was Kirche und Glaube in den Sozialen Medien bewirken können. Das Video mit dem Gespräch von Landesbischof Gohl und Sara Stäbler finden Sie hier.
Die Stadtkirche in Balingen. Sara Stäbler zeigt Landesbischof Ernst-Wihelm Gohl eine Gebetswand. Wenn Menschen der Social-Media-Pfarrerin Gebetsanliegen schicken, dann schreibt sie diese auf ein buntes Blatt Papier, rollt sie zusammen und steckt sie in eines der Löcher der Wand aus Ziegelsteinen.
Sara Stäbler hat während der Corona-Pandemie begonnen, bei Instagram aktiv zu werden. „Damals hatte ich Zeit und habe dort Menschen wiedergetroffen, die ich im analogen Leben nicht mehr treffen konnte.“ Theresa Brückner etwa lernte sie während ihrer Vikarsausbildung kennen, eine Pfarrerin im Digitalen Raum aus der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (@theresaliebt). „Sie hat gesagt: Probiere dich doch mal dort aus. Du bist aufgeschlossen.“
Pfarrerin Sara Stäbler begann, mit Social-Media-Formaten zu experimentieren. „Wie kann man am besten christliche Inhalte visualisieren? Welches Format passt gut? Was macht mir Spaß, herüberzubringen?“ Es gebe bereits viele Pfarrerinnen und Pfarrer, die aus ihrem Alltag berichten würden. „Was könnte ich noch dazugeben?“
Zunächst wollte sie christliche Lieder a cappella einsingen, erzählt sie, daher auch ihr Instagram-Name „sara3klang“. „Ich habe zwei kleine Söhne und singe im Alltag sehr gerne.“ Christliches Liedgut hält Sara Stäbler für einen wertvollen Schatz. In „Dreiklang“ stecke aber auch ihr innerlicher Dreiklang als Pfarrerin, Mutter und Frau.
Landesbischof Gohl interessiert, warum Sara Stäbler Pfarrerin geworden ist. Ein prägendes Erlebnis sei gewesen, dass ein Pfarrer in der Nähe von Jena, wo sie herkommt, an Weihnachten nicht mehr zu ihnen in die Kirche kommen konnte. Er musste immer mehr Gemeinden versorgen. „Ich war gerade vierzehn und hatte meine Konfirmation.“ Deshalb übte sie mit Kindern im Alter von fünf bis 18 Jahren ein Krippenspiel ein und machte Gottesdienste. Mit 18 absolvierte sie eine Ausbildung zur ehrenamtlichen Lektorin.
Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl bewundert, dass bei ihr die Form auf Instagram die traditionelle sei und dass sie die Tradition wertschätze. „Was sind die Stärken von Instagram?“, will er von der Pfarrerin wissen.
„Wenn man in die Kirchengeschichte schaut, hat jeder Medienwechsel einen neuen Aufschwung für Kirche und Religion gebracht: die Entwicklung der Schrift, der Buchdruck, jetzt haben wir die Digitalität“, sagt sie. „Und ich finde es so besonders, dass Glaube hier noch einmal ganz anders neu entdeckt und gelebt werden kann und noch einmal anders erfahren wird.“ Sie erhält von vielen Menschen Nachrichten: „Der Glaube macht dir ja richtig Spaß“ oder „Glaube kann ja wirklich mitreißend sein“.
Im Alltag hat Sara Stäbler das genau so erlebt. „Man hat das Gefühl: Es bleibt bunt bis zur Kinderkirche. Dann haben vielleicht manche noch die Konfirmationszeit bunt im Kopf.“ Doch die Zeit danach sei für die Menschen „grau“, mit einem Druck verbunden oder dem Eindruck, man benötige bestimmte Voraussetzungen.
„Instagram ist so niederschwellig, es ist so voraussetzungslos“, sagt sie. Sie schätzt, dass es nicht nur theologisch, sondern auch visuell bunt sei. Die Pfarrerin sagt: „Ich erlebe Instagram so bunt wie eine Kinderkirche.“
Ernst-Wilhelm Gohl findet: „Das Evangelium als frohe Botschaft, bei der die Freude herüberschwappt, das erlebt man bei Ihren Posts und Reels.“ Gerade in Zeiten wie derzeit sei es wichtig, das Positive zu stärken, sagt er. Auch Leichtigkeit gehöre zur christlichen Botschaft.
Sara Stäbler wechselt bewusst ab: zwischen Posts, die inhaltlich schwerer sind, etwa Auszüge einer Predigt oder Gebeten, die sie berühren, und Reels. also kurzen Videos: „Dafür beobachte ich, welches Reel gerade viral geht und überlege, wie man das christlich umdeuten könnte oder ob ich einen Moment im Alltag erlebe, der dazu passt.“
Sollte jede Pfarrerin und jeder Pfarrer sich an ihr ein Beispiel nehmen? Nein, Sara Stäbler hält die Arbeit von Pfarrerinnen und Pfarrern vor Ort für sehr wichtig. „Ich würde nicht sagen: Ihr müsst alle online gehen. Wenn man nicht der Typ dafür ist, braucht man das auch nicht. Wichtig ist, dass jeder das richtige Medium findet.“ Trotzdem freut sie sich, wenn Kolleginnen und Kollegen sich „trauen“ würden, bei Social Media aktiv zu sein. „Im Kirchenbezirk habe mal einer gesagt: Also Frau Stäbler, das wäre ja nichts für mich, aber ich bin froh, dass dieser Raum nicht glaubensfrei bleibt.“ Sie findet: „Wir brauchen in diesem digitalen Raum auch Menschen, die diesen Raum mit Glauben und mit der Hoffnung füllen.“
Junge Menschen verbringen sehr viel Zeit in den Sozialen Medien. „Was nicht im Netz ist, gibt es für junge Menschen nicht, die dort viele Stunden unterwegs sind“, sagt sie. Auch bei Tiktok würden ihre Reels gerne angesehen und kommentiert. Sie komme dort mit jungen Menschen ins Gespräch. Manche fühlten sich an früher erinnert, andere wollten etwas Neues entwickeln. Sie sage immer: „Schaut, wer gerade vor Ort bei euch Pfarrperson ist. Sie setzen genau solche Höhepunkte.“
„Sie sind normale Gemeindepfarrerin, das halte ich für eine gute Kombination“, sagt Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl.
„Kann man bei Instagram eigentlich Beziehungen aufbauen?“, fragt Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl die Pfarrerin. „Definitiv, mit Kolleginnen und Kollegen und Christinnen und Christen, gerade weil man hier wirklich ins Gespräch über vielfältige Themen kommt“, sagt Sara Stäbler.
Ein wichtiger Teil ihrer Präsenz auf Social Media ist Seelsorge. Unter dem #ansprechbar kann man sie finden und anschreiben. „Diese Chatseelsorge, diese neue Form von Alltagsseelsorge hat auch andere Zeiten“, sagt sie. Im Digitalen könne sie zu jeder Uhrzeit angeschrieben werden, auch wenn die Person wisse, es könne sein, dass sie erst später antworte. „Manche Menschen begleite ich nur eine Woche, manche über ein halbes Jahr.“ Sie findet toll, dass die Menschen sie zuerst beobachten können, bevor sie sie um Rat bitten.
Zum Abschluss fragt Landesbischof Gohl sie: „Bei Instagram und Facebook ist man ja gezwungen, zu verkürzen. Was wäre für Sie die kürzeste Botschaft im Evangelium?“ Sara Stäbler antwortet: „Das Evangelium macht Spaß. Es bringt Lebenskraft in mein Leben, bringt mir wunderbare, humorvolle Perspektiven und kann mein Leben, egal, in welcher Dunkelheit ich gerade sitze, erhellen.“
In der Evangelischen Landeskirche in Württemberg gibt es neben vielfältigen Einzelinitiativen wie der von Sara Stäbler auch zwei 50-prozentige Pfarrstellen für Kirche im digitalen Raum, die Sarah Schindler und Nicolai Opifanti innehaben.
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