21.09.2010

Gespräch zwischen evangelischen Landesbischöfen und DGB-Spitze mit vielen Gemeinsamkeiten

Kirchenleitungen und Gewerkschaften sehen zunehmende soziale Spaltung als Herausforderung

Die zunehmende soziale Spaltung der Gesellschaft ist eine Herausforderung für Kirchen und Gewerkschaften. Es könne nicht hingenommen werden, dass die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinandergehe. Darüber bestand Einigkeit bei einem Meinungsaustausch zwischen den evangelischen Landesbischöfen Frank Otfried July und Ulrich Fischer und dem geschäftsführenden DGB-Bezirksvorstand mit Nikolaus Landgraf und Marion v. Wartenberg sowie Vertretern der Mitgliedsgewerkschaften des DGB. Beide Seiten waren sich bei dem Treffen im Evangelischen Oberkirchenrat in Stuttgart einig, dass ein Armuts- und Reichtumsbericht für Baden-Württemberg als Grundlage für konkrete Gegenmaßnahmen nötig sei. DGB-Landeschef Nikolaus Landgraf kündigte an, dass am 13. November in Stuttgart eine Großdemonstration des DGB unter dem Motto „Deutschland in Schieflage“ geplant sei.

Auch sonst gab es in diesem Gespräch viele Gemeinsamkeiten: Arbeit verdiene ihren gerechten Lohn, Armut trotz Arbeit dürfe es in unserem reichen Land nicht geben. „Für die Kirchen ist das Thema Arm und Reich immer auch ein weltweites Thema“, betonte Bischof July. Was in Deutschland für den Arbeitsmarkt positiv sei, könne in anderen Ländern negative Auswirkungen haben. Auch die Rolle der Leiharbeit wurde kritisch diskutiert. Sie dürfe nicht zu einem Verdrängen der Stammbelegschaften und zum Lohndumping missbraucht werden.

Kirchenleitungen und Gewerkschaften fordern weiter gemeinsam, die in Baden-Württemberg besonders starke Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der Herkunft der Eltern durch Reformen entschiedener anzugehen. Bildung dürfe nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Notwendig sei eine Strategie zum Abbau der sozialen Selektion, dazu gehöre auch längeres gemeinsames Lernen, betonte die Landesvorsitzende der GEW, Doro Moritz.

Auch das Thema Pflege beschäftigt Kirchen und Gewerkschaften. Soziale Arbeit müsse ihren Preis haben, betonte Landesbischof July. Eine Billig-Pflege mit einem hohen Anteil an Leiharbeit dürfe es nicht geben. Um einen drohenden Pflegenotstand und ein Abrutschen der Standards zu vermeiden, müssten die Rahmenbedingungen verändert werden.

In der Auseinandersetzung um Stuttgart 21 sehen Landesbischöfe und DGB-Spitze auch eine besorgniserregende Entwicklung des Gesprächs zwischen politischen Verantwortungsträgern und dem bürgerschaftlichen Engagement bei konflikthaften Projekten. Aus Sprachlosigkeit müsse eine neue Kultur des Gesprächs entstehen.

Zuletzt unterstrichen beide Seiten ihren Willen, den Sonntag weiter vor kommerziellen Interessen zu schützen. Die gemeinsame „Allianz für den freien Sonntag“ zwischen Gewerkschaften und kirchlichen Verbänden habe sich bewährt und solle fortgeführt werden.  Landesbischof Fischer anerkannte ausdrücklich das positive Beispiel der Stadt Mannheim, in der – auch dank kirchlichen und gewerkschaftlichen Engagements – eine Begrenzung auf einen verkaufsoffenen Sonntag pro Jahr gelungen ist.

Es wurde vereinbart, den Dialog zwischen Kirchenleitungen und Gewerkschaften zu verstärken und sich künftig regelmäßig zu treffen.

Christian Tsalos
Pressestelle der Evangelischen Landeskirche in Württemberg

Marc Witzenbacher
Pressestelle der Evangelischen Landeskirche in Baden

Jürgen Klose
DGB-Pressestelle

Sie erhalten die Pressemitteilung mit gleichem Wortlaut auch von der Pressestelle des Deutschen Gewerkschaftsbundes und der Pressestelle der Evangelischen Landeskirche in Baden.

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