Ludwigsburg/Eglosheim. „Geht nicht“? Das gibt's nicht für die Mitglieder eines 30-köpfigen Teams der evangelischen Kirchengemeinde Eglosheim: Mit einer Fülle von Ideen und einem bemerkenswerten Engagement arbeiten sie daran, dass die für die Sanierung der Katharinenkirche nötigen 1,5 Millionen Euro zusammenkommen.
Millionen Menschen haben dieses Gotteshaus schon gesehen - wenn auch unbewusst, wenn sie auf der Autobahn vorbeifuhren: Die evangelische Katharinenkirche im Ludwigsburger Stadtteil Eglosheim steht nahe der A 81 und gilt als eine der schönsten Dorfkirchen Süddeutschlands.
Nun aber muss die spätgotische Kirche für 1,5 Millionen Euro saniert werden. Um das nötige Geld zusammenzubringen, hat sich ein Fundraisingteam gebildet, das mit erstaunlichen Ideen zum Spenden animiert.
Dass in dem 12.000-Einwohner-Ort, das im Jahr 1901 nach Ludwigsburg eingemeindet worden ist, ein so imposantes Gotteshaus steht, hängt mit der mittelalterlichen Heiligenverehrung zusammen. Eglosheim war ein Wallfahrtsort der Heiligen Katharina.
In der 1497 fertiggestellten Kirche, die auf Vorgängerkirchen aufbaute, sind in der Kanzel immer noch Heilige und ein Papst verewigt. Im Chor befindet sich ein Sakramentshäuschen, in dem vor der Reformation die Abendmahlshostien verwahrt wurden. Heute ist dort das Weihwasser deponiert, das Katholiken nutzen, wenn sie in der evangelischen Kirche Gottesdienst feiern.
„Diese Kirche atmet Frieden“, sagt Pfarrerin Susanne Matthies, die seit dem Jahr 2000 in der Gemeinde Dienst tut und derzeit wegen einer Vakanz alleine auf einer halben Stelle für 3.000 Evangelische zuständig ist. Doch der Friede wurde vor zwei Jahren nachdrücklich gestört, als sich Steine aus der Kirchenfassade lösten. Herbeigerufene Experten erkannten schnell: Hier ist eine weitreichende Sanierung fällig, die Kosten wurden auf 1,5 Millionen Euro veranschlagt.
Die Gemeinde muss diesen riesigen Betrag aber nicht alleine stemmen. Fast eine Million kommt von der öffentlichen Hand und der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Außerdem gab es bereits Rücklagen, was im Ergebnis heißt: Rund 200.000 Euro müssen aus Spenden zusammenkommen.
Und dafür hat sich in Eglosheim ein 30-köpfiges Team gebildet. Inspiriert wurde die Gruppe von Pfarrer Helmut Liebs, der in der württembergischen Landeskirche für Stiftungen und Fundraising zuständig ist und die Ehrenamtlichen auf ihre Herausforderung eingestimmt hat.
Über 20 Aktionsteams haben sich nach der ersten Ideensammlung gebildet. Neben eher konventionellen Aktionen wie einem Stand auf dem Weihnachtsmarkt, Benefizkonzerten und dem Verkauf von Ansichtskarten sind den Eglosheimern auch ungewöhnliche Dinge eingefallen. So hat ein Winzer exklusiv einen roten „Katharinenwein“ abgefüllt, bei dem pro Flasche fünf Euro in die Kirchensanierung fließen.
Konfirmanden bemalten Mineralwasserflaschen und verkauften sie für den guten Zweck. Ausgemusterte Steine der ehrwürdigen Kirche werden nicht einfach weggeworfen, sondern für einen kleinen Obolus an die Frau und den Mann gebracht.
Für neue Steine können Menschen „Patenschaften“ übernehmen. Die Kirchengemeinderatsvorsitzende Waltraud Binder hat zu ihrem 65. Geburtstag von jedem Gast statt eines Geschenkes zehn Euro erbeten - alleine dadurch kam am Ende ein Tausender für die Katharinenkirche zusammen.
Geradezu mutig schien es vielen, ein klassisches Konzert auf den Silvesterabend, 20 Uhr, zu legen. Die Organisatoren hegten höchste Zweifel, ob sich zu diesem Termin Gästen einfinden würden - doch die Kirche wurde voll. Und damit war schon wieder ein kleiner Teil der Spendensumme beisammen.
Kasse will demnächst nun auch die Pfarrerin machen, indem sie sich in einem Supermarkt an die Kasse setzt - und vom Umsatz einen kleinen Teil für die Sanierung gespendet bekommt.
Großspender haben die Eglosheimer bei all den Aktionen nicht übersehen. Das Fundraisingteam hat sie ebenfalls angesprochen und Zusagen über 110.000 Euro erhalten; das ist gut die Hälfte der insgesamt erforderlichen Spendensumme. Alleine die Wüstenrot-Stiftung stellt 50.000 Euro bereit.
Am Ende geht es nach Überzeugung von Pfarrerin Matthies aber nicht darum, wer die verrückteste Idee hat oder den größten Spender herbeischafft. Sie freut sich über den Teamgeist und die Leidenschaft, mit der die ehrenamtlichen Fundraiser am Werk sind. „Der Bau an der Kirche baut auch Gemeinde“, resümiert sie.
Als nächste Aktion ist am ersten Oktobersamstag ein Eglosheimer Oktoberfest angesetzt. Die örtliche Oldieband wird Tanzmusik spielen, und es sollen Dirndl zum Einsatz kommen. Für alteingesessene Eglosheimer ist dieses Kleidungsstück zwar eine Zumutung, aber der Erhalt der Dorfkirche ist auch große Opfer wert.
Quelle: Marcus Mockler/Evangelischer Pressedienst (epd)