02.05.2015

Der "Mechanikerpfarrer" von Herzog Carl Eugen

Philipp Matthäus Hahn (1739 - 1790)

Er ist als „Mechanikerpfarrer“ von Herzog Carl Eugen in die Geschichte eingegangen. Er gilt als Schöpfer der Waagenindustrie auf der Schwäbischen Alb und entwarf komplizierte Rechenmaschinen, die ihm halfen, Uhren zu bauen. Dass er auch als Pfarrer und Theologe Großes leistete, geht in seinen Errungenschaften als Ingenieur fast unter. Am 2. Mai 2015 jährt sich sein Todestag zum 225. Mal.

Philipp Matthäus Hahn

Da sitzt ein Theologiestudent zu Tübingen auf seiner Bude. Er hungert. Zum einen, weil er von seinem Vater kein zusätzliches Geld bekommt, um sich eine Extraportion leisten zu können. Zum anderen, weil er sich auch keine Extraportion leisten will. Er hat ein anderes Ziel: Er will unbedingt eine damals gerade in Mode gekommene Taschenuhr kaufen. So „erhungert“ er sich diese Uhr, zerlegt sie vollständig in alle Einzelteile und baut sie wieder zusammen – immer wieder, bis er die Funktion jedes Teils versteht. 

In die Geschichte eingegangen ist Philipp Matthäus Hahn als der „Mechanikerpfarrer“ des Herzogs Carl Eugen, der später, um ihn zu halten, ihm seine bestdotiertesten Pfarrstellen im Lande gab: erst Kornwestheim und später dann Echterdingen. So wird er heute noch gerühmt als Schöpfer der Waagenindustrie auf der Schwäbischen Alb – in Onstmettingen hatte er mit 25 Jahren und damit sensationell jung seine erste Pfarrstelle –, als Erbauer großer astronomischer Uhren in Kornwestheim und als Fabrikant von Taschenuhren in Echterdingen. Um astronomische Uhren konstruieren zu können, mussten große Rechenleistungen vollbracht werden. Dazu entwarf er Rechenmaschinen und ging so in die Vorgeschichte modernen Computerbaues ein.

Das Genie

Kurz: Philipp Matthäus Hahn war ein Genie. Jedenfalls ein technisches! So geht fast unter, dass er auch Pfarrer und Theologe war und auf diesem Gebiet ebenfalls Großes leistete. Dem Theologen Hahn ging es um den Gemeindeaufbau – und das hieß in der damaligen Zeit „Vorantrieb des Stundenwesens“. Kein Wunder also, dass Hahn bis heute zu den Vätern des württembergischen Pietismus gezählt wird. Das hatte seinen Preis. Er stand unter Beobachtung des Konsistoriums, dem seine Theologie nicht wirklich gefiel. Seine Bücher erst recht nicht, und so veröffentlichte er sie im Ausland und unter einem Pseudonym. Ein Lehrzuchtverfahren überstand er dennoch nur knapp. Da half auch, dass er in der Gunst des (katholischen) Herzogs stand – der sich für  evangelische Theologie nicht interessierte, aber für Uhren.

Im Gefolge des Theosophen Jakob Böhme ist Hahn überzeugt, dass Gott von sich aus sich offenbaren, zeigen und sichtbar machen will. So wohnt Gott zumindest mit einem „Fünklein“ in jedem Menschen. So ist der Mensch eine Entsprechung zum „Modell Gottes“. Darum sind auch alle Menschen dazu bestimmt, Söhne und Töchter Gottes zu werden und in seiner Herrlichkeit zu leben. Diesen „Lichtfunken“, der im Menschen schläft, gilt es nun durch die Erneuerung des Glaubens zu wecken und den Menschen auf den Weg der Nachfolge Jesu zu bringen und zu begleiten. Das alles fasst er zusammen in einer „Reich Gottes“-Theologie.

„Reich Gottes“ – das war auch seine Losung, nicht nur die von Hegel und Hölderlin. Es war die Losung der damaligen Zeit der Aufklärung. Am Anfang standen sich Aufklärung und Pietismus keineswegs fremd und feindlich gegenüber. Sie hatten viele gemeinsame Wurzeln. Am Schluss trennten sie die Antworten.

Vollendung des Glaubens und der Wissenschaft

In der Hahn‘schen Königreich-Christi-Theologie geht es um Vollendung. Nach ihr strebt der Mensch als kleiner Gott im Kleinen, was Gott schon im Großen vorgebaut hat. Um Vollendung geht es Hahn aber auch in Mechanik und Mathematik. Auch da ist Hahn ein Schwabe, der dialektisch denken kann. Vollendung im Glauben und Vollendung in der Mechanik, das sind für ihn zwei Seiten einer Medaille. Oder dialektisch gesagt: These und Antithese, die sich entsprechen und widersprechen – in der Synthese kommt dabei die vollendete astronomische Uhr heraus, die auch die Zeit der Wiederkunft Christi genau angeben kann.  Der Dialektiker Hahn kann aber diese Synthese bereits wieder als These in Frage stellen – und baut eine Uhr, die weiterzählt und also auch im beginnenden Reich Gottes weiter funktioniert.

Jürgen Kaiser, Geschäftsführer der Evangelisches Medienhaus GmbH Stuttgart

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