Oberlenningen. Er gehört zu den weitgehend unbekannten Widerstandskämpfern gegen den Nationalsozialismus: der 1964 verstorbene Pfarrer Julius von Jan. Die Evangelische Julius-von-Jan-Kirchengemeinde Lenningen und die Evangelische Landeskirche in Württemberg wollen dazu beitragen, dass sich dies ändert: Am Sonntag, 20. Oktober, wird ein Gedenkort für von Jan eröffnet.
Landesbischof Dr. h.c. Frank Otfried July wird den Mut Julius von Jans würdigen und die Bedeutung der Ehrung des württembergischen Pfarrers in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem hervorheben. 2018 war von Jan posthum der Ehrentitel „Gerechter unter den Völkern“ verliehen worden.
Ein Grußwort will zudem Susanne Jakubowski vom Vorstand der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg sprechen, ebenso Dr. Richard von Jan als Nachfahre.
Nach der um 14.30 Uhr beginnenden, von Klezmer-Musik umrahmten Feierstunde in der St. Martinskirche in Oberlenningen werden July und Richard von Jan im Kirchgarten den Gedenkort offiziell enthüllen.
Als Gemeindepfarrer von Oberlenningen hatte Julius von Jan in seiner Predigt am 16. November 1938 zum Buß- und Bettag die Judenverfolgung mutig kritisiert: „Männer, die unserem deutschen Volk treu gedient haben, wurden ins KZ geworfen, bloß weil sie einer anderen Rasse angehörten.“
Nur wenige Tage vor seiner Bußtags-Predigt, in der Nacht vom 9. auf den 10. November, hatten Nationalsozialisten auch in Württemberg zahlreiche Synagogen, jüdische Geschäfte, Wohnungen und Friedhöfe zerstört. Im Anschluss setzte eine Verhaftungswelle ein, die schließlich auch Julius von Jan selbst traf: Am 25. November 1938 wurde der Pfarrerfestgenommen und wenig später verurteilt; die Kirchenleitung in Stuttgart eröffnete zudem ein Disziplinarverfahren gegen ihn.
Eine Woche nach seiner Bußtagspredigt hatte von Jahn in einer zweiten Predigt wiederum die Verfolgung von Juden und Andersdenkenden kritisiert und von Sünde gesprochen, die das deutsche Volk auf sich geladen habe.
Nach seiner vorübergehenden Freilassung im Frühjahr 1940 und einer Zeit als Seelsorger in Bayern wurde der zunächst als wehrunfähig eingestufte Theologe Mitte 1943 in eine Strafkompanie eingezogen und an die Ostfront versetzt. Erst nach Kriegsende und kurzer amerikanischer Internierung konnte von Jan im Herbst 1945 in seine Gemeinde in Oberlenningen zurückkehren.
Landesbischof July hat sich bereits 2013 zum 75. Jahrestag der Bußtagspredigt von Julius von Jan kritisch mit der Rolle der damaligen Kirchenleitung auseinandergesetzt und die aufrechte Haltung des Pfarrers hervorgehoben. In seiner damaligen Predigt in Oberlenningen sagte July über von Jans Bußtagspredigt: „Er sprach klar aus, was andere verschwiegen. Es ist gegen Gottes Gebot und Verheißung gehandelt worden.“