Stuttgart. Gottesdienste sind durch die Glaubensfreiheit im Grundgesetz besonders geschützt. Das bringt offenbar manchen auf die Idee, eine Veranstaltung einfach als Gottesdienst zu deklarieren, um geltende Corona-Regeln auszuhebeln. Doch so einfach ist das nicht. Entscheidend ist die landeskirchliche Agende.
Der besondere gesetzliche Schutz der Gottesdienste ist für die württembergische Landeskirche mindestens so sehr Verpflichtung wie Berechtigung. Mit dem Satz „Wir können Verantwortung!“, hat es Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July wiederholt auf den Punkt gebracht.
Die Evangelische Landeskirche in Württemberg hat deshalb in den vergangenen Monaten strengere Regelungen erlassen, als sie vom Staat gefordert wurden – etwa zwei Meter Abstand für Gottesdienst-Teilnehmer. Wo die Pandemie-Stufe 3 gilt, ist auch kein gemeinsames Singen mehr möglich. Diese Schutzkonzepte haben sich bewährt, machen die Corona-Beauftragten im Oberkirchenrat deutlich. Es ist dem Oberkirchenrat bislang keine Infektion aus einem landeskirchlichen Gottesdienst heraus bekannt geworden.
Dass das besondere Konzept Anerkennung findet und auch im November weiter Gottesdienste gefeiert werden können, ist ein Grund zur Freude. Aber es ruft auch gelegentlich Menschen auf den Plan, die auf dem „Ticket“ Gottesdienst gern die Corona-Vorgaben umgehen möchten. Deshalb stellt die Landeskirche in ihrer Umsetzung und Kommentierung der ab heute geltenden Landesverordnung klar:
„Der Gottesdienst richtet sich nach der landeskirchlichen Gottesdienstordnung und den landeskirchlichen Agenden. Andere Veranstaltungen können nicht als Gottesdienste deklariert werden. Die Schutzkonzepte gelten allerdings nicht nur für Gottesdienste, sondern auch für Andachten und andere gottesdienstähnliche Formen der Verkündigung.“
Landesbischof July macht deutlich: „Nicht jeder kann einfach den Stempel Gottesdienst auf eine Veranstaltung drücken, um diese trotz Corona-Einschränkungen durchführen zu können. Da geht es auch um unsere Verlässlichkeit als Landeskirche.“
Weiterhin sagt der Landesbischof, Präsenzgottesdienste seien wichtig, um in Corona-Zeiten für Menschen da zu sein. „Da, wo es finanzielle Ausfälle zu tragen gilt, etwa im Kulturbereich, kann – und soll! – der Staat mit Unterstützung einspringen. Wenn hingegen Menschen nicht in Gottesdienste können, ist das nicht zu kompensieren.“ Deshalb, so July weiter, wollten sich die Kirchen nicht auf digitale Gottesdienste alleine zurückziehen.