Dr. Martin Plümicke, stellvertretender Vorsitzender des Rechtsausschusses, berichtete über die Beratungen zum Kirchlichem Gesetz über den Zusammenschluss der Evangelischen Kirchenbezirke Crailsheim und Blaufelden (Beilage 63)
Der Vorsitzende des Rechtsausschusses berichtete über die Beratungen zum Entwurf des Kirchlichen Gesetzes über den Zusammenschluss der Evangelischen Kirchenbezirke Crailsheim und Blaufelden. Solch ein Gesetz führt nach Fusionsgesprächen und Zustimmung der jeweiligen Kirchenbezirke zur Fusion. Solche Fusionen von Kirchenbezirken nach dem Dekanatsplan werden zukünftig ein normales Geschehen in unserer Landeskirche sein.
Die Kirchenbezirke Crailsheim und Blaufelden haben diesen Prozess formal abgeschlossen und im Frühjahr dieses Jahres mit großer Mehrheit einer Fusion zugestimmt.
Das Gesetz (Beilage 63) regelt unter anderen den neuen Namen des Kirchenbezirks (Evangelischer Kirchenbezirk Crailsheim-Blaufelden), die Aufgaben der Dekanate (künftig mit der Pfarrstelle Crailsheim Johanneskirche Nord verbunden) und den Übergang der Mitarbeitervertretung (Neuwahlen und Umbenennung).
Der Rechtsausschuss hat den einzelnen Artikeln der Beilage 63 einstimmig zugestimmt und empfiehlt die Beilage 63 durch die Landessynode zu verabschieden.
In der Aussprache gab es keine Wortmeldungen.
Beschluss
Bei einer Enthaltung wurde dieses Gesetz in erster und zweiter Lesung verabschiedet.
Die Landessynode hat mit Blick auf die Kirchenwahl 2025 die Wahlordnung angepasst, um die Durchführung der Wahl zu erleichtern und die Synode der Mitgliederentwicklung anzupassen.
Bericht des Rechtsausschusses
Dr. Martin Plümicke, der stellvertretende Vorsitzende des Rechtsausschusses, berichtete über die Beratungen des Ausschusses im Hinblick etwa auf die Reduktion der Zahl der Wahlkreise. Auch mit Antrag 14/22 (Verankerung der synodalen Gesprächskreise in Wahlordnung und Kirchenverfassung) habe sich der Ausschuss befasst.
Plümicke berichtete über die wichtigsten Anpassungen der Wahlordnung, denen der Rechtsausschuss einstimmig zugestimmt habe:
Plümicke berichtete, der Rechtsausschuss habe sich auch mit Antrag 14/22 befasst. Der Antrag habe erreichen wollen, dass zum einen bei Ausscheiden eines oder einer Synodalen nicht mehr wie bisher die Person mit der nächstniedrigeren Stimmenzahl nachrücke sondern eine Person desselben Gesprächskreises. Zum anderen habe der Antrag darauf abgezielt, die Gesprächskreise in der Kirchenverfassung zu verankern. Beide Anliegen habe der Rechtsausschuss abgelehnt. Es solle nicht zu einer Verfestigung der Gesprächskreisgrenzen kommen. In der Frage des Nachrückens votierten die Wähler klar für Personen und nicht für Gesprächskreise oder Listen. Nur Nachrücker auf Basis der Stimmenzahl seien demokratisch legitimiert.
Änderungsantrag Nr. 46/23
Im Verlauf der Tagung brachte die Synodale Renate Simpfendörfer (Eislingen) den Änderungsantrag Nr. 46/23 ein (Änderungen der §§ 45 und 60 der Kirchlichen Wahlordnung), der darauf zielt, dass für jeden Bewerber, jede Bewerberin eine Ersatzbewerberin, ein Ersatzbewerber eingereicht werden kann. Wenn dann eine gewählte Person ihr Amt nicht anträte oder ausschiede, solle – falls eingereicht – die Ersatzperson an deren Stelle treten. Falls kein Ersatz benannt sei, solle die Person mit der nächsthöheren Stimmenzahl das Amt übernehmen. Dieser Antrag wurde wegen eines Fehlers in der Rechtsförmigkeit im Verlauf der Beratungen zurückgezogen und als Antrag 49/23 neu eingebracht.
Aussprachen
In der Aussprache beantragte der Synodale Thomas Gerold (Bitz) mit dem Änderungsantrag 45/23, bei der Änderung der Wahlkreise, Balingen nicht mit Tübingen zusammenzulegen, sondern mit Rottweil, da dies von der Verwaltungsstruktur her besser passe. Michael Schradi (Blaubeuren) beantragte mit Antrag 47/23, die Wahlkreise Göppingen und Geislingen einerseits sowie Ulm und Blaubeuren andererseits so zu belassen, wie sie sind, da die Kirchenbezirke auch in dieser Konstellation fusionieren würden. Dem schloss sich auch Renate Simpfendörfer (Eislingen) an. Zudem forderte sie, ähnlich wie Hans-Martin Hauch (Balingen), Kirchenbezirksfusionen und Änderungen der Wahlkreise zeitlich zu entzerren, um die Menschen nicht zu überfordern. Simpfendörfer plädierte auch für ihren Änderungsantrag 46/23 (siehe oben).
Prof. Dr. J. Thomas Hörnig (Ludwigsburg) mahnte, eine Reduktion der Wahlkreise und damit der Synodalen würde die Arbeitsbelastung der Synodalen zum Beispiel in den Ausschüssen erhöhen. Götz Kanzleiter (Ostelsheim) argumentierte ähnlich im Hinblick auf die Belastung ehrenamtlicher Synodaler in größeren Wahlkreisen. Matthias Böhler (Besigheim) plädierte dafür, die Synode nicht zu verkleinern. Gerade bei vergrößerten Wahlbezirken könnte bei gleicher Synodalen-Zahl die Arbeit im Bezirk gut verteilt werden.
Zum Änderungsantrag 46/23 (Ersatzbewerber und -bewerberinnen als Nachrücker, siehe oben) gingen die Einschätzungen auseinander, ob bei den Wahlentscheidungen der Kirchenmitglieder eher die Gesprächskreiszugehörigkeit oder die Persönlichkeit der Bewerberinnen und Bewerber überwiege. Matthias Hanßmann (Horb a. N.) argumentierte, bereits die Zusammenlegung von Gemeinden und Bezirken würde in den Gremien zu stärker lokal geprägtem Abstimmungsverhalten führen. Da sich das Verhalten vor Ort immer auch an der Landessynode orientiere, könne das Ersatzbewerber-Modell diesen Trend weiter verstärken. Das dürfe aber nicht sein. Andrea Bleher (Untermünkheim) mahnte, das Ersatzbewerber-Modell sei wie eine kleine Liste und damit der Einstieg in eine Listen-Wahl. Ähnlich argumentierte Oberkirchenrat Dr. Michael Frisch, das Ersatzbewerber-Modell begünstige die Gruppenbildung. Zudem entschieden über die Ersatzbewerber nicht der Wähler, sondern die, die den Wahlvorschlag einbrächten.
Beschlüsse
Das Gesetz zur Reduzierung der Zahl der Wahlkreise wurde in erster und zweiter Lesung beschlossen. Dabei wurde der Änderungsantrag 45/23 (Balingen wird mit Rottweil zusammengelegt, statt mit Tübingen) angenommen. Die Änderungsanträge 47/23 und 49/23 (ursprünglich 46/23) wurden abgelehnt.
Kirchliche Strukturen sollen schlanker werden. Dazu hat die Landesssynode die Verkleinerung der Bezirkssynoden beschlossen.
Bericht des Rechtsausschusses
Künftig können Bezirkssynoden sich durch Änderungen ihrer Bezirkssatzung verkleinern, wenn sie dies wollen und wenn die betroffenen Gemeinden zustimmen. Dr. Martin Plümicke, stellvertretender Vorsitzender des Rechtsausschusses, berichtete über die Beratungen des Ausschusses zu diesem Thema.
Hintergrund der Änderung ist, dass künftig die Zahl der Gemeinden ohne eigene Pfarrstelle zunehmen wird. Wenn weiterhin jede Gemeinde Bezirkssynodale wählen würde, käme dadurch das Verhältnis von Pfarrstelleninhabern und gewählten Synodalen in der Bezirkssynode in Schieflage. Künftig solle deshalb folgendes möglich sein:
Bezirkssynoden können in ihrer Satzung folgendes festlegen:
Aussprache
In der Aussprache gab es keine Wortmeldungen
Beschlüsse
Die Gesetzesänderung wurde in erster und zweiter Lesung so beschlossen.
Der Dekanatsplan nimmt die Entwicklung bei den Gemeindepfarrstellen auf, baut zugunsten von Gemeindepfarrstellen Stellen der mittleren Ebene ab und ermöglicht erhebliche Einsparungen.
Oberkirchenrat Christian Schuler, Leiter des Dezernats „Gemeinde, Umwelt und Immobilienwirtschaft“, stellte zum ersten Mal der Öffentlichkeit einen sogenannten Dekanatsplan vor. Als reformatorische Kirche unterliege die Evangelische Landeskirche in Württemberg seit ihrer Gründung im Jahr 1534 einem ständigen Wandel, meinte der Dezernent. Aus einer Vielzahl von Gründen befinde sich die Landeskirche derzeit in einem umfangreichen und auch in allen Untergliederungen notwendigen Transformationsprozess, wie zum Beispiel in den Bereichen des Klimaschutzes, der Gebäudeerhaltungsmöglichkeiten (Oikos), der Verwaltungsreform, der Doppik-Einführung, weiterer Strukturreformen, einer Wahlkreisanpassung und der Umsetzung des laufenden PfarrPlans 2024 parallel zur Planung der Umsetzung des PfarrPlans 2030 mit einer Entwicklung eines regio-lokalen Pfarrdienstes, der vor neue Herausforderungen stelle.
Schuler erinnerte an den ersten PfarrPlan, der zum Jahr 2000 erfolgte. Damals wurde ein wirksames und inzwischen bewährtes Instrument von der Landessynode und dem Oberkirchenrat entwickelt, um so eine gute, transparente und gleichmäßige Verteilung der Pfarrerinnen und Pfarrer, deren rechnerische Anzahl an Vollzeitstellen sich aus der Personalstrukturplanung ergibt, auf die Kirchengemeinden zu erreichen. Damals habe es noch über 1.800 Gemeindepfarrstellen gegeben. Mit dem PfarrPlan 2030 ziele man auf 900 Pfarrstellen, also weniger als der Hälfte der Ausgangszahl. Trotz dieser Reduktion auf die Hälfte habe es „keine signifikante Reduktion der Pfarrstellen, die mit einem Dekanatamt verbunden sind (Dekansstellen)“, gegeben. „Selbst nachdem es mehrere Zusammenschlüsse von Kirchenbezirken gab, wurde die Anzahl der Dekaninnen und Dekane nicht merklich reduziert, so sind derzeit bei 44 Kirchenbezirken immer noch 54 Pfarrstellen mit dem Dekanatamt verbunden und damit drei mehr als noch im Jahr 2000.“
Im Zuge des PfarrPlans 2030 sei es nunmehr auch angezeigt, führte Schuler aus, den bereits seit 2000 bestehenden Rückbau der Gemeindepfarrstellen und der Anzahl der Kirchengemeinden auch auf der sog. „mittleren Leitungsebene“, also der Ebene der landeskirchlichen Dekanate vorzusehen. Dieser Schritt sei von dem Willen gekennzeichnet, möglichst viele gemeindenahe Pfarrstellen zu erhalten, um dem Auftrag der Kirche vor Ort besser gerecht zu werden.
Es gelte zudem den richtigen Zeitpunkt zur Umsetzung zu finden. Aufgrund der gesetzlich verbindlich geregelten zehnjährigen Amtszeit einer Dekanin oder eines Dekans sei es notwendig und ratsam, entsprechende Prozesse spätestens mit der Zurruhesetzung oder Ablauf der Amtszeit vorzunehmen. Dabei werde auf die Belange der betroffenen Dekaninnen und Dekane Rücksicht genommen, so dass auch im Falle des Auslaufens der Amtszeit eine angemessene Weiterbeschäftigung erfolgen könne. Das Dezernat „Ausbildung und Pfarrdienst“ achte darauf, wie auch bei sonstigen Pfarrpersonen, die vom PfarrPlan betroffen sind.
Schuler begründete die Notwendigkeit des Dekanatplans auch mit den gravierend zurückgehenden Gemeindegliederzahlen. Mit dem von der Landessynode mit sehr großer Mehrheit beschlossenen Antrag 67/22 bitte diese den Oberkirchenrat überdies, die Anzahl der Prälaturen von derzeit vier auf möglichst zwei zu reduzieren und die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Dies zeige, dass auch die landeskirchliche Leitungsebene einen entsprechenden Einsparbeitrag zu erbringen habe und nicht nur die Kirchengemeinden und nunmehr auch die mittlere Leitungsebene. Zur Umsetzung dieses Antrages sei es allerdings gleichsam erforderlich, auch eine entsprechende Reduktion der Aufgaben der Prälatinnen und Prälaten im Rahmen der Aufgabenkritik vorzunehmen. Nachdem die Prälatinnen und Prälaten zum Beispiel für die Visitation der Kirchenbezirke oder bei den Wiederbesetzungssitzungen verantwortlich seien, hieße es auch aus diesem Grund an eine Reduktion der Dekanatämter zu denken.
Die beigelegte Tabelle, erklärte Schuler, führe den derzeitigen Stand des Dekanatplans 2030 als landeskirchliche Strategieüberlegung nach Bearbeitungen im Ausschuss für Kirchen- und Gemeindeentwicklung nach dem 13. Oktober 2023 und 17. November 2023 auf.
Schuler fasste zusammen, im Jahr 2000, also bei der Umsetzung des ersten PfarrPlans, habe die Landeskirche noch aus 51 Kirchenbezirken mit mehr als 1.800 Gemeindepfarrstellen bestanden. Mit der Umsetzung des Dekanatplans 2030 werde man auf 27 Kirchenbezirke bei 900 Gemeindepfarrstellen kommen. Damit würde der Rückbau der mittleren Ebene nahezu dem Rückbau der Kirchengemeindeebene entsprechen. Die durchschnittliche Anzahl von Pfarrpersonen pro Kirchenbezirk 2030 (ohne Dekan oder Dekanin, PDA, Transformationsstellen) betrüge dann voraussichtlich 30,33. Das sei eine bewältigbare Leitungsspanne, meinte der zuständige Oberkirchenrat. Aufgrund der Umsetzung der Verwaltungsmodernisierung würden zudem weitere Verwaltungsaufgaben wegfallen. Die durchschnittliche Anzahl an Gemeindegliedern pro Kirchenbezirk 2030 beträgt dann 57.387 (derzeit 44.392).
Die finanziellen Auswirkungen wären nach aktuellen Berechnungen über einen Zeitraum von 23 Jahren (10 Jahre Amtszeit – 13 Jahre Versorgungszeitraum) Einsparungen im Bereich von bis zu 15. Mio. Euro. Es sei unvermeidlich, dass der Dekanatsplan 2030 wie auch der PfarrPlan 2030 als herber Einschnitt wahrgenommen werde. Das müsse im Rahmen der Beratungen und der Kommunikation des Prozesses aufgefangen und bearbeitet werden.
Die Kirche habe aber auch Erfahrung im Bereich der „Trauerarbeit“. Der Oberkirchenrat sehe es wie auch bei den anderen Transformationsprozessen als eine wichtige und gemeinsame Aufgabe von Landessynode, Dekaninnen und Dekane und Ehrenamt an, hier aktiv in die Kommunikation einzutreten.
Bericht des Ausschusses für Kirchen- und Gemeindeentwicklung
Kai Münzing, Vorsitzender des Ausschusses für Kirchen- und Gemeindeentwicklung (KGE), erinnerte daran, dass bereits die 14. und die 15. Landessynode die Meinung vertreten haben, dass ein Dekanatsplan nötig sei. Ende September 2023 habe es einen Entwurf gegeben, im Oktober konnte im Ausschuss darüber beraten werden. Es handle sich um ein Steuerungstool, das größtenteils auf Annahmen der Gemeindegliederentwicklung basiere. Drei Fragen hätten sich gestellt: Braucht es neben der Übersicht und Tabelle eine schriftliche Erläuterung und eine Landkarte? Gibt es möglichst landkreisscharfe Fusionen? Aber auch die Ausgestaltung war eine wichtige Frage. Dazu gehörten Anhörungsprozesse und Voraussetzungen, die Transformationsprozesse ermöglichen. Nicht nur die Dekaneschaft, und betroffene KBAs und Bezirkssynoden, sondern auch die Prälaturebene müsse berücksichtigt werden.
Bereits im ersten Entwurf war vieles des Vorgelegten zu finden. Ebenso seien jetzt alle Kirchenbezirke in der Darstellung aufgenommen und Überlegungen transparent gemacht worden. Der Ausschuss habe daher am 7. November beschlossen, das Tool aufzunehmen.
Aussprache
Matthias Böhler (Besigheim) begrüßte die Transparenz und Nachvollziehbarkeit. Er sehe die Bedeutung der Kirchenbezirke inzwischen größer und damit auch den Blick der Gemeindeglieder für den Kirchenbezirk geschärft. Wichtig sei, die Menschen vor Ort mitzunehmen, ebenso, dass der Kopf des Prozesses vor Ort gewählt und nicht einfach eingesetzt sei.
Jasmin Blocher (Dornhan-Marschalkenzimmern) beklagte, dass in Sulz und Tuttlingen vorgegaukelt wurde, dass der Prozess ergebnisoffen sei. Vorschläge wären aber abgewiesen worden. Sie bat darum, die Menschen besser mitzunehmen und ehrlicher zu sein.
Marion Blessing (Holzgerlingen) wies auf einen Artikel im Gemeindeblatt zu Herrenberg hin. Dieser habe Erinnerungen wachgerufen, wie auch andernorts mit Ehrenamtlichen umgesprungen worden sei und diese nicht informiert wurden. Sie habe andere Vorstellungen von einer Kirche der Beteiligung. Der Artikel im Gemeindeblatt zeige, dass die Entschuldigungen nicht an der Basis angekommen seien und Fusionen Zeit brauchen.
Der Dekanatsplan sei in der Entwurfsphase, meinte Dr. Markus Ehrmann (Rot am See). Er hoffe, dass nun Rückmeldungen kommen, und wies auf die Besetzbarkeit der neu zu errichtenden Pfarrstellen und deren Finanzierung hin. Hier müsse noch konkretisiert werden. Für die Besetzbarkeit der Stellen verwies er auf das „mehr Risiko“, beziehungsweise mehr Vertrauen im Bericht zur Strategischen Planung von Stefan Werner, Direktor im Oberkirchenrat, hin.
Zu Herrenberg merkte Johannes Söhner (Herrenberg) an, dass er aus diesem „Gallischen Dorf“ komme. Es sei ein großer Wunsch, sich bei den Beratungen auf Augenhöhe zu begegnen. Außerdem dringe er darauf, Leonberg miteinzubeziehen. Matthias Hanßmann (Horb a. N.) und Oberkirchenrat Christian Schuler warfen ein, dass Leonberg bereits in der Vorlage aufgenommen sei.
Prof. Dr. Martin Plümicke (Reutlingen) sagte, 14, 15 Jahre später liege nun endlich der Dekanatsplan vor. Manche Probleme hätten vielleicht bei früherer Vorlage vermieden werden können. Wichtig sei ihm, statt von Dekanaten von Kirchenbezirken zu sprechen. Es müsse nicht zwingend nur einen Dekan oder eine Dekanin geben.
Eckart Schultz-Berg (Stuttgart) bemängelte, der Plan käme ein bisschen spät. Ebenso sei der vorgelegte Plan ein Plan aus Verwaltungssicht und das „geistliche“ Amt falle unter den Tisch. Er fragte, wer das Gegenüber der Gesellschaft sei, auch inhaltlich? Wer gehe in die Aufsichtsräte der großen Einrichtungen und bleibe geistlich leitend erkennbar?
Kai Münzing (Dettingen an der Erms) antwortete, insbesondere müssen der Theologische Ausschuss, der Rechtsausschuss und der Ausschuss KGE sich mit diesen noch offenen Aufgaben beschäftigen. Der Begriff „Kahlschlag“ treffe es aber nicht, zumal die letzten Jahre eher aufgebaut worden sei.
Dekanatämter seien ein Kulturgut, warf Prof. Dr. J. Thomas Hörnig (Ludwigsburg) ein. Es handle sich um eine spezielle Berufsgruppe und sie sei ein Teil der Kirchenleitung. Diesen Menschen werde jetzt etwas zugefügt. Man gehe kränkend mit ihnen in den Umbauprozessen um. Es gebe auch neue Kosten, nicht nur Einsparungen an dieser Stelle.
Vorhin habe er der Fusion seines ehemaligen Kirchenbezirks zugestimmt, stellte Siegfried Jahn (Schrozberg) fest. Er halte beim Dekaneamt an dem Anspruch fest, dass es ein „geistliches“ Amt sei. In den letzten Jahren sei darauf gesetzt worden, dass diese Prozesse auf Freiwilligkeit beruhen, aber es brauche Impulse von außen, weil die Anstöße kaum aus den Bezirken kämen.
Andrea Bleher (Untermünkheim) sagte, sie halte den Dekanatsplan für eine wichtige Maßnahme. Der Fusionsstart in Gaildorf sei damals allerdings mehr als holprig gewesen und wie ein Blitz aus heiterem Himmel gekommen. Ein Dekanatsplan mache den Prozess vorhersehbar und sorge für Transparenz. Die Kreisschärfe sei allerdings als Zielvorstellung wieder verworfen worden. Ob ein gewählter Vertreter oder ein gesetzter vorgesehen würde, sei für sie nicht entscheidend.
Amrei Steinfort (Hechingen) dankte für die Vorlage, allerdings seien noch mehrere Punkte „work in progress“, die sich noch zurechtruckeln würden. Sie grüßte namentlich die schon eingesetzten Administratoren, die vor allem viele Gespräche führen müssten.
Heidi Hafner (Sindelfingen) erinnerte daran, dass versprochen worden sei, ergebnisoffene Beratungen zu führen. Gelte das noch?
Götz Kanzleiter (Ostelsheim) dankte, dass der Dekanatsplan Transparenz schaffe, allerdings transportiere er ein Kirchenbild, bei dem eine Person vorne stehe, statt das Bild eines Entwicklungsprozesses vor Ort zu spiegeln.
Gerhard Keitel (Maulbronn) wies darauf hin, dass der Landeskirchenausschuss sich nun stark damit befassen müsse, weil dort solche Prozesse aufschlagen würden. Kirchenbezirke würden auch unterschiedlich reagieren, deshalb könne die Kommunikation gar nicht sensibel genug geschehen. Gemeinsam gesund durch die Veränderungen zu gehen, müsse Ziel sein.
Schuler dankte für die Voten und versprach, dass man sich damit auseinandersetzen würde. Die Bedeutung der Kirchenbezirke würde auch von Dezernat 8 gesehen. Ebenso würde ergebnisoffen vorgegangen, doch wäre „das Wasser weiter gestiegen“ und das habe manches beschleunigt. Er entschuldigte sich explizit vor der Landessynode bei Herrenbergern, die er vor den Kopf gestoßen habe. Mit der Frage des Stellenprofils Dekan beziehungsweise Dekanin würde auf jeden Fall noch umgegangen. Ein verlässlicher Ansprechpartner für die Landkreise bliebe auch bei nicht kreisscharfen Bezirken weiterhin ein wichtiges Ziel. Kränkungen gäbe es leider gerade in vielen Bereichen, wo Stellen wegfielen. Damit müsse man umgehen lernen.
Dr. Edgar Wunder (Wissenschaftlicher Referent, Sozialwissenschaftliches Institut der EKD) und Dr. Fabian Peters, kommissarischer Leiter des Referats für Finanzplanung, Haushalt, Steuern, Finanzcontrolling und Statistik im Evangelischen Oberkirchenrat, erläuterten anhand der Präsentation, die Sie unter diesem Text als Download finden, die Ergebnisse der 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU VI) der EKD.
I Grundlagen zur KMU VI: Seit 1972 führt die EKD alle zehn Jahre Kirchenmitgliedschaftsuntersuchungen zu Perspektiven von evangelischen Kirchenmitgliedern (seit 1992 auch von Konfessionslosen) durch. Die Daten der sechsten KMU wurden vom 14.10.-22.12.2022 von Forsa erhoben. Sie sind repräsentativ für die in Privathaushalten lebende Bevölkerung in Deutschland ab dem 14. Lebensjahr. Unter den insgesamt 5282 Befragten sind erstmals in der Geschichte der KMUs nicht nur Evangelische und Konfessionslose enthalten, sondern auch Katholische und Mitglieder anderer Religionsgemeinschaften. Damit ist die KMU VI erstmals repräsentativ für die Gesamtbevölkerung.
II Religiöse Großwetterlage: Religiosität in Deutschland hat zwei Dimensionen: die kirchennahe und die kirchenferne Religiosität. Beide sind rückläufig. Die kirchenferne Religiosität sinkt jedoch schneller. Aus den zwei Dimensionen ergeben sich vier religiössäkulare Orientierungstypen: die Kirchlich-Religiösen, die Religiös-Distanzierten, die Säkularen und die Alternativen. Diese Religiositätstypen lassen sich wiederum in weitere Subtypen unterteilen. Mit einem Anteil von 56 Prozent gehört die Mehrheit der deutschen Bevölkerung der Gruppe der Säkularen an. Diese Gruppe gilt als kaum noch religiös ansprechbar. Nicht nur die Kirchenbindung geht deutlich zurück, sondern auch Religiosität insgesamt.
III Die Kirchen als Organisation: Zwei Drittel der evangelischen und drei Viertel der katholischen Kirchenmitglieder tendieren zum Kirchenaustritt. Die Kirchen haben es mit in der Hand: Sie können drohenden Austritten mit Reformen entgegenwirken. Protestantinnen und Protestanten entscheiden sich vor allem aus Gleichgültigkeit gegenüber Religion und Kirche für einen Kirchenaustritt. Gleichzeitig gibt es hohe Reformerwartungen an die Kirchen. Mehr als drei Viertel aller evangelischen Kirchenmitglieder finden, dass die Reformen ihrer Kirche in die richtige Richtung gehen. Über alle Konfessionen hinweg herrscht eine große Zustimmung zur ökumenischen Orientierung und Zusammenarbeit zwischen den Kirchen. Sowohl Kirchenmitglieder als auch Konfessionslose erwarten von der Kirche ein soziales Engagement, das über den Bereich des Religiösen hinausgeht. Die Kirchen stehen vor schwerwiegenden, multiplen Krisen und sehen sich großen Reformerwartungen ausgesetzt.
IV Konfessionelle Differenzierung: Die konfessionellen Unterschiede sind verblüffend gering. So gut wie keines der traditionellen konfessionellen Stereotype lässt sich heute noch empirisch bestätigen. Keine relevanten Unterschiede zwischen den Konfessionen finden sich bei sozio-demografischen Merkmalen, Wertorientierung und religiositätsbezogenen Merkmalen. Kleine Unterschiede lassen sich beim regelmäßigen Gebet und Kirchgang erkennen. Katholische erwarten nichts Anderes von ihrer Kirche als Evangelische, aber der Reformdruck auf die katholische Kirche ist größer.
V Reichweite und Wirksamkeit: Die Reichweite der Organisation Kirche in die Gesellschaft hinein ist nach wie vor hoch, sie geht in vielerlei Hinsicht nicht zurück. Die Teilnahmequoten an Konfirmation, Religionsunterricht, kirchlichen Kindergärten und kirchlichen Jugendgruppen sind stabil. 35 % der Bevölkerung hatten in den letzten zwölf Monaten Kontakt zu einer kirchlichen Einrichtung. 45 % hatten Kontakt zu Personen, die in der Kirche tätig sind. Die Hälfte erachtet diese Begegnungen allerdings als nicht oder wenig relevant für das Leben. Kirchenmitglieder engagieren sich überdurchschnittlich oft ehrenamtlich. Die Kirchen spielen eine wichtige zivilgesellschaftliche Rolle und stärken unsere Demokratie.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Hohe Synode!
Als Vertreter des Gesprächskreises Lebendige Gemeinde und Mitglied im Ausschuss Kirche und Gemeindeentwicklung nehme ich Stellung zur neuesten Mitgliedschaftsuntersuchung der EKD und der Fragestellung, was sich in unserer Kirche verändern muss.
Zunächst einmal ein großes Dankeschön an Sie, Herr Dr. Wunder und an Sie, Herr Dr. Peters, für die anschauliche und prägnante Darstellung der wichtigsten Ergebnisse dieser umfangreichen Untersuchung. Das schafft Klarheit über den Ist-Zustand, wie Menschen über unsere Kirche denken und inwieweit sie sich ihr noch zugehörig fühlen.
Was dabei nun herausgekommen ist, muss uns eigentlich alle erschrecken.
nd wieder wird der Ruf nach Reformen laut. „Die Kirche muss sich verändern, muss moderner werden, muss sich den Bedürfnissen der Menschen anpassen, muss sich politisch einsetzen und sich noch stärker sozial-diakonisch profilieren!“ Denn dort wird sie am meisten wahrgenommen. Dort hat sie gesellschaftlich gesehen die höchste – noch letzte Relevanz. Aber ist das nicht genau das, was wir schon seit Jahren tun?
Wo immer wir noch wahrgenommen werden, engagieren wir uns in gesellschafts-politischen Themen, setzen uns konsequent für Geflüchtete und deren Aufnahme ein, bieten Beratungsstellen für die unterschiedlichsten Lebensprobleme an, arbeiten in geschwisterlicher Verbundenheit mit der Katholischen Kirche zusammen, machen uns für Geschlechtergerechtigkeit stark und versuchen selbst noch beim Klimawandel eine Vorbildfunktion für die Gesellschaft zu übernehmen. Das sind doch alles die Reformbewegungen, die sich die Menschen – ich spreche jetzt vor allem von den säkularen Typen, also derzeit 56% der deutschen Bevölkerung - von der Kirche wünschen.
Sie wünschen, wir spielen!
Eigentlich müssten uns die Leute bei so viel Reformeifer doch die Türen einrennen. Stattdessen rennen auch die, die noch zu uns gehören, davon. Wie kann das sein?
Vielleicht ist das, was wir da alles als Wunschkonzert für sie spielen noch viel zu wenig und zu halbherzig. Oder es wird schon gar nicht mehr gesehen und kommt auch wegen der Schwerfälligkeit einer so alten Organisation wie unserer Landeskirche bei ihnen nicht an.
Man traut es unserer Kirche einfach nicht zu! Kann das ein gewichtiger Teil ihres Problems sein? Oder haben wir in all unseren Reformbemühungen den Blick für unsere eigentliche Berufung und Identität verloren?
Zuallererst wünschte ich mir, dass wir als Kirche in zweierlei Weise innehalten:
Offen für Gottes Gegenwart, „religiös“ wieder „ansprechbar“ zu werden, wie es die Studie formuliert, erreicht man doch nicht durch Programme, auch nicht mit Reformen oder vereinzelten religiösen „Resonanzräumen“.
Dazu braucht es das Wirken des Heiligen Geistes, über den wir nicht verfügen. Aber um ihn bitten mit aller Kraft und Hingabe, das dürfen wir: „Komm Heiliger Geist! Komm zurück zu den Menschen in unserem Land und in unsere Kirche!“
Deshalb brauchen wir landauf, landab Gebetskreise in unseren Kirchengemeinden, die Gott darum bitten.
Und wir sollten als Kirche Buße tun, weil wir uns viel zu lange auf unser Geld und unseren Reichtum, unsere beeindruckende Geschichte und unsere eigene Kraft verlassen haben und noch immer davon überzeugt sind, das bekommen wir schon hin – mit ein bisschen Hilfe von Gott. Wann sind wir endlich als Kirche so weit, uns von solch einer Haltung abzukehren, Buße zu tun und Gott zu bitten, neu mit uns anzufangen?
Was aber gilt es neben Gebet und Umkehr als Kirche zu tun? Wir brauchen eine Rückbesinnung auf unseren ureigensten Auftrag und das, was nur wir als Kirche oder heruntergebrochen auf uns selbst, was nur wir als Christen den Menschen – gerade auch den nichtreligiösen – zu sagen haben. Es geht um ein persönliches Erzählen von Gott.
Viel zu lange wurde das Reden von Gott in unseren Gemeinden den Pfarrer/innen überlassen und ihnen die alleinige Kompetenz dafür zugesprochen. Weg mit diesen falschen Festlegungen und Denkweisen!
Kirche wird nicht nur wirksam durch die Anzahl und Ausgestaltung unserer Gottesdienste, sondern durch das Christsein ihrer Glieder im Alltag!
Denn Christsein bedeutet, einen Auftrag zu haben und von der Kirche dazu befähigt und bestärkt zu werden, anderen in ihrem natürlichen Umfeld, Zeuge davon zu sein, wie Christus in ihrem Leben gegenwärtig ist, wie er ihnen Hoffnung schenkt, wie sie mit ihren Ängsten und Sorgen zu ihm kommen können und seine Liebe, seine Vergebung und Befreiung und seinen Segen erleben.
Als Christen sind wir Hoffnungsboten für die Welt, weil Christus die Welt überwunden und uns versprochen hat: „Ich lebe und ihr sollt auch leben!“ (Johannes 14, 19)
Wo das geschieht – und das ist wohl der wichtigste Paradigmenwechsel – da ist Gemeinde, ereignet sich Kirche. Von daher muss Kirche weit mehr sein als ein Sammlungsort ihrer Schäfchen. Sie muss sich zu einem Kompetenz- und Motivationszentrum wandeln und zu einer Ausbildungsschmiede werden, um ihre Mitglieder dabei zu unterstützen und zu befähigen, anderen im Alltag von Gott zu erzählen und sie zum Glauben an Jesus einzuladen. Sie muss einen Raum schaffen, in dem die Erlebnisse und Erfahrungen mit diesem Reden von Gott und den Begegnungen mit denen, denen wir von Jesus erzählen, einander mitgeteilt und ausgetauscht werden können, um gemeinsam für diese Menschen und für uns selbst zu beten und im Lobpreis vor Gott zu treten.
Dazu aber braucht es andere Formen von Gemeinde! Statt großen Parochien, liegt die Zukunft der Kirche in kleine Gemeinschaften mit und ohne Pfarrer, die intensiv mit anderen Gemeinden und Gruppen vernetzt sind! Auch das ist ein Paradigmenwechsel in unserem Bild von Kirche. Und es braucht den Mut zu einer Freiheit, die Gottes Berufung und Geistbegabung höher schätzt als irgendeinen akademischen Abschluss, um in unserer Kirche pastorale Aufgaben zu übernehmen. Eine grundsolide Ausbildung ist natürlich nötig und unumgänglich! Aber wieso kann und darf diese Ausbildung dann nicht auch im Vollzug, also dienstbegleitend erfolgen? Im BAiP geht das doch auch!
Die Kirche von morgen muss eine Ermöglichungskirche sein, die ein geistliches Gespür dafür entwickelt, wo Gott am Wirken ist und Menschen anspricht, um durch sie seine Kirche und sein Reich zu bauen.
Zwei der wichtigsten Handlungsfelder und Aufgabenbereiche der Menschen in der Kirche, das hat die KMU deutlich zu Tage gebracht, werden dabei die Kinder-, Jugend- und Konfirmandenarbeit mit dem dazugehörenden Bildungsauftrag sein, die Grundlagen des christlichen Glaubens und der Bibel an sie weiterzugeben; …und mehr denn je die Diakonie als Dienst an denen, die Not leiden, und als gelebte Verkündigung der Liebe Gottes, die sich den Schwachen und Bedürftigen zuwendet und ihnen darin zeigt, dass Gott sie sieht.
Ich schließe mit etwas, das mir Mut macht und mich zuversichtlich stimmt:
Ich habe Hoffnung für unsere Kirche. Weil Gott gerade in den Krisen ihrer Geschichte immer wieder Aufbrüche geschenkt hat, in denen Menschen sich des ureigenen Auftrags von Jesus an seine Jünger zurückerinnerten und die frohe Botschaft unseres Herrn und Heilands in ihrer je eigene Zeit neu verkündet haben.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Liebe Frau Präsidentin, liebe Schwestern und Brüder,
Erschütternd ist für uns alle der Schwund religiöser Überzeugungen, die die KMU offenlegt.
Nur noch bei 3-5 % der Evangelischen (?) spielt Religiosität bei der Kindererziehung und der politischen Einstellung eine wichtige Rolle.
Dass Gottes Gegenwart im Leben eine Rolle spielt, dem stimmen nur 7% zu.
Da überrascht es fast schon, dass ein Viertel der Evangelischen noch an einen Gott glaubt, der sich in Jesus Christus offenbart.
Ebenfalls gut ein Viertel beten ein bis mehrmals die Woche.
Umso wichtiger ist es, dass wir uns anschauen, was denn die Motive sind, in dieser Kirche noch Mitglied zu sein.
Als wichtigste Motive nennt die Studie: „Weil sich Kirche fürSolidarität und Gerechtigkeit in der Welt und die Zukunft der Menschheit einsetzt“ und „weil sie etwas für Arme, Kranke und Bedürftige tut“. Das deckt sich voll und ganz mit der Botschaft Jesu. Und den Weg die Wahrheit und das Leben, die er uns vorgelebt hat. Eine solche sozial und gesellschaftlich engagierte württembergische Landeskirche ist ein Herzensanliegen der Offenen Kirche.
Ehrenamt
Dies setzt sich fort im Ehrenamt, die KMU unterstreicht die eminent wichtige Aufgabe von Ehrenamt: Über 70 % gibt ihr Engagement ein Gefühl von Dankbarkeit, Freiheit, Kraft, eine andere Sicht auf das Leben, und für über die Hälft stärkt es ihre Beziehung zu Gott.
Dabei ist auch hier das soziale Engagement und die erfahrene Gemeinschaft den Befragten besonders wichtig. Hier attraktive Angebote für soziales Engagement anzubieten, ist also doppelt zukunftsweisend für unsere Kirche.77 % ist der Einsatz der Kirchen für Geflüchtete wichtig, 95 % der Evangelischen sehen unsere Beratungsstellen als wichtig an.
Hier müssen wir erkennbar aktiv bleiben. Das ist für unsere Mitglieder Priorität nicht Posteriorität.
„Über rein religiöse Angebote wird die Kirche dagegen ihre Attraktivität nicht verbessern“ sagt die Studie.
Nur 33 % der Evangelischen meinen, die Kirche solle sich rein auf religiöse Themen beschränken. 67 % sehen dies anders, und wir als Offene Kirche auch, denn die Fragen von sozialer Gerechtigkeit und Frieden, der Umgang mit Antisemitismus, das sind für uns eminent wichtige und zugleich religiöse Themen – weil sie uns Jesus selbst ans Herz legt, darum lässt sich das für uns als OK gar nicht trennen.
Kirchliche Reformen werden dringend angemahnt
„85 % der Evangelischen meinen, dass Kirche sich grundlegend verändern muss, wenn sie eine Zukunft haben will.“
¾ sagen auch, die evangelische Kirche ist hier auf einem guten Weg. In einem entscheidenden Punkt gilt dies aber nicht für Württemberg, und zwar bei der Segnung homosexueller Paare: 86 % aller Evangelischen stimmen dieser Segnung zu, und auch 76 % der Religiösen – sprich der Kerngemeinde.
Aber die LG blockiert, überhaupt ins Gespräch einzutreten – obwohl dies der Mehrheit dieser Synode ein Herzensanliegen ist. Das geht gar nicht.
Reformen gerade auch an dieser Stelle erwarten die Menschen, und das erwarten wir von der OK, dass auch bei uns 80 % der Evangelischen sagen können, die evangelische Kirche ist auf einem guten Weg.
Die Liebe Gottes zur Vielfalt seiner Menschen. Schöpfungstheologisch – christologisch und pneumatologisch – die muss man uns in dieser Frage abspüren - alles andere macht uns unglaubwürdig. Wenn wir hier weiter ausgrenzend-abweisend wirken – das versteht gerade von der jüngeren Generation gar niemand. Schön, dass unsere bunte Studierendengruppe regelmäßig hier präsent ist.
Mein Eindruck, die Meinungen in der LG sind hier längst pluraler als sie sich traut zuzugeben, und dass dies nicht nach außen sichtbar wird, verweigert man sich einem Gespräch, und stößt dabei die 85 % der Evangelischen vor den Kopf, die sich Reformen wünschen. Das geht nicht.
Über RU wäre eigens zu reden. Überrascht hat mich, dass die prägende Kraft des Konfirmandenunterrichts in der Kinder- und Jugendzeit so wichtig ist.
Mit 70 % wird die Konfirmation als prägender Faktor von mehr Befragten genannt als die eigene Mutter, und der RU 45 % und die Väter.
Bislang lag der Schwerpunkt in der 16. Landessynode eher in der Vorarbeit zur Konfirmation: Verstetigung von KU 3 - Familienarbeit – mir scheint bei den anknüpfenden Angeboten sind wir deutlich konzept- und ratloser. Dieses Thema sollten wir dringend auf die Tagesordnung im Ausschuss für Bildung und Jugend setzen.
Gemeinsame Fahrt mit Konfirmierten zum Kirchentag – wo in Nürnberg intensiv um Zukunftsfragen gerungen wurde, kombiniert mit Vergewisserung des eigenen Glaubens möchte ich beispielhaft nennen. Angesichts einer fuzzy (diffusen) Religiosität der Randständigen – bietet solch ein plurales Treffen vielfältige Andock-Angebote und ein Gemeinschaftserlebnis, wie wir es vor Ort oft nicht schaffen.
Die Mehrzahl unserer Mitglieder denken positiv ökumenisch – unsere Reformprojekte denken oft rein binnenevangelisch – zum Beispiel beim Bedarf von Gemeindehäusern lohnt es sich durchaus auch ökumenisch zu denken. Zwei halb genutzte Gemeindehäuser nebeneinander, die beide im worst case voll geheizt werden – das versteht zur Recht niemand. Sich hier zusammenzutun bietet sich an. Ist dies, Herr Schuler, bei Oikos im Blick?
Eher schwache Bindung der sozial Schwachen
Schmerzlich muss für uns Jüngerinnen und Jünger Jesu sein, dass gerade sozial Schwache sich von der Kirche abgehängt fühlen – das ist bitter, denn für diese Gruppen hat sich Jesus immer besonders eingesetzt. Unsere klassische Gemeindearbeit greift hier offenbar nur unzureichend. Die im Projekt Aufbruch Quartier angelegten Wege zur Diakonischen Gemeindeentwicklung und zum Diakonischen Gemeindeaufbau weisen hier eine gute Richtung hin zu einer „Kirche mit anderen – insbesondere mit vulnerablen Gruppen“.
Als Schatz sieht die Studie die hohe soziale Reichweite der Kirche – gemeint ist damit eine gute Vernetzung.
Viele Menschen kennen engagierte Christen, gut 40 % hatten im zurückliegenden Jahr persönlichen Kontakt zu ihrer Pfarrerin ihrem Pfarrer; hier gilt es anzuknüpfen. Dass Pfarrerinnen aktuell mit allzu viel Zusatzaufgaben der Raum für Besuche und Gespräche und Kommunikation des Evangeliums eng wird, ist eine Fehlentwicklung.
Fazit
Eine Kirche, die Zukunft haben will – darf sich nicht selbst im Weg stehen, indem sie sich dem Gespräch über eine Trauung für alle verschließt.
Sie muss sich sichtbar gesellschaftlich engagieren und dabei zum Ehrenamt einladen und über ihre soziale Reichweite, dieses soziale Engagement als Nachfolge Jesu also als tiefes religiöses Engagement verständlich machen.
So verstanden würden wir als OK auch etwas mit dem Stichwort einer Missionarischen Kirche anfangen können.
Lieber Herr Peters, Lieber Herr Wunder,
vielen Dank für die Ausführungen zur Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung. Die Gretchenfrage hat es schon in sich. Denn die, die sie stellt, ist am Ende ja tot.
Sie haben es angedeutet, die Untersuchung hat einen gewaltigen Umfang. Die Gretchenfrage ist ja eine gefährliche nicht nur, weil am Ende Margarete resigniert feststellt: Du hast kein Christentum.
Es werden sich noch viele Untersuchungen anschließen und weitere Veröffentlichungen warten auf uns.
In der bisherigen Wahrnehmung sind uns drei Punkte wichtig geworden.
Zunächst einmal sind wir froh über die Wertschätzung, die bei den Befragten für Religionsunterricht und Konfirmandenunterricht zu erkennen ist. Beide bieten wichtige Gelegenheiten zur religiösen Sozialisation und sind damit Bildung in einem ganz grundsätzlichen Verständnis als Prozess der Individuation, der Menschwerdung.
Hier wird viel gute Arbeit in der Begleitung der jungen Menschen geleistet. Dass die in Erinnerung bleibt, haben wir uns schon lang gedacht, jetzt wissen wir es.
Herzlichen Dank allen, die dazu einen Anteil leisten.
Wir wären gut beraten, alles daran zu setzen, vor allem beim KU Konzepte zu entwickeln, wie miteinander ein Konfiunterricht gestaltet werden kann, der in guter Erinnerung bleibt.
Auch wenn das vielleicht künftig heißt, dass im eigenen Ort kein KU mehr stattfinden wird. Hier ist ein Feld, wo die Regio-Lokalität zu was Gutem führen kann. Die KMU6 bestärkt - es lohnt sich.
Genauso wichtig: der Religionsunterricht
134. Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen zum Thema Religionsunterricht zu?
(a) Das Schulfach Religion ist in der heutigen Zeit besonders wichtig.
(b) Das Schulfach Religion sollte abgeschafft werden.
(c) Das Schulfach Religion sollte neutral über alle Religionen informieren, ohne sich einer bestimmten religiösen oder weltanschaulichen Richtung verpflichtet zu fühlen.
(d) Im Schulfach Religion sollten Schulkinder unterschiedlicher Religionszugehörigkeit gemeinsam unterrichtet werden.
Na ja, dann ist es ja kein Wunder, dass es so rausgekommen ist - grad egal, wer den Unterricht erteilt.
Das glaube ich ehrlich gesagt nicht: Es macht einen Unterschied, ob eine Lehrperson aus einer Perspektive des Glaubens spricht oder eben religionswissenschaftlich aus einer rein deskriptiven Sichtweise. Dem Religionsunterricht fehlt eine wichtige Dimension, wenn er nicht konfessionell erteilt wird. Den Schülerinnen und Schülern würde diese Dimension fehlen. Wir haben es doch gesehen in der Untersuchung:
Der RU ist für manche die erste Begegnung mit der Dimension der Religion. Und diese Möglichkeit zur Begegnung, die brauchts.
Was dann draus wird, das liegt nicht in unserer Hand. Aber das Schicksal teilen wir an der Stelle auch mit vielen anderen Fächern. Es wird nicht aus jedem Schüler ein Sportgymnast, aber es ist wichtig, dass jeder mal einen Purzelbaum probiert hat, einfach weil auch das eine Facette unseres Menschseins ist.
Es wäre auch zu fragen, ob der Reliunterricht für so viele Befragte hätte bedeutend werden können, wenn er nicht nur konfessionell, sondern auch performativ unterrichtet worden wäre. Das bedeutet, dass christliche Religion und Tradition auch im Vollzug erlebt werden können. Also auch gebetet wird, man einen Gottesdienst erarbeitet und feiert. Wie im Sportunterricht, der ja auch nicht nur in der Theorie funktionieren kann.
Und das schließt ja überhaupt nicht aus, dass man freundlich und fair auch über andere Religionen sprechen kann oder die Lehrperson immer der Konfession des Schülers der Schülerin entsprechen muss.
Also Punkt 1 - Hier sind wir stark und habe Stärken zu stärken.
Personen und Beziehungen - die soziale Reichweite der Kirche ist größer als ihre religiöse.
Das ist in meinen Augen eine Unterscheidung, die man noch mal genau ansehen muss.
Unsere religiösen Inhalte führen doch in die Gesellschaft, die Gemeinschaft.
Ob man jetzt Hartmut Rosa liest, der uns als Angesprochene und Hörende sieht im Resonanzraum, oder ob man doch lieber bei einem Theologen bleiben möchte und mit Philipp Melanchthon davon spricht, dass wir zum Gespräch geschaffen sind.
Das sind Ausdrucksweisen der Überzeugung, dass der Mensch als Ebenbild Gottes zur Gemeinschaft geschaffen ist.
Das ist eine religiöse Aussage, und es ist kein Zufall, dass kirchlich beheimatete Menschen überdurchschnittlich häufig in der Gesellschaft engagiert sind.
Das soll kein billiges Dazubuchen oder Schönreden sein - wie wir vom Menschen denken, ist doch zumindest auch religiös begründet und betrifft dann die Bereiche, die als zivilgesellschaftlich bezeichnet werden.
Das hat sich in diesen Tagen in unserer Beschäftigung mit der sexualisierten Gewalt und dem Antisemitismus gezeigt, da haben wir doch nicht lediglich moralisch zivilgesellschaftlich gesprochen, sondern aus unserer Perspektive als Christinnen und Christen heraus.
Hier ist so ein Punkt, an dem sich die Limitierung durch das Primat der Soziologie zeigt, dass hier Verbundendes getrennt dargestellt wird.
Viel mehr hängt aber beides voneinander ab – dem Glauben folgen die Werke. Wäre dem nicht so, würde es für uns als Kirche ja geradezu bedeutungslos sein, dass wir eine zivilgesellschaftliche Rolle spielen.
Der Begriff der Volkskirche
Als Zentralbegriff des Nachdenkens über die künftige Gestalt unserer Kirche hat sich der der „Volkskirche“ herausgestellt. Er kommt in der Dokumentation zur Studie zwar nur in zwei Fußnoten vor, aber implizit ist die ganze Untersuchung ja ein Nachforschen danach, was ist denn nun dieses Volk, das da eine Kirche bildet oder zumindest eine Kirche bilden soll.
In ihrem Bericht zur Strategie sind Sie, Herr Werner, auch darauf eingegangen und es stimmt - wir müssen uns gut überlegen, was wir meinen, wenn wir Volkskirche sagen. Ich muss sagen, mir ist die Sichtweise unseres Ministerpräsidenten sympathisch, der vorschlägt, so zum Beispiel im Grußwort zur EKD Synode in Ulm, dass Volkskirche ja auch Kirche im Volk bedeuten kann.
Sie ist mir darum sympathisch, weil sie sich bescheidet und gut zum „Weniger ist mehr“ der strategischen Planung von vor zwei Jahren passt.
Natürlich sind wir an jeden und jede Einzelne gewiesen, aber erreichen, das sehen – wir wieder in dieser Studie deutlich – erreichen können wir nicht jede und jeden.
Da kommt die KMU VI gerade zur rechten Zeit: Sie erinnert uns: Wir brauchen dringend Kriterien für unser Handeln, die es uns auch ermöglichen, Posterioritäten zu benennen.
Wenn wir das schaffen, bekommen wir es hin, von Volkskirche zu sprechen, ohne uns selbst zu überfordern, sondern es tatsächlich auch mal gut sein zu lassen.
Wir haben Schätze, mit denen wir schaffen und umgehen. Daran erinnert uns die KMU VI.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Liebe Frau/Herr Präsident/in, liebe Synode,
vielen Dank an Dr. Edgar Wunder und Dr. Fabian Peters für den ausführlichen Bericht über die sechste Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung.
Stellen Sie sich vor, es ist Frühjahr und die Kindergartenanmeldung steht bevor. Familie V. hat einen Kindergartenplatz für ihre Tochter in einer evangelischen KiTa bekommen. Die Anmeldung wird im Kindergarten abgegeben und landet im geschäftsführenden Pfarramt. In der gleichen Woche beschließt der Vater, dass es eigentlich jetzt reicht, wenn er der Kirche mit der KiTa- Gebühr Geld gibt und tritt aus der Kirche aus, um Kirchensteuer zu sparen.
Diese kleine Geschichte beruht auf einem wahren Ereignis, das mir ein Pfarrer im Gespräch berichtete. Was können wir diesem Vater sagen und wie begegnen wir ihm?
KMU 6 zeigt uns diese Realität. In den Medien lesen wir:
Ende der 2020er sind die Konfessionslosen in der Mehrheit. Die Kirche verliert an Bedeutung in der Gesellschaft. Die Kirche hat ein Image-Problem und ein Großteil der Kirchenmitglieder erwarten grundlegende Veränderungen. Ziemlich ernüchternd.
Wenn wir die Erkenntnisse der KMU 6 genauer anschauen, dann gilt es erstmal, diese anzunehmen. Die KMU 6 zeigt uns sehr klar, dass Kirchenbindung, aber auch Religiosität gesellschaftlich zurückgehen. Darüber hinaus ist jedoch festzustellen, dass die soziale Reichweite der Kirche nach wie vor hoch ist. Hier verliert die Kirche nicht an Bedeutung. Das Vertrauen in die sozial-diakonischen Institutionen der beiden großen Kirchen, Caritas und Diakonie, ist hoch. Die KMU 5 hatte angenommen, dass der Schwerpunkt der religiösen Sozialisation in der Familie liegt. Schön ist, dass dieser Blickwinkel in der KMU 6 erweitert wird und auch kirchlichen Angeboten hohe Bedeutung für die religiöse Sozialisation zurechnet.
Aber was machen wir jetzt? Wie wollen wir als Evangelische Landeskirche in Württemberg mit diesen Ergebnissen umgehen?
80 % der befragten Evangelischen geben laut KMU 6 an, dass sich die Kirche grundlegend verändern muss, damit sie eine Zukunft hat.
Als Kirche für Morgen haben wir dazu konkrete Vorstellungen:
Jetzt ist die Zeit, neue Formen von Kirche konsequent umzusetzen!
Wir leben in einer diversen Gesellschaft.Kirche für Morgen setzt sich für vielfältige Formen von Kirche ein. Dazu sollten wir uns von dem Gedanken verabschieden, dass wir nur eine neue Normalform finden müssen. Wir stehen für kirchliche Start-Ups mit Fehlerfreundlichkeit in der breiten Fläche. Diese können auch auf Zeit gestaltbar und veränderbar sein. Wir wollen, dass hier nicht auf Versorgung, sondern auf Beteiligung gesetzt wird. 77 % der befragten Evangelischen wünschen sich, dass Ehrenamtliche mehr Entscheidungsbefugnisse erhalten sollen. Wir fordern, dass die Synode und der Oberkirchenrat gemeinsam als Kirchenleitung Gestaltungsräume für haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende öffnen. Wie gewinnen wir ehrenamtlich Mitarbeitende und wecken in ihnen die Lust zur Gestaltung? Wie können hauptamtlich Mitarbeitende gestalten und nicht nur verwalten?
Jetzt ist die Zeit, Kirche konsequent vernetzt zu denken!
Als Vernetzungsort für religiöse Sozialisation geht von der Familie oft die Initiative aus. KMU 6 zeigt uns, dass die Familie als Ort der religiösen Sozialisation nicht isoliert gedacht werden darf. Familienorientierte kirchliche Arbeit muss die Arbeit in kirchlichen KiTas, im Religionsunterricht, in der verbandliche Kinder- und Jugendarbeit und im Rahmen der Konfirmation miteinander vernetzt denken und nicht als einzelne voneinander unabhängige Angebote.
In der KMU 6 geben 70 % an, dass sich Kirche in größeren regionalen Kontexten organisieren muss. Wir als Kirche für Morgen setzen uns für eine postparochiale Kirche ein. Abzuwägen wäre unser Meinung nach außerdem eine Fusion mit der badischen Landeskirche.
Jetzt ist die Zeit, Kirche konsequent sozialdiakonisch zu denken!
Als Bleibegrund Nummer 1 wird von den Befragten angegeben, dass Kirche etwas für Arme, Kranke und Bedürftige tut. Die sozialdiakonischen Motive der Kirche werden wahrgenommen. Kirche und Diakonie wird jedoch nicht als eins wahrgenommen. Wie können wir die soziale Dimension mit der religiösen Dimension der Kommunikation des Evangeliums wieder neu verbinden? Wie können wir Menschen neu bewusst machen, wieso wir sozialdiakonisch handeln und sie von unserer Glaubenshoffnung anstecken?
Die Erkenntnisse der KMU 6 zeigen uns auf, dass wir Kirche gestalten müssen. Wie die Gestaltung aussehen kann, habe ich dargelegt. Ich erlebe leider jedoch immer wieder, dass Gestaltungsprozesse bewusst blockiert werden. Diese Feststellung mache ich sowohl im Gespräch mit kirchlich Mitarbeitenden als auch in unserer synodalen Arbeit. Das macht mich traurig und frustriert mich zunehmend.
Wo geht es mit unserer Kirche hin? Ich schwanke zwischen Hoffnung und Frustration. Gerade überwiegt die Frustration.
Marion Blessing (Holzgerlingen) legte den Schwerpunkt darauf, dass Religionsunterricht und Konfirmation laut der KMU nachhaltige und prägende Spuren hinterlassen. Die entscheidende Frage sei nun, wie Menschen gewonnen werden könnten, die gerne – auch über alternative Zugänge – Religionsunterricht geben, beispielsweise Mitarbeitende aus der Kinder- und Jugendarbeit. Konfirmationsunterricht sollte häufiger in Tandem mit Haupt- und Ehrenamtlichen erteilt werden und die Kinder- und Jugendarbeit weiter Beziehungsräume zum Erleben der christlichen Hoffnungsbotschaft sein. Dazu brauche Kirche Strukturen, die bewegliche, agile und fluide Formate unterstützen. „Wir müssen in Reli, Konfi und Kinder- und Jugendarbeit investieren und wir brauchen jugendgerechte Sprache und Religiosität.“
Christoph Lehmann (Wuppertal) merkte kritisch an, dass neben der KMU zunächst zu fragen sei, was die gegenwärtige Situation geistlich für Kirche bedeute. Er merkte an, dass es an einem geistlichen Umgang für das derzeitige Verlustgefühl in der Kirche fehle. „Es fehlt in unseren Gremien die Klage um die harten Fakten. Die werden geistlich nicht aufgefangen. Dem sollte Raum gegeben werden. Wenn wir unseren Frust an Gott geben würden, würde dieser weniger in Gremien widerspiegeln“, so Lehmann. „Lasst uns diesen Rückbau und die Situation geistlich begleiten und auch dem Schmerz darüber Ausdruck verleihen. Wenn wir das getan haben: Lasst uns hoffnungsvoll die KMU-Studie diskutieren und dann von der Klage zum Lob übergehen.“
Britta Gall (Pfalzgrafenweiler) sagte, dass die KMU zeige, dass die Kirche nach wie vor eine große Rolle in der Gesellschaft spiele und eine große soziale Reichweite haben. „Wir haben eine Verantwortung für die Hoffnung und wir haben nicht das Recht, diese aufzugeben“, so Gall. „Wir teilen den Frust an der KMU, aber wir haben Hoffnung im Sinn von Kirche, wie Jesus sie gelebt hat: als Gemeinschaft von Glaubenden, Teilenden, Helfenden, Liebenden, Tröstenden und Ermutigenden. Es wäre schön, wir würden unsere Reichweite nutzen und diese Hoffnung in die Gesellschaft tragen. Trotz KMU –oder gerade wegen der Ergebnisse der KMU.“
Rainer Köpf (Backnang) sieht in der KMU die Gefahr der Instrumentalisierung als Marktbefragung, die rein nach den Wünschen der Menschen frage. „Gottes unbegrenzte Souveränität lässt sich nicht messbar machen“, so seine Entgegnung. „Mit Jesus bekommen wir nicht, den, den wir wollen, sondern den, den wir brauchen.“ Die Offenbarung sei nicht die KMU, sondern das eine Wort Gottes.
Dr. Gabriele Schöll zeigte sich schockiert über die Ergebnisse der KMU und über die nachlassende Kirchenbindung und Religiosität. Dennoch sollte man sich nicht entmutigen lassen, denn „Jesus erwarte keine Erfolge, sondern Liebe und Treue zu ihm, zu den Menschen und in der Sendung in die Welt.“ Kirche sollte nicht nur anstreben, bedeutsam zu sein. „Wir sollten das Augenmerk nicht darauflegen, wie uns Menschen beurteilen, sondern wie uns Gott beurteilen wird.“
Angelika Klingel (Heimsheim) sieht in der KMU eine Zustandsanalyse und eine ernstzunehmende Untersuchung, nach der sie die Ziele in der Landeskirche ausrichten wolle. Die Welt und der Alltag drehe sich schneller als vor 10 Jahren. Ansprüche und Erwartungen seien exponentiell gestiegen. Christliche Spiritualität werde noch nur vom „inner circle“ gesucht. Die KMU zeige aber, dass das Vertrauen in die Diakonie sehr hoch sei. Kirche sei für die Menschen also wichtig, weil sie etwas für Arme, Kranke und Bedürftige tue und sich für Gerechtigkeit, Solidarität und Frieden – für die Zukunft der Menschen – einsetze. Es braucht daher eine Stärkung des Diakonats, von Hauptamtlichen und von multiprofessionellen Teams. „Die Zukunft der Kirche wird eine diakonische sein“, so Klingel
Ralf Walter (Herbrechtingen) erzählte, es gebe Untersuchungen, dass erfolgreiche Unternehmen ein ganz klares Bild des „Warum“ ihrer Tätigkeit haben, das sie auch kommunizieren können. Das ließe sich auf vieles anwenden, auch auf die Kirche. Kirche müsse klären, warum sie relevant sei für die Menschen.
Siegfried Jahn (Schrozberg) sagte, ihn springe in den Ergebnissen der KMU VI die große Bedeutung der Konfirmation für die religiöse Prägung an. Er regte an, sich intensiver mit Konfi3 zu befassen und dafür mehr Menschen zu gewinnen, dies sei ein gutes Modell, das in der Familienarbeit und in der Ganztagsbetreuung ein guter Baustein sein. Auch den Konfirmationsunterricht müsse man genau anschauen. Es sei nicht garantiert, dass Landesregierung und Schulen dauerhaft den Mittwochnachmittag freihalten. Es sei nötig, den Konfirmationsunterricht zu reformieren und auf die Höhe der Zeit zu bringen. Jahn fragte nach, ob es zusätzlich zur KMU VI auch Daten speziell für Württemberg gebe und ob sich aus der Zusammenschau der Familienstudie, der KMU VI und der kommenden Jugendstudie nicht weitere Erkenntnisse gewinnen ließen.
Christoph Hillebrand (Dettingen am Albuch) sagte, auch ihm gehe es um die geistliche Frage des Warum. Es gehe um die Rettung der Menschen als Horizont des kirchlichen Handelns.
Hans-Ulrich Probst (Tübingen) betonte, die KMU VI zeige, einer der wichtigsten Faktoren, um Menschen vom Austritt abzuhalten, sei die Bereitschaft der Kirche, sich öffentlich und sichtbar bei den Menschen zu entschuldigen, die in der Kirche Leid erfahren haben. Als zweiten Aspekt fragte Probst, wie man die Menschen erreichen könne, die wegen der Kirchensteuer austräten, obgleich sie aufgrund ihres niedrigen Einkommens gar keine Kirchensteuer zahlen.
Oberkirchenrätin Carmen Rivuzumwami erinnerte daran, man müsse Religionsunterricht immer für vier Kirchen denken, denn es gebe in Baden-Württemberg das gute Modell des konfessionsverbindenden Religionsunterrichts. Sie erinnerte auch an die Anregung von Dr. Michael Blume, über religionsverbindenden Religionsunterricht nachzudenken. Dies müsse gut übergreifend gemeinsam überlegt werden.
Johannes Söhner (Herrenberg) sagte, dass Kirche bunt sei und dass dies gelebt werden solle.
Christiane Mörk (Brackenheim) lobte die überkonfessionelle Befragung und dass auch nicht-konfessionell gebundene Menschen befragt wurden. Auch zeige die Untersuchung, dass die Kirche einen großen Beitrag für die Zivilgesellschaft und für die Stärkung der Demokratie habe. Positiv seien weiterhin die Beweggründe für den Gottesdienstbesuch, bei denen Musik eine große Rolle spiele. Mörk sehe daher vor allem Chancen in einer guten Ausbildung in der Kirchenmusik, in der Kinder- und Jugendarbeit sowie im Kirchenchor. „Lasst uns freudige Vielfalt und Gemeinschaft leben.“ Menschen an Grenzsituationen des Lebens zu begleiten, sei essenziell.
Prof. Dr. Jürgen Kampmann sagte, die KMU zeige Problem auf, dass viele Menschen nicht das glaubten, was „wir als Christen bekennen“. Was man tun könne, sei, die Glaubensinhalte darzustellen und „wie wir von diesen getragen werden“.
Jonas Elias (Ludwigsburg) merkte an, dass Internationalen Gemeinden in der KMU nicht befragt worden seien. Aufgrund der vielen hier lebenden Menschen mit Migrationshintergrund wäre es wichtig gewesen, die Christinnen und Christen der Internationalen Gemeinden miteinzubeziehen, da diese auch von den Veränderungen betroffen seien und Lösungen beitragen könnten.
Dr. Edgar Wunder bedankte sich für den regen Austausch zur KMU. Es sei richtig, dass es verschiedene Schlussfolgerungen aus der Studie gebe. Wichtig für ihn sei, dass die KMU 6 sowohl positive und als auch weniger erfreuliche Nachrichten beinhalte. Christinnen und Christen seien „Optimisten“, und auch das sei im Umgang mit den Daten wichtig. Die Kirche hätte in ihrer Geschichte immer wieder vor neuen Herausforderungen gestanden. Heute hätten wir aber vielfältige Handlungsmöglichkeiten. Entscheiden sei, weder ohnmächtig noch allmächtig zu agieren. Er glaube beispielsweise nicht daran, dass sich gesellschaftliche Groß-Trends durch bestimmte Maßnahmen umkehrbar machen ließen. Weiter kündigte er Nachfolgeuntersuchungen aufgrund der vorliegenden Daten der KMU für 2024 an.
Hellger Koepff, Vorsitzender des Theologischen Ausschusses, berichtete von der 4. Begegnungstagung der Synodalen der Mitgliedskirchen der Gemeinschaft Evangelischen Kirchen in Europa (GEKE) aus Anlass des 50jährigen Bestehens der Leuenberger Konkordie und einer Tagung des Evangelische Bundes zum gleichen Thema. Koepff erzählte von der ermutigenden Vielfalt der europäischen Mitgliedskirchen.
Die Leuenberger Konkordie
Koepff erklärte zunächst die Bedeutung der Leuenberger Konkordie. 1973 hätten in der Leuenberger Konkordie die europäischen evangelischen Kirchen (lutherische, reformierte, unierte, Waldenser und Böhmische Brüder) einen Ausweg aus den theologischen Unvereinbarkeiten gefunden, die über Jahrhunderte die Abendmahlsgemeinschaft und die gegenseitige Anerkennung des ordinierten Amtes verhindert hatten. Man habe ein gemeinsames Verständnis des Evangeliums festgestellt und so Kirchengemeinschaft erklären und verwirklichen können.
Vielfalt der Lage der Kirchen
Sehr bereichernd sei das Erlebnis der großen Vielfalt der evangelischen Kirchen in Europa gewesen vom laizistischen Frankreich über die Tschechische Republik, wo die Böhmischen Brüder 2043 komplett auf eigenen finanziellen Beinen stehen müssen, und Dänemark, wo die Kirche vom Staat finanziert werde und das Parlament das oberste Leitungsgremium der Kirche sei, bis Rumänien, wo die Orthodoxie heimliche Staatskirche sei.
Koepff erzählte von seinen Eindrücken: „Wir sangen, beteten zusammen, diskutierten über die Schrift, feierten gemeinsam Abendmahl, ganz bewusst nach Leuenberg. Wir teilten unsere Themen und staunten, wie unterschiedlich die Grundstimmung als kirchlich Verantwortliche war. Wir erlebten Aufbruchstimmung in Gemeinden, die wachsen, weil sie sich glaubwürdig und hochengagiert im Sozialraum einbringen (Ungarn). Wir wurden konfrontiert mit den Fragen, ob ich mich ändern und anpassen muss, wenn ich in der Kirche mitmachen will, oder ob ich so sein darf, wie ich bin. Wir hörten die Ermutigung: Erlauben wir der Schrift und dem Heiligen Geist, dass sie uns durcheinanderbringen. Scheuen wir uns nicht, Mut zum Dilettantismus zu haben (England).“
Vielfalt als Herausforderung
Diversität müsse aber auch erlitten werden. Die theologischen und politischen Überzeugungen hätten teils weit auseinander gelegen: „Die GEKE selbst erfuhr die schmerzliche Seite der Vielfalt etwa durch den Austritt der lettischen Kirche wegen der Position anderer Kirchen zu Homosexualität und Frauenordination.“ Die GEKE versuche, dem Spagat der Diversität mit einem „Protestantischen Korridor“ Gestalt zu geben, in dem die Überzeugungen schriftgemäß und wirklichkeitsgemäß sein müssen. Das sei so ausgedrückt worden: „Kirche hat keine Grenze, sie hat eine Mitte. Wenn sie fest auf die Mitte bezogen ist, kann sie mit ihren Grenzen gelassen umgehen.“
Koepff betonte, im europäischen evangelischen Austausch könne man „Gelassenheit und Neugier in den anstehenden Veränderungsprozessen“ lernen.
Die Vollversammlung in Krakau erinnerte in Begegnungen, Gottesdiensten und Resolutionen an die Berufung zur Einheit in einer zersplitterten Welt. Bericht der Synodalen Yasna Crüsemann, Vorsitzende des Ausschusses für Mission, Ökumene und Entwicklung, und der Synodalen Susanne Jäckle-Weckert, Mitglied im Deutschen Nationalkomitee des LWB.
Die Vorversammlungen für Frauen, Jugend und Männer hätten Schwerpunkthemen wie Geschlechterbasierte Gewalt, Frauenrechte und Ordination sowie nachhaltige Gemeinden, Generationengerechtigkeit und neue Männlichkeitskonzepte eingebracht. Aus Württemberg seien fünf Delegierte (unter 358 Delegierten aus 99 Mitgliedskirchen) bei der Vollversammlung (etwa 1000 tägliche Besucher aus 100 Ländern) anwesend gewesen. Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl habe die Versammlung ebenfalls besucht. Als besondere Programmpunkte nannten Crüsemann und Jäckle-Weckert unter anderem die Key Note des tschechischen Priesters Tomás Halik, den Besuch im Museum und Memorial Auschwitz-Birkenau sowie die Ansprache des Holocaust-Überlebenden Marian Turski.
Botschaft, Resolutionen und Wahlen
Die Vollversammlung schloss unter anderem mit folgenden Resolutionen als Impulse und Aufträge:
Neuer Präsident des LWB ist Bischof Henrik Stubkjaer aus Dänemark. Die württembergische Vikarin Charlotte Horn wurde neu in den Rat des LWB gewählt.
Charlotte Horn, Vikarin in Bad Saulgau, ist als Jugenddelegierte im Rat des Lutherischen Weltbundes (LWB). In ihrem Grußwort vor der Synode warb sie dafür, junge Menschen intensiv in die Gestaltung der Zukunft der Kirche einzubeziehen.
Charlotte Horn berichtete von der diesjährigen Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes in Krakau, diese habe „Horizonte geöffnet, für viele kirchliche Realitäten“. In den Diskussionen über die Inhalte der Jugendbotschaft habe sie erlebt, dass zum Beispiel der interreligöse Dialog etwa in Indonesien nicht nur „nice to have“ sei, sondern ein Herzensanliegen. Delegierte aus Afrika wünschten sich eher die Unterstützung bei Bildung und wirtschaftlicher Selbständigkeit. Klimagerechtigkeit werde ebenso von vielen gefordert wie verständliche theologische Sprache.
Horn betonte, die Jugend sei im Rat des Lutherischen Weltbund gut vertreten. Die württembergische Landeskirche hingegen müsse bei der Beteiligung junger Menschen an Entscheidungsprozessen nacharbeiten, da sie nicht gut aufgestellt sei. Es gebe „junge Menschen da draußen, die Lust auf Engagement und Arbeit in der Kirche haben, auch in Zukunft“. Horn bat die Landessynode, sich dafür einzusetzen, dass „diese jungen Menschen auch eine Stimme bekommen, wenn es um die Zukunft unserer Kirche geht. Wir sind da, wir leben aus der frohen Botschaft des Evangeliums, wir haben Ideen – wo können wir sie einbringen? Wer schätzt sie, wer nimmt sie in ein Programm auf?“