Neben den dauerhaft und langfristig geplanten Ausgaben stehen im landeskirchlichen Haushalt auch Mittel für zusätzliche, befristete Maßnahmen zur Verfügung, die Landessynode und Oberkirchenrat miteinander planen. Um diese Ausgaben geht es in der Maßnahmenplanung. Ausnahme ist die sogenannte „synodale Million“, über deren Verwendung die Synodalen in einem gesonderten Verfahren entscheiden. Die Entscheidung über die Maßnahmenplanung erfolgt nicht bei dieser Tagung, sondern in der Herbstsynode im Zuge der Beratungen über den Nachtragshaushalt 2023.
Zunächst gab Oberkirchenrat Dr. Jörg Antoine, Kommissarischer Leiter des Finanzdezernats
in seinem Bericht einen kurzen Einblick in die wirtschaftliche Lage der Landeskirche, die von rückläufigen Kirchensteuereinnahmen gekennzeichnet ist.
Auf Basis der vorangegangenen Jahre sei man davon ausgegangen, dass die Kirchensteuereinnahmen 2023 auf 820,0 Mio. Euro und 2024 auf 835 Mio. Euro ansteigen würden, so Antoine. Tatsächlich seien die Einnahmen aktuell aber gegenüber 2022 um 4 bis 5 Prozent rückläufig. Das würde auf das Jahr hochgerechnet eine Planunterschreitung von ca. 50 Mio. Euro bedeuten. Hinzu kämen in diesem Jahr 21,9 Mio. Euro und 15 Mio. Euro in 2024 (inkl. der über den Nachtrag aufzunehmenden Maßnahmenplanung), die im Nachtragshaushalt aus Rücklagen entnommen werden müssten, um einen ausgeglichenen Haushalt zu gewährleisten.
Abweichend von der schriftlichen Tagungsunterlage sprach Antoine in seinem mündlichen Vortrag davon, der aktuelle Stand des Rückgangs gegenüber 2022 liege aktuell eher bei 3 Prozent und die notwendige Rücklagenentnahme dann bei 45 Mio. Euro.
Ein zweites großes Problem sei die Deckungslücke bei der Versorgung (Pensionen) und Beihilfe der Pfarrerinnen und Pfarrer, Kirchenbeamtinnen und -beamten. Von Verpflichtungen in Höhe von 3,96 Mrd. Euro seien nur 2,21 Mrd. Euro finanziert. Mit der Pensionierung der geburtenstarken Jahrgänge wachse der Anteil, der aus Kirchensteuermitteln finanziert werden müsse.
Für beide Problemfelder sollen in der Herbstsynode 2023 Lösungskonzepte vorgestellt werden, so Antoine.
Kirchensteuermittel für Maßnahmen
Von den jährlich für die Maßnahmen geplanten Kirchensteuermitteln in Höhe von 8 Mio. Euro stehen 2023 bis 2027 jährlich knapp 5 Mio. Euro zur Verfügung. Der Grund: 2 Mio. Euro sind bereits für die Fluchtursachenbekämpfung in Herkunftsländern verplant und für 1 Mio. Euro („synodale Million“) erfolgt die Beratung und Entwicklung von Vorschlägen in den synodalen Ausschüssen. Es stehen also 4,92 Mio. Euro für folgende Maßnahmen zur Verfügung:
Antoine ergänzte zusätzlich Informationen zur Gründung eines Gymnasiums in Reutlingen durch die landeskirchliche Schulstiftung. Die Landeskirche unterstütze dies auch über Kreditbürgschaften. Weil die Darlehen über die laufende öffentliche Schulförderung refinanziert seien, erreiche die Schulstiftung damit in besonderer Weise, was mit den jährlichen Kirchensteuermitteln der Maßnahmenplanung erreicht werden soll: die nachhaltige Förderung einer kirchlichen Arbeit, die sich mit einer begrenzten Unterstützungshilfe in den Aufbaujahren wirtschaftlich selbst trage.
Restrukturierungsmittel
In der Eckwerteplanung 2022 stünden für Restrukturierungsmaßnahmen (Umbau der Landeskirche) 40 Mio. Euro zur Verfügung, so Antoine. Diese Mittel werden nach Beschluss der Eckwerteplanung 2023 um 10 Mio. Euro erhöht. Bislang sind daraus 19 Mio. Euro für die digitale Infrastruktur, 9,9 Mio. Euro für die Umsetzung des Klimaschutzgesetzes und 1,1 Mio. Euro für die Ausgründung des Müttergenesungswerks verplant.
Der Vorschlag für die Verwendung der verbliebenen 20,02 Mio. Euro sieht laut Antoine so aus:
Erübrigungen und Restmittel
Weitere Maßnahmen sind aus Restmitteln finanzierbar, die aus auslaufenden Maßnahmen zur Verfügung stehen:
Neue Dauerfinanzierungen
Weitere 660.000 Euro seien für Dauermaßnahmen notwendig, so Antoine, die entweder zu Lasten aller Budgets gingen oder über Vorwegabzüge bei den Kirchengemeinden finanziert würden:
Dr. Jörg Antoine machte in seinem Bericht zudem auf die Umstrukturierung hin zu Regionalverwaltungen aufmerksam, die im landeskirchlichen Haushalt aber ergebnisneutral sei. Dabei würden bis 2030 sukzessive Aufgaben von Kirchengemeinden und -bezirken auf die Regionalverwaltungen und damit die Landeskirche übertragen. Ab 2031 soll die Anstellungsträgerschaft aller in den Regionalverwaltungen Beschäftigten bei der Landeskirche liegen und die Finanzierung über den Vorwegabzug aus dem Kirchensteueranteil der Kirchengemeinden erfolgen.
Antoine macht deutlich, man müsse nun „einsteigen in grundlegende Überlegungen zur Konsolidierung unserer Haushalterschaft, um wieder zu einem ausgeglichenen Haushalt (ohne Rücklagenentnahme) und zur Schließung der Versorgungsdeckungslücke zu kommen. Rücklagen können nicht auf Dauer und nur in einer Übergangssituation entnommen werden.“
Bericht des Finanzausschusses
Tobias Geiger, Vorsitzender des Finanzausschusses, sagte in seinem Bericht zur Maßnahmenplanung, die „nicht verplante Million“ ermögliche es den Fachausschüssen der Landessynode, im Zusammenspiel mit den Maßnahmen des Oberkirchenrats eigene Schwerpunkte und Akzente zu setzen. Das sei ein starkes Zeichen für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Der Finanzausschuss schlage nun folgende Verteilung der „nicht verplanten Million“ vor:
Zur Maßnahmenplanung des Oberkirchenrats sagte Geiger, die Landeskirche brauche eine moderne und leistungsfähige Verwaltung und die Digitalisierung müsse weitergeführt werden. Genauso wichtig sei eine konsequente Aufgabenkritik. Stefan Werner, Direktor im Oberkirchenrat, habe unlängst vom Zielbild einer „verwaltungsarmen Kirche“ gesprochen. Geiger appellierte an den Oberkirchenrat, Bürokratie abzubauen und Verwaltungsvorgänge zu verschlanken. „Wir reden oft von der ‚dienenden Funktion‘ der Verwaltung und des kirchlichen Rechts, aber das ist noch nicht überall unsere gängige Praxis.“
Geiger betonte, die verplanten 50 Millionen Euro für die Restrukturierung der Landeskirche seien „das Ende der Fahnenstange“. Die Herausforderungen der kommenden Jahre würden es nicht zulassen, weitere Mittel bereitzustellen. In der Erhöhung der Restrukturierungsmittel um 10 Mio. Euro steckten auch 6,42 Mio. Euro für die Erprobung multiprofessioneller Teams. Es sei gut, mit den Restrukturierungsmitteln auch die inhaltliche Weiterentwicklung von Pfarrdienst und Gemeindearbeit in den Blick zu nehmen.
Geiger sagte mit Blick auf sinkende Kirchensteuereinnahmen und die Deckungslücke bei Versorgung und Beihilfe, der Finanzausschuss begrüße die Absicht des Kollegiums, bis zur Herbstsynode eine Strategie für eine nachhaltige Haushaltsbewirtschaftung vorzulegen.
Die Maßnahmenplanung des Oberkirchenrats nahm die Landessynode zur Kenntnis.
Der Antrag 31/23 zur unverplanten Million wurde angenommen.