Grußworte
Stephen Gerhard Stehli

Grußwort von Stephen Gerhard Stehli (1. Vizepräses Landessynode, Ev. Kirche in Mitteldeutschland)

„Die Zuversicht kann uns nicht genommen werden“

Stephen Gerhard Stehli,1. Vizepräses der Landessynode der Ev. Kirche in Mitteldeutschland, sagte, die Zeit zwischen Ewigkeitssonntag und 1. Advent, zwischen altem und neuem Kirchenjahr, sei eine gute Zeit, um sich nicht nur mit den letzten Dingen und der Ankunft Jesu in der Welt zu befassen, sondern sich als Synode auch mit den vorletzten Dingen zu beschäftigen. Seine Landessynode stelle sich denselben Themen wie die württembergische Landessynode, etwa den Themen sexualisierte Gewalt und Antisemitismus. Dies seien Fragen der Zeit, und Kirche stehe immer in der Zeit. Kirche sei an alle Menschen gewiesen, auch wenn – wie im Fall der mitteldeutschen Kirche – nur noch 12 % der Menschen Kirchenmitglieder seien. Stehli betonte: „Wir haben Aufgaben, auch bei knappen Ressourcen. Aber die Zuversicht kann uns nicht genommen werden.“

Dr. Dieter Heidtmann

Grußwort von Dr. Dieter Heidtmann, Generalsekretär der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS)

EMS ist einzigartige solidarische und gleichberechtige Gemeinschaft von Kirchen und Werken

Heidtmann erinnerte an das 50-jährige Jubiläum der EMS im Jahr 2022 und sowie daran, dass das Werk im Hospitalhof als Missionswerk von fünf südwestdeutschen Landeskirchen, fünf Missionsgesellschaften aus Deutschland und der Schweiz sowie der Herrnhuter Brüdergemeine gegründet worden sei. Daraus sei eine internationale Gemeinschaft von 25 Mitgliedskirchen und fünf Missionsgesellschaften gewachsen, die weltweit mehr als 25 Millionen Gläubige miteinander verbinde. Heidtmann sagte: „Das Besondere an der EMS ist: Sie ist eine gleichberechtigte Gemeinschaft, in der alle gemeinsam über Projekte, Personal und Finanzen entscheiden. Das ist weltweit weitgehend einzigartig und diese enge Verbindung prägt die Zusammenarbeit.“

Heidtmann betonte, die Zusammenarbeit der Kirchen in der EMS verändere das Leben der Menschen, etwa für die Dalit, die Unberührbaren in Indien, aber zum Beispiel auch „für die Christen im Nahen Osten, die in einer schrecklichen Abfolge von Krisen stecken und wo die Schneller-Schulen im Libanon und in Jordanien und die Near East School of Theology (NEST) Inseln der Hoffnung bilden. Wir erleben dies in diesen Tagen am Ahli Arab Krankenhaus im Gaza-Streifen, das zu unserer Mitgliedskirche, der Bischöflichen Kirche in Jerusalem und dem Mittleren Osten gehört und das auch aus Württemberg über die EMS seit vielen Jahrzehnten unterstützt wird.“ Heidtmann dankte für die Unterstützung und Beteiligung, die die württembergische Landeskirche in großer Verlässlichkeit und Treue in den vergangenen fünf Jahrzehnten in die EMS eingebracht habe. Heidtmann sagte: „Gemeinsam verändern wir das Leben der Menschen und wir stehen Menschen bei, die es sehr viel schwieriger haben als wir hier. Wir setzen Zeichen der Hoffnung.“

Kirchenrätin Arngard Uta Engelmann

Grußwort von Kirchenrätin Arngard Uta Engelmann (Beauftragte der Landeskirchen bei Landtag und Landesregierung)

Christlicher Bezug der Landesverfassung ist wichtiger Rahmen für Zusammenleben

Kirchenrätin Arngard Uta Engelmann ist seit wenigen Monaten die gemeinsame Beauftragte der Landeskirchen von Baden und Württemberg bei Landtag und Landesregierung. In ihrem Grußwort nannte sie zwei wesentliche Aufgaben ihres Amtes: zum einen seien Landtag und Landesregierung ihre Gemeinde, die sie mit persönlicher Seelsorge, Gottesdiensten und Andachten betreue. Diese Angebote würden vielfältig wahrgenommen. Zum anderen sei sie die „Kirchendiplomatin“ der beiden Landeskirchen. Sie habe ein offenes Ohr für die Anliegen und Themen beider Seiten und stelle Verbindungen und Gesprächsmöglichkeiten her. Engelmann betonte, der ausdrückliche Bezug der baden-württembergischen Landesverfassung auf den christlichen Glauben stelle einen wichtigen Referenzrahmen für das Zusammenleben im Land dar. Sie sei zuversichtlich, dass es im Landtag und der Landesregierung nach wie vor Interesse an den Kirchen gebe.

TOP 01: Wahl in Verteilerausschuss für den Fonds für die Unterstützung von Einrichtungen des Diakonischen Werks (Diakoniefonds)

Für Michael Schneider, der als 1. Mitglied aus dem Verteilerausschuss für den Fonds für die Unterstützung von Einrichtungen des Diakonischen Werks (Diakoniefonds) ausscheidet, wurde Frau Ulrike Bauer als 1. Mitglied nominiert.

In der persönlichen Stellvertretung der Mitglieder soll es folgende Änderungen geben: Die persönliche Stellvertretung für das 1. Mitglied wird Martin Wurster, die persönliche Stellvertretung für das 5. Mitglied (Annette Rösch) wird Thomas Burk.

Frau Ulrike Bauer wurde in den Ausschuss als 1. Mitglied gewählt (einstimmig). Frau Bauer nahm die Wahl an. 

Herr Martin Wurster, Herr Thomas Burk wurden als  Stellvertreter gewählt (einstimmig). Beide nahmen die Wahl an. 

TOP 13: Bericht der Fachstelle zum Umgang mit sexualisierter Gewalt
Ursula Kress

Prävention und Aufarbeitung

Ursula Kress und Miriam Günderoth von der Fachstelle zum Umgang mit sexualisierter Gewalt berichten von den Fortschritten in der Prävention und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt. Wichtige Fortschritte konnten bereits erreicht werden, gleichzeitig könnte die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt personell besser aufgestellt sein.

Ursula Kress, Beauftragte für Chancengleich im Oberkirchenrat, und Miriam Günderoth, Leiterin der Projektstelle Prävention, fokussierten sich in ihrem Bericht auf die Themen Prävention und individuelle Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt im Rahmen der Betroffenenbeteiligung. Sie wiesen darauf hin, dass im nächsten Tagesordnungspunkt die strukturelle und historische Aufarbeitung im Rahmen der Vorstellung der AUF!-Studie näher betrachten würden. Der Rücktritt der EKD-Ratspräsidentin Annette Kurschus hätten verdeutlich, dass Prävention und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in der Mitte des kirchlichen Alltagsgeschäft angekommen seien und diejenigen, die die Aufarbeitung voranbringen, besonders im Fokus stünden und eine Vorbildfunktion erwartet würde. Dies ließe sich auch in ihrer täglichen Arbeit feststellen, so Ursula Kress.

Miriam Günderoth

Rahmenschutzkonzepte, Schulungen und Web-Basiertes Training als Säulen der Prävention

In Hinblick auf Präventionsmaßnahmen stellte Miriam Günderoth ein in weiten Teilen fertiggestelltes Rahmenschutzkonzept vor. Dieses beinhaltet Materialien zur Erarbeitung eigener Bausteine für ein Schutzkonzept für Kirchengemeinden und Einrichtungen, sowie methodische Überlegungen zur Erarbeitung, Formulare für Regelungen aus landeskirchlichen Gesetzen und Textbausteinen für die Zusammenfassung. Die Materialien stehen bereits jetzt im Dienstleistungsportal zur Verfügung und sollten bis zum nächsten Jahr auch über die Lernplattform www.digitales-lernen-kirche.de für Ehrenamtliche zugänglich sein. Erfreulich sei, dass bereits in 90% der Kirchenbezirken eine Arbeitsgruppe gebildet worden sei, die ein Schutzkonzept erarbeitet habe oder gerade in der Erarbeitungsphase sei. Ein genauerer Überblick sei mit der nächsten Umfrage zum kirchlichen Leben über AHAS Anfang nächsten Jahres möglich.

Die Regelungen des Schulungskonzeptes „hinschauen-helfen-handeln“ der EKD seien maßgebend für die Schulung und Sensibilisierung von Mitarbeitenden. Nach Abschluss des 8. Kurses im Herbst 2023 befänden sich 65 Personen im landeskirchenweiten Netzwerk. Von den Pfarrpersonen der Landeskirchen hätten zum gegenwärtigen Zeitpunkt fast alle eine Grundschulung nach EKD-Konzeption besucht.

Als dritter Baustein der Präventionsmaßnahmen sei das bei der letzten Synode angekündigte Web-basierte-Training nun in der Testphase und solle ab Januar für Mitarbeitende in Kirchengemeinden, Kirchenbezirken und Einrichtungen eingesetzt werden. Günderoth wies aber gleichzeitig darauf hin, dass dieses Training keine Grundlagenschulung ersetze und nur als Ergänzung verstanden werden dürfe. Sie warb außerdem dafür, dass nach der Erstellung eines Schutzkonzeptes die Prävention sexualisierter Gewalt nicht als abgeschlossen betrachtet werden dürfe, sondern als Querschnittsthema kirchlicher Arbeit implementiert werde müsse.

Aufarbeitung zeigt unterschiedliche Bedürfnislagen

Ursula Kress berichtete, dass bereits im Frühjahr 2023 Interviews mit Herrn Winter und Frau Wilser von der Betroffenenbeteiligung geführt wurden (Siehe Bericht von der Sommersynode 2023). Im Oktober wurden den Betroffenen die Präventionsmaßnahmen von Landeskirche und Diakonie vorgestellt und von diesen mit Erstaunen über die Vielfalt wahrgenommen. Beim 3. Betroffenenforum ergab eine Umfrage über die Bedürfnisse von Betroffenen eine Bandbreite an Forderungen von einmaligen Zahlungen bis hin zu lebenslanger Rente von 300 bis 400 Euro monatlich. In der Zwischenzeit liegen bereits Forderungen von Betroffenen vor. Einige Betroffene hätten sich mit den bisherigen Bemühungen zufrieden gezeigt.  Detlev Zander, Sprecher des Beteiligungsforums der EKD berichtet von der AG Vereinheitlichung, die eine Richtlinie für EKD-weiten Anerkennungsleisten erarbeite. Stefan Werner, Direktor im Oberkirchenrat, habe bei diesem Treffen zugesagt, diese Richtlinie für Württemberg zu übernehmen. Er hat den Betroffenen außerdem eine weitere Anerkennungsleistung in Höhe von 5.000 € durch die Landeskirche zugesagt. Für die Auszahlung, die gerade vorbereitet werde, seien kurzfristig 900.000 Euro aus der Rücklage zu entnehmen. Neben der finanziellen Unterstützung der Betroffenen, gebe es darüber hinaus einen großen Bedarf an Beratungs- und Unterstützungsleistung verschiedener Art.

Auf höherer Ebene wurde in Zusammenarbeit mit der AG Kirchen und AG Aufarbeitung der EKD sowie der Bevollmächtigten der Kirchen bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union und Diakoniepräsident Ulrich Lilie eine Gemeinsame Erklärung erarbeitet, die am 13. Dezember 2023 unterzeichnet werden soll. Darin sind für die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt folgende Aufgaben formuliert.

  • Quantitative Erhebung von Fällen sexualisierter Gewalt
  • Qualitative Analyse zur Identifikation von Strukturen, die sexualisierte Gewalt ermöglichen
  • Untersuchung und Evaluierung des administrativen und verfahrensrechtlichen Umgangs mit Betroffenen
  • Unterstützung, Evaluierung und Beratung der beteiligten Landeskirchen und diakonischen Landesverbände

Zur Erfüllung dieser Aufgaben solle ein Gremium eingerichtet und auch in Württemberg eine Geschäftsführung für die regionale Aufarbeitungsarbeit der Landeskirche und der Diakonie geschaffen werden.

Zum Abschluss ihres Vortrags betonte Ursula Kress, dass die Erfahrungen um den Rücktritt von Kurschus gezeigt haben, dass ein proaktives Handeln dem Reagieren vorzuziehen sei. Sie forderten, dass die Landeskirche mit gutem Beispiel vorangehen und sich ein Schutzkonzept geben solle. Zudem müsse für eine gute Präventions- und Aufarbeitungsarbeit die Fachstelle mit mehr finanziellen Mitteln ausgestattet werden. Der Weg der Aufarbeitung haben sich – trotz vieler Windungen – bisher gelohnt, so Kress zum Abschluss Ihres Vortrags. 

TOP 14: Bericht der AUF! Studie. Aufarbeitung und Prävention sexualisierter Gewalt in Einrichtungen der Ev. Landeskirche in Württemberg - Ergebnisse und Empfehlungen
Dr. Harald Haury

Begünstigende Faktoren für sexualisierte Gewalt und wirksame Prävention

Dr. Harald Haury und Simone Korger von der Universitätsklinik Ulm präsentierten der Synode die Ergebnisse der AUF!-Studie, mit der die Evangelische Landeskirche in Württemberg die Klinik beauftragt hatte. In ihr wurden einerseits die Missbrauchsfälle um Alfred Zechnall historisch aufgearbeitet und in einem zweiten Teil heutige Schutzkonzepte analysiert.

Problematische Netzwerke und toxische Theologie

Harald Haury, Historiker am Universitätsklinikum in Ulm, zog in seinem Bericht eine Linie von dem Bekanntwerden von Missbrauchsfällen 2010 am Canisius-Kolleg über Melden erster Fälle innerhalb der württembergischen Landeskirche bis hin zur Beauftragung der Uniklinik Ulm mit der AUF!-Studie. Verschiedene Prozesse wie die Vernetzung von Betroffenen und Unterstützerinnen, ein mehrjähriger Klärungsprozess in der Landeskirche und der Anhörung von Betroffenen und Zeugen durch die Seminarstiftung haben in Wechselwirkung zur Durchführung der Studie geführt, die im Oktober 2020 gestartet wurde.

Im Ersten Teil des Projektes sei es darum gegangen, die historischen Fallzusammenhänge zu rekonstruieren, Missbrauch-begünstigende Strukturen zu identifizieren und zu klären, ob und wo es Mitwisser gab.

Wer war Alfred Zechnall?

In der kritischen Vorstellung des Missbrauchstäters Alfred Zechnall stellte Haury seine pietistische Sozialisation heraus, die sich in seinem weiteren Lebenslauf niederschlug. Während des zweiten Weltkrieges in der Bibelarbeit mit Schülern engagiert, sei ihm bald die Verantwortung für das Vorbereitungsjahr in der Seminarstiftung übertragen worden. Bis 1966 habe Zechnall junge Männer auf das Landesexamen vorbereitet. Gleichzeitig sei er im Evangelischen Jungmännerwerk engagiert gewesen und habe schon seit 1950 quasi als Geschäftsführer des Hymnus-Knabenchores agiert. Die verschiedenen Berührungspunkte mit jungen Männern habe Zechnall für sexuelle Übergriffe ausgenutzt. 21 Personen hätten im Verlauf der Studie von Übergriffen berichtet, bei 18 weiteren seien Übergriffe als gesichert anzunehmen. Die Art der Übergriffe reiche von Schlägen aufs nackte Gesäß über Veranlassung zum Baden und Duschen in Zechnalls Anwesenheit, bis hin zu Hotelübernachtungen im Bett von Zechnall beziehungsweise. seines Fahrers, gegen den später ein Strafverfahren wegen homosexueller Kuppelei angestrengt wurde.

Strukturen und Faktoren, die sexualisierte Gewalt begünstigten.

Bei den von den Übergriffen Zechnalls Betroffenen sei ihre religiös-autoritäre, pietistisch-konservative Erziehung auffällig. Dieser habe für die Übergriffe Jungen aus sozial unterlegenen, ländlichen Familien ausgewählt, von denen viele ihren Vater im Krieg verloren hätten. Er gehe, so Haury, von einer planvollen Auswahl der Jugendlichen aus. So seien Jungen gewählt worden, die es gewohnt seien zu gehorchen und kaum oder keinerlei sexuelle Aufklärung erfahren hätten. Ihre Herkunft aus einkommens- und statusschwachen Familien habe begünstigt, dass die Wahrscheinlichkeit eines öffentlichen Aufbegehrens unwahrscheinlich war.

Strukturen und Faktoren, die sexualisierte Gewalt begünstigten

Die Betroffenen seien sehr unterschiedlich mit den Übergriffen umgegangen. Während es bei einem kleineren Teil zu lebenslangen Belastungen gekommen sei, habe eine Mehrheit geäußert, dass die Übergriffe ohne große Wirkung auf ihr weiteres Leben geblieben sei. Er erkläre sich dieses Ergebnis mit drei Faktoren, so der Historiker: Zum einen müsse man in der hierarchisierten Gesellschaft damals bei solchen Übergriffen mit Verdrängungsmechanismen rechnen. Gleichzeitig seien die Betroffenen nur für recht kurze Zeit den Übergriffen ausgesetzt gewesen. Schließlich berichteten einige Betroffene von ihrer religiösen Entwicklung als Emanzipationsprozess, im Zuge dessen sie eine neue Handlungsmacht erlebt hätten. Diese könne auch zu einer konstruktiven Verarbeitung beigetragen haben.

Scheinbar entlastende  Aussagen zugunsten Zechnalls dürften nicht überbewertet werden. Dieses Phänomen sei bekannt und sei Teil der Strategie der Täter. Sie machen sich durch enge Kontakte und Unterstützung von Angehörigen unentbehrlich und erschweren so eine Aufklärung der Übergriffe. Positive Erinnerungen an Zechnall seien daher gut möglich, würden die Vorwürfe gegen ihn aber nicht entlasten.

Wer wusste sonst Bescheid?

Dass die Aufklärung der Mitwisserschaft sich weitaus schwieriger gestaltet habe, als die Rekonstruktion der Übergriffe Zechnalls, wurde im folgenden Teil des Berichts deutlich. Haury wies nach, dass Zechnall in Kirche und Verbänden „exzellent“ vernetzt war. Zu seinem Netzwerk zählten unter anderen Landesbischof Theo Sorg, Willi Lauk, Leiter der Geschäftsstelle des Landes-Jungmännervereins, und Prälat Rolf Scheffbuch, langjähriger Vorsitzender der Ludwig-Hofacker-Vereinigung. Mit ihnen sei er nicht nur über gemeinsame Gremien verbunden gewesen, sondern habe ein Karrerienetzwerk und mit einigen von ihnen auch enge Freundschaften gepflegt. Eine Mitwisserschaft von diesen Freunden und Bekannten sei schriftlich zwar schwer nachzuweisen, jedoch gebe es eine Vielzahl von mündlichen Aussagen, die nahelegten, dass die Vorwürfe gegen ihn durchaus bekannt gewesen sein, meinte Haury. In den Forschungen zur Studie habe ihn ein Gesprächspartner darauf hingewiesen, dass solche Angelegenheit nur mündlich verhandelt worden seien – zwar auch, um Missstände abzustellen – aber eben auch, um Kompromittierung zu vermeiden. Es sei insgesamt sehr unwahrscheinlich, „dass niemand Kenntnis von Verdachtsmomenten bekommen haben soll.“

Pietistisch-konservative Frömmigkeit als befördernder Faktor

In den Fällen der sexualisierten Gewalt durch Zechnall gehe es zugleich um problematische Züge des damaligen pietistischen Glaubensmilieus. Von den Übergriffen Zechnalls Betroffene berichteten gleichzeitig von der Erfahrung geistlichen Missbrauchs. Diesen hätten sie in einem Biblizismus erlebt, der kritisches Denken unterband und zu Sünden- und Verdammungsangst führte, im Brechen des kindlichen Willens mit psychischen und physischen Mitteln sowie einem verklemmten Umgang mit Sexualität. Im Jungmännerwerk, in dem sich Zechnall viel bewegte, seien Frauen als nachgeordnet und unterlegen wahrgenommen worden und es habe eine gewisse Großzügigkeit gegenüber homophilen Tendenzen gegeben. Diese sei mitunter als lässliche Sünde wahrgenommen worden.

Schlussfolgerungen für die Gegenwart

Bevor sich Haury den Schlussfolgerungen zuwandte, erwähnte er, dass sich mehrere Menschen mit Fällen sexualisierter Gewalt an die Verantwortlichen der AUF!-Studie gewandt hätten, die nichts mit dem Fall Zechnall zu tun gehabt hätten. Diese Fälle hätten auf das Fortdauern der Problematik hingewiesen, das zerstörerische Potential von sexualisierter Gewalt gezeigt und die Notwendigkeit geeigneter Resonanzräume verdeutlicht. Die AUF!-Studie habe hier nur als Not-Anlaufstelle dienen können.

In seinen Schlussbemerkungen wies Haury darauf hin, dass die Übergriffe Zechnalls nicht ohne seine konservativ-pietistischen Netzwerke möglich gewesen wären. Netzwerke seien zwar wichtig, aber auch problematisch, weil sie der Verwischung von Verantwortung Vorschub leisteten. Stattdessen bräuchte es eine präzise Zuordnung von Verantwortlichkeit und einen Ethos der Transparenz. Zweitens helfe sexuelle Aufklärung, um sexuelle Grenzüberschreitungen als solche benennen zu können. Drittens mahnte er zur Vorsicht, Religion und Sexualität obsessiv zu vermengen. Das führe zwar nicht unausweichlich zur sexualisierter Gewalt, ließe sich aber für die Ausübung von sexualisierter Gewalt ausnutzen. Zuletzt warnte er, dass kein kirchliches Milieu gegen das Vorkommen sexualisierter Gewalt gefeit sei. Es gelte, Risikokonstellationen zu erkennen und nach Möglichkeit zu entschärfen. Für das Erkennen solcher problematischen Konstellationen sei Prävention ein wichtiger Faktor.

    Simone Korger

    Partizipation ermöglichen und Personalressourcen ausbauen

    Simone Korger, die als Psychologin am zweiten Teil der AUF!-Studie mitarbeitete, widmete sich in ihrem Vortrag zunächst der Frage, was für wirksame Präventionsmaßnahmen notwendig sei. Um wirksam vor sexualisierter Gewalt zu schützen, brauche es

    • eine Risiko- und Potenzialanalyse, in der mögliche Gefahrensituationen identifiziert werden
    • die Festlegung von Präventionsmaßnahmen, die Formulierung von Leitbildern, die Grenzverletzungen nicht tolerieren;
    • die Erstellung eines Interventionsplanes, der konkrete Ansprechpersonen definiere
    • Aufarbeitung von vorgefallenen Grenzverletzungen, Schlussfolgerungen treffen, die den Schutz von Kindern und Jugendlichen nachhaltig verbessern.

    Ziel des zweiten Teils der AUF!-Studie sei es gewesen, Schutzkonzepte aus verschiedenen Einrichtungen, die zum Tatzeitpunkt teilweise mit Zechnall in Verbindung standen, zu evaluieren. In einer quantitativen Untersuchung habe man sich mit einem Fragebogen an möglichst alle Beschäftigten der Einrichtungen gewandt und diese mit einem qualitativen Studienteil, in dem einzelne Mitarbeitende befragt wurden, ergänzt. Evaluiert habe man die Schutzkonzepte der Seminare in Blaubeuren und Maulbronn, des Hymnus-Chores in Stuttgart, des Evangelischen Jugendwerks in Calw, der Evangelischen Jugend in Stuttgart und des CVJMS in Esslingen.

    Anhand der Fragebögen habe man Aussagen verschiedenen Dimensionen zuweisen können: Kommunikation, Partizipation, Verhaltenskodex, Risiko- und Potentialanalyse, Prävention-Intervention und Aufarbeitung sowie Haltung und Rollen.

    Die Auswertung des Bereiches Kommunikation habe ergeben, dass ein guter Austausch mit der „eigenen Gruppe“ viele Probleme lösen könne und eine Auswahl an Ansprechpersonen sich positiv auswirke. Anzugehen sei, dass Kinder und Jugendliche angstfreie Gesprächskontexte vorfinden, in denen sie sich nicht erst spät melden. Im Bereich der Partizipation wurde als Stärke der bestehenden Konzepte festgestellt, dass Kinder und Jugendliche bereits über direkte Kommunikation einbezogen würden – auch auf formellen Wegen, wie zum Beispiel Schülervertretungen in Gremien. Weiterentwicklung benötige es noch in der zeitlichen Kapazität für Partizipation. Auch hier brauche es eine unhierarchische Beteiligung von Jugendlichen an Entscheidungen.

    Als Stärke der Verhaltenskodexe haben die Befragten formuliert, dass sie klare Regeln für akzeptables und nicht-akzeptables Verhalten formulierten und es durch einen Maßnahmenkatalog nachvollziehbar sei, welche Konsequenzen ein Verstoß habe. Gleichzeitig gebe es eine gewissen Flexibilität, wenn von Regeln im Ausnahmefall abgewichen werden müsse. Die Befragten sahen noch Verbesserungsmöglichkeiten für Situationen, in denen Regeln schwer zu kontrollieren seien, wie zum Beispiel bei Nachdiensten. Handlungsanweisungen im Falle von Verdachtsfällen müssten verständlicher formuliert werden.

    Unter „Miteinander“ seien Rückmeldungen zusammengefasst, die als Stärke von Gemeinschaften die vertrauensvolle familiäre Atmosphäre heraushoben und diese gleichzeitig beispielsweise Kontrolle gegenüber Privatsphäre, Aushandlungen von Nähe-Distanz-Verhältnissen, Traditionen und Gruppenzwänge als Risikofaktoren benannten.

    Es sei positiv hervorzuheben, dass in allen Einrichtungen Selbstverpflichtungserklärungen vorhanden seien. Die Befragten hätten als Stärken dieser Erklärungen formuliert, dass sie klare Handlungsvorgaben und damit Sicherheit böten sowie ein Maß an Objektivität bei Entscheidungen. Bei Interventionsprozessen hätten die Befragten die Nähe von Betroffenen und Beschuldigten als problematisch erlebt. An mancher Stelle fehle es außerdem an klaren Handlungsempfehlungen. Zudem sei die personelle Kapazität an vielen Stellen zu gering.

    Die Einrichtungen hätten in Folge der Befragungen individuell Rückmeldungen zu den jeweiligen Schutzkonzepten bekommen und Überarbeitungen und Verbesserungen bereits teilweise implementiert, so Korger. Im Hinblick auf die Landeskirche formulierte die Psychologin folgende Empfehlungen:

    • Aufstockung personeller Ressourcen in den Einrichtungen
    • Ermöglichung regelmäßiger Re-Evaluationen (intern/extern)
    • Schaffung von Ansprechstellen zur Beratung im Interventionsprozess und zur Unterstützung von Betroffenen
    • Schaffung niederschwelliger Kontaktmöglichkeiten für Betroffene von sexualisierter Gewalt
    • Weiterentwicklung von sexueller Prävention in der Personalauswahl und Verantwortung (Thematisierung von Kinderschutz in Bewerbungsgesprächen, Verhaltenskodexe, Selbstverpflichtungserklärungen, regelmäßige Fort- und Weiterbildung sowie Präventionsmaßnahmen, Angebot und Supervision und Intervision bei erhöhter beruflicher Belastung)
    • in Hinblick auf den Umgang mit Verdachtsfällen: Klärung des Verdachts in getrennten Gesprächen für Betroffene und Beschuldigten, Prüfung der Notwendigkeit einer strafrechtlichen Verfolgung, Prüfung weitere Maßnahmen nach Sachverhaltsklärung wie zum Beispiel Kündigung sowie Begleitung des Prozesses durch Fachberatungsstellen.

    Aussprache der Synodalen und Antwort der Berichtenden

    Synodalpräsidentin Sabine Foth drückte im Anschluss an den Bericht ihr Entsetzen über die Vorfälle in der Landeskirche aus. Zu den nun unbedingt notwendigen Reaktionen gehört unter anderem die Implementierung von Schutzkonzepten und deren laufende Anpassung. Dieser Einschätzung schlossen sich alle Synodalen in der Aussprache an und lobten gleichzeitig die Arbeit des Studienteams des AUF!-Projektes, sowie die Arbeit der Projektstelle Prävention gegen sexualisierte Gewalt durch Miriam Günderoth und Ursula Kress.

    Niedrigschwellige Anlaufstellen

    Der Synodale Peter Reiff (Stuttgart) betonte wie wichtig die flächendeckende Versorgung der Landeskirche mit Anlaufstellen für Betroffene von sexualisierter Gewalt sei. Diese sollten unabhängig sein, damit eine gute Aufarbeitung mit Schutz für Betroffene und Beschuldigten möglich sei. Angelika Klingel (Leonberg / Ditzingen) unterstrich diese Forderung. Die hohe Zahl an Fällen sexualisierter Gewalt in unserer Gesellschaft, vor allem gegen Frauen und Kinder, sei ein himmelschreiendes Unrecht. Deshalb ist sei es unbedingt notwendig, auch in allen Arbeitsbereichen der Kirche Gewaltschutzkonzepte einzuführen. Dazu brauche es mehr Personalkapazitäten. Marion Blessing (Böblingen, Herrenberg) schloss sich dieser Forderung an und führte aus, dass für Württemberg eine Spezifizierung der Anlaufstellen in Intervention und Prävention, Aufarbeitung sowie Beratung und Unterstützung notwendig sei. Alle Anlaufstellen seien möglichst niederschwellig zu gestalten. Dies bestätigte Gerhard Keitel (Vaihingen/Enz / Mühlacker). Er drückte seine persönliche Betroffenheit als Leiter des evangelischen Seminares in Maulbronn aus. Trotz aller Schmerzhaftigkeit der Untersuchungen wolle er festhalten, dass die Überprüfung der Schutzkonzepte dem Miteinander im Seminar gutgetan haben. Landeskirchenweit könne es nicht genug Anlaufstellen geben, noch wichtiger sei es aber eben diese so niederschwellig wie möglich zu gestalten. Bei all diesen Prozessen brauche es auch Hilfe von außen. Er bat die Studienverantwortlichen um eine zusätzliche Hilfestellung, wie man mit Beschuldigten umgehe, wenn sich der Verdacht nicht erhärte.

    Vertrauen zurückgewinnen

    Annette Sawade (Künzelsau / Schwäbisch Hall / Gaildorf) hob hervor, wie wichtig es nun sei, mit Transparenz verlorenes Vertrauen für eine gute Aufarbeitung zurückzugewinnen. Dabei gelte es, vor allem auf die Bedürfnisse der Betroffenen zu schauen. Sie äußerte Anerkennung für alle Betroffenen, die im Zuge der AUF!-Studie berichtet haben, wie es Ihnen ergangen sei. Ruth Bauer (Schorndorf, Schwäbisch Gmünd) berichtete von ihren guten Erfahrungen in einer Präventionsveranstaltung. Diese biete die Chance, Vertrauen zwischen den Geschulten aufzubauen und somit Ansprechpartnerinnen und -partner zu gewinnen.

    Dr. Gabriele Schöll (Aalen / Heidenheim) drückte ihre Dankbarkeit für die Arbeit der Präventionsstelle aus. Der Bericht von Ursula Kress und Miriam Günderoth habe gezeigt, dass sie nicht nur reine Verwaltungsaufgaben erledigten, sondern mit und für Betroffene arbeiteten. Das sei umso wichtiger, da 90% der Meldungen unterhalb des Strafrechts lägen. Hier gelte es für die Kirche eine Lücke zu füllen. Dr. Martina Klärle (Crailsheim / Blaufelden /Weikersheim) ergänzte, dass arbeitsrechtliche Prozesse gegen Beschuldigte konsequent durchgesetzt werden müssten. Für Betroffene gebe es nicht Schlimmeres, als über lange Zeit hingehalten zu werden.

    Sexualisierte Gewalt nicht als Problem eines Milieus verstehen

    Steffen Kern (Tübingen) hob die Verantwortung der Landeskirche für das, was war, was ist und was sein wird, hervor. Er stimmte zu, dass die Untersuchungen problematische Züge des Pietismus in einzelnen Fällen aufgezeigt hatten. Dazu gehörten ein dualistisches Bild von Gott und Welt, ein geschlossenes Glaubens- und Denksystem, die Bindung an spirituelle Autoritäten und die Tabuisierung von Sexualität. Diese Mechanismen gelte es zu identifizieren und gleichzeitig sich nicht verleiten zu lassen, sexualisierte Gewalt als alleiniges Problem des jeweils anderen zu sehen. Bei der Aufarbeitung sollte mehr von den Bedürfnissen der Betroffenen die Rede sein, und weniger die Täter im Vordergrund stehen. Dr. Hans-Ulrich Probst (Tübingen) unterstützte dieses Anliegen und forderte, dass die Praxis Tiefenbohrungen vorzunehmen, unbedingt weiterverfolgt werden und auf ein weiteres Feld ausgedehnt werden müsse. Prisca Steeb (Tübingen) griff die Feststellung ihrer Vorredner auf, dass kein Milieu vor sexualisierter Gewalt gefeit sei und sprach sich dafür aus, mit offenen Augen die eigenen Kontexte im Blick zu haben. Einen weiten Blick in alle Milieus forderte auch Prof. Dr. J. Thomas Hörnig (Ludwigsburg/Marbach). Sexualisierte Gewalt sei nicht nur das Thema pietistischer Frömmigkeit, sondern ein evangelisches, ja sogar insgesamt ein religiöses Problem. Er würdigte den Vortrag von Dr. Harald Haury, stellte aber gleichzeitig in Frage, ob der Netzwerkbegriff genügend konturiert sei. Man könne nicht direkt von Netzwerken sprechen, nur weil Menschen zusammen in Gremien säßen. Schließlich warnte er vor einem unfairen Umgang mit der zurückgetretenen EKD-Ratsvorsitzenden Annette Kurschuss. Man sei gerade auf dem Weg zu einer gnadenlosen Kirche.

    Bildungsarbeit macht sprachfähig

    Die Notwendigkeit einer guten Bildungsarbeit hob auch Anja Faißt (Biberach/Ravensburg) hervor. Prisca Steeb (Tübingen) hatte zuvor in ihrem Redebeitrag festgestellt, wie wichtig es sei, eine Sprache für das zu haben, was einem widerfährt. Nur mit guter Bildungs- und Aufklärungsarbeit könnten Betroffene zur Sprache bringen und verstehen, wo Grenzüberschreitungen geschehen. Faißt forderte nun zusätzlich dazu auf, offen über Sexualität in der Kirche zu sprechen und Beschränkungen aufzuheben. Dort wo Sexualität auf die Ehe beschränkt bleibe, sei die Gefahr groß, dass es Menschen schwer falle, Grenzen zu formulieren. Sexualität sei Teil der Identität und dürfe darum nicht tabuisiert werden.

    Thomas Stuhrmann (Ludwigsburg/Marbach) zeigte sich schockiert von den Ergebnissen und warf die Frage auf, an wie vielen Stellen man selbst grenzverletzendes Verhalten übersehen habe oder sogar selbst zum Täter geworden sei. Er wandte sich mit der Rückfrage an Ursula Kress, ob er richtig damit liege, dass bei einer Gesamtsumme an Entschädigungen von 900.000 Euro und einem Auszahlungsbetrag von jeweils 5000 Euro von 180 Betroffenen von sexualisierter Gewalt in Württemberg zu sprechen sei. Auch Matthias Vosseler (Stuttgart) sprach vom Entsetzen und der Scham, die er angesichts der Studienergebnisse von Dr. Haury empfände. Im ehemaligen Wohnhaus des Beschuldigten Zechnalls sei heute ein Kindergarten und zeige, worin unser eigentlicher Auftrag liege: In der Weitergabe der Liebe Gottes und eines guten Umgangs miteinander. Gerade deswegen sei er dankbar, dass in der bisherigen Aussprache auf gegenseitige Schuldzuweisungen verzichtet worden sei. 

    Siegfried Jahn (Crailsheim, Blaubeuren, Weikersheim) griff die in beiden Vorträgen genannten Schutzkonzepte auf. Er wolle mit seinem Antrag die Landeskirche in Zusammenarbeit mit dem Jugendwerk und anderen Werken beauftragen, eine praktikable Handreichung zu erstellen, die wichtige Punkte zur Verhinderung sexualisierter Gewalt zusammenfasse (vergleiche nachfolgenden Antrag). Zwar sei das Thema komplex, gleichzeitig bräuchte es aber einfache und verständliche Handlungsanweisungen, um Kinder und Jugendliche gut zu schützen. Hellger Koepff (Ravensburg/Biberach) gab – bei aller gebotenen Pflicht zur Aufarbeitung und Prävention – zu bedenken, dass die Freiheit, „in den Glauben hineinzulocken“ gewahrt bleiben müsse. Schutzkonzepte haben ihre Berechtigungen, dürften in der Arbeit aber nicht dazu führen, dass „gar nichts mehr geht“.

    Geist des Miteinanders und Fortsetzung einer offenen Ausarbeitung

    Ursula Kress bedankte sich in ihrem Schlusswort für die Wahrnehmung ihrer Arbeit. Sie habe bei der Aussprache einen besonderen Geist des Miteinanders wahrgenommen. Sie bestätigte die Annahme, dass das Problem der sexualisierten Gewalt sich nicht auf ein Milieu beschränke. Gerade liefen Untersuchungen im Milieu der Reformpädagogik. Es gelte weiterhin in alle Richtungen die Augen offen zu halten. Sie unterstütze die Aussage von Prisca Steeb, dass für eine gute Präventionsarbeit Sprachfähigkeit geschult werden müsse. In Bezug auf ihre Aussagen zur ehemaligen Präses der EKD Kurschus erklärte sie, dass ihr ein „Bashing“ fernliege. Sie habe das Beispiel zum Einstieg ihres Vortrags gewählt, um zu zeigen, dass eine solche Problemlage auch jeden Tag in der württembergischen Landeskirche auftreten könne.

    Die Leiterin des Büros für Chancengleichheit bedankte sich bei der Synodalen Blessing für die Vorschläge, Anlaufstellen für Betroffene außerhalb der Landeskirche einzurichten. Viele Betroffene fänden über die Gemeinden keinen Zugang zu geeigneten Gesprächspartnern und -partnerinnen. Auch die Einrichtung regionaler Aufarbeitungsgruppen durch die EKD begrüße sie, weil sie einen weiteren Blick von außen gewährten. In fünfzehn Monaten sei geplant, mit dieser Aufarbeitung zu starten.

    In Bezug auf die Berechnung der in Württemberg Betroffenen läge der Synodale Stuhrmann richtig. Es gäbe momentan 180 Betroffene, denen in nächster Zeit eine weitere Pauschale zur Überbrückung ausgezahlt würde, bis es eine Vereinheitlichung auf EKD-Ebene gebe.

    Haury ging auf die Fragen der Synodalen ein und stellte in Aussicht, dass ein Nachweisapparat mit Fertigstellung der Studie geliefert werde. Zur Kritik an einem sehr vagen Netzwerkbericht in seinem Vortrag merkte er an, dass durch die Untersuchungen sehr wohl klar geworden sei, dass es sich bei den Verbindungen Zechnalls nicht nur um gemeinsame Gremienmitgliedschaften gehandelt habe, sondern persönliche Freundschaften nachgewiesen werden könnten. Er ermutigte die Synodalen, die Aufarbeitung mutig und transparent voranzutreiben. Ein Rechtsanwalt, der in der Aufarbeitung der sexualisierten Gewalt bei den Regensburger Domspatzen mitgearbeitet hat, habe berichtet, dass das Renommee der Domspatzen und die Identifikation der Regensburger mit dem Chor deswegen wiederhergestellt werden konnte, gerade weil die Menschen von der offenen Aufarbeitungsarbeit mitbekommen hätten. Vertrauen zurückzugewinnen, sei nur über eine transparente und ehrliche Aufklärung möglich.

    Stefan Werner, Direktor im Oberkirchenrat, bekräftigte Ursula Kress darin, dass es falsch wäre, hämisch auf den Fall Kurschus zu blicken. Er schätze die ehemalige Präses und halte sie für integer. Ihr Rücktritt habe es ermöglicht, an der Aufarbeitung weiterzuarbeiten, ohne dass ein Schatten eines Schattens auf die Aufarbeitung falle.

    Selbständiger Antrag 47/23

    Im Verlauf der Aussprache brachte Siegfried Jahn (Schrozberg) den Selbständigen Antrag 47/23 ein, den Oberkirchenrat zu beauftragen, „zusammen mit dem Ev. Jugendwerk Württemberg (ejw), den freien Werken und weiteren Fach- und Beratungsstellen unserer Landeskirche eine praktikable Handreichung mit den wichtigsten Gesichtspunkten zur Verhinderung Sexualisierter Gewalt in der Jugendarbeit zu erstellen.“ Die Problematik Sexualisierter Gewalt sei komplex. Es bedürfe jedoch niederschwelliger, möglichst einfacher und umsetzbarer Handlungsanweisungen für Mitarbeitende, die „unsere Kinder- und Jugendarbeit schützen und die eine Atmosphäre schaffen, in der Grenzverletzungen vertraulich zur Sprache gebracht werden können.“ Bestehende Handlungskonzepte seien anhand der AUF!-Studie zu überprüfen.

    Die Synodalen stimmten dem Antrag einstimmig zu.

    TOP 15: Bericht von der EKD-Synode
    Andrea Bleher

    Bericht von der EKD-Synode

    Die beiden Württemberger EKD-Synodalen Andrea Bleher und David Lehmann berichteten von der Tagung der EKD-Synode in Ulm.  Neben dem Schwerpunktthema religiöser Sprachfähigkeit spielten auch aktuelle Ereignisse eine wichtige Rolle.

    Andrea Bleher berichtete, die Diskussionen der Synode seien stark von Themen beeinflusst worden, die nicht Teil der Tagesordnung gewesen seien:

    • Der Terrorangriff der Hamas auf Israel sei im mündlichen Ratsbericht ausführlich thematisiert worden. Israel habe das Recht, sich zu verteidigen, und das Recht, die Geiseln zu befreien. Es sei aber auch ein Angriff auf die palästinensische Bevölkerung, die leide. Es gebe kein „Entweder - Oder“, „sondern wir sollten mit wachem Blick humanitäre Hilfe und sichere Zonen fordern“. Vor allem gelte es, jeglichem Antisemitismus entgegenzutreten.
    • Zum Rücktritt der Vorsitzenden des Rats der EKD, Annette Kurschuss, einige Tage nach der Synode, sagte Bleher: „Wir als EKD-Synodale haben großen Respekt vor dem Schritt von allen Ämtern zurückzutreten.“ Damit zeige sie, welchen Stellenwert konsequentes Handeln beim Thema sexualisierte Gewalt habe. Die Synode habe sich klar zur Unterstützung betroffener Personen bekannt, zu einer systematischen Aufarbeitung und zu umfassender Prävention. Bei jeder Tagung der EKD-Synode seien über das Beteiligungsforum Betroffenenvertreter und -vertreterinnen eingebunden.
    • In der Debatte über die Neuregelung des §218 sei deutlich geworden, „dass in der Abwägung der Selbstbestimmung der Frau und des Lebensrechts des ungeborenen Kindes noch weitergearbeitet werden muss, da das nun vorliegende Ergebnis nicht ausgewogen erscheint. Der Rat hat das Kammernetzwerk bereits beauftragt.“
    • Zur Wahl von Stefan Werner, Direktor im Stuttgarter Oberkirchenrat, in der Rat der EKD sagte Bleher: „Mit dieser Wahl konnte eine Lücke geschlossen werden, weil nach der Ratswahl 2020 die südlichen Kirchen kein Ratsmitglied stellten. Umso größer ist nun die Freude.“
    David Lehmann

    David Lehmann berichtete von weiteren Themen der Tagung: Das Schwerpunktthema sei „Sprach- und Handlungsfähigkeit im Glauben“ gewesen: „Sprach- und Handlungsfähigkeit, das brauchen wir dringend an den Schnittstellen von Kirche und wissenschaftlicher Theologie. Der Protestantismus war aber immer auch eine Bewegung des „Empowerments“ von allen Christ:innen.“ Lehmann verwies auch auf den Vortrag von Prof. Dr. Michael Domsgen: „Was Menschen brauchen, ist nicht bereits vorab klar, sondern ergibt sich erst in der konkreten Interaktion mit Ihnen.“

    In der Diskussion über die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung VI der EKD seien ihm mehrere Aspekte aufgefallen, so Lehmann:

    • Die Konfirmation sei der wichtigste Faktor für die religiöse Sozialisation.
    • Menschen wollten, dass Kirche sich nicht nur zu religiösen Themen positioniere.
    • Konfessionelle Profile würden immer weniger wichtig.
    • 4,8% der Kirchenmitglieder sagten, Kirche müsse sich grundlegendverändern, wenn sie Zukunft habe wolle.

    Beeindruckt zeigt sich Lehmann von den Ergebnissen der Arbeit des Beteiligungsforums der von sexualisierter Gewalt Betroffenen. Es sei „keine Selbstverständlichkeit, dass sich Betroffene in unserer Kirche engagieren, ihre Expertise und Perspektive einbringen. Es freut mich außerdem, dass wir mit dem neuen Beteiligungsforum ein Format gefunden haben, das eine gute gemeinsame Arbeit ermöglicht.“

    Auch über Diskussionen zum Thema Prostitution und Zwangsprostitution berichtete Lehmann. Der Württemberger EKD-Synodale Maik-Andres Schwarz habe einen Antrag eingebracht, in dem er – im Anschluss an eine Resolution des Kirchentags 2023 – die Einführung des sogenannten „nordischen Modells“ in Deutschland fordere. Auf der EKD-Synode sei schnell klar geworden, dass das Thema sehr komplex sei und die Bewertung von Maßnahmen nicht leicht. Die EKD-Synode werde aller Voraussicht nach eine Arbeitsgruppe mit Experten und Expertinnen einsetzen, die eine Positionierung erarbeiten soll.

    TOP 16: Erarbeitung eines „Württemberger Gemeindekatechismus“
    Siegfried Jahn

    Siegfried Jahn, der Ausschussvorsitzende, berichtete von den Erwägungen des Ausschusses zur Erarbeitung eines „Württemberger Gemeindekatechismus“ (Antrag Nr.14/20). Unter anderem haben man Zielgruppe und Form diskutiert. Empfehlung an die Synode: Antrag nicht weiterverfolgen.

    Intention des Antrags Nr.14/20 sei es, den Glauben an Jesus Christus verständlich zu erklären, erklärte Siegfried Jahn, und berichtete von den Fragen, die der Ausschuss diskutiert habe:

    • Zielgruppe eines solchen Katechismus mit Folgen für Inhalt, Form und Sprache,
    • Form: App oder Printprodukt,
    • „Württembergischer“ Katechismus: Spezifika der Landeskirche,
    • Einbeziehung in die Arbeit.

    Gemeinsamer Beschluss: Ausschuss Bildung und Jugend und Theologischer Ausschuss

    In der gemeinsamen Sitzung der beiden Ausschüsse im Mai 2021 sei beschlossen worden:

    • Vom Begriff des „Katechismus“ sei Abstand zu nehmen, da er unattraktive Assoziationen wecke.
    • Zentrale Begriffe des Glaubens und des (kirchlichen) Lebens sollten erklärt werden.
    • Mehrere Zielgruppen seien anzusprechen.
    • Theologisch sei Verständlichkeit ohne plakative Vereinfachung angestrebt.

    Sichtung vorhandener Projekte – Beschluss: Antrag nicht weiterverfolgen

    In der letzten Beratung des Antrags im September 2023 habe der Ausschuss für Bildung und Jugend zusammen mit Oberkirchenrätin Carmen Rivuzumwami und Oberkirchenrat Dr. Ulrich Heckel bereits vorhandene Projekte gesichtet. Dies seien zum Beispiel

    • die Handreichung “Daran glauben wir“ aus 2005, aktualisiert 2016, in verschiedenen Sprachen,
    • Tauf- und Theologiekurse, ein Kurs zum Islam sowie die Stuttgarter Erklärungsbibel,
    • das Projekt „Kleine Menschen – große Fragen“: Erklärfilme für den Kita- und Familienbereich.

    Der Ausschuss habe festgestellt, dass gutes Material bereits vorliege und eine Bündelung wünschenswert sei. Er sehe den Antrag grundsätzlich als bearbeitet an. Er empfehle der Landessynode mit Beschluss vom 29. September 2023, den Antrag Nr. 14/20 nicht mehr weiterzuverfolgen.

    TOP 17: Gesamtstrategie für das Themenfeld "Kirche der Zukunft neue Aufbrüche" / Starthilfe für Gründung von Bezirkspersonalgemeinden
    Kai Münzing

    Bericht des Ausschusses für Kirchen- und Gemeindeentwicklung

    Kai Münzing, Ausschussvorsitzender des KGE, berichtete hinsichtlich der Anträge Nr. 18/20 und Nr. 36/20. Seit Antragstellung im Jahr 2020 sei die Transformation in der Landeskirche in Richtung Zukunft in zahlreichen Projekten eingeläutet. Der Ausschuss für Kirchen- und Gemeindeentwicklung (KGE) empfiehlt, die Anträge nicht weiterzuverfolgen: Deren Ziele seien in vielen Projekten und Entwicklungen aufgenommen worden.

    Münzing brachte die Zielsetzung der Anträge Nr. 18/20 und Nr. 36/20 in Erinnerung:

    • Entwicklung einer Gesamtstrategie für das Thema „Kirche der Zukunft – neue Aufbrüche“, darunter Bündelung von Ressourcen (18/20)
    • Planung von sechs Sonderpfarrstellen zur Gründung von Bezirkspersonalgemeinden sowie landeskirchliche Zuschüsse hierfür (36/20)

    Information über Modelle zur Entwicklung von Kirche

    Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung und umfangreichem Austausch über Ansätze der Weiterentwicklung – auch außerhalb der Landeskirche – habe der Ausschuss weitere, themenverwandte Anträge der Synode einbezogen, berichtete Münzing.

    Ziele bereits aufgenommen - Empfehlung des Ausschusses: Anträge nicht weiterverfolgen

    Da in der Zwischenzeit viele der Intentionen, die in den beiden Anträgen zum Ausdruck kommen, schon aufgenommen und umgesetzt würden, empfehle der Ausschuss einstimmig, die beiden Anträge nicht weiterzuverfolgen. Das Plenum folgte dieser Empfehlung. Als Beispiele nannte Münzing:

    • Einrichtung von Projektpfarrstellen Innovation,
    • Wiederbesetzung Referentenstelle für Innovation und Neue Aufbrüche,
    • Innovations- und Ehrenamtstag 2024 unter dem Motto „Gemeinde begeistert (..)“ als Austauschplattform
    • Innovationslandkarte mit aktuell rund 100 Projekten,
    • Projekt „multiprofessionelle Teams“ für Erprobungsräume auf Gemeinde- und Distriktebene,
    • seit April 2023 neues „Zentrum für Gemeindeentwicklung und missionale Kirche“ im Oberkirchenrat.
    TOP 18: Selbständige Anträge
    • Antrag Nr. 37/23: Gründung eines Verbands der Württembergischen und Badischen Landeskirche. Der Antrag wurde verwiesen in den Sonderausschuss für inhaltliche Ausrichtung und Schwerpunkte unter Beteiligung des Rechtsausschusses.
    • Antrag Nr. 38/23: Flexible Amtszeitbegrenzung von Dekaninnen und Dekanen im Fall von beabsichtigten Fusionen von Kirchenbezirken. Der Antrag wurde verwiesen in den Rechtsausschuss unter Beteiligung des Ausschusses für Kirchen- und Gemeindeentwicklung.
    • Antrag Nr. 39/23: Referenten-/Referentinnenstelle für Inklusion. Der Antrag wurde verwiesen in den Ausschuss für Diakonie unter Beteiligung des Finanzausschusses.
    • Antrag Nr. 40/23: Besoldung von Administratorinnen und Administratoren, die Fusionen von Kirchenbezirken begleiten. Der Antrag wurde verwiesen in den Ausschuss für Kirchen- und Gemeindeentwicklung unter Beteiligung des Finanzausschusses.
    • Antrag Nr. 41/23: Tandemprogramm für Theologiestudierende. Der Antrag wurde in den Theologischen Ausschuss verwiesen.
    • Antrag Nr. 42/23: Rubrik "Glaube lebt" auf Homepage der Landeskirche einrichten. Der Antrag wurde verwiesen in den Ausschuss für Kirche, Gesellschaft, Öffentlichkeit und Bewahrung der Schöpfung.
    • Antrag Nr. 43/23: Verstetigung Projekt Aufbruch Quartier. Der Antrag wurde verwiesen in den Ausschuss für Kirchen- und Gemeindeentwicklung unter Beteiligung des Ausschusses für Diakonie. 
    • Antrag Nr. 44/23: Ausnahmegenehmigung für 50%-Pfarrstellen mit Geschäftsführung. Der Antrag wurde verwiesen in den Ausschuss für Kirchen- und Gemeindeentwicklung.
    TOP 19: Förmliche Anfragen
    Dr. Michael Frisch

    Nr. 42/16: Anstellungsfähigkeit von Mitarbeitenden in Kirche und Diakonie, die keiner ACK-Kirche (Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen) angehören

    Zurzeit laufen – unterteilt nach Arbeitsgebieten – Beratungen in Arbeitsgruppen, die Kriterien dafür entwickeln sollen, für welche Tätigkeiten die Zugehörigkeit zu einer ACK-Kirche unverzichtbar ist und bei welchen Tätigkeiten auf diese Voraussetzung verzichtet werden kann. Oberkirchenrat Dr. Michael Frisch, Leiter des Rechtsdezernats, legt den Stand der Beratungen nach Arbeitsfeldern aufgeschlüsselt dar. Die Arbeitsfelder sind:

    • Mesnerinnen und Mesner, Hausmeisterinnen und Hausmeister, Hauswirtschaft, Küche, Reinigung, Service und Wäscherei, handwerklicher, gärtnerischer, landwirtschaftlicher und technischer Bereich, Fahrdienst (ausgenommen Fahrer im Mahlzeitendienst), Beschäftigte der Münsterbauhütte Ulm, Praktikanten und Praktikantinnen (ausgenommen Anerkennungspraktikum) und Personen in Freiwilligendiensten: Für diese Gruppen sind die neuen Regelungen kürzlich in einem Rundschreiben des Oberkirchenrats mitgeteilt worden.
    • Verwaltung: Die Ergebnisse werden voraussichtlich im ersten Quartal 2024 bekannt gegeben.
    • Pflege: Die Ergebnisse werden voraussichtlich im zweiten Quartal 2024 bekannt gegeben.

    Frisch ergänzte, es sei auch eine Arbeitsgruppe zur Begleitung konfessionsloser und fremdreligiöser Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geplant. Dort solle auch der Umgang mit einem Kirchenaustritt erneut behandelt werden.

    Eine Teilfrage der Förmlichen Anfrage lautete: „Ist es sinnvoll, dass Absolventinnen und Absolventen der Evangelischen Hochschulen in der Landeskirche, die dort mit einem explizit evangelischen Profil ausgebildet wurden, nach dem Studium im kirchlichen Bereich nicht angestellt werden können?“ Dr. Michael Frisch antwortet darauf, das Studium sei die fachliche Voraussetzung für die Anstellung. Daneben seien auch persönliche Eignungsmerkmale maßgeblich. Zu ihnen könne auch die erforderliche Loyalität und je nach Tätigkeit die Mitgliedschaft in einer bestimmten Kirche gehören. Es könne daher sinnvoll sein, dass Absolventinnen und Absolventen der Evangelischen Hochschulen zum Beispiel dann nicht angestellt werden, wenn sie aus der Evangelischen Landeskirche ausgetreten seien oder wiedergetauft seien.

    Kathrin Nothacker

    Nr. 43/16: Neuer theologischer Studiengang für Personen mit mittlerem Bildungsabschluss an der Augustana-Hochschule Neuendettelsau

    Oberkirchenrätin Kathrin Nothacker, Leiterin des Dezernats für Theologische Ausbildung und Pfarrdienst, führte in ihrer Antwort auf Anfrage 43/16 zum neuen theologischen Studiengang für Personen mit mittlerem Bildungsabschluss an der Augustana-Hochschule Neuendettelsau aus, dass der Oberkirchenrat diesen Studiengang begrüße und württembergische Interessenten ermutige, diesen Weg zu gehen. Der Schritt ins württembergische Pfarramt sei möglich.

    Nothacker erklärte, der Oberkirchenrat halte den Studiengang für „eine gute Ergänzung zu unseren neben dem grundständigen Theologiestudium bisher bestehenden alternativen Zugängen zum Pfarrdienst (BAiP, Studiengang für Berufsqualifizierte).“ Er stelle „ein additives Angebot für Menschen mit einem mittleren Bildungsabschluss und langjähriger Berufserfahrung außerhalb des kirchlichen Lebens dar, die sich auf den Weg in Richtung Pfarrdienst aufmachen wollen. Der Bewerbung der Interessenten an der Hochschule werde der Oberkirchenrat ein Kontakt- und Informationsgespräch vorschalten. Nothacker stellte klar, dass bereits jetzt bei Bewerberinnen und Bewerbern für die Aufnahme in den Vorbereitungsdienst unter bestimmten Voraussetzungen von der absolvierten I. Evangelisch-theologischen Dienstprüfung als Voraussetzung abgesehen werden könne. Der künftige Studiengang an der Augustana-Hochschule lasse eine angemessene wissenschaftliche Vorbildung der Absolventen und Absolventinnen erwarten. Es bedürfe daher keiner Änderung der rechtlichen Regelungen, um im Einzelfall Absolventinnen und Absolventen in den Vorbereitungsdienst der Landeskirche aufnehmen zu können.

    Grußwort von Dr. Michael Blume
    Dr. Michael Blume

    Grußwort von Dr. Michael Blume

    Dr. Michael Blume ermutigte in seinem Grußwort die Landeskirche dazu, den engen Kontakt mit den jüdischen Gemeinden zu suchen. Blume wies auf den Aspekt der Hoffnung als gemeinsames Merkmal der abrahamitischen Religionen hin, ohne die es keine Chance gegen Antisemitismus und Verschwörungsmythen gebe.

    Dr. Michael Blume, der Beauftragte der baden-württembergischen Landesregierung gegen Antisemitismus, sagte in seinem Grußwort: „Der Antisemitismus ist eine Ideologie, ein Dualismus der Hoffnungslosigkeit. Antisemiten glauben, dass die Zeit gegen sie arbeitet, dass wir auf eine Apokalypse zugehen und dass sie sich verteidigen müssen.“

    Alle alphabetisierten Religionen sagten jedoch, am Ende werde alles gut, und wenn es noch nicht gut sei, dann sei es noch nicht das Ende. Das sei „eine verwegene Hoffnung, die uns gerade in diesen Tagen vielleicht auch schwerfällt, ich glaube aber, dass wir diese Hoffnung brauchen, dass wir ohne diese Hoffnung gegen Antisemitismus und Verschwörungsmythen keine Chance haben.“ Blume betonte, „dass wir als jüdische, als christliche, als muslimische, jesidische, auch als nicht religiöse Menschen eine Verantwortung für die Hoffnung haben.“

    Blume formulierte vier Wünsche an die Landeskirche:

    • Blume forderte dazu auf, „die Energiewende als Chance zur Friedenswende zu begreifen“. Die arabischen Staaten wüssten, „dass wir gerne von Menschenrechten reden, aber noch mit jedem Regime Verträge geschlossen haben, das billiges Öl und Gas liefert“. Weiter sagte Blume: „Wir finanzieren den Terror, die Propaganda und die Gewalt von autoritären und antisemitischen Regimen durch unsere Gier nach Öl und Gas“. Blume ermutigte dazu, „unser eigenes Verhalten zu hinterfragen und wohl kritisch in Moscheen zu schauen, aber dann bitte auch in Dax-Konzerne und Vorstände und Aufsichtsräte, in denen das fossile Geld einen mächtigen Einfluss bis in unser aller Leben entfaltet. Hier können Kirchen glaubwürdig vorangehen, und sie können sogar, was Politikerinnen und Politiker nicht können, nämlich Verzicht empfehlen, ohne dafür abgewählt zu werden.“
    • Blumes zweiter Wunsch lautet, Medien für den öffentlichen, nicht kommerziellen Bereich des Internets zu produzieren. Blume sagte: „Wir können nicht mehr entscheiden, ob die Kirche digitalisiert wird. Wir können nur noch entscheiden, ob die Mächte des Hasses oder die Mächte der Liebe das letzte Wort haben, und dazu kann jede und jeder von uns beitragen.“
    • Als dritten Wunsch lud Blume die Landeskirche ein, gemeinsam mit der Israelitischen ReligionsgemeinschaftWürttembergs wichtige religiöse Schriften, beispielsweise von Rabbi Jonathan Sax, herauszugeben.
    • In seinem vierten Wunsch regte Blume religionsverbindenden Religionsunterricht gemeinsam mit dem Judentum an und sagte: „Ich möchte Sie ermutigen, auf die jüdischen Gemeinden zuzugehen und zu fragen, ob wir nach dem Erfolg des konfessionsverbindenden Religionsunterrichts vielleicht auch über religionsverbindenden Religionsunterricht nachdenken können. Stellen Sie sich einmal vor, wir würden es in Württemberg und vielleicht auch in Baden-Württemberg schaffen, dass jüdische und evangelische Menschen gemeinsam Religionsunterricht haben, und gemeinsam sagen, die Kinder sind bei uns willkommen, weil wir nicht überwältigen, sondern weil wir einladen und informieren.“ Dies würde, so Blume, einen großen Sog auf andere Konfessionen, Kirchen und Religionsgemeinschaften ausüben und in die Zukunft weisen.
    TOP 20: Planüberschreitungen und Rechnungsabschluss der landeskirchlichen Rechnung 2021
    Dr. Jörg Antoine

    Jahresabschlüsse 2021/22 und Nachtragshaushalt 2024

    Bericht des Oberkirchenrats

    Dr. Jörg Antoine, kommissarischer Leiter des Dezernats für Finanzmanagement und Informationstechnologie im Oberkirchenrat bescheinigte der Landeskirche solides und gutes Wirtschaften in den Jahren 2021 und 2022, sprach aber auch die wirtschaftlichen Herausforderungen der kommenden Jahre an, die sich auch schon im Nachtragshaushalt für 2024 zeigen.

    Antoine sagte mit Blick auf die Jahresabschlüsse 2021/22, man habe „solide gewirtschaftet“. Er betonte: „Wir sind mit den uns anvertrauten Kirchensteuern gut umgegangen. Wir haben die Kirchensteuern in vielfältiger Weise eingesetzt, um das kirchliche Leben unserer Landeskirche in der Fläche zu finanzieren.“ Es seien bei Weitem nicht alle geplanten Ausgaben ausgeschöpft worden. So habe die Landeskirche zum Beispiel im Jahr 2021 rund 72 Mio. Euro weniger Sach- und sonstige Aufwendungen und rund 17,7 Mio. Euro weniger Personalaufwendungen gehabt. Auf der Einnahmenseite habe die Landeskirche Euro 855 Mio. Euro statt der geplanten statt 652 Mio. an Erträgen gehabt. Die Mehrerträge in Höhe von rund 200 Mio. Euro resultieren im Wesentlichen aus 26 Mio. Euro höheren Kirchensteuererträgen als geplant und dem der Landeskirche zurechenbaren Mehrvermögen bei der Evangelischen Ruhegehaltskasse in Höhe von 165 Mio. Euro.

    Ähnlich verlief auch das Jahr 2022: Gegenüber dem Plan von 655,8 Mio. Euro habe die Landeskirche 696,1 Mio. Euro an Erträgen gehabt, die im Wesentlichen aus höheren Kirchensteuereinnahmen resultieren. Auf der Ausgabenseite habe die Kirche gegenüber dem Plan einen 66,9 Mio. Euro geringeren Sach- und sonstigen Aufwand und 22,9 Mio. Euro weniger Personalaufwendungen gehabt.

    Steuerungsbedarf sieht Antoine nach wie vor bei der Deckung künftiger Versorgungsverpflichtungen: „Wir haben Fortschritte gemacht bei der Schließung der Deckungslücke für die Versorgungs- und Beihilfenverpflichtungen. Die bereits heute bestehenden Versorgungs- und Beihilfeverpflichtungen haben wir allerdings nur zum Teil finanziert.“ Dazu müsse die Landeskirche „weiteres Finanzvermögen aufbauen, um es dann bei den Pensionärinnen und Pensionären der Baby-Boomer-Generation einzusetzen. Das werden in den kommenden zehn Jahren mindestens 750 Mio. Euro sein müssen.“ Entsprechende Vorschläge kündigte Antoine für die Frühjahrssynode 2024 an.

    Mit Blick auf den ersten Doppelhaushalt der Landeskirche (2023/2024) sagte Antoine, die Umstellung sei für den Oberkirchenrat „eine sehr deutlich spürbare Entlastung“. Das gebe die Zeit, „sich in den Jahren, wo keine Haushaltsplanung ansteht, auf grundständige Themen zu konzentrieren, die sonst zu kurz kommen. In diesem Jahr waren es die Rechnungsabschlüsse 2021 und 2022, die Konsolidierung unserer Umstellung auf das neue Rechnungswesen und der Einstieg in eine strategische Überlegung zur Versorgungsdeckungslücke, die wir für die kommende Synode vorbereiten.“

    Antoine erklärte, im ersten Nachtragshaushaltsplan sei die Kirchensteuerprognose für 2024 von 835 Mio. Euro auf 820 Mio. Euro angepasst worden. Für 2023 habe man ursprünglich 820 Mio. Euro prognostiziert; „wenn es zum Jahresende noch gut verläuft, dann landen wir dieses Jahr vielleicht noch bei 800 Mio. Euro“. Von den Tarifsteigerungen 2023 könne die Kirche nur wenig profitieren, weil einige Zahlungen als steuerfreier Inflationsausgleich gezahlt worden seien. Oberkirchenrat und Finanzausschuss schlagen laut Antoine vor, den Kirchensteuerausfall in Höhe von 7,5 Mio. Euro für den Anteil der Gesamtheit der Kirchengemeinden im Nachtragshaushaltsplan nicht an die Kirchenbezirke und Kirchengemeinden weiterzureichen. Dafür stehe die gemeinsame Ausgleichsrücklage zur Verfügung. Man schlage vielmehr vor, den Sonderbeitrag Verteilbetrag von 7 Mio. Euro auf 10 Mio. Euro anzuheben, um dadurch die Gemeinden bei der Finanzierung der höheren Gehalts- und Energiekosten zu entlasten.

    Die größte Veränderung im Nachtragshaushalt sei, so Antoine, die geplante Zuführung zur Versorgungsstiftung in Höhe von rund 60,6 Mio. Euro. Diese Buchung müsse in der Erfolgsrechnung als Aufwand verbucht werden. Dadurch sei dann der Haushalt der Landeskirche aber nicht mehr ausgeglichen und ein Ausgleich müsste aus der landeskirchlichen Ergebnisrücklage erfolgen, die aber nicht mehr weiter absinken dürfe. Das Dezernat arbeite an einer Lösung, so dass dieser Betrag bis zur Klärung und Auszahlung einem Sperrvermerk unterliegen solle.

    Tobias Geiger

    Bericht des Finanzausschusses

    Tobias Geiger, Vorsitzender des Finanzausschusses der Landessynode, mahnte zu konsequentem Sparen und machte zugleich Mut, auch eine sich verkleinernde Kirche könne vital bleiben.

    Geiger lobte die große Transparenz, die aufgrund des neuen Rechnungswesens erstmals mit den Jahresabschlüssen 2021 und 2022 möglich sei – insbesondere in den Lücken bei den Rücklagen für die Versorgung der Kirchenbeamten: „730 Mio. Euro stehen bei Versorgungsfonds und -stiftung zu Buche, von denen mehr als die Hälfte in den letzten Jahren angespart wurde. Dieser Kraftakt ist mit dem Namen Dr. Martin Kastrup verbunden. […] Unser Finanzdezernent wurde nicht müde, im Blick auf die Versorgung immer wieder das Thema Generationengerechtigkeit anzumahnen. Die aktuellen Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft zeigen, wie richtig der von Dr. Kastrup eingeschlagene und von Dr. Antoine weitergeführte Weg ist.“ Man dürfe „künftig Verantwortlichen nicht zumuten, zusätzlich zu den Herausforderungen von Mitglieder- und Kirchensteuerrückgang noch Versorgungsverpflichtungen aus der Vergangenheit zu finanzieren.“

    Zur Entwicklung der Versorgungsrücklagen sagte Geiger, im Doppelhaushalt 2023/24 seien für Versorgungs- und Beihilfeabsicherung 220 Mio. Euro vorgesehen. Diese hohe Summe sei möglich, weil große Teile der kameralen Rücklagen in den Budgets im Oberkirchenrat aufgelöst würden. „Wenn wir das wie geplant umsetzen können, dann reduziert sich der noch fehlende Betrag von 740 Mio. auf 520 Mio. Euro.“

    Mit Blick auf den aktuellen Haushalt sagte Geiger: „Die derzeitige Rücklagenentnahme ist nur übergangsweise möglich und muss eine Ausnahme bleiben. Auch an dieser Stelle unterstützt der Finanzausschuss das Kollegium nachdrücklich und wir erwarten die entsprechenden Weichenstellungen bereits im Doppelhaushalt 2025/26.“ Geiger lobte aber auch die Einsparungen durch den Oberkirchenrat etwa durch die Verschlankung der Verwaltung, Kürzung der Budgets um 0,9 Prozent pro Jahr und die Suche und Verwirklichung von Synergien mit der badischen Landeskirche. Die bisherigen Entscheidungen reichten aber nicht aus, um die genannten Fehlbeträge auszugleichen: „Uns bleibt keine andere Wahl, als die laufenden Ausgaben konsequent und dauerhaft einzuschränken.“

    Geiger mahnte zugleich die Stärkung von Angeboten für junge Familien, Kinder und Jugendliche an, durch die Kirche „die Einstellungen zu Religion und Kirche auch in Zukunft nachhaltig prägen kann.“ Mann solle nicht nur vom Sparen sprechen, sondern solle auch sagen, „wo kirchliche Arbeit wirkungsvoll und relevant ist, wo Menschen gerne kommen, wo Gemeinschaft erlebt und Glaube geteilt wird.“ Das werde nicht zu einem Wachsen gegen den Trend führen, aber „es holt uns heraus aus Depression und Resignation. Auch kleiner werdende Gemeinden können vital und agil sein. Wir wollen Kurs halten auf das Zielbild einer Kirche, die auch mit weniger finanziellen Mitteln ihre Aufgaben in Verkündigung und Seelsorge, Mission und Diakonie, Jugendarbeit und Schule erfüllen kann.“

    Kai Münzing

    Bericht des Ausschusses für die Verteilung der Mittel des Ausgleichsstocks

    Oikos-Projekt

    Münzing erklärte, das kirchliche Klimaschutzgesetz werde sich bei sinkenden Kirchensteuereinnahmen, schrumpfenden Mitgliederzahlen und der angestrebten Treibhausgasneutralität massiv auf den Gebäudebestand auswirken. Im Rahmen des Oikos-Projekts werden alle rund 6.000 Gebäude der Landeskirche in einem einheitlichen Verfahren auf Sanierungs- und Unterhaltskosten geprüft und in einem Ampelsystem bewertet. Anhand dieser Bewertung können die Kirchenbezirke dann entscheiden, in welche Gebäude sie künftig, gerade im Hinblick auf energetische Sanierungen, investieren. Nur wenn ein Kirchenbezirk das entsprechende Ampelsymbol für ein Gebäude gesetzt habe, werde es künftig Zuschüsse aus dem Ausgleichstock geben können. So solle der verbleibende Gebäudebestand energetisch so gut ertüchtigt werden, dass die Treibhausgasbilanz ausgeglichen und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kirchengemeinden nicht überfordert werde. Münzing sagte, die Immobilien der ersten neun Kirchenbezirke würden bis Ende 2023 untersucht sein. Alle anderen Kirchenbezirke seien bis Ende 2024 geplant.

    Photovoltaik-Anlagen

    Kai Münzing, stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für die Verteilung der Mittel des Ausgleichsstocks, berichtete, das kirchliche Klimaschutzgesetz werde sich bei sinkenden Kirchensteuereinnahmen „massiv auf den derzeitigen Gebäudebestand auswirken“. Im Rahmen des Oikos-Projektes würden nun alle rund 6.000 Immobilien im Hinblick auf Sanierungs- und Unterhaltungsbedarf untersucht und bis Ende 2024 in einem Ampelsystem bewertet. Anhand dieser Bewertung könnten dann die Kirchenbezirke über die langfristige Zuweisung von Kirchensteuermitteln zum Gebäudeunterhalt und bei Investitionen mittels eines Ampelsystems entscheiden. Neun Kirchenbezirke werden bis Ende 2023 untersucht sein, alle weiteren folgen 2024. Dieser Gesamtüberblick werde dem Ausschuss helfen, „die ‚Hilfsbedürftigkeit‘ der Kirchengemeinden mit ihrem Bestand von ca. 6.000 Immobilien möglichst gerecht und gleichmäßig zu unterstützen“.

    Münzing berichtete, seit Anfang 2023 könnten Kirchengemeinden Förderung von Photovoltaik-Anlagen beantragen. Es seien aber erst wenige Anträge gestellt worden. Es zeige sich, dass es einfacher sei, eine Förderung auf den Weg zu bringen als die Anlagen auf den Dächern zu installieren. Die Gründe seien vielfältig. Lieferengpässe, ungeeignete Dachstatik, Sanierungsbedarf der Elektrik, schlechte Wirtschaftlichkeit. Der Ausschuss habe beschlossen, den Bau möglichst vieler Anlagen gegenüber der Wirtschaftlichkeit zu priorisieren.

    Förderung von Kindergärten

    Die Förderung evangelischer Kindergärten aus Mitteln des Ausgleichstocks trage zur Finanzierung notwendiger Eigenmittel bei. Kindergartenträger hätten dennoch teilweise große Schwierigkeiten, die gestiegenen Kosten beim Betrieb der Einrichtungen zu bewältigen. Sie werden, so Münzing, mit Oberkirchenrat, Kommunen und Land nach Lösungen suchen müssen.

    Ausblick

    Münzing sagte, er könne zum ersten Mal „keinen positiven Ausblick wagen“. Der Ausschuss werde Förderzusagen nur dann einhalten können, wenn sich die Zahl der zu bezuschussenden Immobilien deutlich verringere. Nur dann können die Gebäude auch bei teuren energetischen Sanierungen angemessen gefördert werden. Schon jetzt stiegen die Kosten je Sondervorhaben deutlich. Durch die Beschlüsse der Landessynode für erhöhte Zuweisungen an den Ausgleichstock sei es möglich gewesen, die Oikos-Studien zu beauftragen und die Verteilung der Mittel strategisch besser zu steuern.

    Aussprache

    In der Aussprache sagte Harry Jungbauer (Heidenheim), es sei wichtig, bei der Sicherung der Versorgungsverpflichtungen dranzubleiben, nicht nur im Hinblick auf die Generationengerechtigkeit, sondern auch, weil die Ruhestandspfarrerinnen und -pfarrer die schwächste Gruppe in der Landeskirche seien. Für sie müsse man gut sorgen. Götz Kanzleiter (Ostelsheim) thematisierte ebenfalls die Versorgungslücke und regte eine Diskussion darüber an, ob die Landeskirche künftig noch Kirchenbeamte brauche: „Warum nicht alle anstellen, so dass alle in die Rentenversicherung einzahlen?“ Solche grundsätzlichen Diskussionen wünsche er sich. Christoph Schweizer (Esslingen) fragte nach den Ursachen der Mehrkosten von über 1,6 Millionen Euro, die im Nachtragshaushalt 2024 für das Interimsquartier des Oberkirchenrats (OKR) vorgesehen seien. Stefan Werner, Direktor im Oberkirchenrat, antwortete und erklärte die Mehrkosten damit, dass der OKR das Interim – anders als erwartet – nicht mit denselben Ressourcen bewirtschaften könne wie das alte Dienstgebäude. Es sei externe technische Unterstützung notwendig geworden. Auch habe umgebaut und zudem externer Lagerraum angemietet werden müssen.

    Beschlüsse

    Antrag Nr. 35/23:

    Die Landessynode möge beschließen: 1. Der Rechnungsabschluss 2021 sowie die Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2021 werden zur Kenntnis genommen. 2. Die durch den Allgemeinen Planvermerk I Nr.1 b nicht abgedeckten Planabweichungen im Umfang von 279.080.141,98 € werden genehmigt.

    Der Antrag 35/23 und damit der Jahresabschluss 2021 wurde mit großer Mehrheit angenommen.

    Antrag Nr. 36/23:

    Die Landessynode möge beschließen: 1. Der Rechnungsabschluss 2022 wird zur Kenntnis genommen. 2. Die durch den Allgemeinen Planvermerk I Nr. 1 b nicht abgedeckten Planabweichungen im Umfang von 46.562.550,97 € werden genehmigt.

    Der Antrag 36/23 und damit der Jahresabschluss 2022 wurde mit großer Mehrheit angenommen.

    Nachtragshaushalt 2024:

    Die Landessynode hat den Nachtragshaushalt 2024 in erster und zweiter Lesung beschlossen

    TOP 23: Zwischenbericht Verwaltungsstrukturreform
    Oberkirchenrat Christian Schuler

    Zwischenbericht Verwaltungsstrukturreform

    Bericht des Oberkirchenrats

    Oberkirchenrat Christian Schuler berichtete darüber, wie das Gesetz zur Modernisierung der Verwaltung, das am 1. Januar 2023 in Kraft trat, bisher umgesetzt werde. Ziel sei eine anpassbare und skalierbare Verwaltung bis 2030.

    Schuler beschrieb das Vorgehen bei der Umsetzung der Modernisierung, dazu nannte er unter anderem:

    • Verbindliche Zielpunkte zur Einführung der Doppik in den 19 Verwaltungsregionen,
    • Beratung der Kirchengemeinden bei Umstellung auf die neuen Strukturen, einschließlich Anhörungsverfahren und Übertragungsprozessen,
    • Wechsel der Berufsbilder Kirchenpflege und Sekretariat auf „Assistenz der Gemeindeleitung“,
    • gezielte Kommunikation, um den Unterschieden in den Kirchengemeinden zu begegnen.

    Oberkirchenrat Schuler bat abschließend die Synodalen, die weiteren Schritte der Verwaltungsmodernisierung aktiv zu unterstützen und Rückmeldung zu geben.

    Kai Münzing

    Bericht des Ausschusses für Kirchen- und Gemeindeentwicklung (KGE)

    Der Ausschussvorsitzende Kai Münzing betonte in seinem Bericht, dass es sich bei der Reform um das größte Einzelprojekt in der Geschichte der Landeskirche handele, und wies auf die Faktoren hin, die zu ihrem Gelingen erforderlich seien.

    Nach einer ausführlichen Vorstellung des Zwischenstands durch das Projektteam betonte der Ausschuss die hohe Kompetenz der Arbeit, die Bedeutung der Vernetzung sowie die Herausforderungen unter anderem durch Fachkräftemangel, kirchliches Recht und Komplexität. Von vielen gelungenen Umsetzungsbeispielen werde bereits berichtet, aber auch kritische Stimmen nähmen zu.

    Negative und positive Rückmeldungen nutzen

    Münzing bat für den Ausschuss eindringlich darum, Gründen für negative Rückmeldungen nachzugehen und gegenzusteuern, positive Ergebnisse als Folie zu verwenden. Der Ausschuss sehe an einigen Stellen das Zielbild durch Entscheidungen gefährdet. Der Ausschuss werde sich und die Synode weiterhin regelmäßig informieren.

    Aussprache

    In der Aussprache weisen mehrere Synodale darauf hin, wie wichtig es sei, die Mitarbeitenden und ihre Fragen im Umsetzungsprozess mitzunehmen – gerade angesichts des Fachkräftemangels. Zugleich würdigten sie den Einsatz der Verantwortlichen im Oberkirchenrat angesichts der Komplexität der Aufgabe; aus Pilotgemeinden wurden auch positive Erfahrungen berichtet.  

    Die Synodale Ulrike Sämann (Plochingen) betonte, wie wichtig es sei, den Mitarbeitenden auf allen Ebenen Wertschätzung entgegenzubringen und attraktive Angebote zu machen. Kirchliches Wissen in der Verwaltung dürfe nicht verloren gehen. Die Kirchengemeinden dürfte man nicht aus den Augen verlieren, da sie größten Veränderungen gegenüberstünden. Hier sei noch mehr Beratung erforderlich, gegebenenfalls auch noch deutlichere Erklärungen. Gerade die gleichzeitige Umstellung auf die Doppik verursache Unsicherheit, bestätigte der Christoph Hillebrand (Dettingen am Albuch), ebenso die Notwendigkeit einer guten Kommunikation und einer kompetenten Anlaufstelle für Fragen. Informationen benötigten gerade auch die vielen Ehrenamtlichen, so der Anselm Kreh (Hermaringen).

    Ralf Walter (Herbrechtingen) berichtete aus dem Pilotbezirk Heidenheim zusätzlich von dem Eindruck, zu wenig Mitspracherecht zu haben, beziehungsweise Autonomie zu verlieren.  

    Simon Blümcke (Ravensburg) erinnerte an das Ziel der Modernisierung, Pfarrerinnen und Pfarrer zu entlasten, und mahnte an, dass Verwaltung kein Selbstzweck sein dürfe, sondern dienen müsse. Die Frage der Entlastung der Pfarrerschaft brachte auch Thorsten Volz auf, und kritisierte das Vorgehen bei der Frage der Eingruppierung der Assistenz der Gemeindeleitung, ebenso wie Michael Schneider (Balingen).

    Die Gestaltung des geistlichen Lebens beziehungsweise der künftigen Arbeitskultur der Mitarbeitenden warf Matthias Hanßmann (Horb a.N.) auf und regte an, hierfür Tools zur Verfügung zu stellen.

    Prof. Dr. Martin Plümicke (Reutlingen) kritisierte die wachsende Unselbständigkeit der Kirchengemeinden mit der Umsetzung des Gesetzes.

    Dr. Antje Fetzer-Kapolnek (Weinstadt-Beutelsbach) betonte, dass Verwaltung und Entscheidungsgremien ineinandergreifen müssten, statt sie voneinander zu trennen.

    Oberkirchenrat Christian Schuler ging auf die genannten Fragen ein, erläuterte Details unter anderem zur Eingruppierung und sicherte die Auseinandersetzung und gegebenenfalls Nachsteuerung zu, etwa im Bereich der Kommunikation. 

    TOP 24: Zielstellenplan Sonderpfarramt 2030
    Oberkirchenrätin Kathrin Nothacker

    Kürzungen vor allem in Seelsorge und Religionspädagogik

    Oberkirchenrätin Kathrin Nothacker berichtete der Synode von den vorgesehenen Kürzungen im Zielstellenplan 2030. In diesem seien die größten Einschnitte im Bereich der Seelsorge und Religionspädagogik geplant. Begleitet werden sollen die Kürzungen im Zielstellenplan und Pfarrplan von Erleichterungen in den Rahmenbedingungen des Pfarrplans.

    Zielstellenplan: Pendant zum Pfarrplan

    Nothacker informierte über Fortschritte und Pläne bezüglich des Zielstellenplans 2030. Dieser sei das Pendant zum Pfarrplan und beinhalte die Sonderpfarrstellen. Das Verhältnis von Sonderpfarrstellen zu Gemeindepfarrstellen sei durch die Synode auf 16,5% zu 83,5% festgelegt. Für das Jahr 2030 seien im Zielstellenplan 178 Pfarrstellen (Gemeindepfarrstellen: 900) vorgesehen. Die Umsetzung des Zielstellenplans 2024 sei nahezu abgeschlossen, wobei die meisten Stellen durch Eintritt in den Ruhestand oder Stellenwechsel abgebaut werden konnten.  

    Große Einschnitte im Bereich Krankenhausseelsorge und Religionsunterricht

    Nothacker führte aus, dass seit der Frühjahrssynode die Kürzungsvolumina der Sonderpfarrstellen ermittelt würden. Die Sonderpfarrstellen sind den einzelnen Fachreferaten zugeordnet. Analog zum Pfarrplan gebe es auch dort Zielzahlen für den Rückbau für Sonderpfarrstellen. In einer ersten Grobplanung seien die umfassendsten Streichungen für Dezernat 2 (Kirche und Bildung) und Dezernat 3 (Theologische Ausbildung und Pfarrdienst) vorgesehen. Die umfangreichen Streichungen im Bereich der Klinikseelsorge hingen mit der unsicheren Lage im Klinikbereich zu erklären. Es sei unklar, welche Kliniken auf lange Zeit erhalten blieben. Im Fokus stünden nun die großen Häuser mit Maximalversorgung und Akutkliniken. Dort wolle man weiterhin präsent sein. Das gleiche gelte für diakonische Krankenhäuser. Für kleinere Häuser werde die ökumenische Zusammenarbeit zunehmend wichtiger und es müsse die Begleitung in regio-lokaler Zusammenarbeit geprüft werden. Im Bereich des Religionsunterrichts sollen die bestehenden Stellen weiterhin für die Überführung in den Landesdienst genutzt werden, um eine solide religionspädagogische Ausbildung in den staatlichen Schulen sicher zu stellen.

    Möglichkeit, Stellen umzuwandeln, beendet.

    Mit dem Zielstellenplan 2030, so die Oberkirchenrätin, wäre eine für den Zielstellenplan 2024 eingeführte Praxis wieder beendet. Damals war die Möglichkeit sogenannter umgewandelter Stellen eingeführt worden, also die Option, Pfarrstellen mit anderen Berufsgruppen zu besetzen, um die inhaltliche Arbeit weiterzuführen. Aus arbeitsrechtlichen und strukturellen Gründen werde diese Praxis beendet.

    Hoffnungsgemeinschaft auch in Pfarrplan-Diskussionen

    Nothacker würdigte zum Ende ihres Berichts die Bemühungen, die sie überall wahrnehme, um die tiefschürfenden Veränderungen zu stemmen und hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken. Gerade hier sei es wichtig, sich, wie im Bericht des Landesbischofs formuliert, als Hoffnungsgemeinschaft zu verstehen. Im Dezernat 3 versuche man die heftigen Einschnitte durch möglichst viele Erleichterungen bei den Rahmenbedingungen des Pfarrdienstes zu begleiten. Beispielsweise habe man es ermöglicht, dass Pfarrerinnen und Pfarrer sich nicht nur innerhalb eines Kirchenbezirks bewerben könnten, sondern sogar innerhalb einer Kirchengemeinde. Außerdem sei die Befreiung von der Residenzpflicht erleichtert und die Stellenteilung befördert worden. Auch die Überführung von jungen Kolleginnen und Kollegen in ein Lebensdienstverhältnis auf Pfarrstellen, die 2030 wegfallen, sei in Zusammenarbeit mit den synodalen Fachausschüssen ermöglicht worden. Für diese gute Zusammenarbeit und die konstruktive Begleitung der Umbauprozesse der Landeskirche sprach die Oberkirchenrätin ihren Dank aus.  

    Kai Münzing

    Bericht des Ausschusses für Kirchen- und Gemeindeentwicklung

    Kai Münzing, Vorsitzender des Ausschusses für Kirchen- und Gemeindeentwicklung (KGE), schloss mit seinem Bericht an die Ausführungen von Oberkirchenrätin Nothacker an. Er betonte die Verantwortlichkeit des Oberkirchenrats für die Feinplanung im Zielstellenplan, ermutigte aber die Fachausschüsse ihre Schwerpunktverantwortungen wahrzunehmen.

    Er führte aus, dass der KGE als federführender Ausschuss die Verantwortung für die Entwicklung der Sonderpfarrstellen innerhalb der Landeskirche trägt. Dem Oberkirchenrat käme aber die Verantwortung für die  Ausgestaltung der Sonderpfarrstellen zu, insbesondere in Bezug auf die Feinplanung jeder einzelnen Stelle. Die synodalen Mitbestimmungsmöglichkeiten an diesen Stellen seien damit sehr eingeschränkt.

    Feinplanung der Sonderpfarrstellen liegt in den Fachdezernaten

    Die Grobplanung des Zielstellenplans, so Münzing, basiere auf den im Herbst 2022 beschlossenen Kürzungsvorgaben. Die nun vorliegende Feinplanung, die als Ergebnis des kollegialen Prozesses am 24. Oktober 2023 beschlossen wurde, soll von der Synode zur Kenntnis genommen werden. Die Synode behalte jedoch das Haushaltsbeschlussrecht und somit die letztendliche Verantwortung über die Frage der Ausgestaltung.

    Er machte darauf aufmerksam, dass ab der Januarsitzung weitere Diskussionen im KGE stattfinden werden, insbesondere zur feinplanerischen Ausgestaltung der Sonderpfarrstellen. Die anderen Fachausschüsse sind aufgefordert, ihre Schwerpunktverantwortungen wahrzunehmen und sich aktiv in die Debatten einzubringen.

    Arbeitsfähigkeit in sozialdiakonischen und bildungspolitischen Feldern in Frage gestellt

    Auch Münzing ging als Vorsitzender des KGE auf die zwei Dezernate ein, die den größten Beitrag zur Reduzierung der Sonderpfarrstellen leisten: Die Kürzungen im Dezernat 3 beträfen überwiegend die Seelsorgestellen an Krankenhäusern, die zum Großteil ohnehin geschlossen werden sollen. Im Bereich von Dezernat 2 seien bei den Kürzungsvorhaben als Erstes die Co-Schuldekane- und Schuldekaninnenstellen zu nennen.  

    Münzing betonte, dass die Abwägung zwischen Gemeinde- und Sonderdiensten angesichts der teilweise dramatischen Kürzungsergebnisse schwierig sei. Die Arbeitsfähigkeit in sozialdiakonischen und bildungspolitischen Feldern sei bei weiteren Kürzungen in Frage gestellt. Kooperationen mit benachbarten Landeskirchen sowie ein ökumenischer Blick seien ein möglicher Lösungsweg.

    Zunahme an Herausforderungen

    Angesichts von Herausforderungen wie Rechtspopulismus, Antisemitismus, zunehmender Säkularisierung und globalen Themen wie Krieg und Flucht müssten Stellen eigentlich eher ausgebaut als eingespart werden. Der KGE sehe in den Transformationsstellen, in der Quartiersentwicklung und bei den Erprobungsräumen multiprofessioneller Teams Potentiale, um diese Herausforderungen anzugehen. Im Bereich der Sonderpfarrstellen und Funktionsstellen müsse geprüft werden, inwiefern bei einer Neubesetzung auch andere Professionen in Frage kämen.  

    Der KGE habe in seiner Sitzung am 25. September 2023 die Grobplanung zur Kenntnis genommen und um eine Zeitschiene für die weitere Planung gebeten. In der Sitzung vom 11. November 2023 sei beschlossen worden, die Grobplanung des Zielstellenplans 2030 zu akzeptieren und die Feinplanung bis zur weiteren Behandlung in den zuständigen Fachausschüssen zur Kenntnis zu nehmen.

    Unterschiedliche Prioritäten – wo kann gekürzt werden?

    In der anschließenden Aussprache äußerten viele Synodale Anerkennung gegenüber Dezernat 3, einen ersten Vorschlag vorzulegen, an welcher Stelle Sonderpfarrämter gekürzt werden sollen. Gleichzeitig kennzeichneten die Synodalen unterschiedliche Arbeitsreiche als unverzichtbar und warben dafür, dort von Kürzungen abzusehen.

    Seelsorge für die Kirche unverzichtbar

    Siegfried Jahn (Schrozberg) erkannte an, dass Kürzungen notwendig und schmerzhaft sind, warb aber für ein Überdenken des hohen Kürzungsanteils im Bereich der Klinikseelsorge. Gerade in Grenzsituationen seien Ansprechpersonen notwendig. Das bestätigte Martin Wurster (Schömberg-Langenbrand), der erzählte, dass er nach einem Unfall die Seelsorge als große Hilfe für sich und seinen Glauben erlebt habe. Wenn er bei jährlichen Reha-Aufenthalten Menschen begegne, die erst seit kurzer Zeit querschnittsgelähmt seien, werde ihm immer wieder bewusst, was für einen hohen Stellenwert die seelsorgerliche Begleitung in diesen Situationen habe. Der Synodale Thomas Volz (Sulz) unterstrich den großen Wert der Klinikseelsorge und mahnte an, dass auch die „stillen Bereiche“ der Klinikseelsorge, wie die Psychiatrie, nicht vergessen werden dürften. Neben einer Überprüfung der Streichungen in diesem Bereich, brauche es einen Prozess des Nachdenkens, wie Menschen abseits von Sonderpfarrämtern gut seelsorgerlich begleitet werden könnten.

    Asylpfarrämter bei aktuellem gesellschaftlichem Klima notwendiger denn je

    Für eine ausreichende Ausstattung der Landeskirche mit Asyl-Pfarrstellen warb Dr. Antje Fetzer-Kapolnek (Weinstadt-Beutelsbach). Gerade bei dem aktuellen gesellschaftlichen Klima sei es nötig für Geflüchtete einzutreten. Zwar seien nicht unbedingt Pfarrstellen für das Engagement in Asyl-Fragen notwendig. Die Landeskirche zeige aber durch die Wahl, welche Bereiche sie mit Pfarrstellen ausstatte, wo ihr Herz schlage. Dr. Martina Klärle (Weikersheim) sprach sich dafür aus, die schwierige Haushaltslage als Chance zu nutzen Strategien zu entwickeln und zu schärfen. Neben der Stärkung der Seelsorgestellen sprach auch sie sich dafür aus, den Bereich Frieden und Asyl ausreichend mit Pfarrstellen auszustatten. Renate Simpfendörfer (Eislingen) und Heidi Hafner (Sindelfingen) pflichteten bei. Hafner wies darauf hin, dass die Diskussionen bei der EKD-Synode gezeigt hätten, wie sehr der Einsatz der Evangelischen Kirche für Menschen, die am Rand der Gesellschaft stehen, erwartet werde. In der Prälatur Reutlingen habe sich zudem gezeigt, dass ein Asylpfarramt eine Bereicherung für die ganze Prälatur bedeute. Darum plane man dort, die für den Pfarrplan 2030 vorgesehene Transformationspfarrstelle für die Asylarbeit zu nutzen.

    Präsenz an Schulen aufrechterhalten

    Dr. Thomas Gerold (Bitz) sprach sich dafür aus, die Sonderpfarrstellen im Bildungsbereich weiterhin ausreichend auszustatten. Durch die Abnahme an Gemeindepfarrern sei ohnehin davon auszugehen, dass die Kirche weniger an Schulen präsent sein werde. Über die Sonderpfarrstellen müsse sichergestellt werden, dass der Religionsunterricht so gut wie möglich abgedeckt werden könne.

    Kommunikative Herausforderung

    Matthias Hanßmann (Horb a.N.) richtete seinen Blick auf das weitere Vorgehen. Im Bericht sei zwar ein Vorschlag für Kürzungen vorgelegt worden. Dieser sei aber nicht unumstößlich und müsse als Vorschlag verstanden werden. Dem pflichtete Peter Reif (Stuttgart) bei: Es sei jetzt Aufgabe der Synodalen, in den Fachausschüssen zu prüfen, welche Stellen sie für unverzichtbar halten und an welcher Stelle gekürzt werden könne. Gleichzeitig müsse auch weitergedacht werden, an welcher Stelle pfarramtliche Aufgaben auch durch andere Berufsgruppen in der Landeskirche ersetzt, werden könnten. Tobias Geiger (Nagold) brachte sein Bedauern ein, dass es nicht gelungen sei, das Konzept der umgewandelten Stellen sinnvoll umzusetzen. Das habe nicht mit mangelnden Bemühungen seitens Dezernats 3 zu tun gehabt, sondern sei auf die Gründe zurückzuführen, die Kathrin Nothacker in ihrem Bericht aufgeführt hatte (siehe oben). Die Probleme in der Umsetzung zeigten aber, wie unflexibel die Strukturen der Landeskirche noch seien.

    Hellger Koepff (Ravensburg/Biberach) begrüßte, dass der Zielstellenplan noch einmal in den Fachausschüssen diskutiert werde. Er betonte den hohen Stellenwert der Seelsorge als „Muttersprache der Kirche“, räumte aber ein, dass Einschnitte notwendig seien. Er bat den Oberkirchenrat um Klärung, von welcher Stelle etwaige Streichungen an die entsprechenden Kliniken kommuniziert würden und machte deutlich, dass er den Oberkirchenrat in einer kommunikativen Verantwortung sehe. 

    Grundsätzlich halte er es für wichtig, frühzeitig mit den Akteuren ins Gespräch zu kommen, die für Stellenkürzungen in Frage kämen, so der Synodale Gerhard Keitel (Maulbronn). Bei allen Diskussionen um Kürzungen käme es darauf an, sich nicht gegenseitig zu kannibalisieren, aber auch darauf, ein Kommunikationsdesaster zu vermeiden. Er gab zu bedenken, dass bei einer guten Umsetzung der Kürzungen die betroffenen Pfarrerinnen und Pfarrer möglichst früh einbezogen würden.

    Arbeit für die Fachausschüsse

    Nothacker wies darauf hin, dass die Information der betroffenen Stellen über die Dekanatämter erfolgen solle. Für die Seelsorgearbeit an Krankenhäusern, Altenheimen und Hochschulen werde die ökumenische Zusammenarbeit in Zukunft substanziell sein.

    Sie wies daraufhin, dass es auch nach Abschaffung der umgewandelten Stellen möglich sei, beispielsweise Diakoninnen auf Seelsorgestellen in Krankenhäusern einzusetzen. Auch diese Möglichkeit bringe aber einige Komplexitäten mit sich.

    Die Oberkirchenrätin bedankte sich in ihrem Schlusswort bei den Synodalen für die große Wertschätzung der Arbeit, die an den Sonderpfarrstellen geleistet werde. Nun müsse das Gesagte in den Fachausschüssen weiter diskutiert werden.

    TOP 25: Kirchliches Gesetz über den Zusammenschluss der Ev. Kirchenbezirke Schwäbisch Hall und Gaildorf (Beilage 62)

    Bericht des Oberkirchenrats

    Der Oberkirchenrat regte einen Gesetzesentwurf über den Zusammenschluss der Evangelischen Kirchenbezirke Schwäbisch Hall und Gaildorf an (Beilage 62)

    Oberkirchenrat Dr. Michael Frisch, Leiter des Rechtsdezernats, berichtete, auf Grund der zurückgehenden Mitgliedszahlen und der daraus folgenden Anpassung der Strukturen müssten gemäß § 2 Absatz 1 Halbsatz 1 Kirchenbezirksordnung Kirchenbezirke aufgehoben und neu gebildet werden. Dementsprechend ist für den Bereich der Evangelischen Kirchenbezirke Schwäbisch Hall und Gaildorf dieses Kirchliche Gesetz einzubringen, das die Aufhebung der Kirchenbezirke Schwäbisch Hall und Gaildorf und die Neubildung des Kirchenbezirks Schwäbisch Hall-Gaildorf mit Sitz in Schwäbisch Hall bewirkt und Folgefragen klärt. Der Gesetzentwurf wurde an den Rechtsausschuss verwiesen. 

    TOP 26: Kirchliches Gesetz zur Änderung des Kirchlichen Gesetzes zur Einführung eines neuen Finanzmanagements in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg (Beilage 67)

    Kirchliches Gesetz zur Änderung des Kirchlichen Gesetzes zur Einführung eines neuen Finanzmanagements in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg (Beilage 67)

    Oberkirchenrat Dr. Michael Frisch berichtete über die Umstellung der kirchlichen Verbände, Kirchenbezirke und Kirchengemeinden der Landeskirche auf das neue Finanzmanagement. Es kann nicht wie geplant bis Ende des Jahres 2024 umgesetzt werden. Der Abschluss des Projekts Zukunft Finanzwesen wird sich demnach um zwei Jahre verzögern und benötigt zusätzliche Mittel für das Projekt Zukunft Finanzwesen. Der Oberkirchenrat ist laut Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 Kirchliches Gesetz zur Einführung eines neuen Finanzmanagements ermächtigt, bis spätestens zum 31. Dezember 2024 Ausnahmen vom Inkrafttreten der am 1. Januar 2020 in Kraft getretenen Haushaltsordnung zuzulassen. Diese soll bis 31. Dezember 2026 verlängert werden.

    Das Gesetz wurde an den Rechtsausschuss verwiesen. 

    TOP 27: Übergangslösung Ständigwerden unständiger Pfarrer*innen auf PfarrPlan-Stellen 2030

    Bericht des Rechtsausschusses – Übergangslösung Ständigwerden unständiger Pfarrerinnen und Pfarrer auf PfarrPlan-Stellen 2030

    Dr. Martin Plümicke, stellvertretender Vorsitzender des Rechtsausschusses, berichtete über die Beratungen zur Übergangslösung für unständige Pfarrerinnen und Pfarrer, die vom PfarrPlan betroffene Pfarrstellen versehen und bis Ende 2024 noch nicht bewerbungsfähig sind.

    Pberichtete über die Beratungen im Ausschuss zum Antrag Nr. 24/23. Es geht um die Besetzung der vom PfarrPlan betroffenen Stellen, welche nur noch bis noch bis Ende 2024 besetzt werden dürfen. Manche dieser Pfarrstellen wurden unständigen Pfarrerinnen und Pfarrern zugewiesen, die jedoch bis Ende 2024 noch nicht bewerbungsfähig sind.

    Um den unständigen Pfarrerinnen und Pfarrern eine Sicherheit zu gewährleisten, ist laut Oberkirchenrat eine übergangsweise Ernennung auf bewegliche Pfarrstellen unter Berufung in ein Pfarrdienstverhältnis auf Lebenszeit mit einem Dienstauftrag zur Versehung der seither bereits unständig versehenen Gemeindepfarrstellen möglich. Diese zeitlich befristete Übergangslösung bietet den unständigen Pfarrerinnen und Pfarrern eine Perspektive, sich in Ruhe und überlegt bis 2030 auf eine andere Pfarrstelle zu bewerben.

    Solche bewegliche Pfarrstellen müssten in entsprechender Anzahl in den Stellenplan mit KW-Vermerk aufgenommen werden und könnten aus den Dotationen der zu sperrenden Gemeindepfarrstellen, von deren Ausschreibung abgesehen wird, finanziert werden.

    Diese Lösung bedarf keiner Rechtsänderung und gefährdet nicht die Umsetzung des Pfarrplans. Der Ausschuss für Kirchen- und Gemeindeentwicklung (KGE) hat in seiner Stellungnahme die Änderung begrüßt. Der Finanzausschuss hat in seiner Stellungnahme die Änderung abgelehnt.

    Der Rechtsausschuss erklärt den Antrag einstimmig für erledigt und bittet den Oberkirchenrat, die beweglichen Stellen in den nächsten Haushaltsplan mit aufzunehmen und der Landessynode im Herbst nächsten Jahres zum Beschluss vorzulegen.

    TOP 05: Kirchliches Gesetz zur Änderung des Kirchenverfassungsgesetzes, des Gesetzes über die Gewährung einer Entschädigung für die Mitglieder der Landessynode und anderer Regelungen (Beilage 65)

    Im Kirchlichen Gesetz über die Gewährung einer Entschädigung für die Mitglieder der Landessynode und anderer Regelungen soll durch eine Änderung im Text eine Rechtsgrundlage geschaffen werden zur Wertung des Amtes als Mitglied der Landessynode als öffentliches Ehrenamt. So soll in § 30 des Kirchenverfassungsgesetzes nach dem Wort „Landessynode“ die Wörter „üben ein öffentliches Ehrenamt aus “ eingefügt werden. Auch wird klarstellend in der Kirchlichen Wahlordnung und in der Kirchenbezirksordnung jeweils das Amt des Kirchengemeinderates und des Bezirkssynodalen als öffentliches Ehrenamt definiert.  Der Rechtsausschuss empfiehlt der Landessynode dieser Änderung zuzustimmen. Die Änderungen sollen zum 1. Januar 2024 in Kraft treten.

    In erster Lesung wurde das Gesetz am ersten tag der Herbstsynode festgestellt. 

    Das Gesetz wurde am zweiten Tag der Herbstsynode in 2. Lesung einstimmig beschlossen.

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