Im evangelischen Umfeld kommt das Genießen oft zu kurz, meint der Journalist Andreas Steidel. Deshalb hat er die Buchreihe „Glaubenswege für Genießer“ initiiert. Sein jüngst erschienener zweiter Band nimmt den Schwarzwald in den Blick. Elk-wue.de hat mit dem Autor gesprochen.
Herr Steidel, in der Edition Evangelisches Gemeindeblatt ist vor kurzem Ihr Buch „Glaubenswege für Genießer. Der Schwarzwald“ erschienen. Was hat Sie dazu bewogen, dieses Buch zu schreiben?
Über allem steht die Idee der Einkehr. Einmal für den Leib und einmal für Geist und Seele. Im evangelischen Umfeld kommt das Genießen oft zu kurz, ein ungekühltes Bier und eine trockene Brezel, das ist mir zu freudlos. In diesem Buch gehen wir da bewusst andere Wege.
Was bietet dieser Band?
Gute Tipps für Essen, Trinken und Übernachten, im Schwarzwald kann man da aus dem Vollen schöpfen. Das Buch ist dennoch kein klassischer Reise- oder Wanderführer. Es geht nicht um reine Wegbeschreibungen, sondern um Glaubensthemen und Geschichten von Land und Leuten. Die kann man bei einer Wanderung erleben oder auch direkt ansteuern, mit dem Auto oder dem Bus zum Beispiel. Das ist vielleicht der Unterschied zum Pilgerführer: da muss ich Strecke machen, hier nicht.
Gibt es etwas, was Sie bei Ihren Recherchen besonders überrascht hat?
Die Offenheit der Menschen. Wenn etwa ein Kapellenbesitzer seine Gäste mit Getränken auf seinem Privatgrundstück empfängt. Da habe ich vor allem im Badischen tolle Sachen erlebt. Spannend ist aber auch die Geschichte hinter solch altbekannten Klischees wie dem roten Bollenhut. Der ist nämlich auch eine Kirchentracht und durch und durch evangelisch.
Inwiefern?
Der Bollenhut, der als Symbol des Schwarzwaldes gilt, stammt ursprünglich aus den durch und durch evangelischen Gemeinden Kirnbach, Reichenbach und Gutach im Kinzigtal. Erst 1806 wurden sie nach Baden verschoben.
Sie schreiben: „Alle Einkehrorte sind ausprobiert. „Das Dorfgasthaus und die Kirche, der stille Wanderweg und das viel besuchte Ausflugsziel.“ Welche Orte haben es Ihnen denn besonders angetan?
Der Blindensee bei Schonach ist ein magischer Ort. Ein verwunschener Weiher mitten in der Natur. Witzig war auch die Wanderung mit Kuhbegleitung auf dem Brotweg in Elzach. Und ich liebe das Münstertal mit dem alten Kloster St. Trudpert und dem wunderbaren Landgasthof Sonne in seiner Nähe. Und in Baiersbronn finde ich die Wanderhütten der Spitzengastronomie einfach phänomenal.
„Der Schwarzwald“ ist nach dem Band über die Schwäbische Alb das zweite Werk in der Reihe „Glaubenswege für Genießer“. Worin unterscheiden sich Schwarzwald und Schwäbische Alb spirituell und kulinarisch?
Die Schwäbische Alb ist ganz und gar schwäbisch-württembergisch, der Schwarzwald eher badisch-katholisch dominiert. Das merkt man in der Mentalität und in der Spiritualität. Reformation und Gegenreformation sind hier viel stärker spürbar. Im württembergischen Teil des Schwarzwalds wiederum hat der Pietismus Hochburgen, in den abgelegenen Tälern und Höhenzügen leben die Menschen bis heute recht traditionell.
Welche Region nehmen Sie sich denn als nächstes vor?
Bodensee und Oberschwaben. Hier wird es dann auch ein wenig grenzübergreifend, die Schweiz und Österreich sind nah. Und natürlich kann man am Bodensee und Oberschwaben auch überall richtig toll einkehren und essen. Da freue ich mich schon auf die Recherche.
Andreas Steidel, Jahrgang 1964, lebt in Calw und ist freiberuflicher Reisejournalist und Redakteur beim Evangelischen Gemeindeblatt für Württemberg. In dem Band „Glaubenswege für Genießer“ bringt er beides zusammen, seine Vorliebe für spirituelle Themen in der Natur und die gute Gastronomie auf dem Lande.
Edition Evangelisches Gemeindeblatt, 160 Seiten, 14,95 Euro, ISBN 978-3-945369-83-8