13.04.2022

Die Vielfalt der österlichen Botschaft

Auferstehung und Ostern in Musik, Kunst, Gedicht, Social Media und Sport

Wo drückt sich die Osterbotschaft in der Musik besondes eindrucksvoll aus? Wo wird Auferstehung in der Kunst und im Sport erfahrbar? Und wie vermittelt die Pfarrerin Sara Stäbler auf Instagram die Auferstehung Jesu? Fünf Menschen aus der württembergischen Landeskirche erzählen von österlichen Werken und Momenten, die sie besonders berühren.

Landeskirchenmusikdirektor Matthias Hanke, Pfarrerin Sara Stäbler, Pfarrerin und Preacher-Slammerin Sabine Löw, der Beauftragte für Kunst der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Johannes Koch, und der Beauftragte für Sport der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Philipp Geißler (v. l. n. r.)

Matthias Hanke, Landeskirchenmusikdirektor der Evangelischen Landeskirche in Württemberg

Matthias Hanke ist der Landeskirchenmusikdirektor der Evangelischen Landeskirche in Württemberg.

Die Osterbotschaft ist in jedem christlichem Werk zu finden. Im Zentrum jedes Mess-Ordinariums steht das Glaubensbekenntnis, das Credo. In dessen Zentrum wird das Leiden, Sterben und die Grablegung Jesu musikalisch und emotional erlebbar: „passus et sepultus est“ („Er hat gelitten und ist begraben worden“).

Diesen Moment atemloser Stille bricht die Osterbotschaft, meist mit Pauken und Trompeten. Die Musik explodiert förmlich zum Text „et resurrexit in tertia die“ („und ist auferstanden am dritten Tage“). Mit am stärksten hat Johann Sebastian Bach diesen Wendepunkt vom Tod zum Leben in seiner H-Moll-Messe ausgedrückt, ein echter österlicher Geheimtipp.

Für die meisten Klassikfreunde ist hingegen Georg Friedrich Händels Seelen-Sopran-Arie „Ich weiß, dass mein Erlöser lebet“ und sein fulminantes „Halleluja“ aus dem Oratorium „Messias“ klingendes Osterzeugnis. Die Statue Händels in Westminster Abbey hält jedem Besucher und jeder Besucherin seines Grabes ein Notenblatt vor Augen - mit den Worten „I know that my Redeemer liveth“.

Das Grabdenkmal Georg Friedrich Händels in Westminster Abbey, London. Zu sehen ist der Komponist, wie er ein Notenblatt mit den Worten „I know that my Redeemer liveth“ in den Händen hält.

Sara Stäbler, Pfarrerin in Balingen und auf Instagram aktiv

Ein Funke ist übergesprungen: von Sara Stäblers Aktivität als Pfarrerin bei Instagram auf die analoge Welt - und von dort aus wieder zurück. Was ist geschehen?

Vier Wochen vor Ostern sprach mich ein Florist im Vorbeigehen an: „Du bist doch @sara3klang? Wie du die christliche Botschaft im Netz kommunizierst, ist echt klasse. Lass uns einmal zusammen ein Projekt starten!“

Pfarrerin Sara Stäbler alias @sara3klang.

Ich war gerührt, ein bisschen sprachlos, aber sofort dafür. Der Funke springt also doch über: von der digitalen Verkündigung zum analogen Anpacken. Da ist etwas möglich, das so vor ein paar Jahren nicht denkbar schien.

Entstanden ist aus diesem Funken ein florales Feuerwerk: eine lebende Altarinstallation in der Balinger Stadtkirche. Sie lässt sehen, fühlen und riechen, was wir an Karfreitag und Ostern nacheinander begehen und erinnern.

Das Kunstwerk knüpft an an das Motiv des Lebensbaumes an. Das Kreuz ist der Lebensbaum, kein Sterbekreuz. Tod und Auferstehung sind etwas, das die Natur im Zyklus der Jahreszeiten jedes Jahr durchleben. Genau dieses Durchleben, dieses Erblühen aus dem Eis, aus dem Gewirr toter Äste wird gefeiert. Das Lebenszeichen des Kreuzes treibt Knospen und Ausleger, wo es will, hier wie dort, analog wie digital.

Auf Instagram hat Pfarrerin Sara Stäbler alias @sara3klang Fotos und Videos der Pflanzen-Installation mit dem Namen „Hoffnung“ veröffentlicht. Das mehrstöckige Kunstwerk verändere sich und wachse. Es verdichte verschiedene Zeitebenen und symbolisiere Ewigkeit. „Hier wird genau in einem Bild gefasst, was wir an Karfreitag und Ostern nacheinander begehen und erinnern.“ Besonders angesichts des Kriegs in der Ukraine sei die Ewigkeitsperspektive tröstend.

Kirchenrat Johannes Koch, Beauftragter für Kunst der Evangelischen Landeskirche in Württemberg

Gabriela Oberkofler, „Rotschwanz“ und „Vogelhaus“, 2010, aus der Folge „Alles wieder zurück“.

Mein Lieblingsosterbild ist nicht als Osterbild entstanden und ist gleichwohl eines. Die Stuttgarter Künstlerin und Südtiroler Bauerntochter Gabriela Oberkofler schuf eine Folge von Werken unter dem Titel „Alles wieder zurück“.

Der Kunstbeauftragte der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Johannes Koch.

Alles Verstorbene und damit Verlorene wieder zurück in sein Element, dorthin, wo es „leibt und lebt“! Das Schaffell wieder auf die Weide zur Herde - und die Filmkamera beobachtet, wie die Tiere dem Balg begegnen - wie behutsam, wie vertraut und zugleich befremdet, nicht wahrhaben wollend, dass darin kein Leben mehr ist.

Kirschkerne, mit rotem Faden umwickelt, grüßen wieder von Zweigen. Eine tot auf dem Rücken liegende Taube hängt als Zeichnung so an der Wand, dass sie sich über das schwarz eingefärbte Haus erhebt und gen Himmel steigt.

„Wusstet ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist?“ (Lk. 2,49) So spricht schon der zwölfjährige Jesus im Tempel. Und der zum himmlischen Vater zurücksterbende verkündet: „In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen. Wenn’s nicht so wäre, hätte ich dann zu euch gesagt: Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten?“ (Joh. 14,2)

Osterbotschaften, mehr oder weniger versteckt, begegnen mir als Kunstfreund nicht nur in heiligen Schriften, sondern auch in profanen Bildern. Dieses rührt mich an Ostertagen, die so voller Bilder des Todes sind, ganz besonders. Wenn schon die schöpferische Kraft einer Künstlerin die geliebte Kreatur nicht dem Tode überlassen mag, um wieviel mehr, denke ich, mag das gelten für die unvergleichliche Schöpferkraft des liebenden Vaters „überm Sternenzelt“ (Europahymne / Friedrich Schiller)!

Sabine Löw, Pfarrerin in der Evangelischen Kirchengemeinde Stuttgart-West und Preacher-Slammerin

Ostergruß

frei ist der Mensch,
der den Tod hinter sich
und das Leben vor sich hat,

der nicht zu vergessen braucht,
weil ihm vergeben ist
und er vergeben hat,

der vor nichts zu fliehen braucht,
weil er durch verschlossene Türen kommen
und über Abgründe gehen kann,

der sich nicht zu ängstigen braucht,
weil er immer unterwegs ist
zu einem und mit einem,
der ihn grenzenlos liebt.

frei ist der Mensch, der zu allen offen ist,
weil er alle
in sein Herz geschlossen hat.

frei ist der Mensch,
der jenseits der Wunde lebt:
der österliche Mensch.

Klaus Hemmerle

Copyright: Bistum Aachen

Die Pfarrerin und Preacher-Slammerin Sabine Löw.

Der Ostergruß aus dem Jahr 1988 des verstorbenen katholischen Aachener Bischofs Klaus Hemmerle drückt die Osterbotschaft meiner Ansicht nach besonders gut aus.

Der Text geht mir unter die Haut. Und er macht mir Gänsehaut. Er ergreift mich wirklich zutiefst. „Frei ist der Mensch, der jenseits der Wunde lebt“: Besser kann österliches Lebensgefühl, meinem Empfinden nach, nicht beschrieben werden.

„Frei ist der Mensch, der zu allen offen ist, weil er alle in sein Herz geschlossen hat“: Genau damit ist doch der Raum der Angstfreiheit eröffnet, in dem wir als Christinnen und Christen leben dürfen - und auch sollen und aus gutem Grunde auch können. Der Text macht mir, wenn mich Angst ergreift, immer wieder Mut, diesen Raum der österlichen Freiheit aufzusuchen.

Den Tod hinter sich – und das Leben vor sich haben. Genau das ist Ostern!

Philipp Geißler, Beauftragter für Sport der Evangelischen Landeskirche in Württemberg

Der Beauftragte für Sport der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Philipp Geißler.

Gibt es im Bereich des Sports Momente, die veranschaulichen, worum es an Ostern geht? Ich würde sagen ja, und zwar immer dann, wenn wir es mit einem „unerwarteten Comeback“ zu tun haben.

Das kann der Fußballspieler sein, der nach einer Serie ohne Abschluss den spielentscheidenden Treffer landet. Das kann die älteste Läuferin im Feld sein, die in ihrem letzten Lauf noch einmal allen zeigt, was sie draufhat. Wen hat man im Bereich des Sports nicht alles schon abgeschrieben? Und wie viele kamen schon ganz unerwartet zurück? Wenn Sie Lust haben, dann suchen Sie in den kommenden Tagen im Internet einmal nach dem Begriff „totgeglaubt“ in Verbindung mit einer beliebigen Sportart. Ich habe es selbst ausprobiert und war überrascht.

Auch Ostern erzählt von einem „unerwarteten Comeback“. Der, den seine Jünger für den Messias gehalten haben, stirbt und kehrt ganz unerwartet zurück – und löst damit eine unbeschreibliche Freude aus. Lesen Sie über Ostern doch mal Lk. 24,13-35 - für mich der allerschönste Bericht über ein „unerwartetes Comeback“.

Schon gewusst?

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