TOP 18 – Theologische Bewertung von Abendmahlsfeiern in medialer Form
„[…] wir konnten die Frage weder wirklich bearbeiten und können erst recht keine „Lösungen“ präsentieren.“ Das musste Hellger Koepff, der Vorsitzende des Theologischen Ausschusses am Anfang seines Berichtes zugeben. Die erste Sitzung des Theologischen Ausschusses zu diesem Thema habe gezeigt, wie facettenreich dieses Thema sei, erklärte er. Es reiche von den großen theologischen Grundsatzfragen, bis hin zu Fragen der Digitalisierung und wie sich Gemeinde und Gemeinschaft dabei verändere. Die neueste midi-Studie zeige, dass rund 20% der württembergischen Gemeinden digitale Abendmahlsfeiern angeboten hätten. Diese Zahl liege aber vermutlich noch höher führte Koepff weiter aus.
Drei Impulse als Grundlage
Der Theologische Ausschuss befasste sich in seiner Sitzung mit drei Impulsen: Von Oberkirchenrat Prof. Dr. Ulrich Heckel, von Prof. Dr. Jürgen Kampmann und von Steffen Kern.
Biblische Grundlagen und reformatorische Bekenntnisse
Heckel frage nach den biblischen Grundlagen, den Zeugnissen der reformatorischen Bekenntnisse und den spezifisch württembergischen Traditionslinien, fasste Koepff zusammen. Auch dürfe man die ökumenische Dimension nicht außer Acht lassen. „Ziel sei eine gestärkte Abendmahlskultur, eine Profilierung des Verständnisses und die Klärung der Frage einer Feier in der digitalisierten Welt.“
Einsetzungsworte und Elemente sind nicht trennbar
Kampmann betone, dass die Einsetzungsworte und Elemente des Abendmahls unlöslich zusammengehören. Bei medialen Abendmahlsfeiern fehle ein wesentliches Merkmal des Abendmahlsgeschehens: die Anteilhabe an dem einen Brot und Leib und dem einen Kelch und Blut. Es gebe keine Weisung in der Bibel, die das Abendmahl auf die nicht Anwesenden ausdehne, erklärte Koepff. Noch komplexer werde das Thema, wenn man Zeitunterschiede mit einbeziehe. So könnte man Abendmahl feiern mit Menschen, die schon verstorben sind.
Gottes Wort und Geist sind grenzenlos
Kern dagegen gehe davon aus, dass die Gemeindeerfahrung bei Videogottesdiensten zwar von anderer Art sind, als herkömmliche Gottesdienste. Dass sie dem Wesen nach aber gleich und damit „echte Gottesdienste“ seien. Virtuelle Gottesdiensträume seien mittlerweile etabliert und müssen mit bedacht werden, fasste Koepff zusammen. Wenn hier das Abendmahl im Glauben empfangen werde, dann empfange man Christus selbst. Dem Wirken von Wort und Geist seien keine Grenzen gesetzt durch Raum oder Zeit. Kern sehe drei Möglichkeiten des Feierns. Passiv, die Unterbrechung der Aufzeichnung, um in der Hausgemeinschaft zu feiern oder die Gottesdienstbesucher empfangen die Einsetzungsworte, haben aber Brot und Wein selber bereitgestellt.
Noch mehr Fragen
Aus diesen drei Impulsen ergebe sich die Komplexität der Fragestellungen, resümierte Koepff. Darunter z. B.:
Dazu komme noch, was Digitalisierung überhaupt für Kirche bedeute. Es sei aber auch eine Chance an diesem Thema zu arbeiten – auch auf kirchenleitender Ebene, um Bewegungen ‚von der Basis‘ ernst zu nehmen. Deshalb bringe Steffen Kern einen selbstständigen Antrag ein, um genau dieses Dranbleiben zu ermöglichen.
Wie geht es weiter?
Neben dem angesprochenen Antrag Nr. 42/20 gibt es noch zwei weitere Anträge, die sich mit diesem komplexen Thema befassen, die Anträge 41/20 und 43/20. Alle drei Anträge sehen die Notwendigkeit der Klärung des Themas unter den schon genannten Aspekten. Der Bedarf und die Nachfrage während des Corona-Lockdowns waren sehr groß. Unsere Gesellschaft hat sich aber auch insgesamt verändert, so dass die Fragen nach Gemeinde, Gemeinschaft und eben nach der Feier des Abendmahls geklärt werden müssen.
Auch in der auf den Bericht folgenden Aussprache wurde deutlich, wie komplex das Thema ist. Alle Aspekte der Gemeindearbeit und der Theologie spielen in dieses Thema mit hinein. Und es wurde deutlich, dass es um eine Regelung in Ausnahmesituationen gehe.
Matthias Böhler (Besigheim, Brackenheim) betonte, dass er sich in der besonderen Corona-Situation gewünscht hätte, dass der Oberkirchenrat eine pragmatische Lösung findet. Und sich gerade in der Passionszeit nicht hinter dem Gesetzestext versteckte. Denn viele Kirchenmitglieder hätten nicht verstanden, warum das so ein Problem ist.
Rainer Köpf (Schorndorf, Schwäbisch Gmünd) gab zu: „Ich gehöre zu den 20 %, die in den Ostertagen das Abendmahl medial gefeiert haben.“ Für ihn gehörten drei Dinge zum Abendmahl: Ein Wort von außen – das gebe es. Die Realität der Gaben – die gebe es auch. Und der Glaube. Er habe um der Liebe willen aus seelsorgerlichen Gründen Abendmahl gefeiert.
Landesbischof Frank Otfried July zeigte sich über die heftigen Reaktionen überrascht: „Mich hat überrascht, dass der Oberkirchenrat so behandelt worden ist, als ob die Situation die wäre, dass wir in Württemberg das Online-Abendmahl längst eingeführt hätten.“ Er freue sich aber über dieses Interesse. Jetzt sei der Zeitpunkt dafür, diese Fragen zu klären.
Philip Jägle (Ravensburg, Biberach) betonte, dass höchste Vorsicht geboten sei. Das Verwalten der Sakramente dürfe man auch nicht nur als 'Begrenzen' anschauen. Beim Abendmahl vermischten sich verschiedene Themen. In der Medienwelt vermischen sich auch das Digitale und das Reale, vor allem bei jüngeren Menschen. Deshalb verstverstünden sie das Problem nicht.
Dr. Antje Fetzer (Waiblingen, Backnang) machte noch auf ein weiteres Problem aufmerksam: Sie habe den Zugang zum Abendmahl im Studium in der Ökumene gefunden. Sie habe sich als Single gefragt, warum am Karfreitag die einzige Möglichkeit, das Abendmahl legal zu feiern, die Hausgemeinschaft gewesen ist. Das habe ihr sehr gefehlt.
Susanne Jäckle-Weckert (Weinsberg, Neuenstadt, Öhringen) wies darauf hin, dass das Abendmahl den ganzen Menschen auf ganz unterschiedlichen Ebenen anspreche. Dafür könne das medial gefeierte Abendmahl eine Anleitung sein, vor allem für die Menschen, die sich das allein nicht trauten.
Es kam auch die Frage auf, ob die Frage des Abendmahl via Medien überhaupt gerelt werden müsse, weil diese Form der Abendmahlfeier nicht zum 'öffentlichen Handeln' der Kirche gehöre, die durch Agenden geregelt seien. Ebenso votierten viele Diskutanten dafür, bald wieder in den Gottesdiensten Abendmahlsfeiern zu ermöglichen. Oberkirchenrat Prof. Dr. Ulrich Heckel erklärte, dass eine AG Abendmahl zusammen mit der badischen Landeskirche eingesetzt sei und sich mit diesen Fragen befasse.
Hellger Koepff brachte auch einen Studientag für die ganze Synode mit ins Spiel. Ein Studientag, bei dem der Austausch im Vordergrund stehen soll.
Alle drei Anträge zur Abendmahlsfrage verwiesen die Synodalen an den theologischen Ausschuss.