27.09.2019

Der Lichtkünstler

Am 28. September verleiht Landesbischof July den landeskirchlichen Kunstpreis

Göppingen/Stuttgart. Am Samstag, 28. September, verleiht Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July den 3. Kunstpreis der württembergischen Landeskirche in der Göppinger Kunsthalle. Einer der beiden Hauptpreisträger ist der international renommierte Lichtkünstler Joachim Fleischer. Elk-wue.de hat ihn besucht.

Die Lichtscheibe: einer der zwei Hauptpreise des landeskirchlichen Kunstpreises 2019

Sein Atelier liegt in der Nähe des Stuttgarter Löwentors, gegenüber dem Schauspiel Nord, der Studiobühne im Probenzentrum der Staatstheater, und des Proberaums von Gauthier Dance. „Das ist schon ein guter Standort“, sagt Joachim Fleischer. „Allein schon wegen des Themas Inszenierung. Meine Installationen sind ja auch zeitbegrenzte Inszenierungen.“

Samstag, 28. September:

17 Uhr: Ausstellung und Preisverleihung Kunsthalle Göppingen

18:15 Uhr: Empfang des Landesbischofs, Foyer der Kunsthalle Göppingen

 

Fleischer (59) hat in den 1980er Jahre an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart bei Jürgen Brodwolf Bildhauerei studiert und bei Sotorius Michou Intermediales Gestalten. Er war sich Regisseur für Theater und Performance, lehrte an verschiedenen Hochschulen und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.  Schon früh kristallisierte sich für ihn „Licht“ als bestimmendes Thema heraus, das ihn nicht mehr loslässt.

Joachim Fleischer

Licht als Material

„Das Faszinierende für mich ist, dass Licht existent ist, Dinge sichtbar macht, aber selbst nicht greifbar ist. Ich entdeckte Licht als Material, mit dem man arbeiten kann.“  Fleischer entwirft Lichtinstallationen, arbeitet mit Licht im Raum und mit Licht und Robotik. „Licht ist für mich kein Mittel zum Zweck, sondern ein Mittler“, betont er. „Wenn Licht Gegenstände abtastet, setzt das einen Erkenntnisprozess in Gang.“

Seine Arbeiten waren unter anderem in Barcelona, Basel, Bristol und Budapest, Graz, Reykjavik und Tokio zu sehen. Er schuf zahlreiche Projekte, etwa für die Kunstsammlung Schwarzenbach in Zürich, die Stadt München, das Max-Planck-Institut in Tübingen und gestaltete die Lichtchoreographie am Ulmer Münster zu dessen  125-Jahr-Feier der Fertigstellung des Münsterturm im Jahr 2015.

Münsterscanning


„Münsterscanning“ nannte er sie. „Keine Ramba-Zamba-Lichtinstallation mit knalligen Farben“, wie er sagt. Sondern sich sehr langsam bewegendes, rein weißes Licht, das neutral ist und den Blick auf das lenkt, was ist. Das Münster sei ja keine Disko, sondern ein Gotteshaus und Denkraum. Fleischer ging es darum, den alten Gedanken der Gotik „Gebaut aus Licht und Stein“ weiter zu spinnen. Auch heute noch ist nach Einbruch der Dunkelheit Fleischers Lichtchoreographie zu sehen.

Unsichtbares wird sichtbar

„Lichtscheibe“ nennt sich die Installation, für die Fleischer am 28. September einen der beiden Hauptpreise des landeskirchlichen Kunstpreises zum Thema „Unscharf“ erhält. Eine im Zentrum des Raums installierte Scheibe, die langsam um die eigene Achse rotiert und mit ihrem 360-Grad-Lichtstreifen den Raum abtastet. Dazu wird durch eine Nebelmaschine Dunst in den Raum eingebracht.

Lichtscheibe nennt sich die Installation, mit der Joachim Fleischer einen der beide Hauptpreise des Kunstpreises der Württembergischen Landeskirche 2019 gewinnt.
Licht und Dunst machen den Zwischenraum zwischen dem Objekt und dem Raum sichtbar, der sonst nicht sichtbar wäre.
Eine im Zentrum des Raum rotierende Scheibe, die langsam um die eigene Achse rotiert und mit ihrem 360-Grad-Lichtstreifen den Raum abtastet.
Unscharf ist lautet das Thema des Kunstpreises.

„Licht und Dunst machen den Zwischenraum zwischen dem Objekt und dem Raum sichtbar, der sonst nicht sichtbar wäre“, sagt Fleischer. Durch die Bewegung des Lichts im Raum werde das Unsichtbare ins scheinbar Sichtbare gewandelt. „Das Nicht-Sichtbare, Nichtwahrnehmbare erhält eine physische Qualität“, so Fleischer. „Das Sichtbarmachen von etwas nicht Vorhandenem, stellt Fragen an die menschliche Existenz und an seine Wahrnehmung“, meint Fleischer.

Der Mehrwert von Unschärfe

„Das Uneindeutige und Offenbleibende sind Kennzeichen zeitgenössischer Kunst“, betont der landeskirchliche Kunstbeauftragte, Kirchenrat Reinhard Lambert Auer. Es gehe um den möglichen Mehrwert solcher Unschärfe. „Sie betrifft auch die Kirche. Das Transzendente  entzieht sich dem unmittelbaren Zugriff. Von Gott und seiner Wirklichkeit kann immer nur andeutungsweise gesprochen werden.“ Doch es gebe Erfahrungen, die eindeutig seien und die sich im   Beziehungsgeschehen erschließen. Auf dem Weg dorthin sei es notwendig, Unklares, Uneindeutiges und Unscharfes zuzulassen.

Wer Joachim Fleischers Lichtscheibe und weitere prämierte Positionen des Landeskirchlichen Kunstpreises sehen will, hat vom 28. September bis zum 3. November dazu Gelegenheit in der Kunsthalle Göppingen.

Stephan Braun

Am 3. Kunstpreis der Evangelischen Landeskirche haben sich mehr als 600 Künstlerinnen und Künstler beteiligt. Den Hauptpreis in Höhe von 10.000 Euro teilen sich Anne Brannys (Berlin) und Joachim Fleischer (Stuttgart). Den Förderpreis in Höhe von 3.000 Euro erhält Marion Jäger (Stuttgart). Ferner werden Arbeiten 18 weitere Künstlerinnen und Künstler hervorgehoben, deren Werke ebenfalls in der Göppinger Kunsthalle und im Ausstellungskatalog zu sehen sind.

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