21.10.2013

Herbsttagung der Landessynode hat begonnen

Auftakt: Bischofsbericht zum Themenjahr "Reformation und Politik"

Stuttgart/Schwäbisch Gmünd. In Schwäbisch Gmünd hat am Montag die Herbstsynode der Evangelischen Landeskirche in Württemberg begonnen. Zum Auftakt versprach Landesbischof Dr. h. c. Frank Otfried July, dass die Kirche sich nicht aus ihrer öffentlichen Verantwortung zurückziehen werde und gerade im kommunalen Bereich präsent bleiben werde.

Insgesamt würden 40.000 Schülerinnen und Schüler an 191 Schulen in kirchlicher Trägerschaft in Baden-Württemberg unterrichtet, Diakonie und Caritas hätten mehr als 100.000 Mitarbeiter. An sechs kirchlichen Hochschulen werden 15.000 Studierende ausgebildet. Für einen Rückzug gebe es keinen Grund, schließlich, so der Landesbischof, bekennen sich rund 80 Prozent der Menschen in Baden-Württemberg zum christlichen Glauben. Deshalb seien „laizistische Gedankenspiele weit entfernt von der Wirklichkeit eines angemessenen Verhältnisses zwischen Staat und Kirche in unserem Land."

July hob den Nutzen des in letzter Zeit häufig scharf kritisierten Subsidiaritätsprinzips hervor: „Hier lassen der Staat bzw. die Kommune die Kirche und ihre Diakonie aus seinem eigenen Interesse sich engagieren und finanzieren stellvertretende kirchliche Arbeit. Es ist das Prinzip der Subsidiarität, das unseren Staat trägt. Dies schützt auch vor staatlichen Totalitätsansprüchen in Jugend- und Erziehungsbereich. Manche Diskussionen gehen am Kern der Sache vorbei. Hier laufen nicht eilfertige kommunale oder staatliche Organe der Kirche hinterher, um noch ein finanzielles Polster draufzulegen.“ Diese Gedankenspiele würden auch nicht durch Wiederholungen verzerrender Behauptungen wahrer. July sagte, der Gestaltungsauftrag von Christinnen und Christen, aber auch der Institution Kirche in der Gemeinschaft habe große Bedeutung. Deshalb müsse es geradezu das Interesse des Staates sein, „diesen Gestaltungsauftrag zu aktivieren und zu fördern.“ In diesem Zusammenhang kritisierte July den Begriff der „Entweltlichung“, den Papst Benedikt in seiner Freiburger Rede bemüht hat: „Bei allem Respekt vor dem Wollen einer spirituellen Erneuerung der Kirche, bei allem Bejahen dessen, dass die Kirche weiß, dass sie auf die ‚zukünftige Stadt‘ zugeht, bei aller Selbstprüfung gerade in diesen Tagen: Die Kirche steht in der Welt, ist Teil dieser Welt, ist weltbezogen und hat vielfältige Aufgaben und Berufungen im Leben der Welt und Gesellschaft. Wichtiger denn je ist die kirchliche Mitgestaltung und Orientierung. Freilich: Diese Mitgestaltung muss immer wieder aus einem Geist des Dienens, des für Andere Daseins eingenommen  werden.“

Der Landesbischof ging auf die heftige Kritik an kirchlichen Finanzen ein: „Ich kann es nicht akzeptieren, wenn in manchen Äußerungen in Talkshows oder anderswo der Eindruck erweckt wird, ‚die‘ Kirche würde intransparent mit Finanzmittel umgehen. Für unsere evangelische Landeskirche in Württemberg trifft dies nicht zu. Besonders von professionellen Beobachtern erwarte ich, dass sie ihrerseits klar berichten und differenziert kommentieren. Ich erwarte  Respekt vor einer demokratisch gewählten Synode, die in ihrer Amtszeit Haushaltspläne von großer Genauigkeit und Transparenz beraten und verabschiedet hat. Bei uns kann Rechenschaft über die verwendeten Kirchensteuermittel abgegeben werden – auch über den Verfügungstopf des Landesbischofs.“

In seinem Bericht äußerte sich der Landesbischof auch zur Frage der Flüchtlingshilfe. July hob hervor, dass die Landeskirche schon lange und kontinuierlich für Flüchtlinge Unterstützung leistet und leisten will und wies auf das zum Beschluss stehende Maßnahmenpaket  über 1,4 Millionen Euro hin. „Darüber hinaus bieten wir zum Beispiel in Stuttgart landeskirchliche Immobilien an, um Flüchtlinge unterzubringen. Auf andere Immobilien, die etwa die Diakonissenanstalt Stuttgart oder der Dornahof bereits zur Verfügung gestellt hat, sei hingewiesen. Darüber hinaus prüfen auch die Kirchenbezirke im Landkreis Esslingen im Moment, ob nicht andere Immobilien dem Landkreis ebenfalls zur Unterbringung von Flüchtlingen zur Verfügung gestellt werden können.“ Zur Frage, ob das Kloster Denkendorf im Landkreis Esslingen als Flüchtlingsunterkunft nutzbar sei, sagte der Landesbischof: „Die Landeskirche steht in konkreten Planungen und Verhandlungen mit diakonischen Trägern. Kloster Denkendorf soll eine Senioreneinrichtung werden. Der Abschluss dieser Planungs- und Verhandlungsphase ist in Monaten anzugeben und nicht in Jahren. Deshalb ist auch eine Zwischennutzung – die ja erhebliche Investitionen durch den Landkreis nötig machen würde – angesichts der jetzigen Zeitplanung nicht sinnvoll. Die Immobilie Kloster Denkendorf ist aus unserer Sicht deshalb in dieser Situation kein geeignetes Objekt zur Flüchtlingsunterbringung. Wir haben hier miteinander diese Fragen nüchtern zu betrachten, auch wenn mir selbst freilich bewusst ist, dass dies unseren Gefühlen widersprechen mag.“

Am Montag widmet sich die Synode außerdem noch dem Thema Nachwuchsgewinnung für den Pfarrberuf und der Frage, wie neue Gemeindeformen finanziell unterstützt werden können. Weiter hört die Synode Berichte zur Verfolgungssituationen in Syrien, Ägypten, Lateinamerika und anderen aktuellen Krisengebieten, dazu wird eine Vielzahl vorberatener Gesetze verabschieden. Am Mittwoch stehen Haushalts- und Finanzfragen der Landeskirche im Mittelpunkt, auch dort ist die Beschäftigung mit der Flüchtlingsproblematik ein Schwerpunkt. Dabei stimmt die Landessynode im Rahmen des Nachtragshaushalts über das Maßnahmenpaket in Höhe von 1,4 Millionen Euro ab, mit dem die württembergische Landeskirche syrischen und anderen Flüchtlingen helfen will. Diese Soforthilfe für Flüchtlinge durch die Landeskirche mit Unterstützung durch das Diakonische Werk Württemberg umfasst 700.000 Euro, mit denen syrische Flüchtlinge im Nahen Osten unterstützt werden, weitere 700.000 Euro dienen der Flüchtlingshilfe in Württemberg. Bisher konnten sich mit dem Paket erst die zuständigen Ausschüsse befassen.

Oliver Hoesch
Sprecher der Landeskirche

Bis einschließlich Donnerstag, 24. Oktober tagt die Synode in Schwäbisch Gmünd. Nach dem letzten der 35 Tagesordnungspunkte gibt es eine kleine Abschlussfeier sowie einen Abendmahlsgottesdienst der 14. Landessynode, deren sechsjährige Legislaturperiode endet. Am 1. Dezember wird die neue, dann 15. Landessynode gewählt, die sich im kommenden Frühjahr konstituieren wird.

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