Dr. Patrick Todjeras (Leiter des Werks für Evangelisation und Gemeindeaufbau der Evangelischen Kirche A.B. in Österreich) sprach in seinem Vortrag über die Entwicklung der Religiosität junger Menschen anlässlich der digitalen Welt
In einer Zeit, in der digitale Medien wie Instagram die Lebenswelten junger Menschen prägen, stellt sich die Frage: Wie finden sie in einer sich rasch wandelnden Welt zum Glauben? Todjeras warf einen Blick auf theologische und religionspsychologische Aspekte dieses Themas. Er ging auf die Veränderung der menschlichen Wahrnehmung, Kommunikation und Koordination ein und erläuterte die vielschichtige Suche junger Menschen nach Sinn. Hier spielen verschiedene sozio-kulturelle Faktoren, wie Kontakt/Begegnung mit Alternativen und Interaktion eine große Rolle. Laut einer Studie zu Social Media und Glaube gaben 56 % der Befragten an, dass sie durch die Inhalte auf Instagram eine Veränderung in ihrem Glauben erlebt haben oder zum Glauben gefunden haben. Wie soll die Kirche darauf reagieren, um junge Menschen anzusprechen und zu begleiten? Die Kirche solle digital präsent sein, authentische und verbindliche Gemeinschaften fördern und flexible Formen der Verkündigung entwickeln, so Todjeras. Es bleibe eine Aufgabe, junge Menschen auf dem Weg zum mündigen Christsein und in ihrer Spiritualität dort zu begleiten, wo sie unterwegs sind.
Den Volltext des Vortrags finden Sie als PDF unter diesem Text.
Prof. Dr. Wolfgang Ilg von der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg sprach in seinem Vortrag über Erkenntnisse und Folgerungen aus empirischen Studien für die Konfi-Zeit und das Jugendalter.
Ilg beleuchtete in seinem Vortrag die Glaubensentwicklung von Jugendlichen im Kontext der Konfirmation und welche Bedeutung diese für die religiöse Sozialisation hat. Studien zeigen, dass diese Phase und die Konfirmation einen entscheidenden Einfluss auf den Glauben junger Menschen, auf ihre religiöse Überzeugung haben. Eine zentrale Rolle in diesem Prozess spielen insbesondere Beziehungen, die ihre religiöse Entwicklung beeinflussen und die Glaubensüberzeugungen prägen. Jugendliche suchen Orientierung und Identität, und dabei spielen die Beziehungen zu Eltern, Peergroups und kirchlichen Gemeinschaften eine wichtige Rolle. Kirchengemeinden sollen relevante und ansprechende Programme anbieten, um Jugendliche zu erreichen und zu engagieren. Dabei sollten innovative Ansätze und zeitgemäße Methoden genutzt werden, um die kirchlichen Angebote für Jugendliche nachhaltig und relevant zu machen. Gleichzeitig müssen traditionelle Methoden überdacht und den Bedürfnissen und Interessen junger Menschen angepasst werden. Dies erfordert den Mut, neue Wege zu gehen.
Rückfragen
Nach den beiden Vorträgen wurden von den Synodalen Fragen gestellt zur Vereinbarkeit von Digitalität, Algorithmizität und Beziehung und wie diese im Hinblick auf die Herausforderungen im Pfarramt gelebt werden können. Weitere Fragen kamen zur größeren Sichtbarkeit im Netz und zu den Unterschieden in der Württembergischen Landeskirche im Vergleich zu den Gliedkirchen der EKD. Angesprochen wurde die Geschlechterverteilung bei der Konversion und bei der Ausbildung der Diakoninnen und Diakone und wie dementsprechend die Angebote gestaltet werden können, damit sie nachhaltig wirken.
Dr. Jörg Antoine, kommissarischer Leiter des Dezernats für Finanzmanagement und Informationstechnologie im Oberkirchenrat, erläuterte die Ausgaben, die 2024 über die ursprünglich geplanten hinaus nötig sind.
Dr. Jörg Antoine erläuterte, die in den Nachtragshaushalt aufgenommenen Planänderungen seien überschaubar. Das landeskirchliche Defizit erhöhe sich gegenüber der ursprünglichen Planung um 7,6 Millionen Euro auf 92,1 Millionen Euro. Darin sei allein eine Erhöhung der Deckungsreserve um 5 Millionen Euro enthalten, mit der sichergestellt werde, dass die Kirche auf finanzielle Risiken im laufenden Haushaltsjahr reagieren könne. Darunter fielen auch mögliche höhere Anerkennungsleistungen für die Betroffenen von sexualisierter Gewalt im Raum der Kirche.
1,62 Millionen Euro entfallen auf die Verlängerung ursprünglich genehmigter, aber zum Haushaltsjahr 2024 ablaufender Maßnahmen wie etwa zum Beispiel Bewertungsabschläge für Dienstwohnungen (324.000 Euro), die Fortführung/Prüfung von Kooperationsmöglichkeiten mit der Landeskirche in Baden (125.000 Euro) und die Informationssicherheit (287.000 Euro). Es sei eine Vielzahl von Maßnahmen aufgenommen worden, die bereits bewilligt und geplant waren und wegen zeitlicher Verzögerung nun erneut eingebracht werden müssten. Antoine will prüfen, ob sich das bestehende Verfahren so vereinfachen lasse, dass eine „vollständige, erneute Befassung mit bereits beschlossenen und finanzierten Maßnahmen“ nicht mehr nötig sei.
Überwiegend keine neuen Projekte
Weitere Beispiele für Ausgaben im Nachtragshaushalt (vollständige Zahlen entnehmen Sie bitte dem Volltext des Berichts weiter unten auf dieser Seite):
Dies seien überwiegend keine neuen Projekte, sondern die Übertragung bereits finanzierter Maßnahmen, die Verwendung von für den Bauerhalt vorgesehener RIU-Mittel und eine Abbildung der Weiterleitung von Mitteln im Haushalt.
Tobias Geiger, Vorsitzender des Finanzausschusses, mahnte in seinem Bericht an, die Systematik der Nachtragshaushalte für künftige Doppelhaushalte zu vereinfachen.
Geiger erläuterte, dass der 2. Nachtragshaushalt mit all seinem Aufwand nur deshalb notwendig sei, weil bereits bewilligte Maßnahmen im vergangenen Jahr nicht abgeschlossen werden konnten und die entsprechenden Gelder ins Jahr 2024 übertragen werden mussten. Dafür sei dann eine neue Befassung mit dem Antrag nötig und im Resultat ein Nachtragshaushalt. Geiger begrüßte, dass der Oberkirchenrat bereits daran arbeite, das Prozedere so umzustellen, dass dies in künftigen Doppelhaushalten nicht mehr nötig sein wird. Ebenso begrüße der Finanzausschuss, dass die Deckungsreserve im Blick auf mögliche Anerkennungsleistungen um 5 Mio. Euro erhöht worden sei.
Beschluss
Das kirchliche Gesetz zum 2. Nachtragshaushalt wurde ohne Wortmeldungen in erster Lesung festgestellt und in zweiter Lesung einstimmig beschlossen.
Stefan Werner, Direktor im Oberkirchenrat, berichtete über das Ziel, Stellen einzusparen und erläuterte, wie die Dezernate auf der Basis einer Aufgabenkritik den vorliegenden Strukturstellenplan erarbeitet hätten. Der Plan solle als Anlage zum Stellenplan zusammen mit dem Haushalt in der Herbstsynode 2024 beschlossen werden.
Direktor Werner erinnerte zunächst an den Antrag der Synode in der Herbsttagung 2022, in dem der Oberkirchenrat gebeten wurde, 10, 2 Prozent an Stellen einzusparen. Im Strukturstellenplan sei der Anpassungsprozess, der mit dem Stellenabbau verbunden sei, abgebildet.
Vorgehensweise: Aufgabenkritik
Als Basis der Kürzungen hätten die Dezernate laut Werner in enger Abstimmung mit den Mitarbeitenden ihre Arbeitsfelder einer Aufgabenkritik unterzogen, d.h. der Prüfung, ob bisherige Aufgaben weiter wahrgenommen werden müssten und ob die Art der Erfüllung sachgerecht und wirtschaftlich sei. Teilaspekte seien dabei gewesen:
Direktor Werner bedankte sich bei allen Beteiligten für die konstruktive Zusammenarbeit.
Stelleneinsparungen durch Wegfallvermerk
Stefan Werner erläuterte, inwiefern ein sog. KW-Vermerk (auch: Wegfallvermerk, „künftig wegfallend“) notwendige Einsparungen sozialverträglich umsetze, indem auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet werde. Durch einen solchen Haushaltsvermerk würden Stellen gekennzeichnet, die mit oder ohne bestimmte Frist künftig wegfallen könnten.
Inhalt des Strukturstellenplans
Der vorliegende Plan sei der erste Schritt notwendiger Anpassungen. Das Kollegium des Oberkirchenrats gehe davon aus, dass die Kürzungen von 10.2 Prozent nicht ausreichten; zur weiteren Prüfung zwinge der Fachkräftemangel und die kommende Pensionierungswelle. Nicht alle kirchlichen Handlungsfelder würden erhalten bleiben.
Der aktuelle Plan greife noch nicht in der Tiefe ein, aktuelle Arbeitsfelder seien weitgehend erhalten geblieben, Abläufe und Strukturen seien angepasst. Eine größere Umstrukturierung sei die Zusammenfassung von Werken und Diensten des Dezernats 2 ab 2025.
Für die Jahre 2024 und 2025 seien die ersten KW-Vermerke bereits umgesetzt worden. Ziele des Prozesses seien insgesamt
Ausblick und Einordnung
Werner erklärte, dass der vorliegende Planentwurf Teil des Ziels sei, bis 2028 zu einem ausgeglichenen Haushalt zu kommen. Hierzu würden 10,2 Prozent Stellenkürzungen nicht ausreichen. Das Kollegium sei von einem erweiterten Volumen von 25 Prozent ausgegangen, an dem gearbeitet werde. Weitere Anstrengungen, Priorisierungen und Posteriorisierungen, seien notwendig.
In der Aussprache sprachen Synodale ihren Dank für den Strukturstellenplan aus.
Die Synodalen Andrea Bleher (Untermünkheim) und Tobias Geiger (Nagold) bedankten sich beim Oberkirchenrat und bei Direktor Stefan Werner für den vorgelegten Strukturstellenplan. Insbesondere würdigten sie das Verfahren der Aufgabenkritik und den damit verbundenen Aufwand. Der Plan sei eine gute Grundlage für das weitere Vorgehen bei den notwendigen Einsparungen.
Agnes Kübler von der Projektstelle für die Themen Rassismus und Antisemitismus sowie Fach- und Beratungsstelle für Weltanschauungsfragen berichtete über den wachsenden Antisemitismus in Deutschland – auch in der Nachbarschaft – und rief dazu auf, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.
Schon vor den Terror-Angriffen der Hamas am 7. Oktober 2023 und dem seither enormen Anstieg antisemitisch motivierter Gewalt gegen Jüdinnen und Juden und jüdische Einrichtungen in Deutschland war Antisemitismus ein gewichtiges Thema. Dennoch sei der 7. Oktober eine Zäsur gewesen, da er für die jüdische und israelische Community in Deutschland einen tiefen Einschnitt markiert, sagte Kübler. Zugleich war und ist Antisemitismus und antisemitische Gewalt in Deutschland Alltag. Immer wieder kommt es zu tätlichen Angriffen, weshalb sich viele Juden und Jüdinnen in Deutschland unsicher fühlen. Kübler verwies dabei auf eine Studie der Universität Bielefeld von 2017 und erinnerte auch an das Grußwort zur letzten Synode von Prof. Barbara Traub, Vorstandsvorsitzende und Sprecherin der Israelitischen Religionsgemeinschaft Württemberg.
Agnes Kübler machte deutlich, dass in direkter Nachbarschaft zum Hospitalhof und damit der Landessynode die Synagoge unter Polizeischutz stehe und sich alle Besuchenden anmelden, ausweisen und durch eine Sicherheitsschleuse gehen müssten. Zum Zeitpunkt des Attentats an Jom Kippur 5780 (9. Oktober 2019) sei die Synagoge in Halle nicht durch die Polizei geschützt gewesen. Der Attentäter war Anhänger der antisemitischen und rassistischen Verschwörungserzählung vom sogenannten „Großen Austausch“ [Anmerkung: Die bisherige Mehrheitsbevölkerung wird gezielt durch Zuwanderung in die Minderheit gedrängt], ein Narrativ, das unter Akteurinnen und Akteuren der Neuen Rechten und Rechtsextremen weit verbreitet sei, aber auch deutlich über diese Kreise hinaus Verbreitung und Zustimmung finde.
Alle müssen sich mit Antisemitismus auseinandersetzen
„Antisemitismus betrifft nicht nur Jüdinnen und Juden“, betonte Kübler und mahnte: „Antisemitismus sei eine Bedrohung für das friedliche Zusammenleben in unserer Demokratie. Wir alle sind gefordert, uns mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Wir sind nur Teil der Lösung, wenn wir verstehen, dass wir Teil des Problems sind.“ Kübler zitierte an dieser Stelle den Beauftragten der Evangelischen Kirche in Deutschland für den Kampf gegen Antisemitismus, Dr. Christian Staffa: „Ob gegen Juden, Sinti und Roma, gegen Muslime oder Homosexuelle, ob gegen Andere generell: Kirche war, Christenmenschen sind in unterschiedlicher Anzahl an dieser Feindlichkeit beteiligt.“
Als Referentin für die Themen Rassismus und Antisemitismus bei der Fach- und Beratungsstelle für Weltanschauungsfragen unterstützt Agnes Kübler Haupt- und Ehrenamtliche, Kirchengemeinden, kirchliche Einrichtungen und Institutionen durch Beratungs- und Bildungsangebote in der Auseinandersetzung mit den Themen Antisemitismus und Rassismus. Damit verbunden sind auch Fragen rund um Verschwörungsdenken, Demokratiefeindlichkeit, Rechtspopulismus und Rechtsextremismus. Kübler berät individuell und stellt relevante Ressourcen zur Verfügung oder vermittelt diese – innerhalb und außerhalb der kirchlichen Strukturen.
Wissen, Empathie und kritische Selbstreflexion
Wichtig sei, den Blick zu schärfen für verschiedene Phänomene gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, so Kübler, „Antisemitismus und Rassismus getrennt voneinander zu betrachten, und sie zugleich intersektional zusammenzudenken.“ Um sprachfähig zu sein und eigene Positionen einnehmen zu können, gerade auch im Hinblick auf Terror und Krieg in Israel und Gaza, seien Wissen, Empathie und vor allem kritische Selbstreflexion erforderlich. Agnes Kübler wünschte sich, dass „sowohl der kritische Blick auf das Eigene als auch die Kritik von außen den Beginn einer weiteren Auseinandersetzung bedeuten – und nicht, wie viel zu oft, ihr Ende.“
Pfarrer Jochen Maurer vom Evangelischen Pfarramt für das Gespräch zwischen Christen und Juden berichtete über unterschiedliche Wege, Antisemitismus in der Gesellschaft wirksam zu begegnen – durch Bildung, Begegnung und Begreifen der Verbundenheit zwischen Christentum und Judentum.
Für Jochen Maurer sind der 7. und 8. Oktober 2023 eine Zäsur – selbst wenn Antisemitismus zuvor schon spür- und sichtbar gewesen sei. Judenfeindlichkeit sei eine Realität, die das Leben und die Sicherheit jüdischer Menschen in der Gesellschaft in Frage stellt, angreift und bedroht. Maurer appellierte an die Synodalen, Betroffenheit und Anteilnahme in konkretes Handeln umzuwandeln.
Christen sind zu antisemitismuskritischer Bildungsarbeit verpflichtet
Maurer schilderte, dass er als Mitglied im unabhängigen Expertenkreis des Antisemitismusbeauftragten der Landesregierung Michael Blume an der Erarbeitung des 2. Antisemitismusberichts beteiligt gewesen sei, der im Juli 2023 dem Landtag vorgelegt wurde. Besonders im Fokus stand dabei das Thema Bildung. Im Expertenkreis, in der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus, in der Fortbildungsstätte Anne Frank, bei Schalom und Salam werde „gute antisemitismuskritische Arbeit“ geleistet – außerhalb und neben der Kirche. Zusammen mit diesen Partnerinnen und Partnern gibt es Bildungs- bzw. Fortbildungsangebote – und zwar „in allen Bereichen, in denen wir Bildungsverantwortung haben“. Maurer mahnte an, dass Christen verpflichtet seien, in der Gesellschaft antisemitismuskritische Bildungsarbeit zu leisten. Das bedeute aber auch, an den Stellen anzusetzen, „wo wir von Haus aus tätig sind – und Defizite haben.“ Nicht von ungefähr gebe es auch nach Jahrzehnten des christlich-jüdischen Dialogs Antijudaismen in kirchlicher Verkündigung und Lehre – und daher drängende Aufgaben in Aus- und Fortbildung.
Begegnungsmöglichkeiten nutzen und schaffen
Die beste Form der Antisemitismus-Vorbeugung sei, Wissen zu vermitteln – am besten in der persönlichen Begegnung, ist Maurer überzeugt. Er forderte daher „Begegnungslernen als elementares Format kirchlicher Bildungsarbeit“. Wer jüdische Freunde habe, könne die Gerüchte und Mythen, die Antisemiten in die Welt setzen, als Lügen entlarven. Er rief dazu auf, die Nachbarschaft zu jüdischen Gemeinden zu nutzen, Kontakte zu suchen und zu pflegen und dabei viele Themen miteinander verbinden. Jüdische Ethik betone die individuelle Verantwortung des Menschen für sein Leben, für das des Nächsten und für die Gemeinschaft. „Ganz so, wie wir das als Christen in der Nachfolge Jesu tun“, so Maurer. „Lernen können wir von Jüdinnen und Juden, wie eine Minderheit in der Mehrheitsgesellschaft im demokratischen Staat diese Position als Aufgabe positiv zum Wohl des Ganzen annimmt.“ Die aktuellen Spannungen in den interreligiösen Beziehungen zeigen, dass das Thema Antisemitismus dringend angesprochen werden muss. „Die kritische Auseinandersetzung mit judenfeindlichen Teilen der eigenen Tradition können wir weder uns selbst ersparen – und im Blick auf die muslimischen Nachbarn kann das auch nicht tabuisiert werden, weil es angeblich islamfeindlich sei“, sagte Maurer.
„Wertschätzung für das Judentum“
„Wir haben von unserem Ursprung her einen Auftrag, der sich nicht erschöpft in der doppelt negativen Ausrichtung, „anti-antisemitisch“ zu wirken“, so Maurer. „Jenseits aller Tagesordnungen unserer Synoden haben
wir eine Lebensbeziehung zu jüdischer Religion, Geschichte und Gemeinschaft – von Anfang an (…) bis auf den heutigen Tag.“ Das Versagen von Theologie und Kirche angesichts der mörderischen Verfolgung jüdischen Lebens in der NS-Zeit ist offenkundig. Im Verlauf der letzten Jahrzehnte entwickelte sich im christlich-jüdischen Dialog Wertschätzung für das Judentum. Als positive Beispiele nannte Maurer das Studienjahr an der Hebräischen Universität in Jerusalem und die Tora-Lernwochen in Denkendorf, aber auch die Predigtmeditationen im christlich-jüdischen Kontext, die die „Lebensbeziehung der christlichen Gemeinde zum Judentum bewusst machen“. Die Sprach- und Gedankenwelt der hebräischen Bibel sei „unablösbar Teil unseres Gottesdienstes“. Heute verstünden wir besser, dass das Neue Testament Teil der jüdischen Welt der Antike ist. Auch die Grundordnung der badischen Landeskirche, deren Beauftragter Maurer seit Mai 2023 ebenfalls ist, spiegelt die tiefe Verbundenheit mit dem Judentum wider, räumt jedoch auch die „Schuld der Christenheit am Leiden des jüdischen Volkes“ ein und verurteilt „alle Formen der Judenfeindlichkeit“. „Vieles wurde erreicht – immunisiert haben diese Erfolge aber nicht“, bilanzierte Maurer. Zum Schluss rief er die Synodalen auf, „nicht nur gegen Antisemitismus, sondern für die Rechte und Freiheit unserer jüdischen Nächsten aktiv werden – für alle Mitglieder unserer Gesellschaft!“
Dr. Friedmann Eißler, Islambeauftragter der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, berichtete über islamisch imprägnierten Antisemitismus in Deutschland, aber auch die Vielzahl an islamfeindlichen Straftaten seit dem 7. Oktober 2023 und wie das Christentum eine Vermittlerrolle zwischen Islam und Judentum einnehmen kann.
Die Beziehungen zu Musliminnen und Muslimen sind einer schweren Belastungsprobe ausgesetzt, referierte Eißler. So würden Projekte abgebrochen und Friedensgebete abgesagt. Dazu sei Antisemitismus in einem „erschreckenden Ausmaß“ sichtbar geworden. Er erinnerte an die zaghaften Reaktionen der islamischen Verbände auf das Hamas-Massaker am 7./8. Oktober 2023, die teilweise nur auf Druck der Politik zustande kamen. Eindeutige Solidaritätsbekundungen der Verbände mit Israel blieben dagegen aus. Demgegenüber stehen die hohen Zahlen islamfeindlicher Vorfälle in Deutschland. Auch die Berichterstattung über ein Potsdamer Treffen von Rechtsextremen mit Begriffen wie Remigration oder Deportation verunsichere junge Menschen mit Migrationshintergrund massiv.
Eißler betonte, dass tätliche Gewalt in Deutschland nicht von Juden ausginge, sondern mehrheitlich von Menschen, die ihre Gewaltakte islamisch begründen oder verbrämen. Islamisch imprägnierter Antisemitismus, der häufig als Israelkritik daherkommt, sei unübersehbar. Instrumentalisiert werde dabei die Lage von zwei Gruppen: von denen, die islamistischen Hass auf „den Westen“ und auch auf Juden verharmlosen, und von denen, die suggerieren, ohne muslimische Migranten gäbe es hier keinen Antisemitismus. „Eine Abwehr- und Entlastungsdebatte ist inakzeptabel, antisemitische Stereotype sind bis in die Mitte der Gesellschaft hinein verbreitet“, sagte Eißler.
Brückenbauen ist christliche Verantwortung
Für Eißler ist jedes gewaltsame Sterben zu viel: „Wir wollen nicht Opfer und Gewalt aufrechnen – und doch klarer sehen, wo Unrecht ist und was dem Frieden dienen könnte“, sagte er. Es brauche größere Klarheit über historische und aktuelle Fakten zur Rolle Israels, da die Bewertungen der Situation in Nahost so grundlegend weit auseinander liegen. Das beeinflusse die gesamte Wahrnehmung.
Eißler plädierte dafür, Gespräche mit Muslimen in einer offenen Atmosphäre zu führen – auch über persönliche Betroffenheit und Sorgen. Nur so sei besser zu verstehen, welche Überlegungen, Erfahrungen, Beweggründe hinter verschiedenen Reaktionen und Argumenten stehen. Als ermutigend wertete er den zweimaligen Besuch der bosnischen Delegation bei der jüdischen Gemeinde Stuttgart. Der gemeinsame Nenner war: Wir können und werden unterschiedlicher Meinung bleiben, stehen aber zusammen und füreinander ein. Eißler empfahl daher eindringlich dranzubleiben. Denn wenn die Beziehungen abgebrochen werden, spiele das nur Fundamentalisten und Radikalen in die Hände. Er appellierte an die christliche Verantwortung, Brücken zu bauen: Christinnen und Christen sollten sich nicht zurückzuziehen „ins vertraute, scheinbar unbedrohte Eigene“.
Klärung und Aufklärung, Bildung und Dialog
Für diesen Weg zum Dialogverhältnis zwischen Christentum, Judentum und Islam brauche es in den Augen Eißlers erstens die Anerkennung und Bearbeitung der Geschichte islamischer Judenfeindschaft. Dieses Thema müsse langfristig und bewusst angegangen werden, sonst werden die Gräben in einigen Jahren breiter und tiefer sein, mahnte er. Schuldzuschreibungen sind dabei fehl am Platz. Vielmehr gehe es um notwendige Klärungen, um ernsthaft und glaubhaft auch mit Jüdinnen und Juden in den Dialog zu treten. Zweitens ist für Eißler Bildung der Schlüssel. Dabei müsse eine orientierende Rolle spielen, wie wir uns im „moralischen Dreieck“ (israelisch – palästinensisch – deutsch) verorten. Als dritten Baustein nannte Eißler den Dialog und beschrieb ihn „als Fruchtbarwerden der verschiedenen Ansichten und Glaubensüberzeugungen für ein gesellschaftliches Miteinander“. Damit die gemeinsame Grundlage nicht abstrakt bleibt, ist eine konstruktiv-kritische Auseinandersetzung über die Entstehungsgeschichte dieser Gesellschaft, mit ihren Werten und ihren Defiziten, zu führen.
Eißler appellierte zum Schluss, die Probleme gemeinsam anzugehen. Andernfalls werde die Situation in einigen Jahren viel schwieriger sein. Er ermutigte die Synodalen wörtlich: „Gemeinsam! Wir wollen zusammenkommen: Wer, wenn nicht wir. Und wann, wenn nicht jetzt?“
Der stellvertretende Vorsitzende Johannes Eißler berichtete aus der Sitzung des Ausschusses im Februar 2024, in der dieser die Besetzung der Disziplinarkammer behandelte. Die Mitglieder der Kammer sind alle sechs Jahre neu zu bestellen, die neue Wahlperiode beginnt am 1. Mai 2024. Es wurde ein neuer Vorsitzender und die Mitglieder, einige per Wiederwahl, gewählt.
Der Ausschuss habe seit der Herbstsynode einmal getagt, berichtete der stellvertretende Vorsitzende, und darin die Besetzung der Disziplinarkammer behandelt. Die neue Wahlperiode der Disziplinarkammer geht vom 1. Mai 2024 bis zum 31. April 2030. Die Mitglieder der Kammer sind alle sechs Jahre neu zu bestimmen. Wie Eißler berichtete, waren viele zur Wiederwahl für die neue Periode bereit. Fünf weitere seien einstimmig gewählt worden. Da der bisherige Vorsitzende nicht mehr zur Verfügung gestanden habe, sei als neuer Vorsitzender Dr. Wilfried Holz, Vizepräsident am Verwaltungsgericht Freiburg, einstimmig gewählt worden. Johannes Eißler berichtete, dass die Disziplinarkammer selten zusammentreten müsse. In den vergangenen Amtszeiten habe jeweils eine Sitzung stattgefunden.
Hinweis: Dieser TOP wurde im Verlauf der Tagung auf den ersten Sitzungstag vorgezogen.
Oberkirchenrat Dr. Michael Frisch berichtete über Änderungen in der neuen „Vereinbarung Pietismus“ bezüglich Abendmahlsfeiern und Taufen in Gemeinschaften, eine stärkere Verbindung zur Landeskirche und zeitgemäße Regelungen im Pfarrergesetz.
Seit 1743 hat der Pietismus „Heimatrecht“ in der württembergischen Kirche. Pietistische Gemeinschaften galten innerhalb der Landeskirche als religiöse Vereine, die partielle religiöse Aufgaben ohne öffentliche Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung erfüllen. In den vergangenen Jahren gab es eine Reihe von Vereinbarungen und Übereinkünfte zu verschiedenen Themen, wie Abendmahl, Taufen und Verkündigung. Aufgrund zahlreicher Veränderungen soll die Zusammenarbeit auch für die weitere Zukunft auf eine verlässliche Grundlage gestellt werden. Deshalb schließen die Evangelische Landeskirche in Württemberg und Landeskirchliche Gemeinschaftsverbände sowie Schwestern- und Bruderschaften eine neue Vereinbarung.
Die „Vereinbarung Pietismus“ sieht vor, dass Abendmahlsfeiern nur von Personen geleitet werden dürfen, die von der Landeskirche dazu ermächtigt sind. Diese Neuregelung zielt darauf ab, eine klare und geordnete Leitung der Abendmahlsfeiern zu gewährleisten.
Die „Vereinbarung Pietismus“ klärt, dass in Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbänden nur Taufen durchgeführt werden dürfen, die die Mitgliedschaft in einer Gliedkirche begründen.
Zur Entwicklung von Gemeinschaftsgemeinden wird die folgende Änderung in der „Vereinbarung Pietismus“ vorgeschlagen: Statt durch Vereinbarung sollen Gemeinschaftsgemeinden nun durch Einrichtung eines personalen Seelsorgebezirks durch den Oberkirchenrat gebildet werden.
Im Pfarrergesetz soll zudem nach § 10 Absatz 1 Württembergisches Pfarrergesetz ein Absatz hinzugefügt werden, in dem geregelt wird, dass Pfarrerinnen und Pfarrer für Gottesdienste in anderen Gemeinden keine vorherige Zustimmung mehr benötigen, wenn ein persönlicher Seelsorgebereich vom Oberkirchenrat eingerichtet wurde. Diese Änderung orientiert sich an bestehender Praxis in anderen Gemeindekontexten.
Ziel des Gesetzentwurfs und der „Vereinbarung Pietismus“ ist es, theologische Fragen der öffentlichen Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung zu klären und dabei ein ausgewogenes Verhältnis von Freiheit und Ordnung zu gewährleisten. Dabei soll das "Heimatrecht" des Pietismus in der Landeskirche so gestaltet werden, dass auch im 21. Jahrhundert das Evangelium gemeinsam verkündigt werden kann.
Verfahren zur Pfarrstellenbesetzung soll vereinheitlicht werden
Der Oberkirchenrat legte einen Gesetzesentwurf vor, der das Verfahren zur Besetzung von Pfarrstellen neu regelt. Zukünftig soll es keine Benennungsverfahren mehr geben.
Oberkirchenrat Dr. Michael Frisch berichtete zu TOP 16, dass die bisherige Unterscheidung zwischen Benennungsverfahren und Wahlverfahren durch die Zustimmungserfordernis beim Benennungsverfahren seit 1992 nicht mehr trennscharf gegeben sei. Das Benennungsverfahren als Maßnahme der Personalstrategie habe, so in der Begründung des Gesetzesentwurfs, an Bedeutung verloren, da der kommunikativen Vermittlung der Besetzungen inzwischen ein höheres Gewicht zukomme. Künftig solle daher das Benennungsverfahren entfallen und alle Pfarrstellen durch ein einheitliches Besetzungsverfahren besetzt werden. Auch die 14-tägige Ausschreibungsfrist solle, so Frisch, im Falle von Stellen entfallen, die schon zuvor vom Bewerber versehen wurden. Der Evangelische Kirchengemeindetag habe die Möglichkeit zur Äußerung zum Gesetzesentwurf gehabt und dem Entwurf zugestimmt.
Dr. Michael Frisch, Rechtsdezernent im Oberkirchenrat, berichtete, inwieweit das staatliche Recht in verschiedenen Gesetzen die Verwendung elektronischer Dokumente ermögliche sowie Nutzungspflichten vorsehe. Er beschrieb, welche Anpassungen im Kirchenrecht erforderlich seien.
Oberkirchenrat Dr. Michael Frisch berichtete, inwieweit elektronische Dokumente in bestimmten Verfahrensordnungen des staatlichen Rechts seit einiger Zeit möglich oder bereits verpflichtend seien. Als Beispiele hierfür nannte er Regelungen für Verfahren vor den Arbeitsgerichten und vor den Verwaltungsgerichten. Der vorgelegte Gesetzentwurf solle die elektronische Kommunikation und Aktenführung bei den Kirchengerichten ermöglichen. Dazu übernehme der Entwurf entsprechende Vorschriften des Kirchengesetzes der EKD (Evangelische Kirche in Deutschland) bzw. passe sie an oder formuliere vergleichbare Normen unter anderem für das Mitarbeitervertretungs- und das Verwaltungsverfahrensrecht. Die Stellungnahmen der Arbeitsrechtlichen Kommission, der jeweiligen Vertretungen sowie der Gerichtsvorsitzenden würden vorgelegt.
Der Gesetzentwurf wurde an den Rechtsausschuss verwiesen.
Dr. Michael Frisch, Rechtsdezernent im Oberkirchenrat, berichtete, warum der Anspruch auf freie Dienstwohnung für Vikarinnen, Vikare sowie Pfarrpersonen in Vertretungsdiensten künftig wegfallen soll. Die Wohnlast der betroffenen Kirchengemeinden und -bezirke entfalle dadurch.
Für Vikarinnen und Vikare, für Pfarrpersonen in Vertretungsdiensten in einem Kirchenbezirk, die im unständigen Pfarrdienst, im Übergangsstatus, im Wartestand oder im Rahmen einer beweglichen Pfarrstelle wahrgenommen werden, solle in Zukunft der Anspruch auf freie Dienstwohnung entfallen, berichtete Oberkirchenrat Dr. Frisch. Zugleich entfalle die Verpflichtung, eine verfügbare Dienstwohnung zu beziehen. Wie Dr. Frisch erläuterte, seien die Hintergründe:
Ziel der Neuregelung seien, so Dr. Frisch, eine angemessene Lastenverteilung, mehr Flexibilität und eine Vereinfachung der Verwaltung. Mit dem Wegfall der Wohnlast gingen höhere Besoldungsaufwendungen einher. Der Arbeitsrechtlichen Kommission, der Pfarrervertretung und dem Ev. Kirchengemeindetag seien Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.
In der Aussprache meldeten Synodale Bedenken hinsichtlich der wegfallenden praktischen Unterstützung bei der Wohnungssuche für Vikarinnen und Vikare an.
Der Synodale Thorsten Volz (Sulz) begrüßte es, die Residenzpflicht gerade bei Vikarinnen und Vikaren aufzugeben. Er wies jedoch darauf hin, dass bisher das Stellen einer Dienstwohnung eine starke Entlastung gewesen sei, es müsse weiter praktische Unterstützung geben. Der Dienstwohnungsausgleich sei eventuell zu gering, erklärte er, und bat um Aufschlüsselung.
Oberkirchenrat Dr. Frisch verwies auf die Tabellen zu den Bezügen im Vorbereitungsdienst, die im Amtsblatt veröffentlicht sind.
Der Synodale Holger Stähle (Schwäbisch Hall) hielt das Vorhandensein einer Dienstwohnung ebenfalls für eine große Entlastung und fragte, ob es auch künftig möglich sein würde, eine Wohnung zur Verfügung zu stellen, oder ob dies ausgeschlossen sein.
Oberkirchenrat Dr. Michael Frisch beantwortete die Frage dahingehend, dass die Kirchengemeinden Mietwohnungen zur Verfügung stellen könnten.
Der Gesetzentwurf wurde an den Rechtsausschuss unter Beteiligung des Finanzausschusses verwiesen.
Der Gesetzentwurf wurde an den Rechtsausschuss verwiesen.
Dr. Michael Frisch, Rechtsdezernent im Oberkirchenrat, berichtete von der elektronischen Form des kirchlichen Amtsblattes seit 1. Januar 2024. Aus Datenschutzgründen solle künftig das Ergebnis der Wahl der Pfarrervertretung in einem gesonderten kirchlichen Mitteilungsblatt zur Verfügung gestellt werden.
Oberkirchenrat Dr. Frisch berichtete, dass das kirchliche Amtsblatt seit 1. Januar 2024 in elektronischer Form bereitgestellt werde. Personenbezogene Daten würden jetzt in einem gesonderten kirchlichen Mitteilungsblatt veröffentlicht, das aus datenschutzrechtlichen Gründen nur einem eingeschränkten Nutzerkreis zur Verfügung stehe. Das Wahlergebnis der Pfarrervertretung solle künftig auch im kirchlichen Mitteilungsblatt, nicht mehr im kirchlichen Amtsblatt veröffentlicht werden. Die Stellungnahme der Pfarrervertretung zum Gesetzentwurf liege vor.
Der Gesetzesentwurf wurde an den Rechtsausschuss verwiesen.
In förmlichen Anfragen können Synodale den Oberkirchenrat um Auskunft zu speziellen Themen bitten. Zur Frühjahrssynode sind drei Anfragen eingegangen, die vom Oberkirchenrat beantwortet wurden.
Oberkirchenrätin Kathrin Nothacker (Dezernat 3, Theologische Ausbildung und Pfarrdienst) und Oberkirchenrätin Dr. Annette Noller (Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg, DWW) berichteten gemeinsam darüber, wie sich die Zahl der in die diakonischen Einrichtungen entsandten Pfarrpersonen entwickle.
Der Bericht zeigte auf, dass die Kürzungen in Folge des PfarrPlans 2030 nicht nur Gemeinde- und Sonderpfarrämter betreffen, sondern auch die Entsendungen von Pfarrpersonen auf Stellen in der Diakonie. Die Kürzungen im Gemeinde- und Sonderpfarrdienst von 2025 bis Ende 2030 betrügen durchschnittlich 25,4 %. Die Kürzungen im Bereich der Freistellungen und Zuweisungen für Aufgaben in der Diakonie seien leicht geringer als im Schnitt der landeskirchlichen Pfarrstellen. Konkret bedeute dies die Reduktion von 25 Stellen im Jahr 2024 auf 20 Stellen im Jahr 2030.
Diakonie ist sichtbares Wesens- und Lebensäußerung der Kirche
Nothacker und Noller betonten, die Diakonie Württemberg mit ihren 1.400 Einrichtungen und Diensten, 270.000 betreuten Menschen in Beratungsstellen und Einrichtungen, mit 50.000 hauptamtlich und 35.000 ehrenamtlich engagierten Menschen stelle eine in der Gesellschaft deutlich sichtbare und wertgeschätzte Wesens- und Lebensäußerung der evangelischen Kirche dar. Durch alleHandlungsfelder der Diakonie ziehe sich das christliche Menschenbild, das an einer Ethik der Nächstenliebe orientiert sei.
Der Bericht zählt eine Vielzahl von Maßnahmen, Angeboten und Strukturen in der Diakonie auf, die dazu dienen, diese Orientierung zu bewahren, zu vertiefen und weiterzuentwickeln. Die Details dieser Aufzählung können Sie dem Volltext des Berichts entnehmen, den Sie unter auf dieser Seite als PDF-Download finden
Oberkirchenrätin Kathrin Nothacker (Dezernat 3, Theologische Ausbildung und Pfarrdienst) beantwortete eine Anfrage zur Besetzung von 42 Pfarrstellen, die die Landessynode im Zuge der PfarrPlan-Beratungen über den Vorschlag des Oberkirchenrats hinaus beschlossen hatte und die nicht mit regulären Pfarrpersonen besetzt werden können.
Ruhestandsbeauftragungen
Nothacker berichtete, die Beauftragung von Ruhestands-Pfarrerinnen und -Pfarrern werde bereits gemeinsam mit den Dekaninnen und Dekanen vorbereitet, um für 35 Gemeinde-Pfarrstellen und sieben Sonderpfarrstellen Ruheständler zu finden, die für diese Aufgabe ansprechbar seien. Denkbar seien Beauftragungen im Umfang von 25, 50 und 75 Prozent. Um die Attraktivität zu verbessern, arbeite man auch an einer Erhöhung der Vergütungssätze. Umsetzbar seien diese Beauftragungen aber erst, wenn die Synode in der Haushaltsplanung 2025/2026 dafür ca. 800.000 Euro pro Jahr freigebe.
Absolventinnen und Absolventen staatlich anerkannter Hochschulen
Nothacker berichtete, Absolventen und Absolventinnen freier Hochschulen könnten nicht direkt ins Vikariat aufgenommen werden, wohl aber ins Diakonat oder die Diakonenausbildung. Nach einer beruflichen Tätigkeit im Diakonat könnten sie dann über die berufsbegleitende Ausbildung zum Pfarrdienst (BAiP) auch in den Pfarrberuf gelangen. Ebenso seien Studierende und Absolventinnen und Absolventen freier Hochschulen im Studiengang Magister Theologiae/Evangelische Theologie-Kirchlicher Abschluss willkommen.
Berufsbegleitende Ausbildung zum Pfarrdienst (BAiP)
Die BAiP sei sehr flexibel gestaltet, so Nothacker. Sie wende sich nicht nur an hauptberufliche kirchliche Mitarbeitende, sondern an „aufgrund ihrer Ausbildung nach dem Ermessen des Oberkirchenrats geeignete Personen“ wie etwa Religionslehrkräfte, Pfarrpersonen anderer Kirchen, Diakone und Diakoninnen und theologisch vorgebildete Personen aus der weltweiten Ökumene. Auch der Tübinger Studiengang „Evangelische Theologie für Berufsqualifizierte mit kirchlichem Abschluss“ ermögliche den Quereinstieg in den Pfarrberuf – ebenso wie das neu entwickelte bayerische Modell des berufsbegleitenden „Pfarrverwalterstudiengangs“ an der Augustana Hochschule Neuendettelsau.
Oberkirchenrätin Kathrin Nothacker (Dezernat 3, Theologische Ausbildung und Pfarrdienst) berichtete über die Entwicklung des Pfarrnachwuchses. Zahlen beziehen sich im Folgenden immer auf den Zeitraum von 2013 bis 2023. Die detaillierten Statistiken finden Sie im Volltext von Kathrin Nothackers Bericht als PDF-Download unterhalb dieses Textes.
Oberkirchenrätin Nothacker berichtete, dass es sowohl bei den Neuzugängen auf der Liste der Theologiestudierenden mit Ziel Pfarrberuf als auch bei den Aufnahmen ins Vikariat in den letzten zehn Jahren leichte Spitzen gegeben habe, die Zahlen aber wie in anderen Landeskirchen insgesamt leicht sinken. Dies spiegele den Rückgang von Abiturientinnen und Abiturienten mit evangelischer Prägung wider. Sie appellierte deshalb an die Synodalen, die Nachwuchswerbung vor Ort im Blick behalten: „Wir dürfen in der Nachwuchsgewinnung nicht nachlassen, sondern diese vielmehr aufrechterhalten und stärken.“
Nothacker wies darauf hin, dass die Zahlen von Listenaufnahmen und Aufnahmen ins Vikariat nicht direkt aufeinander bezogen werden können, da die Studiendauer aufgrund verschiedener Faktoren stark differiere. Auch im Übergang zum Vikariat seien höchst individualisierte Lebensentwürfe zu beobachten (Auslandsaufenthalt, Zweitstudium, Promotion). Elternzeiten verursachten zum Teil große zeitliche Abstände zum Eintritt in den unständigen Dienst.
„Alle geeigneten Personen können aufgenommen werden können“
Zwischen 2013 und 2023 seien, so Nothacker, 38 Personen nicht aus dem Vikariat in den Pfarrdienst übernommen worden. Davon hätten 18 Personen aus familiären Gründen zu einer anderen Landeskirche gewechselt. 20 seien aus verschiedensten persönlichen oder beruflichen Gründen ausgeschieden. Auch 54 ausgebildete Pfarrerinnen und Pfarrer seien in diesem Zeitraum – in der Regel aus familiären Gründen – in eine andere Landeskirche gewechselt.
PfarrPlan und Zielstellenplan 2030 korrespondieren mit Prognosen der Personalstrukturplanung
Nothacker betonte, die Zahl der Pfarrstellen, die die Synode für den PfarrPlan und den Zielstellenplan 2030 beschlossen habe, korrespondiere mit den Zahlen von Zu- und Abgängen, mit der die Personalstrukturplanung Pfarrdienst rechne. Für die entgegen der Empfehlung des Oberkirchenrats beschlossenen zusätzlichen 42 Stellen habe der Oberkirchenrat einen Plan vorgelegt, wie diese besetzt werden könnten. Nothacker sagte mit Blick auf den Nachwuchs, dass alle geeigneten Personen in den Pfarrdienst aufgenommen werden können.