Auswertung der 11. ÖRK-Vollversammlung in der Evangelischen Akademie Bad Boll
Unter den mehr als 4.000 Christen bei der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) in Karlsruhe waren auch 25 Botschafterinnen und Botschafter der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Bei einer Tagung in der Evangelischen Akademie Bad Boll haben sie nun Bilanz gezogen: Welche Impulse aus Karlsruhe wirken weiter?
„Wenn irgendjemand denkt, dass die Kirche auf dem absteigenden Ast ist, der war nicht in Karlsruhe“, stellte der Reutlinger Prälat Markus Schoch fest. Stark beeindruckt haben in Karlsruhe die gemeinsamen Gottesdienste mit ihrem mehrstimmigen Singen. „Ich habe auf der Vollversammlung erlebt, was Kirche sein kann“, sagte Pfarrerin Dorothee Eisrich aus Schorndorf. „Kirche ist keine Institution, Kirche ist eine Bewegung.“
Projekte der 25 Botschafter
Was haben die 25 württembergischen Botschafter nun vor? Dazu gab es einen intensiven Austausch. Eine Pfarrerin will im Januar 2023 mit ihren Konfirmanden als Planspiel eine „Vollversammlung“ organisieren, eine andere Pfarrerin die Interviews online stellen, die sie in Karlsruhe mit zwölf Gesprächspartnern aus vielen Ländern zum Thema Klimawandel geführt hat. Ein Botschafter will mit anderen zusammen ein interkulturelles Café einrichten, ein anderer gemeinsam mit einer pietistisch geprägten Gemeinschaft das Thema „Öko-Spiritualität“ bearbeiten und so zur gegenseitigen Bereicherung verschiedener geistlicher Strömungen beitragen.
Andere wollen bestehende Netzwerke der Ökumene nutzen und neu beleben. Das große Stoffbanner, für das der Künstler Wolf Nkole Helzle in Karlsruhe 1004 Porträts fotografierte und per Software zu einem einzigen Menschenbild verrechnete, soll auf Reisen gehen. Derzeit ist es in der Kreuzkirche in Reutlingen zu sehen.
Internationales vor der Haustür
„Es bleibt, dass wir besser spüren können, wir sind ein Teil der weltweiten Christenheit“, sagte Albrecht Haizmann, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen Baden-Württemberg (ACK). „Wir müssen uns von ganz woanders her etwas sagen lassen.“ Die internationale Vielfalt sei nicht auf eine Vollversammlung alle acht Jahre beschränkt, sagte Prälat Schoch: „Das können wir viel mehr haben.“ Andere Kulturen lebten direkt vor der Haustüre, es gebe viele internationale Kirchengemeinden in Baden-Württemberg. „Wir sollten das nicht nur als Exotik, sondern als Ressource sehen.“
Oberkirchenrat Dr. Ulrich Heckel lobte das große Engagement des Dienstes für Mission, Ökumene und Entwicklung der württembergischen Landeskirche (DiMOE) für die Vollversammlung und die – so der aktuell formulierte Schwerpunkt – „Ökumene der Herzen“. Doch es soll nicht nur bei Formulierungen auf Papier bleiben: „Die Dokumente und Verlautbarungen müssen wir jetzt ganz genau studieren“, sagte Schoch, „damit können wir arbeiten.“
Den Tisch erweitern
Pfarrerin Simone Sinn vom Ökumenischen Zentrum in Bossey (bei Genf) würdigte die Erklärung der Vollversammlung zur Einheit der Christen. Weiterhin sei das Ziel im ÖRK, den Tisch zu erweitern, mehr Kirchen am internationalen Dialog zu beteiligen, über die großen Kirchen hinaus. Auch werde das Ziel eines gemeinsamen Abendmahls nicht aufgegeben, selbst wenn diese Gemeinschaft weit entfernt liege. Die gegenseitige Anerkennung der Gottesdienste stehe und falle mit der gegenseitigen Anerkennung der Ämter, auch von Frauen. Was motiviert Sinn, sich trotz Widerständen beharrlich für die Ökumene einzusetzen? „Ich halte mich an den Orthodoxen und Katholiken fest, die mehr sichtbare Einheit wollen.“ Sie blickte voraus auf „Nicaea 2025“, das geplante große Fest mit Orthodoxen und Katholiken zum 1700-jährigen Bestehen des Glaubensbekenntnisses von Nizäa aus dem Jahr 325.
Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens
Fernando Enns, Professor in Hamburg und Amsterdam und Mitglied im Exekutivausschuss des ÖRK, sagte, er freue sich, dass der weltweite „Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens“ weitergeht, nun als „Pilgerweg der Gerechtigkeit, der Versöhnung und der Einheit“. Eine neue Referenzgruppe wolle weltweit Schmerzpunkte besuchen, die Tränen anderer Menschen teilen und mit ihnen an der Beseitigung von Ungerechtigkeiten arbeiten.
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