Für 35.000 Euro netto möchte die Ulmer Münstergemeinde ihre Chororgel verkaufen. Aussichtsreichster KaufInteressent: eine polnische Kirchengemeinde, 1.200 Kilometer von Ulm entfernt.
Seit 1960 hat die Chororgel des Ulmer Münsters Besucher bei ungezählten Gottesdiensten und Konzerten erfreut. Nun aber stellte sich während der laufenden Sanierung des Seitenchors heraus, dass die fällige Generalüberholung nur mit einem immensen Aufwand möglich wäre.
Das wegen seines Einbauorts auch als „Schwalbennest-Orgel“ bezeichnete Instrument befindet sich über dem Chorgestühl, ist nur schwer zugänglich und räumlich stark begrenzt. Notwendige klangliche Optimierungen konnte unter diesen Umständen keiner der angefragten Orgelbauer garantieren.
Der Verkauf ist für Friedemann Johannes Wieland, Erster Organist und Kantor am Ulmer Münster, daher die richtige Entscheidung - auch wenn sie in ihm ein „zwiespältiges Gefühl“ hervorruft. Schließlich verrichtete er seinen Dienst fast zehn Jahre an diesem Instrument.
Händler Andreas Ladach aus Wuppertal kümmert sich um den Verkauf der Gebrauchtorgel und konnte bereits Interesse bei potenziellen Käufern wecken. Vertreter der Kirchengemeinde in Bilgoraj südlich von Lublin, die voraussichtlich das Rennen um das gut erhaltene Instrument machen wird, waren bereits zur Besichtigung und Vermessung vor Ort im Münster.
In den kommenden Monaten dann soll die sechs Tonnen schwere, sieben Meter hohe und über drei Meter breite Orgel umziehen. Die Unterzeichnung des Vertrags stehe allerdings noch aus, sagt Kantor Wieland.
Im Chorraum, in dem dann eine Lücke klaffen wird, finden nicht nur die Früh- und Abendgottesdienste statt, sondern auch zahlreiche Taufen und Trauungen. „Je schneller wir eine neue Chororgel haben, desto besser“, sagt deshalb der Ulmer Dekan Ernst-Wilhelm Gohl. Die Altarorgel wird nach Abschluss der Sanierung nur als eine Zwischenlösung dienen.
Die Kirchengemeinde rechnet mit Kosten von bis zu 500.000 Euro für das neue Instrument. Die Spendenaktion ist bereits im Gange. Bis zur Einweihung könne es allerdings noch bis zu vier Jahre dauern, befürchten Dekan Gohl und Organist Wieland.
Wie schwer das Instrument sein darf, wird ein statisches Gutachten zeigen, wie groß, ist noch mit dem Landesdenkmalamt zu klären. Die Fehler der Vergangenheit sollen auf jeden Fall nicht wiederholt werden.
Bei der Ausschreibung möchte Münsterkantor Wieland den Orgelbauern aber möglichst großen kreativen Spielraum lassen: „Wir hoffen auf sehr unterschiedliche, sehr überzeugende Konzepte, die individuell sind und zu unseren Anliegen passen.“
Wer die Münstergemeinde bei der Finanzierung des neuen Instruments unterstützen möchte, kann Spenden auf folgendes Konto einzahlen:
Empfängerin: Evangelische Gesamtkirchengemeinde Ulm
IBAN DE 68 6305 0000 0000 100498
BIC SOLADES1ULM