17.02.2016

Ich lad euch ein

Beim Mittwochsmittagstisch begegnen sich Deutsche und Flüchtlinge

Was macht das Herz weit und groß? Diese Frage stellt die diesjährige Fastenaktion „Sieben Wochen ohne Enge“. Tobias Wörner zum Beispiel lädt jede Woche Freunde und Flüchtlinge zu seinem Mittwochsmittagstisch ein.

Es fing alles damit an, dass ich 2014 mit einigen Freunden Weihnachten feiern wollte. Eine Freundin sagte daraufhin: „Lass uns doch auch ein paar Flüchtlinge einladen!“ Also haben wir im Asylbewerberheim in der Nähe nachgefragt, ob jemand Lust hätte zu kommen. Am Ende standen vier junge Leute aus Eritrea vor der Tür. Es war eine schöne Runde. Wir haben zusammen gegessen und einfach Zeit miteinander verbracht. Das hat uns allen so viel Spaß gemacht, dass ich mir dachte: „Das müssen wir wiederholen.“

Seit Januar 2015 gibt es jeden Mittwoch zwischen 12:30 und 14:00 Uhr bei mir zuhause ein frisch gekochtes Mittagessen. Dazu lade ich Leute aus der Nachbarschaft ein. Außerdem stoßen immer einige syrische und eritreische Asylbewerber dazu. Was es zu essen gibt, verrate ich immer am Vortag auf meiner Facebook-Seite. Da können sich die hungrigen Nachbarn dann auch anmelden. Ich muss ja ungefähr wissen, wie viele Leute am Tisch sitzen werden. Manchmal kochen auch unsere neuen Freunde. Dann gibt es nicht Lasagne, sondern auch mal Injera-Brot und scharfes Fleisch so wie in Eritrea.

Tobi Wörner, Ghere und Jimie beim "Küchenselfie" (vlnr).

Der Mittwochsmittagstisch ist viel mehr als nur ein Essen. Er ist zu einer lebendigen Tischgemeinschaft geworden. Und für mich persönlich eine Art Wochenmittelpunkt. Es entstehen viele gute Gespräche. Wir Deutschen erzählen aus unserem Alltag. Wir üben mit unseren Gästen Deutsch. Da gibt es viel zu lachen. Manchmal hören wir auch richtig krasse Geschichten von den Flüchtlingen, wenn sie uns von ihrem Zuhause und ihrer Flucht erzählen. Und so wird im Austausch aus einem anonymen „Asylbewerber“ plötzlich ein Mensch mit einem Namen und einer Lebensgeschichte. Ein richtiger Freund. Das finde ich großartig. Dieser Austausch von Kultur ist wichtig. Wir können viel voneinander lernen.

Es wäre schön, wenn sich Nachahmer für diesen Mittagstisch finden würden. Deshalb habe ich die Idee auch beim Wettbewerb „Kirche macht was“ eingereicht. Es hat mich sehr gefreut, dass der Mittwochsmittagstisch dort so gut aufgenommen und sogar prämiert wurde. Ich habe damit angefangen, weil ich gerne Gäste bekoche. Aber mittlerweile habe ich gemerkt, dass die Tischgemeinschaft noch viel mehr bedeutet: Wir werden alle beschenkt, wenn wir uns einander zuwenden.

Tobi Wörner

Tobi Wörner ist von Beruf Schlagzeuger und Musikproduzent. Er gehört zum Leitungsteam des Jesustreffs in Stuttgart.

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