Die Evangelische Hochschule Ludwigsburg wird 50 Jahre alt. Am 15. November wurde dies unter dem Motto „unglaublich sozial“ gefeiert - sowohl digital als auch präsent vor Ort, unter anderem mit Landesbischof Dr. h.c. Frank Otfried July.
Landesbischof July würdigte in seinem Grußwort die Bedeutung der Hochschule „für den Brückenschlag zwischen Kirche und Gesellschaft“ sowie „diakonische, pflegerische, pädagogische und soziale Kompetenz und Sprachfähigkeit, die Menschen unserer Gesellschaft zugutekommt und ihnen Teilhabe ermöglicht“. Gerade die Corona-Krise lasse die Menschen wieder begreifen, dass „pflegerische, pädagogische und soziale Kompetenz nicht irgendwelche Zusatzqualifikationen neben 'harten' Werten sind, also Kompetenzen, die 'nice to have' sind, sondern sie beginnt wieder eindrücklich zu verstehen, dass solche Kompetenzen erst ein angemessenes Zusammenleben möglich machen. Dass sie den Zusammenhalt sichern.“ Dies solle die Gesellschaft aber auch mit noch größerer Wertschätzung – sprich auch: mit noch besserer Honorierung ausdrücken, betonte July.
Die Evangelische Hochschule hat zwei Standorte: den Campus in Ludwigsburg und die Außenstelle in Reutlingen. Derzeit bietet die Hochschule acht Bachelor- und vier Masterstudiengänge aus dem Bereich Diakonie, Pädagogik, Pflege, Religion und Soziales an. Zwar sind theologische Module und Themen Teil eines jeden Studiengangs, doch viele Studiengänge führen zu einem Arbeitsplatz außerhalb vom Kirche und Diakonie. Zu den Studiengängen gehören beispielsweise Pflegewissenschaft, Inklusive Pädagogik und Heilpädagogik (Bachelor) oder Soziale Arbeit und Bildung und Erziehung im Kindesalter (Master).
2021 waren 1375 Studierende eingeschrieben. Die Absolventen arbeiten später nicht nur für Kirche und Diakonie, sondern beispielsweise in Kindergärten freier und kommunaler Trägerschaft oder anderen kommunalen Einrichtungen. Die Studiengänge der Evangelischen Hochschule sind in stetem Wandel, um gesellschaftlichen und sozialen Notwendigkeiten gerecht zu werden.
Weiterer wichtige Themen sind der Ausbau der Digitalisierung und der Internationalität. Zu rund 40 Hochschulen weltweit pflegt die Evangelische Hochschule ein partnerschaftliches Verhältnis. So werden nicht nur Austauschsemester sondern auch gemeinsame Projekte ermöglicht. Durch die Corona-Pandemie hat sich zwar auch im Bereich Digitalisierung viel getan, doch beispielsweise die Arbeit an digitalen Lernformaten war bereits zuvor ein Thema – die Erfahrungen aus der Onlinelehre während der Corona-Pandemie fließen hier mit ein.
Wie an allen Hochschulen ist auch die Praxis ein Sektor, der bereits im Studium eine große Rolle spielt. Der Campus in Ludwigsburg ist auch ein Institut für Angewandte Forschung, derzeit mit dem Schwerpunkt „Diversität, Inklusion und Sozialraum“. Die Auftraggeber der Forschung sind dabei sehr vielfältig, ebenso die Themen der Forschung. Beispiele sind etwa die ethischen Herausforderungen von Technik in der Pflege oder eine Jugendbefragung in Ludwigsburg.
Auch im Auftrag der Evangelischen Landeskirche in Württemberg forscht die EH Ludwigsburg - etwa zum Thema familienfreundliche Gemeinde.
Mit dem breit gefächerten Angebot an Studiengängen wirkt die Evangelische Hochschule auch dem Fachkräftemangel entgegen. Der Großteil der Absolventen bleibt auch nach dem Abschluss im jeweiligen Arbeitsfeld tätig. Unter den Alumni findet sich allerdings auch manch prominenter Name. Zum Beispiel haben Cem Özdemir, Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn sowie weitere Bundestags- und Landtagsabgeordnete und führende Personen in Diakonie und Kirche an der Evangelischen Hochschule studiert.
1876 wurde die „Evangelische Kinder- und Brüderanstalt Karlshöhe“ gebildet, die junge Männer auf Einsätze in der „inneren Mission“ vorbereiten sollte. In den vergangenen 150 Jahren wurde die Diakonausbildung immer wieder angepasst. Während des ersten Weltkriegs entstand die „Evangelische Diakonieschule für Frauen“, die 1923 zur Wohlfahrtsschule wurde. 1951 wurde die Diakonieschule mit der wiedergegründeten Wohlfahrtsschule der Karlshöhe vereinigt, später entstand daraus die „höhere Fachschule für Sozialarbeit“. Die EKD riet schon 1970 dazu, Sozialpädagogik, Soziale Arbeit, Religions- und Gemeindepädagogik an Fachhochschulen in kirchlicher Trägerschaft auf akademischem Niveau anzubieten. Als 1971 die ersten Fachhochschulen ins Leben gerufen wurden, stand die Entscheidung fest, das bestehende System umzuwandeln und eine Fachhochschule zu gründen. Daraus entwickelte sich 1999/2000 die Evangelische Fachhochschule Reutlingen-Ludwigsburg, seit 2007 Evangelische Hochschule Ludwigsburg als Hochschule für Angewandte Wissenschaften – so, wie sie noch heute besteht.