Gott wohnt auf Erden, sagt Rundfunkpfarrerin Lucie Panzer in ihrer Andacht zu Christi Himmelfahrt. Und zwar nicht nur da, wo es schön ist, sondern überall, wo Menschen von ihren Erfahrungen mit ihm erzählen.
Ich finde Gott draußen in der Natur, ich brauche dazu keine Kirche. Das sagen viele und machen sich auf in Wald und Wiesen – gerade an Himmelfahrt. Manchen geht dann wirklich unterwegs das Herz auf und sie werden ganz andächtig – jedenfalls, wenn die Sonne strahlt und das junge Grün den Augen gut tut. Andere sagen: Als mein Kind geboren wurde – solche Freude und was für ein wunderbares Kind –, da habe ich Gott gespürt. Und wieder andere reden von der Liebe. Da wo ich liebe, da spüre ich Gott. Heißt es nicht: Gott ist die Liebe?
Das Problem dabei: Was ist, wenn die Liebe zerbricht? Was, wenn das wunderbare Kind nicht nur Anlass zur Freude gibt? Ist Gott dann nicht da? Und wie Gott finden in einer Natur, der wir trotz Hitze und Dürre oder Kälte und Regen eine Ernte abtrotzen müssen?
Gott auf der Erde zu begegnen, funktioniert anscheinend nur an guten Tagen. Das wusste wohl schon der weise König Salomo. Von dem erzählt die Bibel, dass er ein Gotteshaus gebaut hat. Und sich doch fragt: „Sollte Gott wirklich auf Erden wohnen?“ (1. Kön 8,27) In den evangelischen Gottesdiensten wird an Christi Himmelfahrt diese Frage aufgegriffen.
Meine Antwort ist: Ja, wirklich! Gott wohnt auf Erden – aber eben nicht nur da, wo es schön ist. Er wohnt überall, wo Menschen von ihren Erfahrungen mit Gott erzählen. Da kann man Gott begegnen – in guten und in bösen Zeiten.
Die Bibel erzählt Geschichten vom Leben und von der Hoffnung. Da wird erzählt, wie Gott die Augen der Blinden auftut und den Stummen Sprache geben kann, dass er sich nicht abfindet, wenn etwas verdorrt und vertrocknet ist. Wenn ich das höre, wächst meine Zuversicht. So kann ich tapfer handeln. Gott liebt gerade auch die, die das nicht spüren und das auch gar nicht glauben können – so steht es in der Bibel. Christinnen und Christen sagen die Gute Botschaft weiter, jeden Sonntag zum Beispiel im Gottesdienst in der Kirche.
Und manchmal auch ganz nebenbei, mitten im Alltag: Da erzählt mir jemand, wie es ihm ergangen ist, wie sich die Dinge zum Guten gewendet haben. Oder wie Gott geholfen hat, dass Dinge, die nicht gut waren, doch ertragbar wurden. Dank dieser Erfahrungen kann auch ich Vertrauen fassen.
Ich glaube, Christinnen und Christen können solche Geschichten von der Hoffnung erzählen. Nicht nur am Sonntag in der Kirche. Aber da auch. Deshalb kommen in Notzeiten und bei Katastrophen die Menschen in die Kirche – und gehen eben nicht in den Wald. Denn im Wald sagt einem keiner, wer Mut macht und was Hoffnung gibt.
Rundfunkpfarrerin Lucie Panzer
Gesendet in „3 vor 8“ in SWR1