07.10.2016

Kretschmann und July bekräftigen Zusammenarbeit von Kirche und Staat

Ministerpräsident: Einzug der Kirchensteuer ist „normale Dienstleistung"

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat das deutsche Kirchensteuersystem verteidigt. Dabei handele es sich genaugenommen nicht um eine Steuer, da die Kirchenmitgliedschaft freiwillig sei, sagte Kretschmann am Donnerstag in Filderstadt bei Stuttgart. Der Einzug der Kirchensteuer sei eine „normale Dienstleistung" des Staates, für die die Kirchen auch bezahlen müssten, betonte der Politiker vor 200 Jugendreferenten des Evangelischen Jugendwerks in Württemberg (EJW).

Kretschmann sprach sich in seiner Rede erneut gegen ein Burkaverbot aus. Zwar stehe eine Vollverschleierung gegen eine offene Gesellschaft, doch könne man eine solche Offenheit nicht erzwingen. Gesetzliche Kleidervorschriften wären eine Einschränkung der Freiheit und hülfen auch den betroffenen Frauen nicht, sondern würden sie noch weiter aus der Öffentlichkeit verdrängen.

Der Grünen-Politiker dankte den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern in der evangelischen Jugendarbeit für ihren Einsatz. Sie leisteten eine wertvolle Ergänzung und ein Gegengewicht zur Erziehung in Familie und Schule. Deshalb sollten auch Schulrektoren die Zusammenarbeit mit Kirchen und Jugendwerken etwa an Ganztagsschulen unterstützen.

Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July vor 200 Jugendreferenten des Evangelischen Jugendwerks in Württemberg (EJW)

Der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, Frank Otfried July, warb für die Fortführung des Religionsunterrichts an öffentlichen Schulen. "Bildung bewahrt den Glauben vor Fanatismus." July erinnerte daran, dass sich drei Viertel aller Baden-Württemberger zum christlichen Glauben bekennten. Gleichzeitig stehe die Präsenz der Kirchen an öffentlichen Schulen immer häufiger unter Rechtfertigungsdruck.

Der Bischof widersprach der Ansicht, dass man Kinder nichtreligiös erziehen sollte, damit sie später einmal selbst entscheiden. Diese Entscheidung bleibe keinem mündigen Menschen erspart, doch sei es ein Irrtum zu meinen, Kinder seien "unbeschriebene Blätter". Auch durch das Vorenthalten von Religion beeinflussten Eltern ihre Kinder, betonte er.

Der Landesbischof sprach sich dafür aus, mehr Wissen über andere Religionen zu erwerben. In seiner theologischen Ausbildung hätten andere Religionen keine Rolle gespielt, heute seien Informationen dazu Teil des Unterrichts. Es sei kein Widerspruch zum Dialog mit anderen Religionen, dass er an Ostern muslimische Konvertiten in Stuttgart getauft habe, sagte July. Das Recht, die Religion zu wechseln, sei Teil der Religionsfreiheit.

Der Leiter des EJW, Pfarrer Gottfried Heinzmann, sprach sich für eine profilierte christliche Jugendarbeit aus. Man dürfe sich auch an der Schule nicht auf "Sport, Spiel und Basteln" reduzieren lassen. Christliche Gruppen seien ein "bewertungsfreier Raum" für alle Teilnehmer, weil jeder Mensch bedingungslos von Gott geliebt sei. Da sich selbst das Bundesverfassungsgericht für religiöse Vielfalt an Bildungseinrichtungen ausgesprochen habe, stelle sich die Frage: "Wie pluralitätsfähig ist die Schule?".

Quelle: Evangelischer Pressedienst (epd)

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